Haus- und Villengärten in der Donaumetropole

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Wien Historische Parks und Gärten
Donaublick über die Weinberge. Fotos: Ferdinand von Luckner

Wien konnte sich erst lange nach dem Ende des 2. Weltkrieges ab den 1980er Jahren wieder zu einer prächtigen und schönen Großstadt entwickeln. Viele öffentliche Plätze, wie der Karlsplatz, wurden umfassend zu öffentlichen Grünanlagen umgestaltet; Parkanlagen und Stadtplätze neu gestaltet; die dominierenden grauen Häuserfassaden, bedingt durch den sogenannten "Friedenszins", sind nach der Änderung des österreichischen Mietrechts renoviert worden.

Wie in fast allen Städten gibt es neben den großen öffentlichen Parkanlagen auch prächtige Privatgärten. Sie verstecken sich auch in Wien hinter Mauern oder hohen Hecken. Häufig sind sie im Nordwesten der Stadt zu finden. Aber auch hinter baumlosen Straßenfronten nahe der Inneren Stadt kann man Gärten von einer Größe finden, die sich manchmal über einen ganzen Straßenblock erstrecken.

Auf der Suche nach alten Gärten findet man einige, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint und die einen in ihrer Ausstattung und ihrem Flair sofort in das 18. und 19. Jahrhundert versetzen. Es sind Gärten von ganz unterschiedlichem Charakter. Auffallend ist, dass trotz Krieg, Zerstörung und politischen Umbrüchen viele alte Gärten erhalten geblieben und daher noch gut erlebbar sind.

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Wien Historische Parks und Gärten
Wasserbecken mit Goldfischen. Haus und Garten bilden eine architektonische Einheit mit Aus- und Durchblicken in die offene Landschaft.
Wien Historische Parks und Gärten
Terrassenblick über die Weingärten hinauf zum Kahlenberg.

Die Steigerung eines Privatgartens ist wahrscheinlich ein Dachgarten, denn hierhin gelangt man nur, indem die Wohnung betreten und so die Privatsphäre des Bewohners berührt wird. Gärten, die auf Erdniveau hinter Zäunen und Mauern versteckt liegen, bieten fast immer die Gelegenheit, zumindest zu erahnen, was man nicht sehen soll, und meistens gelingt es trotzdem, einen Blick durch irgendeine undichte Stelle zu erhaschen. Dieses ist beim Dachgarten fast unmöglich und wie auf einer uneinnehmbaren Burg steht man, vor allen Blicken geschützt, über den Dächern der Stadt. Im 1. Bezirk, also der Inneren Stadt, eröffnet sich eine großartige Dachlandschaft, die vom Wienerwald im Nordwesten eingefasst wird. In diesem Flickenteppich aus Kirchtürmen, Schornsteinen, Schindeln, Pfannen und Zinkblechen überraschen die vielen anderen Dachgärten, die als kleine grüne Punkte gut zu erkennen sind.

Typisch für Wien sind die vielen Villen und Wohnhäuser mit Gärten, die direkt an die Weinberge, hier Weingärten genannt, angrenzen und wunderbare Ausblicke in die Landschaft geben. Der Nordwesten der Stadt ist - abgesehen von seiner hohen Wohnqualität - auch ein beliebtes Naherholungsziel mit seinen Weingärten, den Heurigen, Aussichtpunkten und Spazierwegen, die gleichzeitig auch die Wirtschaftswege der Weinhauer (Winzer) sind. Auf einer Gesamtfläche von über 700 Hektar wird Wein angebaut und damit ist Wien die einzige Hauptstadt der Welt mit einer nennenswerten Weinproduktion von knapp 2,5 Millionen Liter Wein pro Jahr.

Bauhausstil im Weingarten

Die Kleingarten- oder Schrebergartenbewegung entstand in Wien Anfang des 20. Jahrhunderts. Heute befinden sich in der Stadt rund 25 700 Parzellen, die auf 244 Kleingartenanlagen und auf 16 Stadtbezirke verteilt sind. Laubenkolonien finden sich jedoch nicht in der Inneren Stadt sowie in den westlich angrenzenden Bezirken. Ohne Zweifel leisten Kleingärten einen hohen Beitrag zur Lebensqualität der Stadtbevölkerung. Seitdem die Nutzung ganzjährig gestattet ist, entstehen mehr und mehr Eigenheime auch in den Kleingartenanlagen. Daher stehen neben den klassischen Schrebergartenhäuschen heute auch viele neu gebaute Einfamilienhäuser. Die Parzellen können sowohl gepachtet als auch gekauft werden.

