Schäden auf privatem Grundstück

Haftung für privaten Winterdienst im Auftrag der Kommune

Winterdienst Recht und Normen
Welche Verantwortung trägt eine Kommune für Schäden, die ein von der Kommune beauftragter privater Winterdienst an privaten Grundstücken anrichtet? Foto: Rainer Sturm, pixelio.de

Sowohl Privatpersonen als auch Städte und Gemeinden tragen die Verkehrssicherungspflicht für die in ihrem Eigentum stehenden Flächen. Sofern es um Straßen geht, ist der Träger der Straßenbaulast zur Verkehrssicherung verpflichtet. Die Stadt oder Gemeinde hat daher auch dafür zu sorgen, dass Räum- und Streutätigkeiten, also der sogenannte Winterdienst, entweder von eigenen Mitarbeitern oder aber von beauftragten Unternehmen ordnungsgemäß ausgeführt werden.

In einem von dem Oberlandesgericht Saarbrücken mit Urteil vom 17.09.2015, Az. 4 U 27/15, entschiedenen Fall, ging es um Schadensersatzansprüche eines Grundstückseigentümers, die im Rahmen der Ausübung der Räum- und Streupflicht entstanden sind. Auf dem Grundstück des Klägers stand eine Thuja-Hecke. Bei der Durchführung des Winterdienstes wurde nach der Behauptung des Klägers Streusalz unsachgemäß und in zu großer Menge ausgeworfen, so dass es die am Straßenrand auf dem Grundstück des Klägers befindliche Thuja-Hecke getroffen habe. Zudem habe das Schneeschild des Räumfahrzeugs salzhaltigen Schnee direkt an die Thuja-Hecke befördert. Durch das Schneeschild seien auch Teile der Hecke herausgerissen worden, wodurch Löcher in der Hecke entstanden seien.

In dem vom Oberlandesgericht Saarbrücken entschiedenen Fall hatte die örtliche Gemeinde einen privaten Unternehmer mit den Tätigkeiten des Winterdiensts beauftragt. Der betroffene Grundstückseigentümer stand nun vor der Wahl, ob er den betroffenen Unternehmer nach den Grundsätzen der unerlaubten Handlung auf Schadensersatz verklagen sollte, oder aber die verkehrssicherungspflichtige Gemeinde nach den Grundsätzen der Amtshaftung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen sollte. Der Kläger entschied sich für die zweite Variante.

Für das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs gemäß § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 14 GG müsste ein Amtsträger die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt haben. Davon ist das Oberlandesgericht Saarbrücken hier ausgegangen, obwohl die Gemeinde ihre Verkehrssicherungspflicht auf einen Privaten, hier ein Winterdienstunternehmen, vollständig übertragen hatte. Das Gericht argumentiert aber, einem schuldhaften Verhalten von Amtsträgern sei es gleich zu stellen, wenn Personen, die als Werkzeuge des Hoheitsträgers anzusehen seien, schuldhaft handelten. Im vorliegenden Fall ergebe sich ein solches Verschulden daraus, dass das Herüberwirbeln des Schnees auf angrenzende Grundstücke, insbesondere das Grundstück des Klägers, nicht dadurch verhindert worden sei, dass eine andersartige Einstellung des Schneeschildes oder eine langsamere Fahrweise des Räumfahrzeugs gewählt wurde oder dass durch bauliche, nicht besonders aufwendige Maßnahmen verhindert wurde, dass salzgetränkter Schnee auf die Grundstücke der Anlieger geschleudert wird.

Ferner sei ein schuldhaftes Handeln auch deshalb anzunehmen, da durch technische Vorkehrungen am Räumfahrzeug oder sonstige Maßnahmen eine direkte Beeinträchtigung der Hecke durch Streusalz hätte verhindert werden können. Auch hätte der Winterdienst im Bereich der Straße, an dem das klägerische Grundstück liegt, nur mit abstumpfenden Mitteln, wie etwa Splitt oder Granulat und nicht mit Salz durchgeführt werden können.

Das Oberlandesgericht ging davon aus, dass der Winterdienstunternehmer wie ein Werkzeug gehandelt habe. Die Übertragung der hoheitlichen Verkehrssicherungspflicht auf das Winterdienstunternehmen sei so ausgestaltet gewesen, dass die Gemeinde in einem erheblichen Umfang Einfluss auf die Tätigkeit des Unternehmers hatte und sich daher dessen Handeln wie eigenes Handeln zurechnen lassen müsse. Dies ergebe sich aus dem zwischen der Gemeinde und dem Unternehmer geschlossenen Dienstvertrag, wonach der Unternehmer nach den Weisungen des Bürgermeisters zu handeln hatte, der Streu- und Einsatzplan von der Gemeinde erstellt wird, der Einsatz der Räumgeräte mit dem Bauhof der Gemeinde abzustimmen ist, ein zusätzliches Räumen und Streuen mit der Einsatzleitung der Gemeinde abzusprechen ist, nach jedem Einsatz ein Einsatzprotokoll zu erstellen ist und die Gemeinde vor jedem Räum- und Streuvorgang bei dem Unternehmen anruft und mitteilt, wo und wie intensiv zu räumen ist.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken konnte jedoch letztlich nicht entscheiden, ob der vom Kläger behauptete Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung vorlag. Das Oberlandesgericht verwies das Verfahren durch Urteil an das vorinstanzliche Landgericht zurück. Die Aufgabe des Landgerichts ist es nunmehr, in einer erneuten Verhandlung und erweiterten Beweisaufnahme darüber zu befinden, ob die übrigen Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs vorliegen. Insoweit müsste der Kläger in den Schutzbereich der verletzten Amtspflicht fallen, also geschützter Dritter sein. Die Verletzung der Amtspflicht müsste kausal für den beim Kläger eingetretenen Schaden geworden sein und dem Kläger dürften keine anderweitigen Ersatzmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Fraglich dürfte insbesondere sein, ob der Kläger aus Gründen der Subsidiarität nicht vorrangig den Unternehmer hätte in Anspruch nehmen müssen.

Insgesamt kann den Städten und Gemeinden zwar empfohlen werden, zur Vermeidung einer Haftung aus Amtspflichtverletzungen privaten Winterdienstunternehmen keine zu starren Vorgaben zu machen. Jedoch können Sie sich auch bei vollständiger Übertragung ihrer primären Verkehrssicherungspflichten nicht ihrer dennoch weiter bestehenden sekundären Verkehrssicherungspflichten entledigen. Sie müssen daher die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung des privaten Unternehmers stets überwachen.

Dr. Normen Crass, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main.

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