Vier Fallbeispiele von Schulstandorten in Dresden

Nachverdichtung - Auswirkungen auf die ökologische Situation

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Nachverdichtung Ausgleichsflächen
Abb. 1: Lage der Standorte der Fallbeispiele in der Stadt. Datenquelle: Eigene Bearbeitung

Städtebauliche Nachverdichtungen finden nicht ausschließlich auf Wohnbauflächen statt, sondern sind ebenso verstärkt auf Gemeinbedarfsflächen zu beobachten. In den meisten Fällen verschlechtert sich an diesen Standorten die ökologische Situation, da in der Regel durch intensivere Bebauung die Grünausstattung dieser Flächen reduziert wird. Zwischen Bebauungsstruktur, Grünausstattung und ökologischer, beispielsweise mikroklimatischer Situation besteht ein enger Zusammenhang. Je dichter die Bebauungsstruktur wird und je weniger Grün die Strukturen prägen, desto größer ist die Gefahr der Ausbildung von Wärmeinseln an heißen Sommertagen, die - bedingt durch den globalen Klimawandel - in unseren Regionen zunehmend häufiger werden. Dies gilt nicht nur für die strukturellen Ausprägungen der Flächen der Wohnbebauung, sondern für die Flächen aller Nutzungsarten. Der hier vorgestellte Beitrag thematisiert Schulstandorte und deren Veränderung der ökologischen Qualität, speziell der mikroklimatischen Situation sowie der damit verbundenen Aufenthaltsqualität in Folge von Nachverdichtung und Modernisierung.

Basierend auf dem Fallbeispielansatz werden vier bestehende Standorte Dresdner Gymnasien in den Zeitschnitten 1993 und 2011/13 vor und nach der Modernisierung und Nachverdichtung analysiert (Abb.1). Zur Anwendung kommen dabei insbesondere der Ansatz des Ökologischen Flächenleistungswertes sowie das Vegetations- und Atmosphärenmodell HIRVAC.

Im Ergebnis zeigen sich deutliche Verschlechterungen der ökologischen Qualitätswerte und damit der Aufenthaltsqualität an den Schulstandorten. Vor allem bei den Modernisierungsmaßnahmen aus der jüngsten Vergangenheit sind diese aufgrund sehr geringer Grünausstattung sowie stärker versiegelter Freiflächen besonders groß. Die untersuchten Fallbeispiele stehen stellvertretend für sich gegenwärtig abzeichnende bauliche Entwicklungen von Schulstandorten aufgrund der in den vergangenen Jahren verstärkten Schulschließungen sowie gegenwärtig steigenden Schülerzahlen. Es ist davon auszugehen, dass besonders innerstädtische, stark verdichtete Standorte gefährdet sind, an heißen Sommertagen Wärmeinseln auszuprägen. Die Folgen wären verstärkter Hitzestress für Schüler und Lehrer sowie alle Menschen, die sich in diesen städtebaulichen Räumen an heißen Sommertagen aufhalten.

Hintergrund

Auslösende Faktoren für die geänderten mikroklimatischen Situationen in städtebaulichen Räumen sind der Klimawandel und die damit einhergehende globale Erwärmung mit ihren lokalen Folgen. Aber auch die zunehmende Inanspruchnahme von Flächen im Freiraum für Siedlungsflächen und die Bodenversiegelung sind Ursachen für mikroklimatische Veränderungen in den Städten. Der bebaute Siedlungsraum bildet im Vergleich zum unbebauten Freiraum eine eigene klimatische und lufthygienische Situation, ein spezifisches Stadtklima, heraus. Es wird maßgeblich durch die Struktur der Überbauung und die Art sowie das Maß der Versiegelung von Freiflächen bestimmt. Damit gehen die Erhöhung der Rauigkeit sowie der Rückgang vegetationsbestandener Flächen und des Grünvolumens einher. Darüber hinaus wird das Stadtklima, u. a. in Abhängigkeit von der städtebaulichen Dichte, der Straßennetzdichte und der Verkehrsdichte, durch Luftschadstoffe und Abwärmeproduktion beeinflusst (Kuttler, 1998).

