Ruhestörung

Ist von einem Kinderspielplatz ausgehender Lärm zu dulden?

Recht und Normen
Kinderlärm auf Spielplätzen ist privilegiert. Lärm von Erwachsenen und Jugendlichen auf Spielplätzen dagegen nicht immer. Foto: Romy Engel, pixelio.de

In einem vom VGH Baden-Württemberg mit Beschluss vom 06.03.2012, Az.: 10 S 2428/11 entschiedenen Fall ging es um Lärm, der von einem am Waldrand gelegenen Spielplatz ausging. Dieser Kinderspielplatz wurde in den Abend- und Nachtstunden regelmäßig durch Jugendliche und Erwachsene als Treffpunkt und Ort für spontane Feierlichkeiten genutzt. Dabei kam es zu Lärmbelästigungen, die weit in die Nacht hinein reichten.

Ein Anwohner des Kinderspielplatzes beschwerte sich über diesen Lärm und verlangte von der Gemeinde, die Einhaltung der festgelegten Nutzungszeiten des Spielplatzes, die von 8.00 Uhr-20.00 Uhr und in der Winterzeit bis zum Einbruch der Dunkelheit festgelegt waren, zu überwachen und sicherzustellen.

Sein Antrag auf einstweiligen Rechtschutz wurde in der ersten Instanz vor dem Verwaltungsgericht vollständig abgelehnt. In der zweiten Instanz differenzierte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zwischen der bestimmungsgemäßen Nutzung des Kinderspielplatzes und einer missbräuchlichen Nutzung. Der Anwohner könne nicht verlangen, dass die Gemeinde die Einhaltung der festgelegten Benutzungszeiten überwache, um den Lärm von spielenden Kindern außerhalb dieser Zeit auszuschließen.

Der Grund dafür liege in § 22 Abs. 1 a Bundesimmissionsschutzgesetz. Demnach sind Geräuscheinwirkungen, die von Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen ausgehen, aufgrund ihrer Sozialadäquanz keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes und daher von Anwohnern hinzunehmen. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und Immissionsrichtwerte nicht herangezogen werden. Einzelfallbezogene Ausnahmen seien zwar möglich, hier jedoch grundsätzlich nicht gegeben. Die mit der Vorschrift angestrebte Privilegierung des Lärms von Kinderspielplätzen erfordere es, eine Beurteilung von festgeschriebenen Benutzungszeiten zu lösen. Da nach Sinn und Zweck der Vorschrift der Lärm spielender Kinder stets als sozialadäquat hinzunehmen sei, bestehe grundsätzlich auch dann kein Abwehranspruch eines Anwohners, wenn solcher Lärm außerhalb der festgelegten Benutzungszeiten eines Kinderspielplatzes auftrete.

Abweichend beurteilte der VGH Baden-Württemberg jedoch die Situation bei einer missbräuchlichen Nutzung des Kinderspielplatzes durch Jugendliche und Erwachsene. Der dadurch entstehende Lärm werde von § 22 Abs. 1 a Bundesimmissionsschutzgesetz gerade nicht privilegiert. Daher könne ein Anwohner verlangen, dass die Gemeinde unter bestimmten Umständen eine durch missbräuchliche Nutzung hervorgerufene Lärmbelästigung unterbinde. Dies sei dann der Fall, wenn die Gemeinde als Betreiber des Kinderspielplatzes einen "besonderen Anreiz zu Missbrauch" geschaffen habe.

Der betroffene Spielplatz lag am Waldrand nahe eines für den öffentlichen Verkehr schwer zugänglichen Bereichs und bot nach Ansicht des Gerichts einen besonderen Anreiz zu Missbrauch in der Form, dass sich Jugendliche unbeobachtet und unkontrolliert treffen konnten. Erforderlichenfalls ermöglichte der Standort auch, sich Kontrollen durch eine Flucht in den Wald zu entziehen.

Das Gericht verpflichtete die Gemeinde daher zur Verhinderung der missbräuchlichen Nutzung durch im Ermessen der Gemeinde stehende Maßnahmen. Nach Ansicht des Gerichts sind dazu engmaschige und regelmäßige Kontrollbesuche insbesondere abends und in der Nacht geeignet.

Einen ähnlichen Fall, bei dem jedoch kein "besonderer Anreiz zu Missbrauch" durch die Gemeinde geschaffen wurde, hatte der VGH Hessen im Urteil vom 25.07.2011, Az.: 9 A 125/11 zu beurteilen. Dort wurde ein unmittelbar in der Nähe von Wohnbebauung eingerichteter Spielplatz außerhalb der Nutzungszeiten von Jugendlichen missbräuchlich genutzt. Das Gericht wies jedoch die Klage einer Anwohnerin, wonach die Gemeinde durch geeignete Maßnahmen sicherstellen sollte, dass vom Spielplatz ausgehende Lärmbelästigungen im Falle einer missbräuchlichen Nutzung verhindert werden, zurück. Die Gemeinde als Betreiberin des Spielplatzes sei dafür nicht verantwortlich, da öffentlich zugängliche Anlagen stets missbrauchsanfällig seien. Da vorliegend von der Gemeinde bereits Maßnahmen gegen den Missbrauch getroffen worden seien, indem Sitzgelegenheiten abgebaut und stattdessen ein Jugendraum eröffnet wurde, seien der Gemeinde nur die Auswirkungen des Kinderspielplatzes zurechenbar, die durch seine bestimmungsgemäße Nutzung hervorgerufen würden.

Das Gericht gab der Klägerin den Rat, bei einer missbräuchlichen Nutzung die Polizei einzuschalten.

Dr. Normen Crass, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main

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