Wien Historische Parks und Gärten
Die Buchsbaumrondeaus und Buchsbaumgebirge erinnern an den Garten von Jacques Wirtz.

Der Garten liegt am Südhang eines Weinbergs in Nussdorf und ist Teil eines schmalen Streifens einer Kleingartenanlage mit frei stehenden Sommerhäusern, die sich wie Perlen an einer Schnur den Berg hinauf ziehen. An den beiden kurzen Seiten der Grundstücke stehen in langen Reihen die gepflanzten Weinstöcke, die mehrere Winzer in einer kleinteiligen Struktur bewirtschaften. In diesem Umfeld befindet sich etwa die Hälfte der Fläche des gesamten Wiener Weinbaugebietes. Sehr beliebt, gerade bei Einheimischen, sind die vier- bis fünfmal im Jahr stattfindenden Ausschänke von eigenem Heurigem direkt in den Weingärten. Mit aufgestellten Tischen und Stühlen, Wein und rustikaler Kost entsteht eine ungezwungene Atmosphäre in dieser schönen, ländlichen Umgebung.

Schon an den benachbarten Häusertypen und am Alter der Bäume in den Gärten lässt sich gut erkennen, dass diese Kleingartenanlage schon älter ist. Nur zu Fuß auf einem steilen Weg erreicht man die einzelnen Parzellen und je höher man steigt, desto besser ergeben sich großartige Blicke nach Süden auf die Wiener Innenstadt und weiter östlich auf die Donau City mit ihren modernen Hochhäusern.

Öffnet man die Pforte, geht der Blick zuerst in den Garten, da das Haus ganz am anderen Ende liegt. Ein ebener Weg, bestehend aus großen, asymmetrischen Betonplatten, führt von hier bis zu dem zweigeschossigen modernen Holzbau mit einem flachen Dach. Das Haus orientiert sich an der sachlichen, klaren Formensprache des Bauhaus-Stils und wurde von dem Wiener Architekten Christian Prasser entworfen und im Jahr 2005 fertig gestellt. Große Fenster ermöglichen herrliche Blicke aus dem sachlich-funktional gestalteten Interieur in den Garten und weiter in die offene Landschaft. So bilden das Haus und der Garten fließende Übergänge von innen nach außen aber auch umgekehrt, da Durchblicke möglich sind. Möchte man sich ganz zurückziehen, findet man im Obergeschoss den passenden Ort, der auch großartige Ausblicke bietet.

Bei der Gartenplanung nahm der Wiener Gartenarchitekt Clemens Lutz die Gebäudefluchten auf und setzte sie im Außenraum fort. Im Hauseingangsbereich sind entlang dieser Fluchten zwei rechteckige Wasserbecken und ein Holzdeck entstanden. Der Betonplattenweg führt durch ein flaches Wasserbecken, von dessen Rinne Wasser in ein tiefer liegendes Goldfischbecken mit Seerosen fließt. Zwischen Wasserbecken und dem Haus dient ein Holzdeck als Morgenterrasse.

Wien Historische Parks und Gärten
Vogelperspektive auf den Gemeinschaftsgarten der Sargfabrik in Penzing.
Wien Historische Parks und Gärten
Die prächtige Kulisse der Karlskirche erstreckt sich entlang des alten Dachgartens.

Ebenfalls direkt am Haus gelegen, befinden sich noch weitere Holzdecks vor der Süd- und Westfassade, so dass für jede Tageszeit und jede Temperatur ein passender Außensitzplatz zu finden ist. Diese unmittelbare Anbindung aller Terrassen hat den Vorteil, dass lästige Wege zwischen Küche und Sitzplatz entfallen.

Obwohl der Garten quer zum steilen Hang liegt, besteht sein Inneres aus waagerechten Ebenen. Dieses wurde durch den Bau von Einfassungsmauern realisiert, die den Geländeniveauunterschied zu den Nachbarn abfangen, um so die Gesamtfläche als Gartenraum nutzen zu können.

Der Garten hat einen dichten Gehölzbestand und ist daher in vielen Bereichen schattig. Nur im Umfeld des Hauses befinden sich keine hohen Bäume, so dass weite Ausblicke möglich sind und viel Sonnenlicht in das Gebäudeinnere gelangt.

Haus und Garten bilden eine ideale gestalterische Einheit und sind ein gelungenes Beispiel für eine zeitgenössische Garten- und Hochbauarchitektur.

Ein Stück Italien in Grinzing

Dieser Garten liegt an einer steilen Straße in Grinzing und ist nach Norden in Richtung Kahlenberg, dem berühmtesten Aussichtspunkt der Stadt, ausgerichtet. Von hier aus wurde bei der zweiten Türkenbelagerung Wiens im Jahr 1683 die Stadt von den polnischen Verbündeten mit einem Entsatzheer befreit, woran die St. Josefskirche mit ihrem von weitem gut sichtbaren Turm erinnert.