Durch die steigende Anzahl heißer Sommertage kommt es in den verdichteten städtebaulichen Räumen zunehmend zu Überwärmung bis zum Hitzestress und zur Herausbildung sogenannter Wärmeinseln aber auch zu Extremwetterereignissen, wie Starkregen und Stürmen. Um dem entgegenzuwirken und die Anpassungsfähigkeit der Städte zu erhöhen, ist es notwendig, in den Städten eine grüne Infrastruktur zu schaffen sowie die Böden nicht stärker zu versiegeln, sondern sogar - wo möglich - zu entsiegeln.

Städtebauliche Untersuchungen von Wohnbebauungsstrukturen zur Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel sind bereits aus unterschiedlichen Perspektiven erfolgt und zu Ansätzen sowie Anpassungsstrategien gelangt (Arlt/Lehmann 2007, Mathey et al. 2011, Pauleit 2016).

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Abb. 2a: Zeitreihen zur Entwicklung der Anzahl der Schulen und Schüler in den Grundschulen in Sachsen zwischen 1995 und 2015. Datenquelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen 2017, Stand: 21.03.2017/11:19:44
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Abb. 2b: Zeitreihen zur Entwicklung der Anzahl der Schulen und Schüler in den Gymnasien in Sachsen zwischen 1995 und 2015. Datenquelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen 2017, Stand: 21.03.2017/11:19:44
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Abb. 3a: Entwicklung der Schülerzahlen und Schulstandorte (Grundschulen) in Dresden zwischen 1995 und 2015. Datenquelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen 2017, Stand: 21.03.2017/11:19:44
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Abb. 3b: Entwicklung der Schülerzahlen und Schulstandorte (Gymnasien) in Dresden zwischen 1995 und 2015. Datenquelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen 2017, Stand: 21.03.2017/11:19:44

Der Fokus der hier vorgestellten Analysen und Ergebnisse liegt auf Bebauungsstrukturen mit Nichtwohnbaunutzung, speziell den Flächen mit allgemeinbildenden Schulen. Die Statistik zeigt, dass die Anzahl der Schulstandorte in Deutschland rückläufig ist. Zurückzuführen ist dies auf den Mitte/Ende der 1960er-Jahre einsetzenden demografischen Wandel mit dem Geburtenrückgang in der ehemaligen DDR und BRD sowie dem nach 1990 drastischen Rückgang an Geburten in den neuen Ländern (Statistisches Bundesamt 2012). Speziell in den neuen Ländern kam es aus politischen und wirtschaftlichen Erwägungen heraus zu einer erheblichen Reduzierung an Schulstandorten. Der rückläufige Trend der Geburtenzahlen hielt nicht an. Ab Anfang/Mitte der 2000er-Jahre stiegen die Zahlen der Schüler in den Grundschulen und Gymnasien wieder an, was beispielhaft die Grafiken für Sachsen zeigen (Abb.2). In der Folge kommt es zu Modernisierungen mit Standorterweiterungen und Erhöhung der baulichen Dichte sowie zur Errichtung von Schulneubauten.

Auch das Beispiel der Stadt Dresden zeigt sehr anschaulich den Rückgang der Schülerzahlen von 1990 bis 2003 in den Grundschulen und bis 2009 in den Gymnasien. Danach nehmen die Schülerzahlen stetig zu. Entsprechend zeigt sich die Entwicklung der Schulstandorte (Abb.3).

Die nachfolgend dargestellte empirische Untersuchung soll verdeutlichen, inwieweit sich diese Maßnahmen auf die ökologischen Leistungen und damit auf die stadtökologische Qualität in den städtebaulichen Räumen auswirken. Es werden die Wirkungszusammenhänge zwischen Art und Maß der baulichen Nutzung auf Grundlage der unterschiedlichen Bodenbedeckungen, dem Überbauungsgrad sowie der Grünausstattung und der ökologischen, speziell der mikroklimatisch-lufthygienischen Situation, aufgezeigt.

Dazu werden vier Fallbeispiele der Stadt Dresden, welche sowohl modernisiert als auch durch Neubauten erweitert wurden, in den Zeitschnitten 1993 und 2011/2013 analysiert und ausgewertet.

Methodisches Vorgehen

Methodisch basiert das Vorgehen auf dem Fallbeispielansatz. Dazu gliedern sich die Untersuchungen in folgende drei Arbeitsschritte:

  • Auswahl von geeigneten Fallbeispielstandorten
  • Empirische Untersuchungen zur ökologischen Qualität der Standorte,
  • Fazit.

