Grüne Infrastruktur trotz demografischem Wandel

Nachhaltige Entwicklung des Kleingartenwesens in Sachsen

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Kleingärten
Eigentumsverhältnisse Pachtland des LSK, (Studie zum Sächsischen Kleingartenwesen 2004). Grafik: May Landschaftsarchitekten

Die Gemeinschaft der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner ist Teil unserer Gesellschaft. Sie gärtnern nicht im luftleeren Raum, sondern haben wesentlichen Einfluss auf die Lebensqualität in den an die Kleingärten angrenzenden Stadtteil- und Wohnquartieren. Im Mindesten geben die Kleingärtnervereine den Bürgern - unabhängig von ihrem Geldbeutel - die Möglichkeit der Erholung und der sinnvollen gärtnerischen Freizeitgestaltung in der Natur.

Aber, was die aktiven Gartenfreunde in unserem Land leisten, geht weit über die reine Organisation der kleingärtnerischen Betätigung hinaus. Denn auch Anwohner, die nicht Mitglied im Kleingärtnerverein sind, profitieren von den positiven Effekten, die von Kleingärtnern ausgehen. Gerade in Ballungszentren und größeren Städten sind die Gärten ein wichtiger Bestandteil des Stadtgrüns. Kleingärten haben positive Auswirkungen auf die Artenvielfalt der Flora und Fauna sowie auf das Mikroklima in den Wohnquartieren. Dabei ersparen Kleingärtnervereine den Kommunen nicht nur die Aufwendungen für die Pflege von Grünanlagen, sondern verbessern über den Pachtzins auch noch die Einnahmesituation in den Städten und Gemeinden. Darüber hinaus prägen viele engagierte Kleingärtnervereine durch verschiedene Projekte auch das gesellschaftliche Klima in den Städten und Gemeinden. Die Beispiele reichen von Kooperationen mit Kleingärtnern und Schulen mit dem Ziel, bereits den Jüngsten unserer Gesellschaft Naturerlebnisse zu ermöglichen, bis hin zu barrierefreien Gärten für Behinderte und Senioren sowie Therapiegärten. Kulturveranstaltungen und Feste, die die positiven Seiten der ethnischen Vielfalt feiern, finden sich ebenso wie mehrtägige Ferienprogramme für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche.

In Zeiten zerfallener sozialer Strukturen leisten viele Kleingärtnervereine einen wertvollen Beitrag dazu, den sozialen Zusammenhalt zu stärken, die Fliehkräfte in unserer Gesellschaft zu bändigen und verschiedenste Gruppen zu integrieren. Die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner können mit Stolz auf diesen wichtigen Beitrag zum Gelingen unserer Gesellschaft blicken. Nach dem Motto "Tue Gutes und rede darüber" sollte keine Gelegenheit ungenutzt verstreichen, um diese Leistungen auch offensiv und selbstbewusst gegenüber der Öffentlichkeit zu vermitteln. Denn, nur wenn es gelingt, diesen Wert im öffentlichen Bewusstsein zu verankern, kann man auch die Unterstützung der Gesellschaft bei der Bewältigung der vor uns liegenden Herausforderungen erwarten. Kleingärtner stellen sich heute mehr denn je der sozialen Verantwortung, die allerorts gefordert wird. Die meisten Vereine pflegen intensive Kontakte und Partnerschaften zu Einrichtungen außerhalb des Kleingärtnervereins.

Damit sind Kleingärtnervereine eine rege, engagierte Gemeinschaft, deren Wirken über den Gartenzaun hinaus bis weit in die Gesellschaft zu spüren ist. Das sollte der Gemeinschaft der Kleingärtner auch das nötige Selbstbewusstsein geben, im Gegenzug die Unterstützung der Gesellschaft - und damit der Politik - bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen einzufordern. Eines haben alle diese Herausforderungen gemeinsam: Die ihnen zugrunde liegenden Ursachen sind keine Probleme, die die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner verschuldet haben, sondern sie sind vielmehr Ergebnisse gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen und Trends. Es wäre daher nur folgerichtig, wenn auch die gesamte Gesellschaft, die ja vom Wirken der Kleingärtnervereine profitiert, zur Lösung dieser Probleme beitragen würde.

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Naturerziehung im Grünen Klassenzimmer des KGV „Eilenburger Straße“ Torgau: Grundschüler pflegen Kräuter-Themenbeete. Foto: Peter Salden
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Deckblatt der Leitlinien des Deutschen Städtetages. Abb.: Deutscher Städtetag
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Deckblatt der Studie zur bedarfsgerechten, nachhaltigen Entwicklung von Kleingartenanlagen in Sachsen. Abb.: Landesverband Sachsen der Kleingärtner e. V.

