Baumeigentümerin Stadt

Haftung bei Beauftragung eines Fachunternehmens

Baumschutz
Der Kläger ist Grabnutzungsberechtigter einer von circa 20 Grabstellen, die am 31.03.2015 beim Orkan "Niklas" durch eine über 200 Jahre alte umgestürzte Eiche auf einem städtischen Friedhof beschädigt wurden, und begehrt Schadenersatz von der beklagten Stadt. Foto: Natascha, fotolia

Das OLG Koblenz hat durch Urteil vom 12.07.2018 - 1 U 14/18 - (ohne Entscheidungsgründe, da abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO) ein nach Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Klage stattgebendes Urteil des LG Bad Kreuznach vom 15.12.2017 - 4 O 10/16 - bestätigt. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Grabnutzungsberechtigter einer von circa 20 Grabstellen, die am 31.03.2015 beim Orkan "Niklas" durch eine über 200 Jahre alte umgestürzte Eiche auf einem städtischen Friedhof beschädigt wurden, und begehrt Schadenersatz von der beklagten Stadt. Diese hatte zuletzt im Jahr 2013 eine eingehende Untersuchung der Eiche durch ein beauftragtes Sachverständigenbüro veranlasst. In dessen Gutachten wurde eine deutlich eingeschränkte Vitalität der Eiche festgestellt. Schallmessungen und Bohrwiderstandsmessungen stellten eine Schädigung der Wurzel fest bei noch vorhandener ausreichend intakter Restwandstärke. Die Ursache für die Wurzelverletzungen ließ die Gutachterin offen. Die Bruch- und Standsicherheit sei aktuell gegeben. Dem beauftragten Sachverständigenbüro wurde im Rechtsstreit durch die beklagte Stadt der Streit verkündet. Das Sachverständigenbüro ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Stadt beigetreten.

Nach Auffassung des Gerichts ist Schadenursache gewesen, dass der Friedhofsbaum infolge starker Einfaulungen im Wurzelbereich und zum Teil Fehlen von intakten Haltewurzeln bei einem starken Sturm umgestürzt ist. Der hierdurch verursachte Grabschaden sei bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht vermeidbar gewesen.

Nach Feststellung einer Pilzerkrankung der Eiche im Jahr 2008 habe die Beklagte richtigerweise mit der näheren Untersuchung ein Fachunternehmen beauftragt. Im Ergebnis sei daraufhin im Gutachten des Sachverständigenbüros aus 2008 die Standsicherheit der Eiche bejaht worden. Nach den Feststellungen des Gerichtssachverständigen habe die Gutachterin versäumt, weitere eingehende Untersuchungen (z. B. Wurzelraumaufgrabungen) durchzuführen und sei voreilig zu dem falschen Schluss gekommen, der Baum sei standsicher. Eine Haftung der Beklagten für eine Pflichtverletzung der Gutachterin nach § 831 BGB komme nicht in Betracht. Das Sachverständigenbüro sei nicht als Verrichtungsgehilfe, sondern als selbständiges Unternehmen tätig geworden. Bei der Auswahl eines anerkannten Fachunternehmens sei der Beklagten kein Auswahlverschulden anzulasten. Das Gutachten habe der Beklagten keinen Anlass gegeben, einzelne Punkte zu hinterfragen.

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Den Ausführungen des Gerichtssachverständigen folgend kommt das Gericht zu dem Ergebnis, das Gutachten aus 2013 sei objektiv falsch und unvollständig, weil erkennbar weitere eingehende Untersuchungen hätten durchgeführt werden müssen. Auf das Ergebnis des Gutachtens habe die Beklagte sich nicht verlassen dürfen. Foto: StockPhotoPro, fotolia

Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ergebe sich aber daraus, dass die Beklagte nach Vorlage des erkennbar unvollständigen Gutachtens der Fachfirma im Jahre 2013 keine Nacharbeit eingefordert habe. Den Ausführungen des Gerichtssachverständigen folgend kommt das Gericht zu dem Ergebnis, das Gutachten aus 2013 sei objektiv falsch und unvollständig, weil erkennbar weitere eingehende Untersuchungen hätten durchgeführt werden müssen. Auf das Ergebnis des Gutachtens habe die Beklagte sich nicht verlassen dürfen. Auch für sie sei erkennbar gewesen, dass die Gutachterin die Maßnahmen- Feststellung, ob durch die Mauer oder im Bereich der Gräber Verletzungen im Wurzelbereich vorliegen - nicht getroffen habe. Sie habe sich nicht damit begnügen dürfen, ein Gutachten in Auftrag zu geben und sich mit dem Ergebnis zufrieden zu geben, ohne zumindest die Plausibilität zu prüfen. Dann hätte ihr auffallen müssen, dass nicht alle Untersuchungen vorgenommen wurden. Sie habe es unterlassen, zumindest nachzufragen. Bei einer Untersuchung im Wurzelbereich wäre die fehlende Standsicherheit wegen erheblicher Schädigung der Wurzelanläufe erkannt worden.

Der Antrag der Streithelferin vom 08.09.2017 auf Ergänzung des Gutachtens sei verspätet.

Die Entscheidung überzeugt nicht. Zutreffend ist, dass eine Haftung der beklagten Stadt für eine Pflichtverletzung einer beauftragten Fachfirma nach § 831 BGB nicht in Betracht kommt, wenn diese als selbständiges Unternehmen tätig wird. Das Gericht überspannt aber die Anforderungen an den Auftraggeber, die Unvollständigkeit eines Sachverständigengutachtens zu erkennen. Der vom Gericht geforderte Prüfungsumfang geht über eine zu Recht geforderte Plausibilitätsprüfung deutlich hinaus. Auch die Zurückweisung des Antrags der Streithelferin vom 08.09.2017 auf Gutachtenergänzung als verspätet überzeugt nicht, da nicht ersichtlich ist, wieso dies zu einer Verzögerung des Rechtsstreites geführt hätte. Bei einer Urteilsverkündung gut drei Monate nach Antragstellung hätte der Sachverständige ergänzend zu Fragen zu seinem Gutachten schriftlich Stellung nehmen können. Aufgrund des eindeutigen Hinweises des OLG im Termin, es werde der erstinstanzlichen Entscheidung uneingeschränkt folgen, wurde kostensparend auf die Abfassung von Entscheidungsgründen verzichtet. Eine Berufungsrücknahme erfolgte nicht wegen der zur Realisierung von Regressansprüchen gegen die beauftragte Fachfirma erfolgten Streitverkündung.

Praxistipp: Als Auftraggeber eines Gutachtens sollten Sie sich nicht allein auf das Ergebnis verlassen, sondern die Gründe sorgfältig kritisch auf Plausibilität und Vollständigkeit prüfen, erforderlichenfalls nachfragen und Nacharbeiten veranlassen.

Ass. jur. Armin Braun,GVV-Kommunalversicherung

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