Wald und Lichtung als spannungsvolles Paar des WaldKurParks

Klarheit und Magie - die LGS in Bad Lippspringe

von:
Landesgartenschauen und Grünprojekte
Die Magie des Waldes zu wahren ist die gestalterische Grundidee für den WaldKurPark. Foto: Philipp Winkelmeier

Die Verwunschenheit des Waldes war es, die die Planer des Berliner Büros Sinai faszinierte, als sie die Umgebung des örtlichen Kurparks in Bad Lippspringe erkundeten. Unmittelbar grenzt der Kaiser-Karls-Park an einen Waldbereich an, der als Kurwald schon seit Beginn des 19. Jahrhunderts für Luftheilkuren bei Lungenerkrankungen genutzt wurde.

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Mit der Landesgartenschau Bad Lippspringe 2017 möchte die Stadt sich als attraktiver Wohnort für alle Generationen und als moderner Gesundheitsstandort präsentieren. Über eine Flaniermeile durch die sanierte Innenstadt sind die zwei Gartenschaubereiche Arminiuspark im Südosten des Stadtzentrums und WaldKurPark im Norden miteinander verbunden - und damit auch die örtlichen Grün- und Naherholungsanlagen mit den verschiedenen Kurbereichen heilender Quellen und heilender Luft. So nimmt das gesamte Gartenschaugelände die imposante Größe von 33 Hektar ein.

Die Schätze des Waldes erlebbar zu machen, wurde zur Grundidee des preisgekrönten Wettbewerbsbeitrages von Sinai für den WaldKurPark. Die bewegte Topografie eiszeitlicher Binnendünen war eine der faszinierenden Gegebenheiten im Kurwald. Eine andere waren die Mersmannteiche, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Kurwald angelegt worden waren. Von Entengrütze überwuchert, bot sich hier der Eindruck eines mitteleuropäischen Dschungels inmitten von Nadelgehölzen, Buchen und Trauerweiden. Dazu kamen verstreut im Kurwald liegende Kleinbauten und Einrichtungen des Kurwesens, welche den Wald flankieren - eine denkmalgeschützte Liegehalle, eine Therme, ein Freibad sowie verschiedene Kliniken.

Kurpark und Kurwald werden im Rahmen der Neugestaltung zur Landesgartenschau als zusammenhängendes Freiraummotiv interpretiert. Der so entstehende WaldKurPark wird von klaren Raumfugen gefasst. Westlich und südlich liegen intensiv gestaltete, axiale Parkbänder. Nördlich setzt eine breite Lichtfuge den WaldKurPark vom anschließenden Kiefernforst ab, vernetzt ihn aber durch das Wegesystem weiträumig mit der Innenstadt und dem Kurpark. Eine Herausforderung für die Planung war die Vorgabe, dass der WaldKurPark, der eigentlich ein verbindendes Element zwischen der Innenstadt und den Naherholungsgebieten nördlich der Stadt darstellt, dauerhaft mit einem Zaun versehen werden soll. Zum einen, um die Anlage vor Wildverbiss durch die Tiere aus dem angrenzenden Wald zu schützen; zum anderen, weil der neue Parkteil nach dem Ende der Landesgartenschau ebenso kostenpflichtig sein wird wie vorher schon der Kurpark. Die Lösung fand man, indem man einige Wege doppelachsig anlegte. So gibt es entlang der Grenzen des kostenpflichtigen Parkteils sowohl ein geschlossenes innen liegendes Wegesystem, als auch die Möglichkeit, die jenseits des WaldKurParks gelegenen Naherholungsbereiche auf öffentlichen Wegen zu erreichen.

Wer sich aufmacht, den WaldKurPark zu entdecken, stößt auf bewusst inszenierte Kontraste zwischen Dichte und Offenheit. Wald und Lichtung bilden dafür das atmosphärische Gegensatzpaar. Die Grundstruktur folgt der orthogonalen Quartiersbildung des Waldes. Innerhalb dieser klaren Struktur ist der Kurwald mit intensiv gestalteten Parkfenstern und -bahnen durchwirkt. Die Raumbilder setzen auf die Eindrücklichkeit und Magie der Waldpartien selbst, auf die Majestät der Altkiefern, auf das Spiel aus Licht und Schatten durch den inzwischen spontan aufgewachsenen Bestand an Buche und Ahorn, auf die topografische Spannung der Sanddünen, die durch die Freilegung von Bewuchs erlebbar gemacht werden.

