Auf 3,5 Kilometern an der A7 entstehen neue Grünflächen

Kleingartenmanagement am Projekt Hamburger Deckel

von: ,
Kleingärten Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Ein Gemüsebeet lädt ein…. Foto: GALK-Arbeitskreis Kleingärten

Hamburgs rund 35.000 Kleingärten prägen mit einer Gesamtfläche von rund 1900 Hektar das Bild vieler Stadtteile entscheidend mit. Sie leisten einen bedeutenden Beitrag für ein besseres Miteinander, für ein besseres Klima und hier besonders als Ersatz für den in der dicht bebauten Stadt oft fehlenden Hausgarten.

Kleingärten im Spannungsfeld der forcierten Stadtentwicklung

Das vorrangige Ziel, Kleingärten zentrums- und wohnungsnah und damit nutzerfreundlich zu erhalten, ist in einer wachsenden Stadt schwerlich zu erreichen. So müssen immer wieder Gärten für andere, gesamtstädtisch ebenfalls wichtige Nutzungen, zum Beispiel für den Wohnungsbau, Gewerbeflächen und Verkehrsprojekte, in Anspruch genommen werden. Damit der Bestand nicht schmilzt, ist die Stadt ständig auf der Suche nach geeigneten Ersatzkleingärten.

SUG-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Gärtner/-innen (m/w/d), Stuttgart  ansehen
Gärtner Grünpflege (m/w/d) Darmstadt, Darmstadt  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Kleingärten Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Natürliche Schönheit aus Holz. Foto: Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Umwelt und Energie

Steigende Nachfrage von Kleingärten

Um zu überprüfen, ob der gesetzliche Anspruch auf Ersatzkleingärten sich mit der tatsächlichen Nachfrage vor Ort deckt, werden von Zeit zu Zeit Bedarfsanalysen durchgeführt. Ein gerade fertiggestelltes Gutachten hat einen derzeit leicht steigenden Gesamtbedarf sowie ein Interesse an kleineren Parzellen ermittelt.

Strategien zur Bedarfsdeckung

Zur Deckung des Verlagerungsbedarfs verfolgt Hamburg verschiedene Strategien:

Neue Parzellen werden geschaffen

  • durch den Bau neuer Kleingartenflächen (Neubau von ca. 280 Kleingärten im Zeitraum 2012-2015)
  • durch Erweiterung bereits bestehender Kleingartenanlagen
  • durch Nachverdichtung im Altbestand als flächenschonende Variante.

Bei der Auswahl zukünftiger Kleingartengebiete wird darauf geachtet, dass die Standorte hinsichtlich ihrer Lärm-, Luft- und Bodenqualitäten für Kleingärten geeignet sind. Dies gilt gleichermaßen für die Binnenverdichtung von Bestandskleingärten. Hier wird zudem ein besonderes Augenmerk auf den Umgang mit Abwassermissständen gelegt.

Der Umgang mit dem Thema Kleingartenverlagerung in der Praxis wird anhand des Projektes Hamburger Deckel dargestellt.

Kleingärten Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Lage der Autobahndeckel im Verlauf der A 7. Abb.: Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen
Kleingärten Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Visualisierung des neuen Deckelparks Schnelsen mit Kleingärten mit Blick Richtung Süden. Visualisierung: DEGES/V-Kon.media
Kleingärten Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Visualisierung des Deckelparks Stellingen mit Blick nach Norden. Visualisierung: DEGES/V-Kon.media
Kleingärten Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Siegerentwurf des Ideenwettbewerbs 2012 von arbos Freiraumplanung und petersen,pörksen,partner zur Oberflächengestaltung des Deckels Altona. Abb.: arbos Freiraumplanung Hamburg und petersen, pörksen und partner, Architekten und stadtplaner, Hamburg)

