Verkehrssicherungspflicht

Keine Haftung für waldtypische Gefahren bei Mountainbikersturz

Verkehrssicherheit
Quer über die Fläche des Wanderweges befand sich zum Unfallzeitpunkt ein eingelassener Baumstamm. Am Eingang des Naturschutzgebietes befindet sich ein Hinweisschild mit dem Verbot, außerhalb der Fahrwege und Straßen Rad zu fahren. Foto: Oliver Mohr, pixelio.de

Dem Hinweisbeschluss des OLG Köln vom 23.04.2019 - 1 U 12/19 -, der zur Berufungsrücknahme führte und zur Rechtskraft des Urteils des LG Aachen vom 15.01.2019 - 12 O 124/18 -, lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger stürzte im Juli 2017 auf einem in einem Naturschutzgebiet im Wald gelegenen stark abschüssigen, unbefestigten, mit Felsen durchsetzten Wanderweg mit seinem Mountainbike und verletzte sich beim Aufprall auf felsigem Boden schwer. Er macht gegen die beklagte Kommune Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüche geltend. Diese hatte auf dem Weg eine Hangsicherung in Form von übereinander gestapelten Holzstämmen, die unten mit einer Eisenstange durch große Stahlnägel gesichert waren, errichtet. Quer über die Fläche des Wanderweges befand sich zum Unfallzeitpunkt ein eingelassener Baumstamm. Am Eingang des Naturschutzgebietes befindet sich ein Hinweisschild mit dem Verbot, außerhalb der Fahrwege und Straßen Rad zu fahren. Unfallhergang und Unfallursache sind zwischen den Parteien streitig.

Das LG Aachen hat durch Urteil vom 15.01.2019 - 12 O 124/18 - die Klage abgewiesen. In seiner Urteilsbegründung setzt sich das Landgericht eingehend mit Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers auseinander, der grundsätzlich für waldtypische Gefahren nicht haftet. Zu den typischen Gefahren des Waldes, gegen die der Waldbesitzer Waldwege grundsätzlich nicht sichern muss, zählen nach Auffassung des Landgerichtes gemäß § 2 LForstG NW solche, die sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben. Nach Auffassung des Gerichtes hat sich bei dem Fahrradsturz selbst auf Grundlage des klägerischen Vortrages, er sei aufgrund der Hangsicherung gestürzt, eine waldtypische Gefahr verwirklicht, für die die Beklagte nicht haftet.

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Nach Auffassung des Gerichtes hat sich bei dem Fahrradsturz selbst auf Grundlage des klägerischen Vortrages, er sei aufgrund der Hangsicherung gestürzt, eine waldtypische Gefahr verwirklicht, für die die Beklagte nicht haftet. Die Hangsicherung sei in der Art der Bewirtschaftung als Wanderweg begründet. Foto: Rainer Sturm, pixelio.de

Die Hangsicherung sei in der Art der Bewirtschaftung als Wanderweg begründet. Gerade bei besonders abschüssigem Gelände sei das Anbringen von Hangsicherungen in der von der Beklagten gewählten Art und Weise üblich, um den Weg vor weiterer Erosion zu schützen und den Auf- und Abstieg für Wanderer zu erleichtern. Wer daher im Wald mit dem Fahrrad unterwegs sei, habe sich auf solche plötzlich auftretenden Hindernisse einzustellen und müsse - auch zum Schutz der übrigen Waldbenutzer - jederzeit in der Lage sein, sein Fahrrad in der übersehbaren Strecke anzuhalten. Ausweislich der Lichtbilder sei die Gefahrenstelle auch von der Seite zu erkennen gewesen, von der der Kläger den Waldweg befahren habe. Quer über die ganze Breite des Weges liege ein befestigter Baumstamm, der bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar sei, wobei auch der Höhenunterschied deutlich zu erkennen sei. Bei diesem Sachverhalt habe bereits von einem Überfahren der Gefahrenstelle, die durch eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Waldes entstanden sei, abgesehen werden müssen.

In dem vor dem OLG Köln durchgeführten Berufungsverfahren hat das Gericht im Hinweisbeschluss vom 23.04.2019 - 1 U 12/19 - dem Kläger mitgeteilt, dass der Senat beabsichtige, die Berufung mangels Erfolgsaussicht durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen und die Rücknahme der Berufung angeregt. Das OLG hat sich zur Bestimmung waldtypischer Gefahren maßgeblich auf die Rechtsprechung des BGH gestützt, insbesondere das Grundsatzurteil für Waldwege vom 02.10.2012 - VI ZR 311/11 -. Durch die für Waldwege nicht unübliche Form der Hangsicherung, die grundsätzlich einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldweges entspreche, habe die Beklagte keine neue und für Waldwege atypische Gefahr geschaffen, mit der ein Waldbesucher nicht rechnen müsse. Die Anbringung von Abfangungen in Form von Baumstämmen auf Waldwegen sei nicht ungewöhnlich. Nicht ungewöhnlich seien auch hieraus resultierende größere Höhenunterschiede im Bodenverlauf. Daran ändere auch die subjektive Beschreibung der Gegebenheiten durch den unfallaufnehmenden Polizeibeamten in der Verkehrsunfallanzeige als "sprungschanzenartige Wegquerung" nichts sowie der Umstand, dass die Beklagte die Unfallstelle nach dem Ereignis in mehreren Schritten verändert habe. Dies sei nicht in Erfüllung bislang vermeintlich vernachlässigter Verkehrssicherungspflichten geschehen und habe keine haftungsrechtliche Bedeutung. Der Kläger habe erforderlichenfalls vom Rad absteigen müssen. Aufgrund dieses Hinweisbeschlusses wurde die Berufung zurückgenommen und das Urteil des LG Aachen rechtskräftig.

Die Entscheidung bereichert die vorhandene Rechtsprechung zur Abgrenzung waldtypischer von atypischen Gefahren um eine weitere Variante. Hervorzuheben ist, dass Gefahren, die sich aus ordnungsgemäßer Waldbewirtschaftung ergeben, generell waldtypische Gefahren sind. Im Übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass Maßnahmen, die vom Pflichtigen nach einem Unfall im Rahmen äußerster Schadenvorsorge durchgeführt werden, keinen Rückschluss auf einen zuvor bestehenden verkehrswidrigen Zustand zulassen.

Ass. jur. Armin Braun, GVV-Kommunalversicherung

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