Circular Economy – Iserlohn gibt Machbarkeitsstudie in Auftrag

Kaskadennutzung von Biomasse - mehr Ressourceneffizienz

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Abfallentsorgung Grünflächenämter
Abb. 1: Häckselzug des Märkischen Stadtbetriebs Iserlohn-Hemer. Foto: Märkischer Stadtbetrieb

Bei der Bewirtschaftung der grünen und blauen Infrastruktur in den Städten und Gemeinden fallen biologogische Infrastrukturabfälle als erheblicher Stoffstrom an. Je nach Größenordnung der Kommune und Organisationsform wird differenziert mit diesem Stoffstrom verfahren. In größeren Städten wird die Biomasse an die Abfallwirtschaftsbetriebe gegen Gebühr abgesteuert und dort häufig der Grünschnittkompostierung zugeführt. Viele Städte und Gemeinden verfahren jedoch auch anderweitig und individuell.

Die Circular Economy aus dem Bereich der Abfallwirtschaft (Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen - Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG) ergibt sich aus § 6 mit der folgenden Abfallhierarchie:

  • Vermeidung,
  • Vorbereitung zur Wiederverwendung,
  • Recycling,
  • sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung,
  • Beseitigung.

Zudem drängt sich aus der Energiewende, die vor allem eine Wärmewende ist, die Aufgabe auf, aus dem Stoffstrom der Infrastrukturabfälle einen Mehrwert für die Gesellschaft zu generieren und der Verantwortung nach einer potenziellen CO2-Reduzierung nachzukommen.

Die Energiewende verändert Deutschland. Um den Fortschritt des Ausbaus der erneuerbaren Energien zu dokumentieren, finden Sie in den folgenden Abschnitten aktuelle Daten zur Nutzung nachhaltiger Energieträger in allen Verbrauchssektoren - dies sind neben dem Stromsektor auch der Bedarf an Wärme, beispielsweise in der Industrie oder in Haushalten, sowie der Energieverbrauch im Verkehr.

Im Jahr 2021 wurden nach den Berechnungsvorschriften der EU-Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien (2009/28/EC) 19,2 Prozent des deutschen Endenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt. Gegenüber dem Vorjahr stieg der Anteil damit nur marginal: Im letzten Jahr hatte Deutschland einen Anteil von 19,1 Prozent erreicht und damit sein unter der EU-Richtlinie festgelegtes Ziel von 18 Prozent übertroffen.

Um die neuen ambitionierteren EU-Klimaziele zu erreichen, wird in den kommenden Jahren ein deutlich schnelleres Wachstum der erneuerbaren Energien notwendig sein.

Insgesamt wurde im Jahr eine Energiemenge von 468 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) aus erneuerbaren Energieträgern genutzt. Von dieser Energiemenge entfielen etwa 50 Prozent auf die Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen, 43 Prozent auf den erneuerbaren Wärmesektor und 7 Prozent auf biogene Kraftstoffe im Verkehrsbereich.

In der Gesamtbetrachtung ist die Biomasse aufgrund ihrer vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten in allen Sektoren (in Form von festen Brennstoffen zum Heizen, Biokraftstoffen im Verkehr oder Biogas zur Stromerzeugung) mit einem Anteil von 55 Prozent an der Bereitstellung von erneuerbarer Endenergie noch immer der wichtigste erneuerbare Energieträger. Die Windenergie folgte mit einem Anteil von 24 Prozent an zweiter Stelle. Die Nutzung von Sonnenenergie in Photovoltaik- und Solarthermieanlagen trägt weitere 13 Prozent bei. Wasserkraft und Geothermie steuern jeweils weitere 4 Prozent bei (Quelle: Umweltbundesamt).