Auswahl der Fallbeispielstandorte

Auswahlkriterien für die Fallbeispielstandorte in der Stadt Dresden waren Schulstandorte

  • innerhalb von Stadtstrukturtypen, mit einem mittleren Überbauungs-, Versiegelungsgrad und einer mittleren Grünausstattung zum Zeitpunkt 1993,
  • realisierte Modernisierungs- oder Erweiterungsmaßnahmen auf den Schulstandorten im Zeitraum bis 2011/2013 sowie
  • die räumlich weitgehend gleichmäßige Verteilung der gewählten Schulstandorte in der Stadt (Abb. 1).

Gemäß der genannten Kriterien wurden die Standorte von vier Dresdner Gymnasien ausgewählt, was bedeutet, dass circa ein Sechstel aller Gymnasiumstandorte Dresdens untersucht wurden. Diese repräsentieren zudem verschiedene Baualtersstufen mit typischen Bauweisen. Zwei Schulkomplexe wurden in der Vorgründerzeit und in der Gründerzeit in Ziegelbauweise errichtet (1861/1889 und 1915), ein Schulkomplex entstand in der Zwischenkriegszeit (1929) gleichfalls in Ziegelbauweise und ein Schulkomplex in den Jahren 1973/74 als Doppelstandort in industrieller Bauweise. Alle Standorte wurden umfangreich saniert und erweitert. Die Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen erfolgten zwischen 1996 und 1999 (Sporthallenneubau 2001) sowie 2004/2005 und zwischen 2008 und 2010. An einem Standort erfolgte ein kompletter Abriss und Neubau. Einer der letzteren Standorte erhielt einen weiteren Anbau, der 2016 fertig gestellt wurde. Dieser ist jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung.

Empirische Untersuchungen zur ökologischen Qualität

Methodische Ansätze

Als methodische Ansätze für die empirischen Untersuchen wurden der im IÖR entwickelte Ökologische Flächenleistungswert (ÖFL-Wert; Heber/Lehmann 1996; Arlt/Lehmann 2005) sowie das Vegetations- und Atmosphärenmodell HIRVAC (HIgh Resolution Vegetation Atmosphere Coupler) des Lehrstuhls für Meteorologie der Technischen Universität Dresden (u. a. Goldberg/Bernhofer 2001, 2008; Baums et al. 2005, Fischer et al. 2008) angewendet.

Ökologische Flächenleistungen nehmen wesentlichen Einfluss auf die ökologische Qualität städtischer Lebensräume. Sie werden am Grad der Erfüllung ausgewählter Produktions-, Lebensraum-, Regelungs- und Informationsfunktionen gemessen, die den Flächen im Rahmen der Flächennutzungsplanung übertragen werden. Somit lassen sich Veränderungen der ökologischen Qualität nach baulichen Verdichtungsmaßnahmen und verstärkter Bodenversiegelung der Freiflächen messen und quantifizieren.

Der ÖFL-Wert ist ein Ansatz zur Bewertung der Wirkungsbeziehungen zwischen ausgewählten ökologischen Flächenleistungen in Städten und den Bodenbedeckungsstrukturen. Er nimmt auf die vom Boden ausgehenden Leistungskomponenten bioklimatischer Ausgleich, Staubbindung, Schadstoffrückhaltung, Oberflächenwasserabfluss, Niederschlagswasserversickerung und Biotopausbildung Bezug.

Es handelt sich dabei um eine Bewertungsmatrix, in der die Leistungskomponenten des Bodens in den Zeilen den unterschiedlichen Arten der Bodenbedeckung in den Spalten gegenübergestellt werden. Die Bewertung erfolgt mit Hilfe dimensionsloser Flächenleistungsparameter zwischen 0 (keine Leistung) und 1 (maximale Leistung) (Abb. 4).