Das im späthistorischen Stil gebaute Haus der ehemaligen Malerakademie Alois Delug wurde in den Jahren 1910/11 nach den Plänen des österreichischen Architekten Professor Friedrich Ohmann erbaut. Hier entstand ein Künstlerheim, das als Vorbild für solche Lehranstalten galt. Außer den Ateliers mit Oberlicht waren auch heizbare Ateliers für Freilichtstudien vorhanden und ein Stall mit verschiedenen Tierarten gab den Schülern die beste Gelegenheit zum Studium der Tiermalerei. Friedrich Ohmann hatte neben seiner Lehrtätigkeit auch zahlreiche Aufträge in Wien wie beispielsweise die artistische Leitung des Hofburgbaus, der Neuen Burg, einem Teil der Wiener Hofburg. Zu seinen hier ausgeführten Projekten gehören unter anderem das neue Palmenhaus im Burggarten sowie das secessionistische Kaiserin-Elisabeth-Denkmal im Volksgarten. Tritt man über die Terrasse in den Garten, eröffnet sich ein großartiger Blick über die Weingärten hinauf zum Kahlenberg. Den Sitzplatz rahmen zwei Hanfpalmen sowie geschnittener Buchsbaum in Form von Kegeln und Kugeln ein. Formgehölze ziehen sich wie ein roter Faden durch den ganzen Garten und setzen immer wieder da Akzente, wo das Auge von alleine hinwandert - nämlich zu Eingängen, Treppen, Terrassen und anderen Sichtpunkten, wie Bänken, Skulpturen, Stelen oder Steinvasen. Über eine perfekt gepflegte, große Rasenfläche geht es zu einer Treppe, die von einer streng geschnittenen Buchshecke beidseitig eingefasst wird, etwa 40 Stufen hinunter zu dem Poolbereich mit zweitem Sitzplatz, umrahmt von Staudenbeeten und Oleander in Terracotta-Töpfen.

Der terrassierte Hang überbrückt den großen Höhenunterschied zwischen dem oberen und unteren Garten. Der Poolbereich ist vom Haus aus nicht einsehbar und wird so zu einem hortus conclusus, einem geschlossenen Garten. Der Hang ist so intensiv mit Efeu, Hortensien und Rosen bepflanzt, dass er in seiner eigentlichen Mächtigkeit nicht wirklich wahrgenommen wird. Parallel zum Hangfuß verläuft ein Weg, vorbei an einem kleinen von Schilf bewachsenen Teich weiter zu einer Zweierbank auf einem Podest. Große alte Buchen rahmen den Garten nach Norden und Westen ein und verleihen ihm eine Raumstruktur und eine angenehme und sehr großzügige Ausstrahlung.

Garten im Geiste Maria Theresias

Das Grundstück selbst war einstmals Teil eines Parks, der zum sogenannten "Maria Theresien-Schlössl" der nah gelegenen Hofzeile in Wien Döbling gehörte. Die Grundstruktur und die Bepflanzung des Gartens stammen noch aus dem 18. Jahrhundert und wurden nach dem Erwerb des Grundstücks von seinen neuen Besitzern stetig versucht zu erhalten.

Von 1924 bis zu ihrem Tod 1951 lebte die Dichterin Paula v. Preradovi´c, die Verfasserin der Österreichischen Bundeshymne, hier im Haus. Ihr Ehemann Dr. Ernst Molden war lange Jahre Herausgeber der "Neuen Freien Presse". Jahrzehntelang wurde im ersten Stock einer der wichtigsten Intellektuellen Salons in Wien veranstaltet.

Betritt man den Garten, fällt der an die 300 Jahre alte Maulbeerbaum nahe am Haus auf, dessen ausladende Äste sich weit über den Rasen erstrecken. Stahlseile schützen den schon fast greisenhaft wirkenden Baum vor dem Auseinanderbrechen. Der malerische, ja, knorrige Wuchs des Baumes unterstreicht den Charakter des alten Gartens. Spätestens seit 1850 gehört dieser Garten zu dem neuerbauten Haus und ist nicht mehr Teil des Schlossparks.