Gesellschaftliche Trends - Der Druck der Demografie

Gerade weil Kleingärtnerinnen und Kleingärtner ein aktiver Teil unserer Gesellschaft sind, können sie sich gesellschaftlichen Entwicklungen nicht entziehen. Dabei sind die großen Trends und Entwicklungen, deren Folgen unmittelbare Auswirkungen auf die Kleingärtnervereine haben, bereits ausführlich beschrieben worden. Sowohl in den Leitlinien des Deutschen Städtetages zur nachhaltigen Entwicklung des Kleingartenwesens in den Städten, aber vor allem in der Landesweiten Studie zur bedarfsgerechten, nachhaltigen Entwicklung von Kleingartenanlagen in Sachsen aus dem Jahr 2014 finden sich zum Teil ausführliche und detaillierte Analysen zur Bevölkerungsentwicklung.

Die dort aufgeführten Analysen sollen hier nicht im Einzelnen wiedergegeben werden. Wichtig ist vielmehr, sich die - nur auf den ersten Blick - widersprüchlichen Tendenzen der dort beschriebenen Bevölkerungsentwicklung mit ihren Folgen für die Kleingärtnervereine vor Augen zu führen. Kurz zusammengefasst kann man zwei Tendenzen beobachten, die auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, sich aber bis zu einem gewissen Grad gegenseitig bedingen: Einem Bevölkerungsrückgang in weiten Teilen des Flächenstaates Sachsen steht eine Bevölkerungskonzentration und Verdichtung der Bevölkerung in Ballungszentren und einigen Wachstumsregionen gegenüber.

Die Herausforderungen für die organisierten Kleingärtner sind regional sehr unterschiedlich. Während einige Territorialverbände mit hohen Leerstandsquoten konfrontiert sind, stehen in manchen Boom-Regionen nicht ausreichende Kleingärten zur Verfügung.

Denn gerade die Regionen, die vom Bevölkerungsrückgang betroffen sind, haben nicht nur heute bereits mit hohen Leerstandsquoten zu kämpfen, sie sind gleichzeitig auch die Regionen, die als allererste die Folgen einer immer älter werdenden Bevölkerung und damit eines Mangels an Kleingärtnernachwuchs zu spüren bekommen.

Weniger attraktive Gärten, die wegen Vernässung, Lärmbelästigung, problematischer Bodenverhältnisse oder generell schlechter Lage nicht optimal als Kleingartenparzelle geeignet sind, werden keine Pächter mehr finden. Im Laufe der Zeit werden in den wenigen attraktiven Anlagen die Leerstände so stark zunehmen, dass die betroffenen Vereine nicht mehr existieren können. In einigen Regionen Sachsens liegt die Leerstandsquote bei deutlich über 20 Prozent. Bei solchen Zahlen ist es ohne Gegenmaßnahmen nur noch eine Frage der Zeit, bis die Insolvenz von Vereinen und Verbänden eher die Regel als die Ausnahme ist. In Regionen mit Bevölkerungsschwund verstärkt sich diese Abwärtsspirale noch durch die angespannte Haushaltlage vieler Kommunen. Bei der Gestaltung des Wandels wären natürlich gerade die Kommunen finanziell gefordert, die ja oftmals auch Verpächter sind. Deshalb orientierte der Landesverband Sachsen der Kleingärtner auf die Umsetzung des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes der Bundesregierung im Freistaat Sachsen. Dieser Kommunalinvestitionsförderungsfonds soll in strukturschwachen Kommunen eingesetzt werden, wo der Punkt "Flächenumwandlungen" mit aufgenommen wurde. So könnte auch dieses Geld für den Rückbau von Kleingartenflächen seinen Einsatz finden.

Auf der anderen Seite stellen wir fest, dass in größeren Städten und Ballungsgebieten eine starke Nachfrage nach Kleingärten auf starke Nutzungskonkurrenz trifft. Hier treffen junge Bewerber mit ihren Familien auf ein viel zu kleines Angebot an Kleingartenflächen. Oftmals wird das vorhandene Angebot an Kleingartenflächen noch weiter reduziert, da bestehende Kleingartenanlagen zu Bauland für Wohnungsbau und Gewerbeflächen umgewandelt werden. Dieser Druck dürfte sich in der gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklung noch erhöhen. Deutlich wird dadurch auch, dass es sich bei diesem Spannungsverhältnis zwischen Überversorgung mit dem Mangel an Kleingartenflächen um ein Phänomen handelt, zu dem auch gesamtgesellschaftliche Ursachen beitragen. Es wäre also nur recht und billig, wenn der Staat und die Politik die betroffenen Kommunen mit diesem Problem nicht alleine ließen, sondern diesen Anpassungsprozess an beiden Problemlagen aktiv mit gestalten und mit finanzieren würden. Der scheinbare Widerspruch zwischen Überversorgung und Mangel löst sich auch auf, wenn man Kleingärten als das begreift, was sie sind: Notwendige Infrastruktur, deren bedarfsdeckendes Vorhandensein die Voraussetzung für ein qualitativ hochwertiges Leben in unseren Städten und Gemeinden ist. Bei allen Teilen der Infrastruktur ist es offensichtlich, dass sie an die Entwicklung der Bevölkerungszahlen angepasst werden muss. Ganz gleich, ob man über Schulen, Kindergärten, Straßen, Krankenhäuser oder Sportstätten spricht: Niemand käme auf die Idee, sich darüber zu wundern, dass diese Teile der Infrastruktur bei sinkenden Bevölkerungszahlen zurückgebaut oder bei steigenden Bevölkerungszahlen weiter ausgebaut werden müssen. Eigentlich liegt es auf der Hand, dass das Gleiche für Kleingärten als Teil der Infrastruktur gelten muss.