Nachverdichtung Ausgleichsflächen
Abb. 4: Ökologische Flächenleistungswerte in Abhängigkeit von der Bodenbedeckung (grün eingerahmt: Mikroklimatisch-lufthygienische Situation). Quelle: Hennersdorf/Lehmann 2014; Werte nach Jentschke/Lange, 1989; Sukopp/Wittig, 1993; Heber/Lehmann, 1996; Arlt/Lehmann, 2005

Die einzelnen Zahlenwerte sind ordinal skaliert. Sie basieren auf umfangreichen Literaturrecherchen und im Wesentlichen auf der Systematisierung und Interpolation qualitativ bewertenderUntersuchungsergebnisse von Jenschke/Lange (1989) und Sukopp/Wittig (1993). Der Ansatz misst somit keine Abstände zwischen den einzelnen Ausprägungen sondern zeigt Tendenzen auf. Angewendet wurde der Ansatz bereits unter anderem für die Analyse und Bewertung von ökologischen Leistungen von Siedlungs- und Freiraumstrukturen, von Wohn-, Gewerbe- und Industriegebietsflächen sowie Straßenverkehrsflächen (Arlt et al. 2001; Arlt/Lehmann 2007 und 2008) und die Bestimmung der Wirkung der Grünausstattung städtebaulicher Strukturen auf die mikroklimatische und lufthygienische Situation (Hennersdorf/Lehmann 2014).

Die mikroklimatisch-lufthygienische Situation steht in einem sehr engen Zusammenhang mit der Grünausstattung der städtebaulichen Räume. Sie wird im ÖFL-Ansatz durch das klimatische Ausgleichsvermögen sowie das Staubbindevermögen quantifiziert und bildet das Leistungsvermögen am Standort im Verhältnis zum maximalen Leistungsvermögen (100 %) ab.

Die temperaturabsenkenden Wirkungen der untersuchten Schulstandorte werden mit dem Modellansatz HIRVAC-2D modelliert. Der Ansatz wurde an der Professur für Meteorologie der TU Dresden entwickelt und basiert auf Mehrschicht-, Vegetations- und Bodenmodellen (Goldberg/Bernhofer 2001, 2008; Baums et al. 2005; Fischer et al. 2008). Auf dieser Grundlage werden Untersuchungen zu Wirkungsbeziehungen zwischen Boden, Vegetation und Atmosphäre möglich. Angewendet wurde der Ansatz zur Modellierung von Wirkungszusammenhängen zwischen Stadtstruktur und Mikroklima (Lehmann et al. 2014; Mathey et al. 2011). Bezogen wird die Temperaturdifferenz auf eine unbewachsene Referenzfläche in einer Messhöhe von 1,5 Meter um 14.00 Uhr an einem strahlungsreichen Sommertag. In den Berechnungsansatz fließen neben dem Gesamtgrünvolumen die Flächenanteile der drei Vegetationsschichten sowie die Größe der Bezugsfläche ein. Nachbarschaftseinflüsse bleiben in dieser Modellierung unberücksichtigt.

Datenerhebung

Die dargestellten methodischen Ansätze erfordern die Erhebung der in Abbildung 4 genannten Bodendeckschichten und der Grünausstattung der vier Schulstandorte. Dazu wurden zunächst die Standorte in ihrer Ausdehnung von 2011/2013 abgegrenzt. Anhand eines CIR-Orthophotos von 1993 wurden die Bodendeckschichten und die Grünausstattung GIS-basiert durch Bildschirm-Interpretation zum Referenzzeitpunkt 1993 aufgenommen. Unterstützung leistete eine Karte der abflusswirksamen Flächen der Stadt Dresden mit einem Aktualitätsstand der etwa dem Jahr 2000 entspricht. Die Aufnahme des aktuellen Zeitpunkts erfolgte für zwei Standorte auf Digitalen Orthophotos (DOP) der Landesvermessung Sachsen für das Jahr 2011 und für zwei Standorte für das Jahr 2013. Im Ergebnis standen für alle Schulstandorte die Flächen und Flächenanteile aller vorkommenden in Abbildung 4 genannten Bodendeckschichten sowie für die Vegetationsschichten "niedrig", "mittel" und "hoch" in der Draufsicht für die Zeitschnitte 1993 und 2011/2013. Durch Verknüpfung mit Ergebnissen früherer Untersuchungen zu modifizierten Stadtbiotop- und Stadtvegetationsstrukturtypen (Arlt et al. 2005, Mathey et al. 2011, Lehmann et al. 2014) wurde das Grünvolumen der Vegetationsschichten ermittelt (Abb. 5).

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Abb. 5: Bodenbedeckung der vier Schulstandorte in Vergleich. Datenquelle: Eigene Bearbeitung sowie Lehmann 2015
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Abb. 6: Auswirkungen von Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen auf die Bebauungsstruktur und damit auf die ökologischen Flächenleistungen.

