Der 101. Garten der bretonischen Stadt ist außergewöhnlich

Nantes - Jardin Extraordinaire

von:
Exotische Arten Stadtparks
Die Attraktion des Außergewöhnlichen Gartens im ehemaligen Steinbruch von Chantenay ist ein Wasserfall mit einer Höhe von 25 Metern. Foto: Christine Fuhrmann

Das Ambiente der Anlage

Die französische Stadt Nantes wächst - aber nicht auf Kosten der Grünflächen.¹ Statt weiter zu verdichten werden öffentliche Grünräume sehr offen und kreativ entwickelt, neue geschaffen - und Mut zur Utopie bewiesen. 2013 wurde mit dem Parc de Oblates der 100. Park von Nantes auf einem ehemaligen Klostergelände angelegt. Auf den 3 Hektar befinden sich neben exotischen Pflanzen, auch Urban-Gardening-Beete und Kleingärten. Auch vor einem stillgelegten Granitsteinbruch machten die Landschaftsarchitekten keinen Halt. Mit dem Jardin Extraordinaire entstand 2019 ein Garten, dessen Namen "außergewöhnlich" sichtlich Programm ist.

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Eingang zum Außergewöhnlichen Garten. Die ehemaligen Mauern wurden für Street Art zur Verfügung gestellt. Foto: Christine Fuhrmann
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28 Meter Höhenunterschied, 177 Stufen, vier Zwischenpodeste, die als Zwischenstopps auf dem Weg nach oben oder unten dienen, zwischen dem Wachhaus am Maurice-Schwob-Platz und dem Außergewöhnlichen Garten. Foto: Christine Fuhrmann

Angelegt im alten Misery-Steinbruch in Chantenay, ist er Teil einer umfassenden Studie über die Zukunft des Gebiets Bas Chantenay, von der Rue de l'Hermitage bis zur Cheviré-Brücke.² An diesem ungewöhnlichen Ort soll zukünftig der von François Delarozière entworfene l'Arbre Aux Hérons stehen.

Eingerahmt von der Loire auf der einen Seite und den 25 Meter hohen Felswänden auf den anderen, entstand die neue Parkanlage, in der exotische und tropische Pflanzen wachsen.³ Der Felsen bildet einen Halbkreis, der Schutz vor dem Wind und damit Wärmeschutz bietet. Der Steinbruch puffert die Temperatur: Er speichert die Wärme und gibt sie nachts wieder ab. Durch diese natürliche Wirkung entsteht ein eigenes Mikroklima: die Pflanzen leiden nicht unter dem Wind und die Temperaturen liegen zwischen der Loire-Seite und dem Inneren des Gartens immer leicht 4 Grad Celsius höher als in der Umgebung.4

Die Attraktion des Gartens ist ein beeindruckender 25 Meter hoher Wasserfall mit leichtem Nebel, der von der Spitze der Felswand strömt, die tropischen Pflanzen mit einer gesunden Luftfeuchtigkeit versorgt und einen kleinen See speist. Das Ufer ist gesäumt mit verschiedenen Wasserpflanzen.

Der Garten ist als eine einzige Figur konzipiert, die sich über 600 Meter vom Aubin-Platz bis zum Caillou erstreckt und durch die Verschiebung der Straße noch verstärkt wird. Das Hauptteil des Parks, der circa 3,5 Hektar groß ist, ist in zwei gleich große Bereiche unterteilt, die ineinander übergehen: den Bereich des Baumes und den westlichen Garten.

Das neueste Projekt der Machines de l'île soll 2024 fertiggestellt werden: der l'Arbre Aux Hérons, eine monumentale Architektur, eine grüne Arche von 35 Metern Höhe und 50 Metern Breite, die mit 22 Bänken Platz für 450 Personen bieten soll.

Der Westgarten wurde ähnlich einem Labyrinth angelegt. Drei Themen begleiten dieses Konzept: Das Wilde und die Archäologie der Gegenwart: Mauern, Pflastersteine, Höhlen, Schilder usw., die von der Spontanvegetation absorbiert werden, das Vorhandene erzählt die Geschichte des Ortes und wurde in die Anlage integriert. Die Pflanzenräume, die teilweise von Mauern begrenzt werden, in die die Natur eingedrungen ist, bilden einen weiteren Teil des Projekts.

