Interview mit Prof. Dr. Norbert Kühn
Landschaftsarchitektur an TU Berlin massiv bedroht
von: M. A. Mechthild Klett
Die Berliner Hochschulen und speziell die Landschaftsarchitektur stehen unter Druck. Es gibt die berechtigte Sorge, dass hier wesentliche Kapazitäten im Lehr- und Forschungsbetrieb aufgrund von Sparmaßnahmen verschwinden werden. Obwohl zwischen Hochschulen und Berliner Senat 2024 ein Vertrag unterzeichnet wurde, der den Hochschulen ein finanzielles Plus von 3,2 Prozent bringen sollte, liegen jetzt Kürzungsvorgaben auf dem Tisch, die allein für 2025 140 Millionen Euro umfassen.
Diese vertragswidrigen Kürzungen hätten möglicherweise durch eine Klage abgewendet werden können. Doch die Hochschulen entschieden sich offenbar, die Klage nur als Druckmittel einzusetzen, um noch massivere Kürzungen innerhalb der Verträge abzuwenden. Dies gelang aber nur mit zwiespältigem Erfolg, denn die Sparauflage bleibt Stand August unverändert bestehen, während die Hochschulen bei den Tarifzahlungen und beim Ruhestandsgeld entlastet werden – aber erst ab 2026. Stattdessen sollen Teile der Rücklagen der großen Hochschulen an kleinere Hochschulen verteilt werden. Doch auch das entbindet die Hochschulen nicht von der Sparauflage von 140 Millionen Euro in diesem Jahr.
Da tröstet auch nicht eine neue Kommission, die den Abbau von Bürokratie und eine Flexibilisierung in Angriff nehmen soll – Begriffe, die nicht unbedingt die Forschungs-, Lehr- und Lernbedingungen vereinfachen, sondern auch prekärer machen können.
Stadt+Grün befragte in dieser Situation den Leiter des Fachgebietes Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung der Technischen Universität Berlin, Prof. Dr. Norbert Kühn, wie mit diesen Entscheidungen an der Fakultät 6 der TU Berlin Planen Bauen Umwelt umgegangen wird. Fragen von Mechthild Klett.
Herr Prof. Kühn, der Fakultätsrat der Fakultät 6 Planen Bauen Umwelt an der TU Berlin hat entschieden, sich den Sparvorgaben in der Art zu beugen, dass dem Bereich Landschaftsarchitektur eine Sparquote von 30 Prozent der Lehrkapazitäten in den nächsten vier Jahren aufgebürdet wird. Wie ist Ihre Reaktion?
Das ist eine Katastrophe und auch noch viel mehr, als wir erwartet haben! Ehrlich gesagt sind wir entsetzt und geschockt. Obwohl uns viel Wertschätzung entgegengebracht wurde und auch die politische Bedeutung der Landschaftsarchitektur grade angesichts des Klimawandels allen bekannt ist, wiegen offenbar die strukturell-administrativen und monetären Argumente schwerer.
Dabei gab es auch verschiedene Verbände, die sich mit offenen Briefen direkt an die Hochschulleitung und den Senat gewandt haben, um uns zu unterstützen, allen voran der Bund Deutscher Landschaftsarchitekt:innen, die Berliner Architekt:innenkammer oder der European Council of Landscape Architecture Schools, ECLAS. Es gab auch eine hohe Solidarität der Umweltplaner, die mit uns in einem Institut, dem ILAUP (Landschaftsarchitektur und Umweltplanung) zusammengeschlossen sind. Offenbar reicht das alles jedoch nicht.
SUG-Stellenmarkt


Was heißt das genau?
Entschieden wird nach dem Kriterium, dass nicht diejenigen Bereiche am wertvollsten sind, die fachlich und in der Lehre die besten Ergebnisse gebracht haben, oder gesellschaftlich-politisch relevant sind, sondern diejenigen, die am schnellsten abgebaut werden können, weil die Stelleninhaber*innen in Pension gehen. Ein weiteres Kriterium sind Drittmittel und Forschungsprojekte. Hier waren wir als Fachgebiet in den letzten Jahren durchaus erfolgreich, auch wenn es sich nicht um größere Verbundprojekte gehandelt hat. Trotzdem haben wir eine hohe Publikums- und Medienwirksamkeit erreichen können.
Zwei der drei anderen Fachgebiete befanden sich in einem langwierigen Wiederbesetzungsprozess, hier war daher nicht viel Forschungsleistung zu erwarten. Eine Stelle ist inzwischen erfreulicherweise mit der Kollegin Lisa Diedrich besetzt, bei der anderen Stelle warten wir bereits 1,5 Jahre darauf, dass die Berufung ausgesprochen wird. In Berlin beruft der Senat die Professorinnen und Professoren. Das ist einmalig in der Bundesrepublik. Sonst ist es das Recht der Universitäten und Hochschulen. Die Senatsprüfung hängt nun in der Luft. Es ist unklar, was das Problem ist, wir haben kein Mitspracherecht.
Im weiteren akademischen Sinne waren wir in den vergangenen Jahren durchaus erfolgreich. Es wurden zahlreiche Promotionen abgeschlossen und auch Professor*innen an anderen Hochschulen sind aus unseren Reihen hervorgegangen.
Trotzdem wird die Landschaftsarchitektur an der TU Berlin massiv in Frage gestellt.

