Freiraumgestaltung als Baustein der Straßenplanung

Mobilität und Freiraum

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Abb. 1: Rückbau von Busbuchten als barrierefreie Haltestellen am Fahrbahnrand als Chance für die Gestaltung der Durchgangsstraßen von Dörfern, Rheinau in Baden-Württemberg. Abb.: Korth Stadt RaumStrategien

Die aktuellen Diskussionen um die Verkehrswende offenbaren ein Dilemma. Die städtischen und ländlichen Räume für Mobilität, in der Regel sind dies die Straßen, werden überwiegend für eine Fortbewegung mit dem Automobil geplant, genutzt und vorgehalten. Das Erscheinungsbild öffentlicher Straßenräume wird durch die straßenrechtliche Widmung und damit die funktionsentsprechende Ausgestaltung für den fahrenden und parkenden KFZ-Verkehr bestimmt.

Oft folgt die Dimensionierung der Straßen noch immer weitgehend aus der Grundhaltung, den KFZ-Verkehr möglichst störungsfrei abzuwickeln. In der Folge bedeutet dies großzügig dimensionierte Flächen für fahrende Autos und für ruhende Autos - Autostellplätze. Die verbleibenden Flächen teilen sich zu Fuß gehende Menschen und Radfahrende. Wenn noch etwas Platz ist und keine Leitungen im Untergrund behindern, finden auch noch einige Bäume Platz.

Die politischen Debatten rund um die Verkehrswende beziehen sich stark auf die Rolle des individuell verfügbaren Autos (egal, ob benzin-, diesel- oder elektrisch betrieben bzw. autonom fahrend) und die Umverteilung der Flächen zugunsten von Fuß- und Radverkehr oder ÖPNV.

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Abb. 2: Ungestaltete Restflächen für Fußgänger und Radfahrer, München 2020. Foto: Katrin Korth

Die Diskussionen werden verkehrsplanerisch und verkehrsrechtlich geführt. Neben den beschriebenen verkehrlichen Faktoren spielen auch die Bedeutung des jeweiligen Straßenraums innerhalb der Netzstruktur eine Rolle und die unterirdische Infrastruktur, die unter den Straßen verlegt wird. Flächen für den motorisierten Individualverkehr oder den Fußverkehr sind in der allgemeinen Wahrnehmung zuallererst Verkehrswege, die der Verbindung und Erschließung von Orten für verschiedene Verkehrsträger dienen.

Die Ausgestaltung und Nutzbarkeit der Straßenräume wird durch die Aufteilung der Flächen anhand der spezifischen Anforderungen der verschiedenen Verkehrsträger geprägt, was bestenfalls zu einem Nebeneinander der Flächen führt, schlimmstenfalls aber zu Raumaufteilungen und Raumgestaltungen, die für zu Fuß gehende Menschen oder Radfahrende unwirtlich sind.

Großflächige betonierte oder asphaltierte Flächen ohne Bäume heizen sich im Sommer stark auf, bieten wenig Anreize für die Durchquerung zu Fuß und bereiten auch Radfahrenden wenig Freude. Die meisten Autofahrenden stört diese Unwirtlichkeit wenig. Sie sitzen in wohnlich eingerichteten, fahrbaren Innenräumen, die eine eigene Welt bilden. Aus dieser Innenwelt heraus betrachtet ist eine ansprechende Gestaltung des Straßenraums nicht relevant, viel mehr hingegen Kriterien wie die zügige Zielerreichung oder bequemes Parken, breite Spuren und großzügige Radien.

In den Debatten um die lebenswerte Stadt erhalten öffentliche Straßenräume und ihre Gestaltung zunehmende Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Historisch betrachtet war der öffentliche (Straßen-)Raum immer ein für alle Menschen zugänglicher Ort, der neben Fortbewegung dem Aufenthalt und der Begegnung, Handel, politischer Artikulation, Arbeit und auch als Abstellraum diente.

Mit dieser Vielfalt an Funktionen prägten Straßenräume die Identität des Stadtraums. Im Grunde genommen ist das auch heute so. Es gibt verkehrliche und soziale Funktionen des Straßenraums. Nur die Betrachtung beider Aspekte und die planerische Auseinandersetzung auf verkehrlicher, stadtplanerischer und auf freiraumplanerischer Ebene ermöglicht Straßenräume, in denen sich Menschen gern aufhalten, die in einem angemessenen Verhältnis von Straßenraumbreiten und Gebäudehöhen stehen, die auch jenseits der automobilen Nutzung Aneignungen ermöglichen und einen menschlichen Maßstab haben.