Das Projekt Hamburger Deckel im Überblick

Im Westen Hamburgs findet derzeit mit dem Ausbau der BAB 7 eines der größten Infrastruktur- und Stadtentwicklungsprojekte Hamburgs statt. Im Zuge des Ausbaus wird an drei Stellen in den Stadtteilen Stellingen, Schnelsen und Othmarschen/Bahrenfeld die Autobahn mit Lärmschutztunnel überdeckelt. Diese sogenannten Deckel werden mit öffentlichen Parks und Kleingärten begrünt und so in die umgebenden Stadtteile integriert. Dabei hat Hamburg die einmalige Chance genutzt und die Pflichtlärmschutztunnel, die durch den Bund finanziert werden, um weitere Abschnitte ergänzt. So wird nun die A 7 in Hamburg auf etwa 3,6 Kilometer überdeckelt. Entlang der Autobahn vor allem im Bereich Othmarschen und Bahrenfeld werden so Flächen für dringend benötigten Wohnungsbau verfügbar, die bisher aufgrund der Lärmimmissionen nicht für die Stadtentwicklung nutzbar waren. Auf rund 58 Hektar Entwicklungsflächen des Projektes können so insgesamt rund 3200 Wohneinheiten entstehen. Die Erlöse aus den Entwicklungsflächen dienen dabei zur Refinanzierung des Hamburger Kostenanteils an den drei Autobahndeckeln.

Kleingartenmanagement im Projekt Hamburger Deckel

Wo genau kommen nun die Kleingärten ins Spiel? Stadtentwicklung auch im Projekt Hamburger Deckel muss sich oft nicht nur die Frage stellen, wie schafft man für bestimmte Nutzungen neue Flächenangebote, sondern wie geht man mit Nutzungen um, die bisher auf diesen Flächen stattgefunden haben? Denn die wenigsten Flächen in einer Metropole wie Hamburg liegen einfach brach. Verteilt über die Wohnungsbauentwicklungsflächen des Projektes befinden sich zusammengerechnet 590 Kleingartenparzellen, die für die vorgesehene neue Nutzung "Wohnen" geräumt werden müssen. Abweichend vom sonst üblichen Prozedere gibt es in diesem Fall für die betroffenen Kleingärtner das Versprechen der Bürgerschaft, dass die räumungsbetroffenen Kleingartenparzellen 1:1 vorab ersetzt werden und die Kleingärtner direkt an anderer Stelle neu beginnen können. In anderen Fällen gilt in Hamburg die zwischen der Stadt und dem Dachverband getroffene vertragliche Vereinbarung, dass geräumte Kleingärten bis zu fünf Jahre nachträglich ersetzt werden können. Diese Regelung bietet für die Stadt den Vorteil einer flexibleren Stadtentwicklung, während die Kleingärtner in den Genuss hergerichteter Kleingartenanlagen mit entsprechender Infrastruktur kommen.

Das Kleingartenmanagement im Projekt Hamburger Deckel umfasst dieTeilaufgaben:

  • Termingerechte Bereitstellung von Ersatzparzellen
  • Koordination der unterschiedlichen Dienststellen
  • Organisieren der Information und Kommunikation mit dem betroffenen Kleingartenverein und dem Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg

Termingerechte Bereitstellung von Ersatzparzellen

Um den Verlagerungsbedarf von 590 Parzellen termingerecht bereitzustellen, bedarf es neben der entsprechenden Koordination aller Akteure, die von der Planung bis zur Fertigstellung der Parzellen relevant sind, vor allem eines: ausreichende Ersatzflächen. Diese Flächen werden auf unterschiedlichen Wegen bereitgestellt.

Die erste Säule für die Deckung des Verlagerungsbedarfs stellen die neuen Grünanlagen auf den drei Deckeln dar. Hier werden neben den öffentlichen Parkanlagen auch insgesamt rund 370 Kleingärten neu entstehen. Sie decken damit den größten Teil an Ersatzparzellen. Speziell für die kleingärtnerische Nutzung auf dem Deckel wurde ein Bodenaufbau aus natürlichen Böden geplant, der mindestens 1,20 Meter mächtig ist.

Die zweite Säule bildet die Nachverdichtung von bestehenden Kleingartenanlagen. Dieser Teil der Strategie zur Bereitstellung von Ersatzparzellen gewinnt in Hinblick auf schwindende frei verfügbare Flächen sowohl für das Projekt Hamburger Deckel als auch für die Gesamtstadt an Bedeutung.

