Der Sommerblumen- und Kakteengarten im Düsseldorfer Nordpark

Ineinanderfließend, großzügig und intim

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Der heutige Kakteengarten. Foto: Claus Lange
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Der Kakteengarten 1962 Foto: Archiv Gartenamt Düsseldorf

Als die Stadt Düsseldorf 1957 einen Großteil des Nordparks, den die Britische Rheinarmee nach dem Zweiten Weltkrieg besetzt hatte, zurück erhielt, war dies für Gartendirektor Ulrich Wolf (1902-1967) der Beginn eines weit gespannten Umgestaltungs- und Erneuerungsprogramms, mit dem er den Park modernisieren und an neue Bedürfnisse anpassen wollte.

Der Nordpark war 1937 im Rahmen der Wirtschafts- und Propaganda-Ausstellung Schaffendes Volk¹ entstanden und nach deren Abschluss als einziger Schauteil auf dem Gelände erhalten geblieben². Entworfen vom damaligen Gartendirektor Willi Tapp (1887-1958), unterstützt durch Hans Schiller (1902-1991) und Sepp Rasch, trug der Park in vielen Bereichen die Züge einer strengen architektonischen Gestaltung, die auf die Erneuerungsbewegung der Gartenkunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts zurückging. Doch der als Gartenhof betitelte Garten in der Nähe des Rheins zeigte eine unregelmäßige und naturhafte Gestaltung, wie sie sich etwa ab der Mitte der 1930er-Jahre vorwiegend im privaten Wohngarten zu entwickeln begann³.

In einen zentralen zehneckigen Glastempel waren tropischen Pflanzen und Riesenschmetterlinge zu bewundern, im angrenzenden beheizten Wasserbassin wuchsen Victoria regia und andere tropische Seerosen. Ringsherum gruppierten sich fünf Springbrunnen, umgeben von unregelmäßig geformten Pflanzflächen4. Eingefasst von Sandsteinplatten waren die Beetflächen mit einem artenreichen Sortiment niedriger Stauden und wenigen gliedernden Sträuchern bepflanzt. Große Keramikgefäße ergänzten das Bild.

Mit den Umgestaltungen im Nordpark beauftragte Wolf 1957 seinen Mitarbeiter Georg Penker (*1926), der an Wolfs früherer Wirkungsstätte, dem Institut für Garten- und Landschaftsgestaltung der Höheren staatlichen Lehranstalt Weihenstephan, von 1950 bis 1954 studiert hatte und seinem Lehrer nach Düsseldorf gefolgt war5. Der Arbeitstitel für die Umgestaltung, so Penker, lautete "Demokratisierung des Nordparks"6. Was aus heutiger Perspektive übertrieben oder kurios anmutet, bezeugte damals seine Abneigung gegen die vorgefundene Gartenkunst, die vermeintlich auf den Nationalsozialismus zurückging, sowie den starken Willen, Neues und Modernes zu schaffen.

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Die Große Bambuspergola im Sommerblumengarten 1959 Foto: Archiv Gartenamt Düsseldorf
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Die Stahlpergola im Sommerblumengarten 1992 Foto: Claus Lange

Bei den Planungen beschränkte sich der damals 32-Jährige Penker nicht auf den Gartenhof, sondern bezog den benachbarten Kakteengarten ein. Vom früheren Bestand des Gartenhofs übernahm Penker lediglich vier der ehemals fünf kreisförmigen Wasserbecken und einige Bäume, darunter eine heute mächtige Quercus ilex, die seit 1937 alle Winter unbeschadet überstanden hat.

Zwei gegeneinander versetzte große Beete mit stumpfen Winkeln bilden das pflanzliche Zentrum des Kakteengartens. Hier wurden bis in die 70er-Jahre im Sommer auch tatsächlich Kakteen und Sukkulenten ausgepflanzt und zum Teil in separat aufgestellten flachen Schalen präsentiert, so dass die Übernahme des alten Namens berechtigt war. Die ergänzende Dauervegetation auf diesen Beeten knüpfte an südliche Pflanzenbilder an. Eine übermannshohe Keramikvase - in einer für die 1950er-Jahre typischen Form - setzt einen gestalterischen Akzent. Leichte Gartenstühle stehen für zwanglose individuelle Benutzung bereit. Ebenfalls zum Sitzen lädt eine flache Brüstungsmauer ein, die den Garten nach Osten begrenzt. Von dort geht der Blick auf eine tiefer gelegene, weite Rasenfläche. Ein in weichen Kurven geführter Weg bildet die westliche Grenze. In einem Beet steht die kleine Bronze-Skulptur des französischen Architekten und Bildhauers André Bloc (1896-1966) mit dem Titel Plastik 1961.