Der Wald wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts angelegt, um den Ort vor den Flugsanden zu schützen, die regelmäßig von den nördlich der Stadt gelegenen eiszeitlichen Binnendünen ausgingen. Durch die Lage der Stadt zwischen der Heidelandschaft der Senne, dem Teutoburger Wald und dem Eggegebirge sorgen die lokalen Windsysteme für permanente Frischluftzufuhr und schaffen ein besonderes Heilklima. Bald wurde so das Element des Waldes, die saubere, würzige Luft, zum Heilmittel. Man "badete" in der ätherischen Luft in zwischen den Bäumen aufgespannten Hängematten oder in eigens errichteten Liegehallen. Fast zeitgleich, 1832, wurde dann eine erste Heilquelle entdeckt: die Arminius-Quelle, heute gelegen im gleichnamigen Park. 1913 erfolgte die amtliche Benennung in "Bad Lippspringe". In den 1950er-Jahren wurde der Kurpark angelegt, der Kurwald, der im 2. Weltkrieg abgeholzt worden war, mit Kiefern, aber auch exotischen Nadelgehözen wie Douglasien und Küstentanne wieder aufgeforstet.

Kuren im Kaiser-Karls-Park

Am Kurpark - dem Kaiser-Karls-Park - befindet sich der Haupteingang zur Landesgartenschau. Obwohl der Park aus den 1950er-Jahren stammt, ist er wie ein barocker Schlossgarten angelegt. Die Gestaltung bezog sich mit einem Parterre und einem Brunnenrondell auf das flankierende Gebäude eines Hotels, das an einer Zentralachse ausgerichtet ist, von dem aus allerdings kein Zugang zum Park besteht. Mit dem Entwurf von Sinai zur Landesgartenschau wurde das Prinzip aufgenommen und in eine zeitgemäße Planung übersetzt. Im "Parterre" bilden Fomschnittgehölze in freien Formen den Auftakt zur so genannten Parkachse, welche sich von Südwest nach Nordost erstreckt.

Im Zentrum des Kurparkes wurde das Wasserbecken neu angelegt und dabei deutlich vergrößert. Ein langgestrecktes Oval, mit einer Fontänenanlage versehen, bildet nun den schwelgenden Fokus. In Richtung Nordosten setzt sich die Achse mit einem weiteren kleinen Brunnen und üppigen Stauden- und Wechselflorbeeten in Blattform unter Kuchenbäumen fort, zwischen denen man wandeln und auf sogenannten "Heidelbeersitzen" loungen kann. Die Gestaltung der Beete reicht von intensiv gestalteten, mit Sommerflor ergänzten, in kräftigen Sommerfarben gehaltenen Pflanzungen im Parkzentrum zu natürlicheren Kombinationen in dezenterem Farbspektrum in Richtung der Achsenenden. Stringent läuft die Kurachse als Doppelwegeachse bis zum etwa 1000 Meter entfernt gelegenen Thermalbad. Den Abschluss bildet ein verwunschener Farngarten unter alten Bestandsbäumen.

Mersmannteiche

Rechtwinklig zu dieser südlichen Achse führt eine aus der Innenstadt kommende Achse vom Haupteingang am Kaiser-Karls-Park geradlinig zu den Mersmannteichen, ebenfalls als Doppelwegeachse mit innenliegendem Staudenband angelegt, welches zu den Mersmannteichen hin an Natürlichkeit zunimmt. Um die Gestaltung der Pflanzung robust zu halten, liegt der Hauptfokus hier bei heimischen Stauden und Gräsern. Die Teiche werden von einem knapp über dem Wasser schwebenden Beton-Deck flankiert. Von einem kleinen Aussichtsplateau aus auf einer Dünenkuppe kann man die Teiche überblicken. Ihre Fassung durch Staudeninseln und malerisch angeordnete Solitärbäume, die sich in der Wasseroberfläche spiegeln, folgt ihrer ursprünglichen Entstehung als gestalterische Setzung im Kurwald.

Die Wasserfläche wurde vergrößert und beträgt nun 4000 Quadratmeter in zwei aufeinanderfolgenden Becken, die durch einen kleinen, mit Natursteinstufen versehenen Bachlauf verbunden sind. Das Ufer ist gesäumt von Gräsern und Sumpfpflanzen wie Iris und Blutweiderich, in den Teichen schwimmen Inseln blühender Seerosen. Zwei neue Brücken machen das Wasser erlebbar und vervollständigen Wegeverbindungen durch den angrenzenden Wald zu den unweit gelegenen Fischerteichen. Mit einer Liegewiese, die zur Gartenschau auch als Veranstaltungsort mit Festzelt bespielt wird, entsteht hier ein besonderer Ort zum Verweilen.