Bei der Wahl der üppigen Bepflanzung ließen sich die Landschaftsarchitekten von den Büchern von Jules Verne inspirieren. Es wurden fast 200 Pflanzenarten gepflanzt (72 Bäume, 20.000 Sträucher und Stauden).5

Einige von ihnen scheinen direkt aus der Welt von Jules Verne zu stammen und überraschen mit ihrem Laub, ihren Farben und ihrer Blüte: Eine außergewöhnliche, üppige und tropische Vegetation, die das Mikroklima des Ortes ausnutzt, darunter: Baumfarne, Bananenbäume, Riesenblatt-Hostas, Cycadeen, Lotus und die brasilianische Gunnera. So konnten exotische Pflanzenarten gepflanzt und versucht werden, die Welt von Jules Vernes Außergewöhnliche Reisen durch verschiedene Pflanzenatmosphären nachzubilden. Die Spuren des berühmten Schriftstellers, dessen Geburtshaus in Nantes in ein Museum umgewandelt wurde, sind allgegenwärtig.

Exotische Arten Stadtparks
Im Laufe der Jahre hat sich ein Dickicht aus Brombeeren, Ginster und Schmetterlingssträuchern entwickelt, das heute von einem Netz aus Holzschnitzelwegen durchzogen ist. Foto: Christine Fuhrmann
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Bei der Wahl der üppigen Bepflanzung ließen sich die Landschaftsarchitekten von den Büchern von Jules Verne inspirieren. Foto: Christine Fuhrmann
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Diese Sesbania punicea, auch Hyères flamboyant genannt, ist eine der 200 Pflanzenarten im Garten. Foto: Christine Fuhrmann

Ein beeindruckender Wasserfall

Der 25 Meter hohe Wasserfall funktioniert in einem geschlossenen Kreislauf, der von dem Becken gespeist wird, in das er dann fließt. Eine Pumpe wird im Becken unterbrochen, um die drei Auslassstellen des Wasserfalls zu speisen. Die Strömung des Wasserfalls variiert regelmäßig: er geht von einer stürmischen zu einer ruhigeren Strömung über, was an die jahreszeitlichen Schwankungen in der Natur erinnert.

Der Wasserfall bildet eine kühle, feuchte Quelle am Fuße der Klippe. Ein Luftstrom strömt über die Vegetation am Fuße des Wasserfalls. Es ist die Bewegung der Wassermassen, die diesen Windeffekt erzeugt. Das Wasserbecken mit einem Fassungsvermögen von etwa 550 Kubikmeter und einer Fläche von 1050 Quadratmeter wird aus dem Grundwasserspiegel unterhalb des Steinbruchs gespeist. Das bepflanzte Ufer beherbergt verschiedene Wasserpflanzenarten: Lotos, Aponogeton distachyos (Afrikanische Wasserähre) mit außergewöhnlichen weißen Blüten, Thalia dealbata (Große Marante), Pontederia cordata (Hechtkraut), Osmunda regalis und zahlreiche weitere Arten.

Zwischen dem Maurice-Schwob-Garten und dem Außergewöhnlichen Garten gibt es eine große Treppe, die der Öffentlichkeit kostenlos zur Verfügung steht. Die von François Delarozière, dem künstlerischen Leiter des Unternehmens La Machine, entworfene Stahltreppe verläuft entlang der Felswand und folgt dabei den natürlichen Hängen und dem Relief des Steinbruchs, wobei sie sowohl den Fels selbst, als auch die Pflanzenwelt, die sich dort entwickeln wird, hervorhebt. Ein ungewöhnlicher Zwischenstopp ist der Balkon der Liebenden mit einer Bank, deren Rückenlehne der Felsen ist. Von der Spitze der Felsklippe aus bietet der Aussichtspunkt Kawamata einen spektakulären Blick auf den Garten und die Loire.