Das Ziel verantwortlicher Politik muss die regional bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Kleingartenbestandes sein. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass in den - von Bund und Ländern gemeinsam finanzierten - Stadtumbauprogrammen der Ausbau, Rückbau und Umbau der Infrastruktur eine wichtige Rolle spielt, aber die Kleingärten mit ihrem in diesem Bereich unbestrittenen Bedarf dort keine explizite Erwähnung finden.

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Landesverband Sachsen der Kleingärtner – Mitgliederentwicklung von 2003 bis 2014. Grafik: May Landschaftsarchitekten
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Prozentualer Leerstand der Verbände des LSK. Grafik: May Landschaftsarchitekten
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Im KGV „Frohe Stunde“ e. V. Leipzig können die Steppkes der Kita „Abenteuerland“ gemeinsam mit ihren Eltern im Vereins-Kinder-Garten die Beete bestellen. Foto: Peter Salden
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Prognostizierte Kleingartendichte und Leerstand 2025 für ausgewählte Kommunen im Gebiet der Referenzverbände. Grafik: May Landschaftsarchitekten

Schlussfolgerungen

Kleingärten müssen als unverzichtbarer Teil der Infrastruktur und der kommunalen Daseinsfürsorge im öffentlichen Bewusstsein verankert werden. Nur dann haben wir eine Chance, bei der jeweils zuständigen politischen Ebene die Mittel für die bedarfsdeckende Weiterentwicklung zu organisieren. Diese Darstellung als unverzichtbarer Teil der Infrastruktur ist eine Daueraufgabe für alle Akteure des organisierten Kleingartenwesens. Im Optimalfall wird dieses Anliegen bereits von einzelnen Kleingärtnervereinen vor Ort mitgetragen. So ist beispielsweise die öffentliche Zugänglichkeit von Kleingartenanlagen die erste und zwingende Voraussetzung, um als Teil der Infrastruktur für alle von allen wahrgenommen werden zu können.

Die selbstkritische Überprüfung der Kommunikation muss daher als Daueraufgabe auf der Tagesordnung aller Gliederungen der Kleingärtnerorganisationen stehen. Der städtebauliche Wert von Kleingartenanlagen für ihre Mitglieder sowie der oben skizzierte gesellschaftliche Mehrwert der Vereine sind eigentlich nicht zu bestreiten. Letztendlich geht es um die Frage, wie man diesen gesellschaftlichen Mehrwert auch den Entscheidern in der Politik verdeutlicht und bei ihnen fest verankert. Auch das ist eine Aufgabe, die sich an alle Ebenen der organisierten Kleingärtnerinnen und Kleingärtner richtet. Eine Ebene allein wird hier im Alleingang wenig bewirken können.

Die erfolgreiche Arbeit im politisch-öffentlichen Bereich ist die notwendige Voraussetzung, um in allen Regionen den Anpassungsprozess an den demografischen Wandel erfolgreich zu gestalten. Nur wenn uns diese Schritte auf Landesverbandsebene, in den Mitgliedsverbänden mit ihren Vereinen vor Ort sowie in den Kommunen gelingen, werden wir erfolgreich die notwendige - auch finanzielle - Unterstützung durch Politik und Öffentlichkeit erfahren, die wir zur Gestaltung des Wandels und zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung des Kleingartenbestandes brauchen.

Diese vor uns stehenden Herausforderungen erfordern einen langen Atem. Sie werden sich nicht im Vorbeigehen lösen lassen, sondern sind beständige Aufgaben, bei deren Bewältigung möglichst alle organisierten Kleingärtnerinnen und Kleingärtner, die Kommunen und das Land mit anpacken sollten. Scheuen wir uns nicht, unsere Forderungen selbstbewusst gegenüber der Gesellschaft zu vertreten. Kleingärten sind unverzichtbarer Teil unserer Infrastruktur. Die Kleingärtner haben einen positiven Wert für unsere Gesellschaft. Die bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Kleingärten sollte deshalb auch der Gesellschaft etwas wert sein.

Autor

Präsident des Landesverbandes Sachsen der Kleingärtner e. V., Präsident des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e. V.

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