Die dritte Säule ist der Neubau von Kleingärten auf städtischen Flächen. Die Herausforderung ist hier, entsprechend geeignete Flächen zu finden. Durch den hohen Entwicklungsdruck in Hamburg werden solche Flächen immer seltener, denn nicht jede freie Fläche ist für Kleingärten tatsächlich geeignet. Hier spielen Fragen wie Altlasten, Lärmschutz und Luftqualität eine wichtige Rolle. Außerdem gibt es fast immer konkurrierende Nutzungsinteressen. Geeignete Ersatzflächen in den Bezirken, in denen Kleingärten durch das Projekt überplant werden, wurden in einer Kleingartenersatzflächenkulisse erfasst und in den gesamtstädtischen Kleingartenersatzflächenpool eingespeist. Sie sind für das Projekt reserviert.

Kleingärten auf den Autobahndeckeln

Deckel Schnelsen

Der Deckel Schnelsen ist mit einer Gesamtlänge von 560 Metern der kleinste der drei Deckel. Er entsteht im Herzen des Stadtteils Schnelsen zwischen der Heidlohstraße im Süden und etwas über die Frohmestraße hinaus im Norden. Er bietet neben einer öffentlichen Parkanlage Platz für insgesamt 42 Kleingartenparzellen. Auf dem südlichen Teil des Schnelsener Deckels flankieren sie die öffentliche Parkanlage. Nördlich der Frohmestraße bilden die Parzellen eine kompakte Anlage.

Die Bauarbeiten zur Autobahnerweiterung haben 2015 begonnen. Die Parkanlage und die Kleingärten auf dem Deckel Schnelsen werden voraussichtlich 2020 abgeschlossen sein.

Deckel Stellingen

Der etwa 890 Meter lange Deckel in Stellingen erstreckt sich im Stadtteil Stellingen zwischen der Kieler Straße im Süden und der Güterumgehungsbahn im Norden. Etwa in der Mitte quert der Wördemanns Weg den Deckel.

Die 41 Kleingärten, die hier gebaut werden, befinden sich als kompakte Anlage auf dem südlichen Teil des Deckels zwischen Kieler Straße und Wördemannsweg. Mit der Fertigstellung des Deckels Stellingen wird ca. 2021 gerechnet.

Deckel Altona

Der dritte und mit 2230 Meter längste ist der Deckel in Altona. Er wird sich von der Autobahnanschlussstelle Othmarschen bis in den Stadtteil Bahrenfeld zum Altonaer Volkspark erstrecken und einen Grünzug vom Volkspark bis zur Elbe vervollständigen. Auf diesem Deckel werden etwa 290 Kleingärten untergebracht. Die Fertigstellung dieses Deckels wird voraussichtlich Mitte der 2020er-Jahre erfolgen und das Projekt Hamburger Deckel abschließen.

Nachverdichtung von bestehenden Kleingartenanlagen

Im Rahmen des Projektes Hamburger Deckel wurde erstmals ein kooperatives Nachverdichtungsverfahren erprobt, bei dem die Kleingartenanlage des Kleingartenvereins "Gartengemeinschaft Diebsteich-Bornkamp" bei laufendem Betrieb von 69 Parzellen auf 99 Parzellen nachverdichtet wird. Die Nachverdichtung erfolgt in drei Abschnitten und wird 2018 mit der Teilung der letzten Parzellen abgeschlossen.

