Verkehrssicherungspflicht

Haftet der Baumeigentümer bei Biberfraß?

Verkehrssicherungspflicht Verkehrssicherheit
Im Einzelfall können Zusatzkontrollen erforderlich sein und/oder das Aufstellen von Warn- und Hinweisschildern. Foto: Erika Hartmann, pixelio.de

Die Verkehrssicherungspflicht für Bäume bei Biberfraß ist ein in der Rechtsprechung nur selten behandeltes Thema, das für Baumeigentümer in der Nachbarschaft von Gewässern aber erhebliche Bedeutung besitzt.

So warnt die Stadt Wolfsburg laut einer Pressemeldung im Internet vom 02.05.2022 (www.regionalheute.de) aufgrund der hohen Aktivität des Bibers am Allersee mit einem Piktogramm mit dem Hinweis "Baum- und Astbruchgefahr durch Biberfraß" vor dieser Gefahr. Zu beachten ist, dass der Biber eine nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützte Tierart ist. Hieraus resultierende Verbote ergeben sich aus § 44 Abs. 1 BNatSchG.

Nach einem Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 16.09.1999 - 1 U 107/98 -, juris ist der Straßenbaulastträger zur Abwehr von Baumgefahren zu regelmäßigen Sichtkontrollen von Waldrandbäumen verpflichtet, soweit hierdurch die Sicherheit der Straße beeinträchtigt werden kann. Das gilt auch im Hinblick auf mögliche Beeinträchtigungen der Standfestigkeit eines Baumes durch Benagen von Bibern.

Die Berufung gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil des LG Hanau vom 12.03.1998 - 7 O 1549/97 - hat das OLG als unbegründet zurückgewiesen, weil infolge von frischen Nagespuren von Bibern an dem umgestürzten Baum, der das Fahrzeug des Klägers beschädigt hatte, feststand, dass durchgeführte Baumkontrollen in angemessenen Abständen den Schadeneintritt nicht verhindern konnten.

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Keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Baumeigentümers hat das OLG darin gesehen, dass nicht ein Waldstreifen entlang des Straßenkörpers, zu dem der schadenursächlich gewordene Baum gehörte, vorsorglich gerodet worden war. Das vorsorgliche Roden eines Waldstreifens entlang der Straße im Bereich der Unfallstelle hat das OLG für nicht zumutbar gehalten. Zwar lag die Unfallstelle im Verbreitungsgebiet von Bibern. Das Gericht hat es aber als eher ungewöhnliches Ergebnis der Nagetätigkeit von Bibern eingeschätzt, dass der Baum in Fahrbahnrichtung umgestürzt war, statt in Richtung auf das nahe Gewässer. Zudem handelte es sich bei dem Unfall des Klägers um den ersten bekannt gewordenen Fall, dass infolge Nagetätigkeit von Bibern ein Baum auf eine Straße fiel. Ebenso wenig hätten nach Auffassung des Gerichts Gefahrzeichen zur Warnung vor umstürzenden Bäumen den Schadeneintritt verhindern können.

Das Amtsgericht Erding hat durch Urteil vom 09.05.2012 - 3 C 1300/11 - ebenfalls die Klage eines Fahrzeugeigentümers abgewiesen, dessen Fahrzeug am 12.02.2011 durch eine umgestürzte Birke beschädigt worden war. Umsturzursache war auch hier Biberverbiss. Die letzte Baumkontrolle hatte im August 2010 stattgefunden, ohne dass der umgestürzte Baum äußerlich erkennbare Krankheitsanzeichen aufgewiesen hätte, die Anlass zu Maßnahmen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht gegeben hätten. Auch Biberaktivitäten konnten zu diesem Zeitpunkt nicht festgestellt werden. Das Gericht hat allerdings über die Regelkontrollen hinaus Zusatzkontrollen in Betracht gezogen, wenn eine Biberburg in der Nähe der Unfallstelle angesiedelt worden wäre oder es bereits in der Vergangenheit zu stärkeren Biberaktivitäten in unmittelbarer Nähe gekommen wäre, was aber nicht der Fall war.

Jenseits der Verkehrssicherungspflicht des Baumeigentümers hat das OLG Nürnberg durch Beschluss vom 14.01.2014 - 4 U 2123/13 -, juris entschieden, dass Überflutungsschäden auf einem landwirtschaftlichen Grundstück, die durch von einem Nachbargrundstück zugewanderte Biber verursacht werden, keine Störerhaftung des für das Nachbargrundstück Verantwortlichen begründen.

Schließlich hat das VG Düsseldorf durch Urteil vom 09.01.2012 - 25 K 3577/11 -, juris im Zusammenhang mit einer Streitigkeit über Bestehen und Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG entschieden, dass Naturschutzfestsetzungen grundsätzlich vom Eigentümer entschädigungslos hinzunehmen sind, wenn sie lediglich die bisherigen Gegebenheiten der Grundstücksnutzung festlegen und dem Eigentümer keine bisher schon ausgeübte Nutzungsbefugnis wieder nehmen. Wenn also ein Eigentümer Grundstücke erwirbt, als diese bereits unter Naturschutz gestellt sind, kennt er beim Erwerb die mit dem Naturschutzrecht einhergehenden Beschränkungen. Wenn Biber aus anderen Gebieten einwandern, Bäume annagen, zum Einsturz bringen und andere Unannehmlichkeiten entstehen, so ist dies im Rahmen des Zumutbaren vom Grundstückseigentümer entschädigungslos hinzunehmen.

Die vorgestellten Entscheidungen sollten für Bäume Verantwortliche in Verbreitungsgebieten von Bibern für die aus Biberverbiss resultierenden Umsturzgefahren von Bäumen sensibilisieren. Im Einzelfall können Zusatzkontrollen erforderlich sein und/oder das Aufstellen von Warn- und Hinweisschildern. Als geeignete fachkundige Anlaufstelle dienen im Rahmen des Bibermanagements örtliche Biberbeauftragte oder Biberberater.

Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung

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