Eine bewegte Geschichte

Der Jardin extraordinaire hat eine lange Geschichte. 400 Jahre lang wurden die aus dem Steinbruch gewonnenen Steine zum Pflastern vieler Straßen der Stadt und zum Bau zahlreicher Häuser und Gebäude verwendet, bis der Steinbruch im 19. Jahrhundert stillgelegt wurde. Der Standort wurde dann von den Brasseries de la Meuse übernommen, die dort ihre größte Produktionsanlage (bis zu 500.000 Dosen pro Tag) installierten, bevor sie Mitte der 1980er-Jahre geschlossen wurden. Zwischen 1987 und 1995 wurde der Ort nach und nach zurückgebaut, bevor er sich langsam zu einer von wärmeliebenden Pflanzen überwucherten Brachfläche entwickelte. Seitdem wurden verschiedene Bauvorhaben für Gebäude und Hotels in Erwägung gezogen, sogar ein Boulevard, aber nichts davon wurde verwirklicht.

Die Stadt Nantes ist seit 2004 Eigentümerin des gesamten Geländes. Seit dem Frühjahr 2010 engagierte sich eine Gruppe von Architekten*innen und Landschaftsarchitekten*innen für das Gelände und experimentierte mit Kunst und Pflanzen. Die ehemaligen Fassaden der Brauerei wurden der Stadt für Graffiti-Künstler zur Verfügung gestellt, bis 2016 Johanna Rolland, die Bürgermeisterin von Nantes, das visionäre Projekt Jardin Extraordinaire ins Leben gerufen hat und zeigen will, wie die Stadt von morgen aussehen sollte.

Die Spuren dieser Vergangenheit sollten bewahrt werden, vor allem die spontane Vegetation, die in der Phase der Stilllegung gedieh.6 So hat sich im Laufe der Jahre ein Dickicht aus Brombeeren, Ginster und Schmetterlingssträuchern entwickelt, das heute von einem Netz aus Holzschnitzelwegen durchzogen ist. Vor allem aber ist es der hundertjährige Efeu, der die 25 Meter der Klippe hinaufklettert, der die Planer auf die Idee brachte, den besonderen Wasserfall zu schaffen, dessen beruhigendes Geräusch den Lärm des nahen Verkehrs übertönt. Erhalten wurde auch eine gewaltige, 15 Meter hohe und ebenso breite Palme, die am Fuße der Felswand wächst. In ein paar Jahren soll der Unterschied zwischen diesen Brachflächen und den neuen Beeten mit exotischen und seltenen Pflanzen nicht mehr zu unterscheiden sein.

Abgeschlossen ist das Projekt noch lange nicht, denn erst ein Drittel des Jardin Extraordinaire, der sich über 3,5 Hektar erstrecken wird, ist fertiggestellt. Prämiert wurde er bereits: 2020 erhielt er den großen Preis bei den Victoires nationales du Paysage.

Seit Anfang 2020 ermöglicht eine monumentale Treppe, den Besuchern, den "Spaziergang der sieben Aussichtspunkte" zu erleben, der sich an der Felswand entlang bis zum Wachhaus auf dem Maurice-Schwob-Platz windet.7 Vor allem aber wird der ehemalige Steinbruch im Jahr 2024 in seinem östlichen Teil den gigantischen L´Arbre aux Herons beherbergen, der ebenfalls von der Compagnie La Machine entworfen wurde, die bereits den berühmten mechanischen Elefanten und den Carrousel des fonds marins auf dem Gelände der ehemaligen Werft von Nantes errichtet hat.

Der Jardin Extraordinaire, ein frei zugänglicher Park, schafft Verbindungen zwischen dem Quartier und der Stadt und ist ein integraler Bestandteil des "Grünen Sterns"8. Dieses neue Wegenetz ermöglicht es, alle öffentlichen Parks und Gärten von Nantes zu Fuß oder mit dem Fahrrad über einen grünen Korridor zu erreichen, dessen Flächen sich zwischen 1985 und heute unter der Leitung von Jacques Soignon von 600 auf 1200 Hektar verdoppelt haben.9

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Von der Spitze der Klippe aus bietet der Aussichtspunkt Kawamata einen spektakulären Blick auf den Garten und die Loire. Foto: Christine Fuhrmann

Umwelthauptstadt Europas 2013

Seit vielen Jahren setzt sich die Stadt Nantes für Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und zur Bekämpfung des Klimawandels ein. 2013 gab es Großveranstaltungen wie zum Beispiel den Ecocity-Weltgipfel und das Weltforum der Menschenrechte - Plattformen für Ideen und Initiativen zur Entwicklung zukunftsgerichteter Konzepte und Aktivitäten für nachhaltige Stadtentwicklung.