Ergebnisse

Die empirische Untersuchung der vier ausgewählten Standorte führte zu folgenden Ergebnissen (Abb. 6; Tab. 1):

  • Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen führen an allen vier Standorten zu baulicher Verdichtung, stärker versiegelten Freiflächen sowie geringerer Grünausstattung der Freiflächen.
  • Die ökologischen Flächenleistungen verschlechtern sich um maximal 50 Prozent, da die Anteile versiegelter und teilversiegelter Flächen zwischen neun Prozent und 27 Prozent zunehmen sowie die Anteile der Flächen mit Grünausstattung zwischen acht Prozent und 26 Prozent verringert werden.
  • Der hohe Anteil versiegelter und überbauter Flächen auf allen untersuchten Schulstandorten nach der Modernisierung verschlechtert die Situation bezüglich naturnaher Regenwasserversickerung und erhöht die Gefahr der Überschwemmung insbesondere bei lokalen Starkregenereignissen.
  • Auffällig ist, dass bei den beiden zuerst modernisierten Standorten relativ stark auf die Verwendung versickerungswirksamer Materialien wie Rasengittersteine oder Pflaster für die befestigten Schulhofflächen geachtet wurde. Bei den 2008 bis 2010 modernisierten oder neu gebauten Schulkomplexen wurde auf den befestigten Freiflächen vorwiegend Großpflaster mit Fugenverguss verbaut, welche dadurch nahezu wasserundurchlässig sind. Der Pflegeaufwand für letzteres ist jedoch deutlich geringer.
  • Ähnliches ist für die Anpflanzung zu verzeichnen. Wurden bei den beiden zuerst stattfindenden Modernisierungen relativ urwüchsiges mittelhohes Grün in Form von Büschen und Sträuchern sowie schnell wachsendes Großgrün wie Pappeln angepflanzt, wurde bei den zwischen 2008 und 2010 durchgeführten Modernisierungen stark auf pflegeleichte Bepflanzung mit Bodendeckern und kleinen und mittelhohen Bäumen geachtet.
  • Die mikroklimatisch-lufthygienische Situation verschlechtert sich auf Grund der geringeren Grünausstattung und des reduzierten Grünvolumens um bis zu 15 Prozentpunkte.
  • Besonders unter dem Aspekt des Klimawandels sind innerstädtische stark verdichtete Standorte gefährdet, an heißen Sommertagen Wärmeinseln auszuprägen. In der Folge kommt es zu erhöhtem Hitzestress für die Schüler und Lehrer. Deutlich wird dies an dem maximalen Abkühlungseffekt, der sich in allen vier Fallbeispielen durch die Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen um mindestens 55 Prozent reduziert.

Fazit

In der Untersuchung wurden ausschließlich die ökologischen Auswirkungen der Nachverdichtung der Schulstandorte betrachtet, welche durch die strukturellen Veränderungen und die dadurch veränderten Bodenfunktionen ausgelöst werden. In der Folge ändern sich damit gleichfalls die natürlichen Bodenfunktionen. Speziell wurden die mikroklimatisch-lufthygienische Situation sowie die Ausgleichs- und Lebensraumfunktionen des Bodens und des Wasserhaushalts analysiert. Schlüsselindikatoren waren die Bodenversiegelung, die Grünausstattung und das Grünvolumen. Dabei zeigt sich folgender Zusammenhang: Eine stärkere Bodenversiegelung und eine geringere Grünausstattung - bedingt durch einen höheren Überbauungsgrad und durch stärker versiegelte Freiflächen - führen zu geringeren ökologischen Flächenleistungen im Allgemeinen. Insbesondere verschlechtert sich die mikroklimatisch-lufthygienische Situation. Die Versickerungsleistungen nehmen stark ab.