Ein gepflasterter Weg führt auf breiten Rasenfugen zu einem Atelierhaus. Die vor dem Gebäude angelegte Terrasse ist der wichtigste und größte Sitzplatz im Garten. Über eine große Rasenfläche geht es weiter zu einer Reihe von zusammengewachsenen Buchsbäumen, die amorph geschnitten sind und eine wolkenförmige, langgestreckte Form im Laufe der Jahre bekommen haben. Sie werden von ihren Besitzern Buchsbaumrondeaus und Buchsbaumgebirge genannt und erinnern stark an die Buchsbaumformen des berühmten belgischen Gartenarchitekten Jacques Wirtz.

Zum Ursprung des Gartens zählen auch dicke alte Rosskastanien, deren Stämme schon überwiegend hohl sind und deren Blätter leider von Miniermotten befallen werden, wie überall in der Stadt. Allerdings sieht man selten so alte Vertreter dieser Gehölzart, die mit ihrem weichen Holz nicht zu den am ältesten werdenden Bäumen zählen. Der Garten besticht durch sein Alter und seine Natürlichkeit mit bunt gemischten Blüten- und Blattstauden. Seine Besitzer bemühen sich, den ursprünglichen Stil und die Stimmung möglichst zu erhalten, beziehungsweise dort, wo er verloren ging, wieder zur Geltung zu bringen. Hier wird das Alte bewahrt und gehegt und so ist es möglich, noch einen Hauch der Zeit von Maria Theresia zu erahnen.

An der Kuppel der Karlskirche

Stellt man sich einen Dachgarten vor, liegt dieser fast immer unmittelbar an einer Wohnung oder ist mit einem Penthouse verbunden. Das muss nicht immer der Fall sein, wie dieser alte Dachgarten im Gemeindebezirk Wieden beweist. Vor circa 50 Jahren entschlossen sich die Besitzer des viergeschossigen Wohnhauses die hofseitige und waagerechte Dachgiebelfläche als Garten zu nutzen. Vorbei an alten Klingelschildern (Beletage, Atelier und Portier) bringt der mit Holz verkleidete und mit Anweisungen versehene historische "Fahrkorb" seinen Benutzer durch das Stiegenhaus hinauf zum original erhaltenen Dachboden. Über eine Eisentreppe im Dachgestühl gelangt man durch eine Tür in den Garten.

Zur Rechten erstreckt sich die über 72 Meter hohe Kuppel der Karlskirche mit ihren flankierenden Reliefsäulen. Die Kuppel hat einen Durchmesser von 25 Metern, ihr Grundriss ist nicht kreisrund, sondern hat die Form eines Ellipsoids. Der barocke Kirchbau entstand in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und gehört zu den bedeutendsten Kirchenbauten nördlich der Alpen.

Wien Historische Parks und Gärten
Ein reichhaltiger Gemüsegarten. Im Hintergrund der Fabrikschlot der Sargfabrik.

Entlang der Straßenseite bildet eine hohe Kaminwand die Begrenzung des Gartens. In dieser Mauer befinden sich Öffnungen, die eine Durchsicht in Richtung Osten ermöglichen. Die mittig liegende Rasenfläche fassen viele Töpfe mit zahlreichen Sommerblumen und Kübelpflanzen, wie Zitronen, Mandarinen, Oleander und Hibiskus, ein. Alle Kübelpflanzen werden von Hand gewässert und überwintern frostfrei auf dem Dachboden. Einjährige Pflanzen, wie Sommerblumen, können hingegen direkt in die dünne Substratschicht gesät werden und gedeihen bis in den Herbst hinein, bis der erste Frost die Vegetationsperiode beendet.

Gerade abends und in der Nacht ist der Aufenthalt auf dem Dach so reizvoll mit der im Hintergrund angestrahlten Kuppel der Karlskirche. Ab Mitternacht endet pünktlich die Lichtinszenierung dieses prächtigen Nachbargebäudes, das zu den Wahrzeichen Wiens zählt.

Gemeinschaftsgarten in Penzing

Den Gedanken eines Gemeinschaftsgartens hegten die Gründer des Vereins für Integrative Lebensgestaltung "Sargfabrik" schon Mitte der 1990 Jahre, indem sie ein alternatives Wohnprojekt mit einem Gemeinschaftsgarten als Neubau mit 70 individuell geschnittenen Wohnungen planten und bauten. Eine passende Liegenschaft fand sich auf dem Gelände der einst größten Sargtischlerei der Donaumonarchie im Wiener Stadtteil Penzing. Gemeinschaftsleben war die alles miteinander verbindende Idee, ein Gegenentwurf zur Wohnform einer traditionellen Familie.