Das Sparen wird damit in gewisser Weise dysfunktional. Und niemand scheint ihm zu entkommen.
Nicht nur das, wir sind auch überproportional betroffen: Ganz Berlin muss 8 Prozent im Haushalt einsparen. Die Hochschulen sind mit einer Sparquote von 15 Prozent schon weit darüber. Jetzt über 30 Prozent für unsere Fachgebiete – das trifft die Landschaftsarchitektur fast mit dem Vierfachen.
Kann denn dann überhaupt die Lehre nach den studienordnungsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden?
Wir versuchen alle Lücken zu füllen und machen schon jetzt mehr, um genau dies noch zu gewährleisten.
Und das reicht?
Die Idee ist jetzt, dass der Wegfall einer Professur durch eine Hochschuldozentur ersetzt wird. Hier findet dann allerdings keine Forschung mehr statt, es handelt sich um eine Stelle, die nur Lehre macht ohne Unterstützung durch ein Team. Die vakante, noch zu besetzende Professur, auf die wir seit 1,5 Jahren warten, haben wir eben gerade auch mit dem hohen Forschungsbedarf begründet. Ich weiß aber nicht, was der Senat jetzt da rausliest.

Aber dann könnte man die Vorgaben einer hohen Forschungsquote nicht erfüllen und bliebe immer wieder von Kürzungen bedroht? Eine Abwärtsspirale?
Wir hoffen, dass sich die Lage in den kommenden Jahren wieder entspannt und wir unsere Fachgebiete halten können. Sicher müssen wir aber auch selbstkritisch konstatieren, dass einige Fachgebiete die Notwendigkeit zur Forschung nicht ausreichend erfüllt haben. Unser Bereich Pflanzenverwendung hat einiges auf die Beine gestellt, unter anderem – Sie hatten ja darüber schon berichtet – die Versuche mit den Verdunstungsbeeten auf dem ehemaligen Flughafengelände in Berlin Tegel.
Darüber hinaus haben wir mit dem Parkschadensbericht 2024 ein großes Presseecho erzielt. Auch die Versuche zur biodiversen Bepflanzung von Versickerungsmulden und zur pflegeextensiven Bepflanzung durch das Prinzip des Coppicings haben viel Aufmerksamkeit bekommen.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, namentlich Dr. Andreas Keller, hatte den Hochschulen empfohlen, an der Klage festzuhalten und nicht in Verhandlungen, quasi in einen Vergleich zu gehen. Waren die Hochschulen zu schnell zu kompromissbereit?
Das kann ich schlecht einschätzen. Wir sind natürlich mit dem Ergebnis nicht zufrieden.
Müssen sich die Fachgebiete im Bereich Landschaftsarchitektur strategisch neu aufstellen, um sich nach innen und außen besser zu positionieren?
Ja, das ist unbedingt erforderlich. Darüber müssen wir in der Sommerpause nachdenken und uns verständigen. Es ist auch wichtig, als Landschaftsarchitektur sichtbarer zu sein und die Herausforderung der Drittmittel-Einwerbung besser anzunehmen. Die Argumentation, dass unsere Fachgebiete zur kritischen Infrastruktur einer zukunftsorientierten, demokratischen Gesellschaft gehören, kommt natürlich auch von allen anderen Instituten. Alle pochen auf ihre gesellschaftliche Relevanz. Leider kommt gerade noch hinzu, dass die Umweltthemen nicht mehr die höchste politische Priorität besitzen. Das wird sich auch bei den Forschungsausschreibungen zum Thema Klimawandel niederschlagen.
Könnten Sie sich vielleicht noch mit anderen Fakultäten an anderen Standorten austauschen und gegenseitig voneinander profitieren?
Ich bin mit vielen Kolleginnen und Kollegen in Hannover, Dresden und München im Austausch. Die drohende Abschaffung der Landschaftsarchitektur an der TU München vor gut 15 Jahren war durch den damaligen Präsidenten veranlasst. Bei uns liegt der Fall etwas anders: es geht um einen Verteilungskampf innerhalb der Fakultät bei geringer werdenden Ressourcen.