Wenn wir also heute über die Gestaltung und Nutzbarkeit des Straßenraums reden, geht es neben der Aufteilung oder Umverteilung der Flächen entsprechend der rein verkehrlichen Anforderungen immer auch um die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Straßenraums und die sozialen Funktionen.

Straßen spannen einen Teppich zwischen den Gebäuden und Grundstücksgrenzen, sie stehen in einem Wechselspiel zwischen Gebäuden und deren Vorzonen. Sie sind Flächen, auf denen sich Menschen fortbewegen, unabhängig von der Art des Fortbewegungsmittels. Sie sind Auftritt für Eingänge, Einfahrten, Ladengeschäfte und Gastronomie. Sie sind Aufenthaltsflächen und Begegnungsorte, insbesondere in Zeiten, in denen der öffentliche Raum immer mehr zum "zweiten Wohnzimmer" wird. Sie müssen Orientierung und Struktur bieten. Straßen sind für viele Menschen ein wesentlicher Teil ihrer außerhäuslichen physischen und gesellschaftlichen Umwelt.

Gleichzeitig müssen Straßen auch Flächen für Anlieferung, Rettungswege, oft auch den baulich notwendigen zweiten Rettungsweg sichern, was die gestalterischen Optionen einschränkt. Und schließlich müssen Straßen den unterschiedlichen Bedürfnissen der Nutzenden Rechnung tragen. Für zu Fuß gehende Menschen, Radfahrende und Nutzende des ÖPNV ist die Gestaltung des Straßenraums viel wichtiger, da sie den Raum viel unmittelbarer und unvermittelter als Autofahrende erleben und damit andere Bedürfnisse an den Straßenraum stellen.

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Abb. 3: Eppingen in Baden-Württemberg 1909 – der Marktplatz als multifunktional nutzbarer Raum. Foto: Stadtarchiv Eppingen
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Abb. 4: Marktplatz Eppingen in den 1970er Jahren – Parkplatz. Foto: Stadtarchiv Eppingen
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Abb. 5: Marktplatz Eppingen nach der Innenstadtsanierung 2018 – neue Aneignungsmöglichkeiten, Platz für Aufenthalt und redimensionierte Straßenräume. Foto: Katrin Korth
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Abb. 6: Eppingen Altstadtstraße, gestalteter und belebter Altstadtraum – Integration von verkehrlichen Belangen, Aufenthalt und Stadtgrün, 2021. Foto: Katrin Korth

Die Planung von Räumen für Mobilität zählt zu den wahrscheinlich schwierigsten, mindestens aber strittigsten Feldern städtischer und dörflicher Stadtplanung. Wohl kaum jemand bestreitet noch die Bedeutung von Gestaltung bei Straßen, doch wenn es konkret wird, wird vielerorts um jeden Autostellplatz gekämpft. Die Erfüllung der verschiedenen Funktionen und Bedürfnisse bedarf einer angemessenen Gestaltung der Freiräume. Die alleinige Fokussierung auf eine Neuaufteilung der Straßen reicht für eine Verkehrspolitik im Sinne der Verkehrswende nicht aus.

Gute Mobilitätsplanung ist immer ambitionierte Freiraumplanung. Seit einigen Jahren nimmt die Zahl der freiraumplanerischen Entwurfskonzepte für Verkehrsräume deutlich zu. Schaut man sich die realisierten Ergebnisse an, können diese nicht immer die hochgesteckten Erwartungen der ursprünglichen planerischen Konzepte erfüllen.

Eine Ursache liegt darin, dass die konkrete bauliche Realisierung von Straßenräumen, insbesondere von den wichtigen Hauptverkehrsstraßen, von Radwegen wie auch von Anlagen für den ÖPNV fest in den Händen der Tiefbauplanenden ist. Deren Verständnis für Stadtgrün, Stadtgestaltung oder auch Klimaanpassungsmaßnahmen ist vielerorts (Ausnahmen bestätigen die Regel) ausbaufähig.

Die klassische Arbeitsteilung sieht auf kommunaler Seite so aus: Stadtplanung - Konzepterstellung und Planung bis Lph. 2/Vorplanung; Tiefbau - Realisierung ab Lph. 3/Entwurfsplanung; Grünplanung - Auswahl der Straßenbäume und manchmal Beratung bei gestalterischen Fragen. Tiefbauämter sorgen traditionell für eine gute Bauabwicklung, gestalterische Fragestellungen werden pragmatisch gelöst.