Übergangslos, nur durch eine in die Pflanzung gestellte Mauerscheibe optisch getrennt, gelangt der Besucher im Schatten von Bäumen und unter einer filigranen Pergola hindurch in den Sommerblumengarten und erblickt vor sich ein großes abgewinkeltes Wasserbecken. Sogar der kleine Wasserspeier hat den Gestaltungsprinzipien von Unregelmäßigkeit und freier Rhythmik folgend eine asymmetrische Position und ist selbst auch asymmetrisch gestaltet. Zunächst war die Pergola, welche die Wasserfläche und die angrenzenden Terrassen umfasst, aus Bambusrohr gefertigt. Doch wegen der begrenzten Lebensdauer des Materials ersetzte Penker, der im Herbst 1958 das Gartenamt verlassen und seitdem freiberuflich arbeitete, sie 1965 durch die heutige farbig gehaltene Stahlrohr-Konstruktion. In ihr kommt die damals angestrebte Leichtigkeit und Transparenz beispielhaft zum Ausdruck. Die in verschiedenen Höhen und mit niedrigeren Schattendächern versehene Pergola umfängt räumlich das zentrale Bassin, um das sich Sitzterrassen gruppieren. Auch hier gibt es loses Gestühl sowie die weiten flachen Pflanzschalen der Firma Eternit, deren Material und Formen in den 50er-Jahren als Inbegriff der Modernität galten. Ein bogenförmiger Weg führt entlang einer Rasenfläche, an die sich in großzügig organischer Kurve ein großes Sommerblumenbeet anschließt.

Mit der Auswahl der zumindest in den 50er-Jahren als selten und ungewohnt geltenden Gehölze hat Penker das Exotische des früheren Ausstellungsgartens thematisch aufgegriffen: Als pflanzlichen Rahmen und zur Raumgliederung wählte er japanischen Fächerahorn, Samthortensien, Bambus, Ginkgo, Essigbaum und die seltene Aesculus neglecta ´Erythroblasta´ mit ihrem spektakulären flamingo-rosa Blattaustrieb. Die Komposition der alljährlich neu konzipierten Wechselbeetbepflanzungen lag nach Penkers Weggang über viele Jahre in den Händen der Gartenarchitektin Ingeborg Pahlke (*1929), die für die Planung des Wechselflors in allen Düsseldorfer Anlagen zuständig war7. Doch die Bepflanzungen der Beete im Nordpark wurden mit besonderer Sorgfalt ausgearbeitet, denn Wolf betrachtete diesen nach wie vor als eine Art Gartenschau. Und so war der Nordpark unter seiner Leitung die am üppigsten mit Wechselflor ausgestattete Düsseldorfer Parkanlage.

Mit der Umgestaltung der beiden 1937 entstandenen Anlagen hat Georg Penker zwei Gärten geschaffen, in denen sich bis heute in Konzeption und baulichen Details die für die 1950er-Jahre typischen neuen Gestaltungsansätze und auch das Optimistische einer neuen Modernität erhalten haben. Die Formen, Linien und das räumliche Gefüge in seinem Entwurf ließen sich durch das charakterisieren, was über die Arbeiten des Bildhauer Hans Uhlmann (1900-1976) gesagt wurde: „Die Linienführung ist von gelöstem florealen Schwung ... eine groß angelegte Raumkurvatur ... das Rechtwinklige wird durch das Bewegte und Ondulierende ersetzt”8. Entstanden sind zwei ineinanderfließende Gärten, die bei aller Kleinräumigkeit und Intimität eine Großzügigkeit aufweisen, die sie zu den angrenzenden weiträumigen Parkteilen wieder in Bezug setzt. Seit 1992 stehen sie unter Denkmalschutz.

Eine seit Jahren geplante und glücklicherweise bislang nicht realisierte U-Bahn-Linie würde mittig durch den Sommerblumengarten führen und ihn bei der beabsichtigten offenen Bauweise vollständig zerstören. Da die jetzige Landesregierung die Planung nicht unterstützt, wird Zeit gewonnen - vielleicht genügend, um sich den Wert der Anlage bewusst zu machen.

Literatur

1) Zur Geschichte der Ausstellung siehe: Schäfers, Stefanie: Vom Werkbund zum Vierjahresplan. Die Ausstellung ,Schaffendes Volk', Düsseldorf 1937. Düsseldorf 2001.

2) Lange, Claus: Der Nordpark in Düsseldorf. Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (Hrsg.), Rheinische Kunststätten, Heft 393, Köln 1994.

3) Lange, Claus, Gartenarchitektur der 1950er-Jahre in der BRD. In: Stadt+Grün 57 (2008), Heft 5., S. 10f.

4) Katalog der Reichsausstellung Schaffendes Volk, Düsseldorf 1937, S.137; Mappes, Michael: "Schaffendes Volk". Eine Betrachtung der Reichsausstellung Düsseldorf 1937. In: Gartenkunst 50 (1937), H. 7 u. 8, S. 167.

5) Wolf begann seine Tätigkeit im Düsseldorfer Gartenamt im Januar 1954.

6) Mündl. Mitteilung von Georg Penker an den Autor, 29.12.1993.

7) Verein Straße der Gartenkunst wischen Rhein und Maas e. V. (Hrsg.): Gartenkünstler - Gartenbilder von 1530 bis heute, Duisburg 2009, S. 134f; Lange, Claus: Wechselflor in Düsseldorfer Anlagen. Ein Blick auf die Zeit von 1955-1970. In: Die Gartenkunst 13 (2001), H.2, S. 327-342.

8) Haftmann, Werner: Hans Uhlmann - Leben und Werk. Berlin 1975. Zitiert in: Maenz, Paul: Die 50er-Jahre. Stuttgart 1978, S. 33.

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