Durch das Treppenhaus vorbei an einigen Wohnungstüren, führt der Weg in den obersten Stock zum großen in Ost-West-Richtung verlaufenden Dachgarten, der nach den Plänen des Landschaftsarchitekten Georg Guggenberger entstand. Dieser nichtöffentliche Ort besteht aus einer weitläufigen Wiesen-Rasenfläche, einem großen Gemüsegarten, einem Grillplatz und aus einer Holzterrasse mit umlaufendem Steingarten. Dieser Ort dient der Ruhe, dem Naturerlebnis, der Gartenarbeit und dem Feiern. Von hier führt der Blick nach Süden über hunderte Dächer in Richtung Wienerwald und mit etwas Glück, sieht man die Gloriette des Schönbrunner Schlossparks.

Der Steingarten beherbergt neben zahlreichen Gebirgspflanzen seltene Arten aus der Gruppe der Pannonischen Flora, welche in der Umgebung von Wien ihr westlichstes Verbreitungsgebiet findet. Verantwortlich für diesen Bereich des Dachgartens ist seit über zehn Jahren Christa Leidinger. Die diplomierte Physiotherapeutin und Garten-Autodidaktin hat sich insbesondere der Erweiterung des Artenspektrums heimischer Pflanzen verschrieben. Sie zieht jährlich hunderte Sämlinge auf und experimentiert fortlaufend mit neuen Arten, die gerade im April und Mai schöne und vor allem ungewöhnliche Blühbilder bescheren.

Auf einer Fläche von 250 Quadratmetern liegen die in Nord-Süd-Richtung angelegten Gemüsebeete des Vereins. Hier finden wir einen merklichen Unterschied zu den meisten Dachgärten, die einzig als Ziergärten und Aufenthaltsräume genutzt werden - aber nicht als produktive Gemüsegärten. In der Sargfabrik ist der Bodenaufbau des Dachgartens so mächtig, dass hier direkt im Boden Gemüse wie Kohlrabi, Fisolen (Bohnen), Fenchel, Paradeiser und Salat aber auch Beerenobst angebaut wird. Die Substratschicht erlaubt sogar das Wachsen von ausgepflanzten Ostbäumen, wie Weichsel (Sauerkirsche), Pflaume, Pfirsich oder Marille. Auch eine Bewirtschaftung mit eigenem Kompost findet hier statt, so dass keine langen Wege beim Transport von organischem Material, wie Ernteabfällen, Laub und Rasenschnitt entstehen.

Auch nach 20 Jahren alternativem Wohnen, hat sich das Ursprungskonzept der Sargfabrik - Verein für integrative Lebensgestaltung - als alternative Wohnform bewährt und insbesondere auch dieser Gemeinschaftsgarten in zwölf Meter Höhe.

Epilog

Öffnet sich die Tür zu einem unbekannten Garten, lässt sich leicht sagen, wer den Garten pflegt. Sind es seine Besitzer selbst oder lassen sie ihn unterhalten? Woran kann man das erkennen? Ein häufiges Indiz ist der Perfektionsgrad der Pflege. Repräsentative Anlagen erheben den Anspruch, die Freianlagen makellos ins Bild zu setzen. Diese Ambition lässt sich jedoch häufig nur mit dienstbaren Geistern erfüllen, die dieser Aufgabe nachgehen und dem Besitzer die Gartenarbeit abnehmen. Nach getaner Arbeit verlassen sie die Anlage dann wieder. Nur noch ganz selten wohnen angestellte Gärtner auch auf den ihnen anvertrauten Anwesen. Der mit eigenen Händen pflegende Gartenbesitzer macht hingegen seine Arbeit vor allem für sich selbst und braucht keine Rücksicht darauf zu nehmen, wie der Garten auf andere wirkt. Für ihn sind die Hauptakteure im Garten seine Pflanzen. Mit ihnen setzt er sich intensiv auseinander, kennt alle Pflanzennamen, schätzt ihr Aussehen und weiß um ihre Ansprüche. Jede Pflanze, ganz gleich ob Zwiebel, Staude, Strauch oder Baum, hat durch das Gespür des Gartenbesitzers irgendwann ihren endgültigen Standort gefunden, auch wenn sie dafür vielleicht mehrfach innerhalb des Gartens umziehen musste. Ist der Garten mit seinen vielen Bewohnern, seinen versteckten Bereichen, mit Sitz- und Aussichtsplätzen oder einem Wasserbecken auf den ersten Blick nicht erfassbar und muss man ihn erst Schritt für Schritt entdecken, bekommt er wie von selbst etwas Mystisches.

Gerade diese Mystik, des Verbogenen und des Unbekannten fasziniert am meisten wenn man an Gärten in der Donaumetropole denkt.

Dipl.-Ing. Georg von Gayl
Autor

Landschaftsarchitekt

Georg von Gayl Landschaftsarchitekten Planungsgesellschaft mbH

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