Neben den Mersmannteichen wurde die Topografie besonders herausgearbeitet, die sich den eiszeitlichen Binnendünen verdankt. Im Zentrum des WaldKurParkes verläuft eine zentrale, bis zu 30 Meter breite Lichtfuge, die den östlichen Eingangsbereich am Thermalbad mit der historischen Liegehalle im Westen verbindet. Sie wurde durch Auslichtung des Baumbestandes geschaffen. In den während der Bau- und Planungsphase regelmäßig durchgeführten Bürgerinformationsveranstaltungen wurde dabei der ökologische und landschaftliche Wert einer abwechslungsreichen, mit Lichtungen durchsetzten Waldlandschaft vermittelt, welche eine Vielfalt an erlebbaren Strukturen und Lebensräumen bietet und somit sowohl für die Natur als auch für die Besucher eine Bereicherung darstellt. Bei zahlreichen Geländeführungen ist diese bereits positiv wahrgenommen worden.

Der möglichst behutsame Umgang mit dem Bestand unter Wahrung der bestehenden Qualitäten zeigt sich auch an dem Umstand, dass mitunter Bäume wörtlich im Weg stehen. Ein gestalterisches Mittel, das die Besonderheit des Ortes in der Hervorhebung des Vorgefundenen nochmals betont.

Einer der querenden Wege verläuft über die zentrale Lichtfuge als Brücke. In etwa drei Metern Höhe bietet sich von der Dünenbrücke aus in beide Richtungen der Blick über die gesamte Achse mit ihrer besonderen, von den Dünen bestimmten Topografie und der historischen Liegehalle als Endpunkt im Westen. Die Lichtfuge tangiert auch die historische "Adlerwiese". Hier wurde die Freilichtbühne saniert, die auch dauerhaft für Veranstaltungen im WaldKurPark genutzt werden soll.

Südlich der Lichtfuge durchzieht ein filigranes Wegenetz die Waldquartiere, aus denen kleine kreisförmige Lichtungen als "ätherische Gärten" herausgeschält wurden. Während der Landesgartenschau sind hier verschiedene Themengärten untergebracht, welche durch regionale Akteure bespielt werden. Dauerhaft werden diese als Lichtungsgärten erhalten und stellen in der langfristigen Nutzung eine Art Perlenkette der besonderen Orte des Waldes dar. Jede der Lichtungen erhält ihren spezifischen Charakter, welcher mit den natürlichen Gegebenheiten spielt. Die verbindenden Wege winden sich als verschlungene Pfade durch den dichten Wald, entlang derer die Lichtungen als versteckte Orte auf ihre Entdeckung warten.

In den Lichtungsbändern sind alle Pflanzungen dem Waldthema folgend dezent und extensiv angelegt, teils wurde mit Ansaaten gearbeitet. Standortgemäß finden sich Schatten- und Halbschattenstauden. In den Waldbereichen werden die Staudenpflanzungen nach der Gartenschau sich selbst überlassen, das heißt, in den Bestand einwachsen. So wird sich der Pflegebedarf jenseits von Kurpark, Mersmannteichen und Farngarten in weiten Teilen auf die Freihaltung der Lichtfugen und Lichtungsbereiche beschränken.

Aus dem Waldthema heraus sind auch die Spielbereiche entstanden. Vom Ort her und so nah am Teutoburger Wald erscheinen die Sagen und Mythen der Region sehr lebendig. Trolle, Riesen und Elfen mögen sich hier tummeln, sie verkörpern die Elemente Erde und Luft, Licht und Dunkel. Eine Trollenburg, aus groben Balken gezimmert, liegt versteckt auf einer Anhöhe zwischen großen alten Bäumen. Am Ufer der Mersmannteiche stehen zarte Elfensitze, ihre Form erinnert an Blütenblätter. Im filigran gesponnenen, glitzernden Elfenheim kann man sich in kokonartigen Nestern verstecken und flüsternd Geheimnisse austauschen. Im gesamten WaldKurPark finden sich aus den zwei so gegensätzlichen Welten entlehnte Spielgeräte und Spiellandschaften. In Zusammenarbeit mit dem Spielplatzbauer Kukuk aus Stuttgart und der Holzbaufirma merry go round aus Berlin, sind alle Spielelemente individuell und ortsbezogen entworfen und gebaut worden. Alle Spielpunkte entwickeln sich aus Orten mit einer besonderen Atmosphäre oder Gegebenheiten wie markante Bäume oder einer besonderen Topografie, während die Spielinstallationen selbst diese gleichzeitig betonen und überhöhen, sie mit einer möglichen Geschichte versehen. Doch in den Bann der Geschichten und der Magie des Waldes werden im WaldKurPark sicher nicht nur kleine Besucher gezogen.

Dipl.-Ing. Vera Hertlein-Rieder
Autorin

Dipl.-Ing. Landschaftsplanung bei der SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten

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