In der Abwägung vor allem der funktionalen Bedürfnisse, der Berücksichtigung aller Normen und Richtlinien für Radien, Aufstell- und Abstandsflächen sowie Einrichtungen für unterirdische und oberirdische Infrastruktur bleibt deshalb manch ambitionierte Gestaltungsidee auf der Strecke. Angesichts der Tatsache, dass in den nächsten Jahren überall der hochversiegelte Straßenraum klimatauglich gemacht werden muss, ist es notwendig, die Freiraumbelange viel stärker in den Vordergrund zu stellen. Planung und Realisierung sollte in allen Leistungsphasen durch fachübergreifende Teams erfolgen, auf Seiten der Auftraggebenden wie auch der Planenden.

Der öffentliche Raum prägt das Gesicht einer Stadt oder eines Dorfes. Die jeweilige Art der Gestaltung des öffentlichen Raums prägt die Menschen. An der Gestaltung des öffentlichen Raums entscheidet sich, ob ein Straßenraum nur ein notwendiger Fortbewegungsraum für eine möglichst zügige Überbrückung von Distanzen ist oder ob ein Straßenraum als Lebensraum verstanden wird, in dem der Mensch, idealerweise der zu Fuß gehende und der radfahrende Mensch, im Mittelpunkt stehen.

Damit kommt der freiräumlichen Gestaltung von Räumen für Mobilität eine große Bedeutung zu. In den aktuellen stadtplanerischen Debatten kommen weitere Aspekte dazu. Der fortschreitende Klimawandel macht Klimawandelanpassungsmaßnahmen im öffentlichen Raum zwingend. Straßen sind heute die am meisten versiegelten Flächen. Beton und Asphalt tragen massiv zur Aufheizung der Städte bei.

Auch das Thema der gesunden Stadt erfordert eine Fokussierung auf den öffentlichen Raum. Unser bewegungsarmes, sitzendes Leben hat mittlerweile massive gesundheitliche Auswirkungen. Konzepte für die gesunde Stadt betrachten deshalb zunehmend den öffentlichen Raum und seine Eignung für Sport und Bewegung.

Gut gestaltete Straßen stärken außerdem den lokalen Handel, sie unterstützen die Ziele der Klimapolitik und fördern gesundheitliche Prävention. Auch hinsichtlich der Straßenentwässerung ist ein Umdenken erforderlich. Während es bisher um die möglichst schnelle Ableitung des Regenwassers ging, versuchen aktuelle Konzepte, das Wasser möglichst lange zu halten, zu versickern oder über Baumrigolen für die Bewässerung der Bäume in Trockenzeiten zu nutzen.

Die Aufgaben der Freiraumgestaltung bei der Planung von Mobilitätsräumen sind vielfältig und umfassen das gesamte Spektrum der Mobilitätsräume:

  • Planung von klassischen Straßenräumen,
  • Planung von Plätzen,
  • Gestaltung von Orten für den ÖPNV und Zentrale Omnibusbahnhöfe,
  • Gestaltung von Bahnhofsarealen,
  • Gestaltung von Radwegen und Fußwegen,
  • Gestaltung von Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen,
  • Umbau und Sanierung von Straßenräumen.
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Abb. 7: Boulevard Lilienthal im neuen Züricher Quartier Glattpark – begrünter Straßenraum mit Schwerpunkt auf Gestaltung, Zürich 2021. Foto: Katrin Korth
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Abb. 8: Die Straße als Aufenthaltsraum – zentraler Straßenraum in der Seestadt Aspern in Wien, Sonnenallee in Wien, 2020. Foto: Katrin Korth
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Abb. 9: Europaplatz Tübingen, Straßenraumaufteilung vor der Umgestaltung: 60 Prozent für KFZ, 40 Prozent für Fuß- und Radverkehr. Foto: Katrin Korth
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Abb. 10: Europaplatz Tübingen, Straßenraumaufteilung nach der Umgestaltung 2021: Umkehrung der Aufteilung mit 40 Prozent für KFZ, 60 Prozent für Fuß- und Radverkehr. Foto: Anne Faden

Wesentliche Aspekte für die Planung aus freiräumlicher Sicht sind dabei:

  • konsequente Anwendung der Prinzipien für stadtverträgliche Dimensionierung von Straßen,
  • Orientierung, Erkennbarkeit und Übersichtlichkeit durch differenziert gestaltete Bodenbeläge,
  • Möglichkeiten für Aufenthalt,
  • Berücksichtigen stadtklimatischer Aspekte mit der Schaffung von Schatten und Abkühlung,
  • Entsiegelung und Ausgestaltung entsiegelter Flächen,
  • Begrünung mit Bäumen, Fassadenbegrünung, Staudenflächen,
  • dezentrale Entwässerungskonzepte,
  • Gestalten von Wasserelementen,
  • Gestalten der Übergangsbereiche zu den Gebäuden,
  • Barrierefreiheit und Leitsysteme für Menschen mit physischen und psychischen Einschränkungen,
  • differenzierte Beleuchtung,
  • Umgang mit Flächen für den ruhenden Verkehr, was vor allem Reduzierung von Parkplatzflächen bedeutet,
  • Anreize, die Freude am Bewegen zu Fuß und mit dem Rad machen,
  • Planen von durchgrünten Rad- und Fußwegen, von begrünten ÖPNV-Trassen,
  • Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern und alten Menschen.

Die Botschaft eines Raums

Bei der konkreten Planung sind die spezifischen stadträumlichen Gegebenheiten des konkreten Ortes und der Umgebung zu berücksichtigen, die Art der angrenzenden Gebäude, Unterführungen und Brücken. Es macht einen Unterschied, ob sich ein Straßenraum in der Vorstadt oder dem Stadtzentrum befindet, ob historische Bebauungen angrenzen oder Vorgärten und Höfe.

Letztendlich geht es bei den Räumen für Mobilität immer um die konkrete Botschaft des Raums, die der Straßenraum vermitteln soll. Heißt der Raum Menschen willkommen oder Autos, finden Menschen Anregung, sich auf der Straße zu bewegen, vermittelt der Raum Unverwechselbarkeit, Einfachheit und Identität.

Gerade beim Thema Unverwechselbarkeit geht es dabei nicht zwangsläufig um aufregende Objekte im Freiraum, zum Beispiel besonders auffällige Beläge oder Architekturikonen bei den Haltestellenüberdachungen, sondern um ein stimmiges Gesamtbild, welches für den Raum angemessen ist und in dem sich Menschen wohlfühlen.

Identifikation wiederum beschreibt, ob Menschen positive, individuell emotionale Beziehungen zu einem Ort haben und welche gesamtstädtische, stadtteilbezogene oder auch nachbarschaftliche Bedeutung ein Ort und eine Gestaltung hat.

Die aufgeworfenen Fragen lassen sich nicht losgelöst oder sektoral lösen, sondern nur integriert und sie brauchen einen Willen zur Gestaltung der Stadträume für zu Fuß gehende und radfahrende Menschen.

Kontext zu den aktuellen stadtplanerischen Debatten

Die Diskussionen um die Verkehrswende und die Gestaltung von Mobilitätsräumen reihen sich ein in die aktuell anstehenden Debatten zum Klimawandel und den dringend notwendigen Maßnahmen zur Stadtklimaanpassung, zum Umgang mit abnehmender Biodiversität, zu Bewegungsmangel und den damit verbundenen volkswirtschaftlichen Auswirkungen, sogar zur Wohnungsnot, die kleinere Wohnungen absehen lässt, was wiederum die Bedeutung der Freiräume vergrößert.

Gut gestaltete Räume für Mobilität stärken das zu Fuß gehen und das Radfahren und sie sind deshalb ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit in den Städten. Die Mobilitätswende bietet große Chancen für mehr Grün in der Stadt: den meisten Platz in der Stadt beanspruchen parkende Autos und die vielen Parkplätze im öffentlichen und halböffentlichen Raum. Wenn nur ein Teil dieser Flächen umgewandelt wird, entsteht der dringend benötigte Platz für Stadtgrün und Aufenthalt.

All das braucht gut gestaltete und emotional ansprechende Freiräume, Freiräume die ästhetischen Ansprüchen folgen, denn nur dann erreichen wir mit unseren Planungen die Menschen wirklich und nur dann kann Verkehrswende gelingen.

Fokus: Historischer Kontext

Freiräume in der historischen Stadt unterschieden nicht Straße, Parkplatz und Gehweg. Der Straßenraum war eine Fläche, gegliedert lediglich durch eventuelle Entwässerungsrinnen. Die geringen Geschwindigkeiten machten dies möglich. Der Straßenraum war Vorplatz zu den Häusern, Bewegungsort, Arbeitsort, Begegnungsort und Handelsort und Markt. Die Ausgestaltung musste möglichst multifunktional sein. Bäume gab es in den öffentlichen Räumen der historischen Städte nicht.

Ab den 1950er Jahren wurden die öffentlichen Plätze zu Stellplätzen, die Straßenräume zu überdimensionierten Autoräumen. Die Rückbesinnung auf die lebenswerte Stadtgestaltung eroberte die Parkplätze zurück, zugunsten von Flächen für den alltäglichen Aufenthalt, die Dimensionierung der Straßen folgt wieder den Proportionen des Stadtraums.