Im Jahr 2013 wurde Nantes zur Preisträgerin der Auszeichnung Grüne Hauptstadt Europas ernannt.10

Nantes, mit einer Bevölkerung von 314.000 Personen die sechstgrößte Stadt Frankreichs, hat erfolgreich Grün- und Wasserflächen miteinander verbunden und dabei Herausforderungen der Stadt, die an zwei großen Flüssen (Loire und Erdre) liegt, im Rahmen eines Programms zur nachhaltigen Wasserbewirtschaftung gelöst. Am Stadtrand befinden sich vier Natura-2000-Gebiete. Sie sollen den bestmöglichen Schutz für wildlebende heimische Pflanzen- und Tierarten bieten und die Population gefährdeter Arten in ihrem natürlichen Lebensraum schützen und weiterentwickeln. Darüber hinaus wurden 33 Naturräume angelegt, die sich in ihrer Art der Qualität unterscheiden. So werden die Flächen für botanische, ökologische aber auch zoologische Interessen genutzt, was für eine hohe Biodiversität sorgt.

Die Erhaltung der Flora und Fauna ist für die Stadtbewohner ein wichtiges Anliegen. Nantes betreibt seit längerem zudem eine umfassende und nachhaltige Verkehrspolitik mit Schwerpunkt auf dem öffentlichen Nahverkehr und dem Fahrrad und war die erste französische Stadt, die erfolgreich elektrische Straßenbahnen wieder eingeführt hat.¹¹ Durch die ehrgeizige Verkehrspolitik wurde die Luftverschmutzung reduziert, und ein neuer Klimaschutzaktionsplan hat zum Ziel, die CO2-Emissionen bis 2030 um die Hälfte (pro Kopf) zu senken.¹²

Als neuartige Initiative zum Gesundheitsschutz der Bürger wurde außerdem ein Bewertungssystem für Allergierisiken in Form eines experimentellen Gartens zur Überwachung des Pollenflugs eingeführt.

Grüne Lunge der Stadt

Lebensqualität und Luftqualität sind für Nantes zentrale Elemente der Stadtplanung. Die Stadt ist geprägt von rund hundert Parks, Gärten und sonstigen Grünanlagen. Diese beachtliche Zahl der Grünflächen resultiert aus dem Kerngedanken des Stadtentwicklungskonzeptes, jeden Bewohner unmittelbare Naherholungsräume zu bieten. 60 Prozent des Großraumes Nantes sind landwirtschaftliche Nutzfläche, Naturraum oder öffentliche Grünfläche. Umgerechnet kommt somit auf einem Bewohner der Stadt, rund 57 Quadratmeter Grünfläche, insgesamt 3366 Hektar.

Im Vergleich mit Berlin - dort werden 15 Quadratmeter Grünfläche pro Kopf angeboten - stellt das eine extreme Luft und damit auch Lebensqualitätssteigerung dar. Um diese Wirkung noch weiter zu verstärken, wurden im Laufe der Jahre der Baumbestand der Stadt auf bis zu 100.000 Bäume aufgestockt. Darüber hinaus forstet Nantes Stadtwälder auf - bis 2016 entstanden 800 Hektar Waldfläche.

Ein besonderer Wald, den die Stadtverwaltung von Nantes im Jahr 2018 am Ufer der Loire, nur einen Steinwurf vom Stadtzentrum entfernt, angelegt hat, ist der Quai des Plantes: eine Gärtnerei in der Stadt. Nicht weniger als 1500 Bäume von 200 verschiedenen Arten aus der städtischen Baumschule wurden entlang des Quai de la Fosse auf einem ehemaligen Parkplatz gepflanzt. Auf einer Strecke von 600 Metern zwischen der Anne-de-Bretagne-Brücke und dem Bahnhof spaziert der Besucher frei zwischen Reihen junger Bäume, die noch in Kübeln stehen und mit Tropfbewässerung versorgt werden und willkommenen Schatten und Frische spenden. Magnolien, Liquidambars, Eschen, Ahorne, aber auch kuriose Lorbeereichen, um nur einige zu nennen: die Pflanzenvielfalt ist groß. Nicht zu vergessen die Sträucher und Stauden, die die Blumenbeete der Stadt schmücken werden: Gräser, Agapanthus, Althea, Rosmarin usw. Auf diesem grünen Spaziergang, gibt es auch einen sogenannten botanischen Schatzplatz mit seltenen Arten wie dem Liebeskorkenbaum (Phellodendron amurense).

