Lenné-Preis 2012

Klar reduzierte architektonische Sprache

Wettbewerb Landschaftsarchitektur
Am Lützowplatz wird durch einen Querungsweg eine alte Achse wieder sichtbar gemacht. Entwurf: Lasse Malzahn, Lucas Rauch

Der diesjährige Lenné-Preis verzeichnet nach Jahren des Rückgangs mit 88 Einreichungen eine steigende Teilnehmerzahl. Einen Qualitätssprung konnte die Jury in der Gesamtschau nicht feststellen. Vielleicht lag es an dem "berufsständischen" Fehler, in die Aufgabenstellungen zu viel hineingepackt zu haben. Dennoch ragten zwei Lennépreise heraus, dazu vier Anerkennungen und zwei Karl-Foerster-Anerkennungen für Pflanzenverwendung.

Im Bereich Landschaftsplanung war ein Entwicklungskonzept für den Großen Rundweg im Landschaftspark Hochrhein gefragt, das die landschaftsprägenden, kulturellen, industriellen und touristischen Merkmale herausstellt und die disparaten Agglomerationsräume bei Basel vernetzt. Das Gewinnerteam, Isabell Maier-Harth und Dennis Pytlik von der TU München, löst die Aufgabe weniger mit landschaftsarchitektonischen Mitteln, sondern geht mit seiner "Idee der Spiegelelemente" von einer interdisziplinär angelegten Reflexion aus, die Wahrnehmungs- und Erinnerungsräume erschließt und ergebnisoffen ist. Durch Spiegelfassaden an Gebäuden und weitere Verdoppelungseffekte erproben sie den Brückenschlag über den Rhein und die Ländergrenzen. "Man sieht sich im Spiegel." Eine Idee muss interpretierbar sein, betont Gabriele Kiefer, die den Jury-Vorsitz hatte. Das müsse mit einer Analyse einhergehen, welche die Landschaft nach Topografie, Atmosphäre und Eigenarten typisiert und daraus ein Raumkonzept ableitet. Das Motto eines Großteils der Beiträge schien jedoch zu sein: Ich muss etwas Tolles herausbringen. In den Naturraum werden aufgeblähte Elemente wie Stege gesetzt, oder der Rundweg wird mit beliebiger Möblierung zugestellt. Die Jury interpretiert dies als designorientierte Detailverliebtheit. Die Psychoanalyse würde es narzisstische Objektwahl nennen.

Atmosphäre verträgt sich nicht mit einem Paukstudium. Es wird immer deutlicher, dass das Bachelor-Studium die Rahmenbedingung für Qualitätsminderung ist. Auch Kenntnisse in Pflanzenverwendung, vor allem in deren praktischer Umsetzung und dem Einsatz als räumliches und ästhetisches Gestaltungselement, gingen mit Einführung dieses Studiums kontinuierlich zurück. Dann gelingt es auch dem Nachwuchs nicht mehr, Pflanzen als räumliches und ästhetisches Gestaltungselement einzusetzen. Das Schöne sind die Ausnahmen, und die gab es im Bereich Landschaftsarchitektur und Städtebau. Fabian Karle von der TU Berlin, der eine der Foerster-Anerkennungen gewann, wird ein standortgerechter Umgang mit Pflanzungen bescheinigt. Er zog GALK-Empfehlungen zu Rate. Die Aufgabe bestand darin, das Areal von Landwehrkanal, Lützowplatz und Urania im Zentrum Berlins durch eine Urbanisierungsstrategie aus der Randlage herauszuholen, in das es durch den Mauerbau geraten war. Auch dieses Gebiet, das im Zuge der autogerechten Stadtplanung mit einer Verkehrsachse in Nord/Süd-Ausrichtung versehen worden war, könnte Brückenfunktion in einem West/Ost-Cityband bekommen. Die Beseitigung der Wohnanlage von O.M. Ungers und des noch gut sichtbaren Wohngartenstils des Lützowplatzes scheint in der Ausschreibung schon fait accompli zu sein.

Die Gewinner dieser Aufgabe, Lasse Malzahn und Lucas Rauch von der Beuth Hochschule Berlin, schlagen einen Rückbau dieser und querender Straßen durch Wegnahme überbreiter Mittelstreifen und durchgängige Bepflanzung mit drei Baumreihen vor. Durch Verschiebung erhalten sie Platz für eine ergänzende Bebauung mit passagenartigen Räumen. Die einheitliche Fassung durch Grün und Bebauung öffnet sich an Kreuzungen zu neuen Platzsituationen. Am Lützowplatz wird durch einen Querungsweg eine alte Achse wieder sichtbar gemacht. Die großzügige Rasenfläche erhält leichte Neigungen bis maximal 75 Zentimeter über dem Niveau des umlaufenden Weges. Die Raumkante gliedert den Park nach innen, nach außen geht er in den urbanen Raum über. Die Uferabschnitte am Landwehrkanal werden durch Promenadenwege gestaltet, die teils durch großzügige Treppenanlagen zum Wasser erweitert, teils zu Balkonen ausgebildet sind. Tüpfelchen auf dem i dieses "Urban Picturesque" überschriebenen Entwurfs sind "Claude Gläser", an zentralen Punkten aufgestellte Säulen mit drehbarem Aufsatz, in welchen eingefärbte Konvexspiegel eingelassen sind. Das betrachtete Panorama wird zum Sujet abstrahiert und der Betrachter an das Motiv herangeholt.

Diese von einem der ersten Landschaftsmaler, Claude Lorrain, abgeschaute Konstruktion hatte jedoch für die Jury keine Bedeutung. Vielmehr lobt sie die klare städtebauliche Strukturierung bei kleiner typologischer Differenzierung vom Straßenraum bis zum Kanal. Der Entwurf ist so sensibel wie professionell. Genau das vermisst die Jury bei der Mehrzahl der Entwürfe, moniert eine Vermischung von Maßstabsebenen und fährt fort: "Vielleicht hat der Lenné-Preis als im Ursprung gartenarchitektonischer Wettbewerb viele Teilnehmer dazu verlockt, mehr auf verstreute Einzelobjekte als auf die Gesamtidee zu setzen?" Die Jury war diesmal von Anhängern einer klaren und reduzierten architektonischen Sprache dominiert. Warum sollen nicht die nachwachsenden Generationen hier einen Paradigmenwechsel einleiten, aber, versteht sich, nur wenn der State of the Art der Disziplin gewahrt bleibt.

Dr. Bernhard Wiens

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