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Die Infrastrukturabfälle aus der Bewirtschaftung der öffentlichen Grünflächen, Wälder und des Straßenbegleitgrüns sind zum Teil holzig (eignen sich für eine direkte, thermische Nutzung) oder krautig-matschig etwa Rasen- und Wiesenschnitt, welcher tendenziell eher kompostiert werden wird. Ein gewisser Anteil vom holzigen Material muss jedoch immer der Kompostierung zugeführt werden, um den Prozess zu unterstützen (Belüftung, Volumen). In jedem Fall zeigt sich dieser Stoffstrom aber als erhebliches Potenzial, um die Energiewende zu unterstützen.

Als Ergebnis der Kompostierung entsteht ein wertvoller Bodenverbesserungsstoff, der Humus und Nährstoffe zurück auf die landwirtschaftlichen Flächen trägt oder/und in den heimischen Garten, in den Produktionsgartenbau und in die Pflanzsubstrate, die zunehmend torffrei zu produzieren sind. Der sogenannte Siebüberlauf aus den Absiebprozessen während der Kompostierung ist als holziges Endprodukt für die thermische Nutzung gut geeignet = Kaskadennutzung.

Teilweise werden strauchige und holzige Infrastrukturabfälle jedoch auch zerkleinert und direkt thermisch verwertet als Holzhackschnitzel, Kaminholz oder Pellets. Je nach Region und Nährstoffeinträgen auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen kann es sinnvoll sein, eine thermische Nutzung gegenüber der Kompostierung zu präferieren. Man denke zum Beispiel an den Raum Vechta mit maximaler Intensivtierhaltung gegenüber der märkischen "Streusandbüchse" mit einem hohen Bedarf an Humuszuführung.

Im Stadtbetrieb Iserlohn | Hemer AöR werden die strauchigen und holzigen Abfälle bis dato zentral gesammelt und durch ein externes Unternehmen dann "gehackt" und abgefahren. Aufwand und Ertrag heben sich auf.

Der Stadtwerke Iserlohn GmbH wurden Fördermittel bewilligt, um das bestehende Fernwärmenetz in Richtung des Standortes des SIH zu erweitern. Der Hauptwärmelieferant für die Fernwärme in Iserlohn ist das Müllheizkraftwerk (MHKW). Der Fernwärmeanschluss vom SIH wäre die am weitesten von der Fernwärmeerzeugung entfernteste Abnahmestelle. Je weiter die Abnahmestelle vom Erzeugungspunkt entfernt ist, desto höher sind die Pumpenleistungen und Wärmeverluste im Fernwärmesystem.

Eine regenerative Wärmeerzeugungsanlage am entferntesten Punkt zum MKHW erhöht nicht nur die Effizienz, sondern auch das Anschlusspotenzial der Fernwärme. Dadurch können weitere Gebäude, bis in die Stadt Hemer hinein, an die regenerative Wärmeversorgung angeschlossen werden. So wurde die Frage diskutiert, ob es zielführend sein könnte, am Standort des SIH, dem geplanten Endpunkt der Fernwärmenetzerweiterung, ein Biomasseheizkraftwerk zu prüfen.

Fast die Hälfte der deutschen Haushalte heizt noch mit Erdgas, ein weiteres Viertel mit Heizöl. Eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität spielen Fernwärmenetze:

Sie erschließen klimafreundliche Wärmequellen, die durch dezentrale Heizungen im Haus nicht nutzbar sind - darunter tiefe Geothermie, die ganzjährig, verlässlich und bei jedem Wetter hohe Temperaturen liefern kann, und auch industrielle Abwärme. Gerade in Städten sind Wärmenetze oft der beste Weg, um von Öl- und Gasheizungen wegzukommen. Es ist zu vermuten, dass die Fernwärme die "Leitwärmeversorgung" der Zukunft sein wird; gespeist aus Geothermie, Großwärmepumpen und Biomasse sowie eben Abwärme.

In Anbetracht der Herausforderungen, aber auch der Chancen, haben sich SIH + SWI entschieden, Fördermittel für eine Machbarkeitsstudie einzuwerben und sodann diese zu beauftragen. Die Machbarkeitsstudie soll sich zunächst mit der Verfügbarkeit von Biomassen beschäftigen. Neben den flächenbezogenen Biomassepotenzialen in und außerhalb der Zuständigkeit des SIH sollen auch weitere Potenziale bei Abfallentsorgungsbetrieben, Straßenmeistereien sowie Forst- und Landschaftspflege-Betrieben betrachtet werden. Sowohl krautige und holzige Biomasse soll im Fokus der Untersuchungen stehen.. Die Nutzung von krautiger Biomasse ist aktuell nur in kleineren Anteilen in Biomasseheizkraftwerken möglich, sodass die Nutzung holziger Biomasse im Vordergrund steht.

Obwohl zu erwarten ist, dass die untersuchten Biomassepotenziale an Holzhackschnitzel groß sind, zeigt sich durch die aktuellen Entwicklungen in der Energiekrise, dass holzige Biomasse in Form von Hackschnitzeln, Pellets oder auch Althölzern am Markt sehr gefragte Güter sind und aufgrund Ihrer verfügbaren Endlichkeit sich die Preise deutlich nach oben entwickeln. Langfristig wird sich auch für die holzige Biomasse ein höheres Preisniveau als in den letzten Jahrzehnten einpendeln, was die Nutzung von beispielsweise Hackschnitzeln unattraktiver macht.

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Abb. 2: Preisentwicklung von Holzhackschnitzeln, Holzpellets, Heizöl und Gas. Quelle: Quellen: Pellet- und Hackschnitzelpreise: C.A.R.M.E.N. e. V.:Heizöl- und Erdgasindizes: Statistisches Bundesamt MwSt. inklusive Abb.: CARMEN e. V./https://www.carmenev. de/service/marktueberblick/marktpreise- energieholz/marktpreisvergleich/

Ohne gesicherte Holzhackschnitzelströme durch langfristige Lieferverträge, ist der Bau und Betrieb eines neuen BMHKW sehr risikoreich. Bei der Ermittlung der Biomassepotenziale sind somit Alternativbrennstoffe wie zum Beispiel Siebüberlauf als möglicher Energieträger zu betrachten. Diese holzige Biomasse wird derzeit für teures Entgelt in den Abfallbetrieben entsorgt. Die Siebreste stammen hauptsächlich aus der Kompostierung und fallen dort als Abfallprodukt an. Aufgrund von Störstoffen wie Kunststoffen sind höhere Anforderungen an die technische Ausstattung des BMHKW nötig, sodass eine vergleichbare Konkurrenz wie bei der Beschaffung von Hackschnitzeln nicht zu erwarten wäre.

Je nach Verfügbarkeit in der interessierten Kommune und in Abhängigkeit des Zielwärmebedarfs, scheint in vielen Fällen die thermische Nutzung für einzelne Gebäude oder Gebäude-Ensembles oder auch in Großanlagen monetär und gesamtgesellschaftlich betrachtet sinnvoll.

Sollte eine Einstufung der Siebreste gemäß BiomasseV gelingen wäre eine Förderbarkeit gegeben. Die Nutzung von Siebresten, einer bisherigen Nische im Bereich der Energieerzeugung lässt in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung im Vergleich zu bisherigen üblichen Brennstoffen (Hackschnitzel oder Pellets) deutlich bessere Ergebnisse vermuten, da für die "Entsorgung" auch noch Entgelte erzielt werden können.

Eine Machbarkeitsstudie sollte unter diesen Annahmen zu einem positiven Ergebnis kommen. Ein gemeinsames Betreiberschaftsmodell unter Einbindung im Idealfall eines Zulieferers von Siebüberlauf sollte den Bau und Betrieb eines BMHKW auf eine solide Basis stellen und langfristigen Erfolg versprechen. Für die Städte Iserlohn und Hemer würde dies einen Beitrag für das Ziel von regionaler Wärmeerzeugung bei gleichzeitiger Verringerung von fossilen Energieträgern bedeuten.

In einem weiteren Schritt sollte dann die Erstellung einer kommunalen Wärmeplanung städteübergreifend validiert werden. Wärmepläne bestehen in der Regel aus einer Bestandsanalyse, die Gebäudewärmebedarfe und die Wärmversorgungsinfrastruktur berücksichtigt und einer Energie- und THG-Bilanz (Eine Energie- und THG-Bilanz gibt an, wie viele Tonnen klimarelevanter Treibhausgase (THG) in einer Kommune jährlich durch den stationären Energieverbrauch und den Verkehr verursacht werden.) des Ist-Zustands.

Des Weiteren aus einer Potenzialanalyse zu Energieeinsparpotenzialen bei Wärmesenken sowie zu Nutzungs- und Ausbaupotenzialen für Abwärme und erneuerbare Wärmequellen. Anhand der Analysen werden Szenarien entwickelt, wie eine zukunftsfähige Wärmeversorgung, unter Betrachtung der Versorgungskosten, aussehen soll. Auf Basis dieser Szenarien wird eine Strategie mit Maßnahmenkatalog, Prioritäten und einem Zeitplan erstellt. Die Förderquote liegt bei bis zu 100 Prozent der Kosten.

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Abb. 3: Möglicher Verlauf Fernwärmeleitung Iserlohn. Abb.: Bundesamt für Kartografie und Geodäsie 2022 Datenquellen: https://sg.geodatenzentrum.de/web_publ ic/gdz/datenquellen_TopPlusOpen.html
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Abb. 4: Möglicher Verlauf Fernwärmeleitung Iserlohn/Hemer. Abb.: Bundesamt für Kartografie und Geodäsie 2022 Datenquellen: https://sg.geodatenzentrum.de/web_public/gdz/datenquellen_TopPlusOpen.html

Fazit

Die Nutzung der regional verfügbaren Biomasse aus Infrastrukturabfällen aus der Bewirtschaftung der grün-blauen Infrastrukturen kann zu einer monetär vorteilhaften und vor allem gesamtgesellschaftlich vorteilhaften Situation führen. Die Chance bei der definierten Vorgehensweise einen Beitrag zur CO2-Reduktion im primären Wärmeenergiebedarf zu leisten, der von Wind und Sonne unabhängig eingesetzt werden kann sowie als Nebenprodukt die wertvollste Energieform - Strom - auszukoppeln, darf durchaus einmal gedanklich strukturiert werden.

In einer Machbarkeitsstudie sollte eine Teilwärmeauskopplung für die Erzeugung von CO2-neutralem Strom mit untersucht werden; dieser würde genügen, um den gesamten Strombedarf im IST sowie in der Zukunft inklusive einer vollumfänglichen Elektrifizierung der Fahrzeugflotte im SIH zu ermöglichen. Darüber hinaus können weitere Erlöse aus der Veräußerung von Strom generiert werden. Ein elementarer Vorteil bei den sich abzeichnenden Strompreisen. Da die Energiepreise höher als in der Vergangenheit prognostiziert werden dürfen, sollte die Wirtschaftlichkeit in Verbindung mit aktuellen Förderinstrumenten positiv ausfallen.

Wer über die relevanten Stoffströme verfügt, darf sich motiviert fühlen, auch proaktiv über eine verantwortungsvolle Nutzung im jeweiligen "Konzern Stadt", durchaus auch als Grünflächenamt aber auch in Kooperationsmodellen, nachzudenken und die Chancen aufzuzeigen.

Die Circular Economy aus dem Bereich der Abfallwirtschaft (Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislauf-Wirtschaftsgesetz - KrWG)) zeigt den gesetzlichen Rahmen auf. Unsere Verantwortung als nachhaltige Stadtgestalter, als Verantwortliche für die Lebensqualität in den Städten, als Vertreter des GALK e. V. mit der Verantwortung für: Grün ist Leben! darf auch ein zukünftiger Treiber sein, unseren Beitrag für eine CO2 Reduktion zu leisten.

 Axel Raue
Autor

Vizepräsident der GALK

 Daniel Sroka
Autor

Märkischer Stadtbetrieb Iserlohn/Hemer

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