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Die jungen Bäume in der Stadtgärtnerei wurden 2018 400.000 Mal besucht. Foto: Christine Fuhrmann
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Der japanische Bildhauer Tadashi Kawamata hat für Nantes das Belvédère de l\'Hermitage entworfen. Die Installation ist vollständig aus Holz gefertigt und ganzjährig begehbar. Foto: Christine Fuhrmann

Die pädagogische Komponente ist allgegenwärtig, mit Bereichen, die für Schulkinder reserviert sind, und einem QR-Code, der es ihnen ermöglicht, auf ihrem Smartphone die zukünftigen Standorte der einzelnen botanischen Arten zu lokalisieren. Das ist eine Initiative der Kommunikationsabteilung der Stadt, um den Bürger*innen zu zeigen, dass auch viele neue Bäume gepflanzt werden. Bänke, Liegestühle und sogar eine Gaststätte, in der man essen und von Mai bis Ende Oktober akustischen Konzerten lauschen kann, machen den Quai des Plantes zu einem sehr beliebten Ort für die Einwohner*innen von Nantes: 400.000 Besucher zählte er im vergangenen Jahr. Paradoxerweise wirft dieser Erfolg die Frage auf, wie es mit der temporären Gärtnerei weitergehen soll, wenn die Bauarbeiten am Parkplatz beginnen.

Dreh- und Angelpunkt von Nantes Strategie "Stadt im Garten", ist der historische Jardin des Plantes. Mit einer Größe von 7 Hektar Grünfläche im Stadtzentrum, mehr als 10.000 lebenden Arten und 800 Quadratmetern Gewächshäusern, ist der Jardin des Plantes, der mit dem Label "Jardin Remarquable" ausgezeichnet wurde, einer der vier großen botanischen Gärten Frankreichs.¹³

Er ist sowohl ein wissenschaftlicher Garten als auch ein Erholungsort und hat sich zu einer weltweiten Referenz entwickelt, insbesondere wegen seiner in Frankreich einzigartigen Kameliensammlung, der Kultivierung epiphytischer Pflanzen in einer naturnahen Umgebung und der ständigen Bemühungen um die Wiederansiedlung seltener Arten. Ein Beispiel ist die Waldtulpe, die in den 1970er-Jahren verschwunden war und 2010 in den Weinbergen der Region wieder angesiedelt wurde.

Auch an anderer Stelle wird das historische Erbe der botanischen Tradition aufgegriffen, so entstand 2019 der Jungle Intérieure. Dieser gedeiht seit 2019 in einem kleinen Innenhof und wirkt auf Grund seiner Natürlichkeit und Mix aus Unkraut und Exoten/Zier- und Wildpflanzen, mittlerweile wie ein urbaner Dschungel.

Vorbild für die Städte der Zukunft

Mit ihren Parks und Gärten trägt die bretonische Stadt Nantes erheblich zur Verbesserung der Lebensqualität ihrer Einwohner*innen und zur Klimaresilienz bei.

Der 101. Garten von Nantes ist außergewöhnlich, nicht nur wegen der Wahl des Standortes: ein ehemaliger stillgelegter Granitsteinbruch, dessen imposante Felsen einen der schönsten Ausblicke auf die Loire bieten und gleichzeitig als Kulisse für diesen neuen, üppig bepflanzten Park dienen, der mit einem Wasserfall und seinen botanischen Raritäten die Besucher*innen in eine Welt an der Grenze zwischen Realität und Fantasie führt.

Anmerkungen

¹ Nantes (bretonisch Naoned) liegt 55 Kilometer von der französischen Atlantikküste entfernt am Zusammenfluss von Loire, Erdre und Sèvre und bildet das städtische Kerngebiet des Großraums Nantes. Die klimatischen Bedingungen von Nantes werden durch die Nähe zum Atlantik bestimmt: Die Winter sind mild und feucht, die Sommer warm und nicht zu trocken.

² Die Agentur Phytolab aus Nantes hat das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Stadtplaner Bernard Reichen entworfen.

³ Der Steinbruch von Chantenay ist aufgrund seiner geografischen Lage einzigartig. Er befindet sich am östlichen Ende des Sillon de Bretagne, einem langen Granitstreifen, der von der Pointe du Raz bis zur Loire reicht.

