Kommentar
Kleingärten als Gemeinschaft?
Die Selbstorganisation der Vereine und Verbände steht auf der Kippe. Es finden sich kaum noch Vorstände. Vereinsarbeit heißt auch, immer mehr gegen Windmühlen zu kämpfen. Die Einhaltung der Drittelregelung, die Heckenhöhe, übergroße Lauben, Toiletten, Parkplätze, Pools und sonstige Anbauten beschäftigen die Vorstände mehr als die eigentliche Vereinsverwaltung.
Vor wenigen Jahrzehnten war die Gemeinschaft noch wichtig, heute wird immer mehr auf sich selbst geschaut und jeder ist sich selbst der nächste. Es gibt sehr gut organisierte und geführte Kleingärtnervereine, die Projekte anstoßen und das Konstrukt Kleingartenverein leben. Diese sind jedoch gefühlt mittlerweile in der Minderheit.
Auch wenn es teilweise als nicht mehr zeitgemäß angesehen wird, ist das Bundeskleingartengesetz weiterhin gültig. Kleingärten sind Pachtfläche und der niedrige Pachtzins wie auch der Schutzstatus sind den Pächtern sehr willkommen. Im Tagesgeschäft ist aber deutlich wahrnehmbar, dass die damit verbundenen Pflichten zunehmend nicht akzeptiert werden. Der soziale Grundgedanke des Gesetzes rückt immer weiter in den Hintergrund und muss auch neu interpretiert werden.
Kleingartenanlagen sind sogenanntes halböffentliches Grün, eine Mischung aus den privat genutzten Parzellen und den öffentlichen Gemeinschaftsflächen. Zunehmende Flächenkonkurrenzen in der Stadt zwingen uns auch, die Kleingartenanlagen multifunktional zu denken. Die Anlagen müssen verstärkt Funktionen der öffentlichen Parks übernehmen und sich öffnen, damit diese Flächen von so vielen Menschen wie möglich auch zur Erholung genutzt werden können. Dabei bedarf es der Mitwirkung der Vereine und der Unterstützung durch die Städte und Gemeinden, die als Verpächter auftreten.
Kleingartenanlagen müssen stärker Teil des öffentlichen Lebens werden. Dazu gibt es bereits tolle Ansätze. Kleingartenparks, Senioren- und Gemeinschaftsgärten sind hier nur Beispiele. Diese gilt es weiterzuentwickeln. Stephan Wunder