Nachruf

Mauerpark-Gestalter Gustav Lange ist gestorben

Landschaftsarchitektur
Prof. Gustav Lange. Foto: Jan-Erik Ouwerkerk.

"Leben findet in Zwischenräumen statt, in nicht organisierten Strukturen." G. Lange, 1996.

Der Landschaftsarchitekt Gustav Lange ist am 7. März 2022 nach kurzer Krankheit verstorben. Lange war Gärtner, Steinmetz, Künstler und Poet. Sein Schaffen hinterlässt lebendige Bilder im Dreiklang von Pflanze, Stein und Wasser.

Lange hatte bis zuletzt sein Büro in Anker, Schleswig-Holstein. Sein größtes Werk, der Mauerpark Berlin ist im Jahre 2020 nach seinen Entwürfen fertiggestellt worden. Der Mauerpark war für ihn ein Zeugnis der Offenheit und Freiheit zwischen zwei politischen Systemen - aus einem Todesstreifen wurde ein Raum zum Leben. Von 1969 bis 2005 praktizierte er aus der Stadt Hamburg, wo er von 1992 bis 2005 mit eigenem Büro und zuvor 1969 mit Hinnerk Wehberg ein Büro für Garten- und Landschaftsarchitektur gründete. Von 1989 bis 2003 hielt er eine Professur für Freiraumplanung an der Universität Kassel.

Neben dem Mauerpark (1993-2020) gehören der Ehrenhof vor dem Bundesrat (2000) und die Innenhöfe in der Oberbaum-City (ehem. Narva/Osram Fabrik) in Berlin (1998) und das Europäische Patentamt in München, eines seiner ersten Projekte, zu seinen bekanntesten Bauvorhaben. Langes Entwürfe zeigten immer seine demokratische und gesellschaftskritische Haltung. Die "Treppe ins Nichts" (1992-2000), eine Skulptur zur documenta IX auf dem Königsplatz in Kassel war ein Symbol der Demokratie auf dem barocken Platz. Sie wurde bei Nacht und Nebel abgerissen, denn sie war, wie auch sein erstplatzierter Entwurf für die Umgestaltung des Lustgartens in Berlin (1996), zu unbequem und zu sperrig. Lange forderte eine kritische Auseinandersetzung mit dem nicht-demokratischen Erbe aus der Zeit der Nazidiktatur und Kaiserreich. Er wollte dem "kontaminierten" Platzbelag eine neue, blühende Schicht aus Azaleen, Hortensien und Buchsbäumen entgegensetzen. Die Wunden und Narben der Vergangenheit offen zu tragen, fordert eben auch von den Bauherren eine kritischere Haltung als Geschichtsklitterung durch Aufhübschen. Bis zuletzt hat sich Lange auch aktiv und vehement für den Erhalt der Natur eingesetzt. Die Abholzung von 4000 Pappeln entlang des Elbe-Lübeck-Kanals konnte er nicht verhindern. Gustav Lange hatte eine Leidenschaft für alle Bäume - sei es für die stämmigen Eichen der holsteinischen Endmoränenlandschaft, für die skulpturalen Kiefern auf kargem Brandenburger Sandboden, für Zitterpappeln mit ihren flirrenden Blättern in der Kulturlandschaft oder die blühenden Obstbaumalleen am Wegesrand.

Lange handelte im Bewusstsein, dass der Gestaltung von Landschaft immer ein Denken über die Bedeutungsebenen als lesbare Schichtungen vorausgehen muss. Auseinander-Setzung. Unter dem Schirm eines formgeprägten und klar lesbaren Gestaltungsgerüsts brauchte es Brüche, Fugen und Zwischenräume für Spontanes, Prozesshaftes - sei es Vegetation oder menschliche Aneignung. Maß wird genommen mit dem geschulten Auge nicht mit der Wasserwaage. Geschichte unter einen feinen, grünen Rasenteppich zu kehren, Landschaftsarchitektur als fugenloses und klinisch reines Design, ohne Kanten und Ecken - das war nicht Langes Welt. Lieber spaltrau als poliert - als Mensch und als Künstler.

Gustav Lange lebte zuletzt zurückgezogen in seinem selbst geschaffenen Garten Eden. Vagabundierende Wegwarten im Kiesbett, ruhende Rinder unter dem Schirm der Eichen, begleitet durch das stumpfe Tuckern der Frachtkähne am Horizont und der Hintergrundmusik der rauschenden Pappeln. Die Espressokanne war immer gefüllt. Zur Mahlzeit gab es norddeutsch bodenständig Kartoffeln - dazu Bohnen mit Speck.

Frank Sleegers

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