4 Der durch die Minustemperaturen im Winter 2020/21 verursachte Frost hat nur wenige Arten geschädigt. Besonders die Bananenstauden haben gelitten, wurden zurückgeschnitten und haben dann wieder ausgetrieben.

5 Dazu gehören u. a.: Agrosthemma githago, Aloe striatula, Althaea officinalis, Amicia, Anis odonthea 'Elegans', Aralia elata aureovariegata, Aristea capitata, Artemisa stelleriana Moris Strain, Astilbe, Stachys officinalis Billbergia nutans, Blechnum cordatum, Borago officinalis, Buddleia davidii, Camellia 'Minato No Akebono', Cassia racemosa, Cedrela sinensis 'Flamingo Cercis sinensis, Cornus hongkongensis, Cynara cardunculus, Dicksonia antartica, Hibiscus coccineus, Hosta sieboldiana 'Elegans', Ilex koehneana X castenifolia, Iris sibirica 'Caesar's Brother', Iris sibirica 'Snow Crest' Lathyrus odoratus, Libertia formosa, Macleaya cordata, Musiella lasiocarpa, Neolitsea sericea, Opuntia leuchotricha, Phlomis fruticosa, Podophyllum, Pontederia cordata, Prunus laurocerasus, Punicum granatum, Rhododendron 'Shamrock' Salvia guanaratica 'black and Blue', Schefflera macrophylla, Sedum praeltum, Senecio 'Angel Wings', Senna racemosa, Sesbania punicea, Sophora microphylla Sunking, Spartium junceum, Thalia dealbata, Thalictrum flavum, Trochodendron aralioides, Yucca gigantea

6 Romaric Perrocheau, ist im Rathaus von Nantes für das Projekt verantwortlich.

7 Entwurf: François Delarozière und Pierre Oréfice von der Compagnie La Machine

8 Der Etoile verte soll zukünftig über die Flusstäler die großen Parks und Grünflächen von Nantes miteinander verbinden und bietet ein 250 km langes Netz von Stadtspaziergängen entlang der Loire und den Flüssen. Vgl. jardins.nantes.fr/N/Paysage/Etoile-Verte/Nantes-L-Etoile-Verte.asp (11.10.2021)

9 Leiter des Grünflächenamtes von Nantes von 2001 bis 2020.

10 Der Titel Umwelthauptstadt Europas oder Grüne Hauptstadt Europas wird seit 2010 jährlich von der Europäischen Kommission an eine Stadt in Europa verliehen, der es in besonderer Weise gelungen ist, Umweltschutz und wirtschaftliches Wachstum zu einer hervorragenden Lebensqualität ihrer Einwohner zu verbinden. Die Auszeichnung als Europäische Grüne Hauptstadt (englisch European Green Capital Award) wird den Städten zuteil, welche sich als Pionier der Umsetzung für bestimmte hohe Umweltstandards bewiesen haben. Er soll Städte dazu anspornen, anderen europäischen Städten ein Beispiel zu setzen und bewährte Praktiken zu fördern. Jede Stadt über 100.000 Einwohner steht es frei sich zu bewerben und sich in zwölf Kategorien zu beweisen (darunter unter anderem die Bereiche, Klimaschutz, Verkehr und Mobilität, Abfallentsorgung etc.).

¹¹ Die Jury lobte auch das wegweisende und innovative Verkehrssystem der letzten zehn Jahre, so etwa die neuen Straßenbahnlinien, das hochwertige Bussystem, den Verleih von Fahrrädern und das Carsharing-Angebot.

¹² In drei Bereichen: Wohngebäude, gewerblich genutzte Gebäude (Tertiärsektor) und Verkehr.

¹³ Im oberen Bereich des Gartens befindet sich mit dem Palmarium eins der ältesten Gewächshäuser - 1895 errichtet -, das sich inzwischen zu einem Labor für Tropenökologie entwickelt hat. Ergänzt wird das Gebäudeensemble durch weitere Warm- und Kaltgewächshäuser, in denen eine reiche Artvielfalt sichergestellt wird.

Dr. Christine Fuhrmann
Autorin

Professur an der Internationalen Hochschule/Fernstudium in Erfurt Landschaftsarchitektur

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