Klartext

Baumlisten - helfen sie in der Praxis?

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Produktlisten sind in vielen Branchen die wichtigen Helfer für Suchende. Waren sie früher eine nüchterne, sachliche Zusammenstellung von Produktnamen, Fachinformationen und Preisen, sind sie heute aufwändig in Farbe gestaltet und mit vielen, wenig überprüfbaren Aussagen ergänzt. Hinzu kommen Werbespots bei YouTube, Instagram und Facebook. Der Eindruck einer blendenden PR-Denke lässt sich nicht vermeiden.

Auch die Baumschulbranche verschließt sich diesem Trend nicht. So werden ihre Pflanzenkataloge zunehmend aufwändig gestaltet, die angebotenen Gehölze, Bodendecker und Stauden im Bild perfekt gestylt abgelichtet. Die für ihre Auswahl wichtigen Eigenschaften und Wuchsansprüche für ihre Tauglichkeit am späteren Pflanzstandort hingegen werden immer oberflächlicher aufgeführt. Empfindlichkeiten oder Anfälligkeiten gegenüber parasitären oder nichtparasitären Schadfaktoren am späteren Verwendungsort werden eher verschwiegen. Nationale und internationale Referenzobjekte werden im Anfangsstadium inszeniert präsentiert, nicht jedoch nach mehrjähriger Standzeit und Nutzung. Alles scheint überall zu funktionieren. Wenn aber bei den Ratsuchenden eben diese Pflanzenkenntnisse fehlen, wie überall beklagt wird, woran soll sich der Pflanzeneinkäufer orientieren?

Staatliche Institutionen wie gärtnerische Lehr- und Versuchsanstalten oder Hochschulen bieten in dieser Problemlage Ratsuchenden nur bedingt Hilfe an, indem sie zum Beispiel Testreihen von bekannten und vor allem neuen Pflanzensortimenten durchführen. Im Vordergrund stehen dabei häufig enge Fragestellungen. Auch finden sie vorrangig in Versuchsgärten und Feldquartieren statt, gewünscht wäre jedoch eine kontinuierliche definierte Testung an realen Verwendungsorten bundesweit unter verschiedenen Wuchssituationen mit wissenschaftlicher Begleitung. Der Arbeitskreis "Straßenbäume" der GALK ist ein guter empirischer Ansatz mit hoher Akzeptanz in der Praxis, die ADR-Rosensichtung ein weiterer. Aber fehlt es nicht an einer Bundesinstitution, die alle Aspekte der Pflanzenverwendung beleuchtet, die Erkenntnisse kritisch aufarbeitet und in der Praxis hohe Anerkennung erfährt?

Es muss doch jedem klar sein, dass gerade bei der aktuellen Diskussion um "Bäume der Zukunft" kein Schnellschuss passieren darf. Es besteht die Gefahr, dass Altbewährtes über Bord geworfen, Neues wenig ausgereift angepriesen wird. Auch muss gesehen werden, dass Produktionsprozesse in der Baumschulbranche träge sind, der Wandel in den Standortbedingungen durch Klimaveränderungen gleichzeitig groß ist. Daher ist es begrüßenswert, dass aktuell der Bundesverband der deutschen Baumschulwirtschaft (BdB) unter dem Eindruck der Sturmschäden und der Betriebssicherheit der Deutschen Bahn die Initiative ergriffen hat, auf die zwingend richtige Gehölzwahl rund um den Gleiskörper hinzuweisen. Der BdB hatte bereits 2018 in enger Kooperation mit einer internen Arbeitsgruppe der Deutschen Bahn eine Gehölzliste zusammengestellt, die die Verkehrssicherheit ebenso gewährleistet wie die biologische Vielfalt. Dies macht deutlich, dass wir Konzepte benötigen, keine steifen Baumlisten, die inhaltlich nicht verstanden werden.

Ihr Prof. Dr. Hartmut Balder

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Prof. Dr. habil. Hartmut Balder
Autor

Leiter Institut für Stadtgrün, Falkensee

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