Die negative Entwicklung der mikroklimatisch-lufthygienischen Situation zeigt sich ebenso an den ermittelten maximalen Abkühlungseffekten. Es handelt sich dabei um durchschnittliche Werte für einen heißen strahlungsreichen Sommertag zum Zeitpunkt der größten Erwärmung (14.00 Uhr). Die angenommene Höhe über dem Erdboden beträgt 1,50 Meter. Die ermittelten Werte sind somit Orientierungswerte, welche Tendenzen aufzeigen und den Zusammenhang zwischen Grünausstattung und Überwärmung abbilden. Bei den vier untersuchten Fallbeispielen verringert sich der maximale Abkühlungseffekt durch die Nachverdichtung um circa 40 bis 60 Prozent. Es ist unverkennbar, dass die städtebaulichen Eingriffe zu Verschlechterungen der ökologischen Situation führen. Um diesem Prozess entgegenzuwirken und die mikroklimatische Situation zu verbessern, sollten Dachflächen und Fassaden begrünt und/oder die vegetationsbestandenen Flächen in optimaler Mischung verschiedener Vegetationshöhen auch im Hinblick auf die Nutzbarkeit, wie zum Beispiel Ballspiele auf Rasenflächen, ausgestattet werden. Gleichzeitig sollten die Freiflächen, welche als Verkehrswege dienen, möglichst behutsam versiegelt oder mit versickerungsfähigen Materialien bedeckt werden.

Zudem sollte eine Vielzahl weiterer ökologischer Komponenten berücksichtigt werden, die Einfluss auf die ökologische Gesamtsituation die bezogen auf die Schulstandorte Einfluss auf die ökologische Gesamtsituation in der Stadt haben, wie beispielsweise die Nachbarschaftsbeziehungen zwischen Schul- und Wohnstandorten. Die daraus resultierenden Wegeentfernungen haben Einfluss auf die Faktoren Zeit und Sicherheit.

Nachverdichtung Ausgleichsflächen
Tab. 1: Ausgewählte Kenngrößen zur Beschreibung der ökologischen Situation.


Literatur

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Arlt, G.; I. Lehmann, (2005): Ökologische Flächenleistungen - Methodische Grundlagen; Analyse und Bewertung teilstädtischer Gebiete in Dresden. IÖR-Texte 147. Dresden.

Arlt, G.; J. Hennersdorf, I. Lehmann, N.X. Thinh (2005): Auswirkungen städtischer Nutzungsstrukturen auf Grünflächen und Grünvolumen Dresden: IÖR-Schriften 47, Dresden.

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Arlt, G.; I. Lehmann, (2008): Ökologische Leistungen. In: Bundesbaublatt 57 Heft 1, S.12-15.

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Jenschke, R.; E. Lange, (1989): Entsiegelungsprogramm für öffentliche Flächen - Grundlagen zur Ergreifung von Maßnahmen für den innerstädtischen Bereich von Berlin-West. AGU Arbeitsgemeinschaft Umweltplanung Berlin.

Kuttler, W. (1998): Stadtklima. In: H. Sukopp, R. Wittig, (Hrsg.): Stadtökologie. Fischer.

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Lehmann, R. (2015): Analyse von Nichtwohnbaustrukturen - speziell Flächen besonderer funktionaler Prägung - auf der Basis von Atkis am Fallbeispiel Dresden. Studienarbeit, IÖR Dresden. Unveröffentlicht.

Mathey, J.; S. Rößler, I. Lehmann, A. Bräuer, V. Goldberg, C. Kurbjuhn, A. Westbeld, J. Hennersdorf, (Mitarb.); K. Geidel, (Mitarb.); G. Meinel, (Mitarb.), (2011): Noch wärmer, noch trockener? Stadtnatur und Freiraumstrukturen im Klimawandel. Abschlussbericht zum F+E-Vorhaben "Noch wärmer, noch trockener? Stadtnatur und Freiraumstrukturen im Klimawandel". Bonn-Bad Godesberg: Bundesamt für Naturschutz. In: Naturschutz und Biologische Vielfalt; S.(??)111.

Pauleit, S. (2016): Welche Beziehungen bestehen zwischen der räumlichen Stadtstruktur und den ökologischen Eigenschaften der Stadt? In: Breuste, J. et al. (Hrsg.): Stadtökosysteme. S. 31-60, Springer Spektrum. Berlin, Heidelberg.

Sukopp, H.; R. Wittig, (1993): Stadtökologie. Stuttgart/Jena/New York.

Statistisches Bundesamt (2012): Geburten in Deutschland. Wiesbaden.

Dipl.-Ing. Karin Gruhler
Autorin

Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden

Dipl.-Volksw. Jörg Hennersdorf
Autor

Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden

Dipl.-Ing. Iris Lehmann
Autorin

Ehemalige Mitarbeiterin, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden

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