Der erste Abschnitt der Nachverdichtung begann mit der Entwicklung eines Nachverdichtungskonzeptes im Jahr 2011. Dabei waren sowohl der Landesbund der Gartenfreunde als Dachverband wie auch der Kleingartenverein in Form seines Vorstandes stets miteingebunden. In den Abstimmungen wurde festgelegt, dass die Nachverdichtung in drei Abschnitten bis 2018 erfolgt. Notwendige Bauarbeiten am Wegenetz, am Wasserleitungsnetz, der Drainage und auch Baumfällungen sollten im Rahmen des ersten Bauabschnittes stattfinden. Während des zweiten und dritten Bauabschnitts mussten und müssen nur noch lokal begrenzte Baumaßnahmen auf einzelnen Parzellen erfolgen. Um die Nutzung der Kleingärten so wenig wie nötig zu beeinträchtigen, wurden die Bauarbeiten soweit wie möglich in der Kleingartennebensaison von Spätherbst bis in den Frühling durchgeführt. Trotz der umfangreichen Bauarbeiten und der Tatsache, dass alle Bestandsparzellen Flächen abgegeben mussten, um die 30 neuen Parzellen zu schaffen, konnten alle Bestandslauben an ihren Standorten erhalten werden. Der erste Bauabschnitt endete im Juni 2014 mit der offiziellen Übergabe der ersten elf Parzellen.

Mit den Parzellen wurde dem Verein ein komplett erneuertes und erweitertes Wegenetz sowie das neue Wasserleitungsnetz und ein Retentionsbereich übergeben, mit dem die bis dahin aufgetretenen Vernässungsprobleme in Teilen der Anlage beseitigt wurden.

Im Zeitraum von November 2015 bis April 2016 konnten im zweiten Nachverdichtungsabschnitt im Zuge der Teilungen acht weitere Parzellen im Bestand geschaffen werden. Zum Abschluss der Nachverdichtung wird im dritten Bauabschnitt im Winter 2017/2018 eine weitere Teilungsphase erfolgen, in der dann die restlichen elf Parzellen entstehen werden.

Kleingärten Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Plan zur Nachverdichtung des Klein-gartenvereins 238 "Gartengemeinschaft Diebsteich-Bornkamp" in 3 Bauab-schnitten. Abb.: schaper+steffen+runtsch
Kleingärten Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Neue Parzellen des ersten Bauabschnitts mit gelber Senfsaat. Foto: Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen
Kleingärten Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Neugeschaffene Parzelle im Kleingartenverein 211. Foto: Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen

Erweiterung der Kleingartenanlage "Veermoor"

Neben Ersatzstandorten, wie den Deckeln und der Verdichtung von Bestandsanlagen, spielt natürlich die Herstellung von Ersatzparzellen auf dafür geeigneten Flächen in der Stadt eine wichtige Rolle, um der Lieferpflicht im Projekt Hamburger Deckel gerecht zu werden. Diese Flächen sind entweder bereits in städtischem Besitz oder werden hierfür extra angekauft. Die Erweiterung der Kleingartenanlage des Kleingartenvereins 211 "Veermoor" im Stadtteil Lurup ist hierfür ein gutes Beispiel.

Hier wurden auf einer alten Gärtnereifläche sowie auf einem eigens angekauften Grundstück insgesamt 20 neue Parzellen hergestellt und im Jahr 2015 an den dort bereits vorhandenen Verein übergeben. Diese beiden Flächen fügen sich jetzt in die bereits vorhandene Kleingartenanlage des Vereins ein.

Information und Kommunikation

Besonders die Kommunikation mit den betroffenen Kleingartenvereinen und dem LGH als Dachverband hat sich für das Projekt als besonders wichtig herausgestellt. Transparente Informationen darüber, wie lange ein Verein noch an seinem alten Standort bleibt, sind wichtig für jedes Mitglied, denn eine Verlagerung bedeutet natürlich für die betroffenen Kleingärtner einen tiefen Einschnitt. Genau zu wissen, wann dieser Einschnitt stattfindet und unter welchen Voraussetzung, schafft Planungssicherheit, die bei einem solchen Umbruch besonders wichtig ist. Außerdem wird eine direkte Kommunikation zwischen den räumungsbetroffenen Kleingärtnern und den aufnehmenden Vereinen hergestellt, um so auch diesen Schritt für alle Beteiligten zu vereinfachen. Die endgültige Vergabe der Ersatzparzellen erfolgt über den aufnehmenden Verein. Hier hat die Stadt keinen Einfluss.

Weitere Informationen unter www.hamburg.de/a7-deckel/

 Renate Städtler
Autorin

Behörde für Umwelt und Energie im Amt für Naturschutz, Grünplanung und Energie, Hamburg

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle grüne Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen