Umsturz Friedhofsbaum

Kausalität und nicht nachgewiesene Baumkontrollen

Baumkontrolle
Am 18.01.2018 stürzten im Zuge des Orkantiefs "Friederike" zwei auf einem kreiseigenen Grundstück stehende Pappeln auf die Grabanlage der Klägerin auf dem benachbarten Friedhof und zerstörten diese. Foto: mirkomedia, Adobe Stock

Im rechtskräftigen Urteil des LG Dortmund vom 22.04.2020 - 3 O 262/18 - geht es um die Haftung des Kreises als Baumeigentümer eines einem kirchlichen Friedhof benachbarten Grundstücks für durch Baumumsturz von zwei Pappeln verursachte Schäden an einer Grabanlage. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 18.01.2018 stürzten im Zuge des Orkantiefs "Friederike" zwei auf einem kreiseigenen Grundstück stehende Pappeln auf die Grabanlage der Klägerin auf dem benachbarten Friedhof und zerstörten diese. Mit der Klage macht die Klägerin gegen den Kreis den Ersatz angefallener Reparaturkosten in Höhe von mehr als 5000 Euro geltend. Nach Angaben der Klägerin habe der beklagte Kreis die Pappeln nicht ordnungsgemäß kontrolliert. Diese seien zum Schadenszeitpunkt bereits über 100 Jahre alt gewesen und im Bereich des unteren Stammes - deutlich erkennbar - verfault und brüchig gewesen.

Nach Angaben des Kreises sei eine Fachfirma von der Friedhofsverwaltung mit der Durchführung regelmäßiger Pflegearbeiten auf dem Friedhofsgelände beauftragt worden. Gegenstand dieser Pflegearbeiten sei auch die Baumkontrolle der benachbarten Bäume gewesen, sodass auch die umgestürzten Pappeln regelmäßig kontrolliert worden seien. Das Gericht hat nach Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen.

Das LG Dortmund geht von einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den beklagten Kreis aus, weil dieser die behaupteten Baumkontrollen nicht hinreichend dargelegt und schon gar nicht nachgewiesen hat. Diese Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sei für den Schadeneintritt aber nicht kausal geworden, da auch bei ordnungsgemäßen Baumkontrollen keine weiteren Maßnahmen erforderlich gewesen wären, die den Umsturz der Pappeln verhindert hätten.

Das Gericht legt sodann Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht für Bäume anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung dar, die zunächst regelmäßige Baumkontrollen beinhaltet, wobei keine Einigkeit über das Baumkontrollintervall besteht. Sodann weist das Gericht darauf hin, dass der Baumeigentümer die Verkehrssicherungspflicht auch vertraglich auf Dritte, insbesondere Fachunternehmen, übertragen kann.

Bei einer solchen Übertragung der Verkehrssicherungspflicht verbleibe bei dem Baumeigentümer aber jedenfalls noch eine sekundäre Verkehrssicherungspflicht, die die Kontrolle und Beaufsichtigung über den übernehmenden Dritten hinsichtlich der ordnungsgemäßen Ausübung der Verkehrssicherung beinhalte.

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Nach Angaben der Klägerin habe der beklagte Kreis die Pappeln nicht ordnungsgemäß kontrolliert. Diese seien zum Schadenszeitpunkt bereits über 100 Jahre alt gewesen und im Bereich des unteren Stammes – deutlich erkennbar – verfault und brüchig gewesen. Nach Angaben des Kreises sei eine Fachfirma von der Friedhofsverwaltung mit der Durchführung regelmäßiger Pflegearbeiten auf dem Friedhofsgelände beauftragt worden. Rainer Sturm, pixelio.de

Jedenfalls im Rahmen der Amtshaftung stünde eine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf einen Dritten der Haftung aber nicht entgegen, da der Staat im Rahmen der Amtshaftung auch für seine "privaten Werkzeuge" hafte. Hinsichtlich des konkreten Umfangs der getroffenen Sicherungsmaßnahmen sei der Beklagte trotz gerichtlichen Hinweises seiner sekundären Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen, sodass der klägerische Vortrag gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu behandeln sei.

Dem Vortrag des Beklagten lasse sich nicht eindeutig entnehmen, welchen konkreten Auftragsgegenstand die beauftragte Fachfirma hatte, sodass unklar bleibe, ob sich die von dieser durchzuführenden Pflegearbeiten auf das Friedhofsgelände beschränkten oder auch auf das an den Friedhof angrenzende Nachbargrundstück der Beklagten erstreckten.

Ebenso wenig trage der Beklagte konkret vor, an welchen Terminen und in welchem Umfang die streitgegenständlichen Pappeln kontrolliert worden seien. Demgemäß sei davon auszugehen, dass ordnungsgemäße Baumkontrollen nicht stattgefunden hätten. Gleichwohl sei die Haftung des Beklagten mangels Kausalität der Verkehrssicherungspflichtverletzung für den Baumumsturz ausgeschlossen.

Die Fäulnis der Bäume im Stamminneren sei aufgrund des eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachtens im Vorfeld nicht erkennbar gewesen. Auch der Bewuchs der Pappeln im unteren Bereich mit Efeu sei kein Hinweis auf eine Fäule im Stamminneren, da Efeubewuchs keine solche Kernfäule verursache. Folglich wären auch keine weiteren Maßnahmen zu treffen gewesen, die den Umsturz der Pappeln verhindert hätten. Demgemäß unterfalle der Umsturz der Bäume dem sogenannten allgemeinen Lebensrisiko.

Die Entscheidung des LG Dortmund macht umfangreiche, letztlich nicht entscheidungserhebliche, Ausführungen zu Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen einschließlich des Baumkontrollintervalls sowie der Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf einen Dritten. Ein kurzer Hinweis auf nicht nachgewiesene Durchführung gebotener Baumkontrollen hätte vollkommen genügt, da die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nach Beweisaufnahme ohnehin für den Schadeneintritt nicht kausal geworden ist und folglich keine Haftung des Beklagten begründet.

Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung

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