Fokus: Die Botschaft eines Raums

Die Botschaft eines Raums wird nicht nur durch die reine Flächenaufteilung bestimmt, sondern viel mehr durch die Gestaltung der Freiräume und die stadträumlichen Randbedingungen. Selbst bei verkehrsplanerisch korrekter Flächenzuweisung entsteht nicht zwangsläufig ein lebenswerter Straßenraum. Manchmal fehlen die Randnutzungen, manchmal stört die Vielzahl der parkenden oder fahrenden Autos, manchmal auch die ungeordneten Fahrräder.

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Abb. 11: Verkehrsversuch Superblock West in Stuttgart 2021. Foto: Malte Nowak
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Abb. 12: Die Architekturikone, der ZOB in Pforzheim mit seinem stadtbildprägenden Großdach hat Architekturpreise erhalten, dennoch gibt es anhaltende Kritik der Nutzenden am ZOB. Foto: Katrin Korth
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Abb. 13: ZOB als Funktionsraum mit hoher Aufenthaltsqualität, einladender Geste und angemessenen Proportionen bei den Dächern, Korbach in Hesse. Foto: Katrin Korth
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Abb. 14: Aus Parkplatz wird Stadtraum – auch bei temporären Konzepten bieten sich interessante Gestaltungsoptionen Paris. Foto: Katrin Korth

Fokus: Neuaufteilung des Straßenraums

Die Aufteilung von Straßenräumen in einer stadtverträglichen Dimensionierung soll sich an folgenden Proportionen orientieren:

Straße ohne Mittelstreifen 30 Prozent Seitenraum, 40 Prozent Fahrbahn, 30 Prozent Seitenraum, Straße mit Mittelstreifen 50 Prozent Seitenraum, 50 Prozent Richtungsfahrbahn.

Dennoch ist die Aufteilung immer nur der erste Schritt der Planung. Wesentlich ist die konkrete Ausgestaltung. Aus diesem Grund sind reine Verkehrsversuche oft zum Scheitern verurteilt, denn die Vorstellungskraft, wie ein Straßenraum menschengerecht gestaltet werden kann, können viele Menschen und Politiker*innen nicht aufbringen. Verkehrsversuche sollten deshalb einhergehen mit Gestaltungsmaßnahmen, die auch temporär sein können, aber immer ausreichende Gestaltungskraft haben müssen.

Fokus: ÖPNV

Dass Anlagen des ÖPNV zu den wichtigsten Stadtraumgestaltungen zählen, zeigt sich nicht zuletzt an der Vielzahl der Planungswettbewerbe für Zentrale Omnibusbahnhöfe (ZOB). Ein attraktiver ÖPNV braucht funktionierende Strukturen, die für die Menschen angenehm sind, aber auch eine positive, identitätsstiftende Botschaft vermitteln. Das betrifft die Haltestelle innerhalb des Netzes, genauso wie den ZOB oder die Ausgestaltung der Gleiskörper bei Stadtbahnen.

Gerade bei den ZOB`s gibt es die planerische Tendenz zu großen, stilprägenden Dachlandschaften, die leider häufig weniger aus der Perspektive der Nutzenden geplant sind, denn unter den großflächigen und hohen Dächern ist es oft zugig und wenig behaglich. Selbst Regenschutz bieten sie aufgrund Ihrer Höhe nur bedingt.

Integrierte Planungen

Das Feld von verkehrlichen Planungen ist weit und reicht vom Parkplatz am Supermarkt, der zwingend große Baumpflanzungen erhalten muss (was sich in der Realität leider immer noch nicht überall durchgesetzt hat) über den Rückbau von Busbuchten bis zur Reduzierung von Parkflächen.

Gerade die Vielzahl der anstehenden, vermeintlich kleinen verkehrsplanerischen Interventionen in den Straßenräumen bieten kostengünstige Optionen für ansprechende Gestaltung. Beispielshaft dafür steht der Rückbau der Busbuchten.

Barrierefreiheit mit Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen zu verbinden, schafft Win-Win-Effekte für alle und kostet nicht mehr als eine reine Pflasterung. Voraussetzung ist, jede verkehrsplanerische oder verkehrsrechtliche Maßnahme immer auch gestalterisch zu bewerten.

Dr.-Ing. Katrin Korth
Autorin

Freiraum- und Verkehrsplanerin

KORTH StadtRaumStrategien

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