Berlin rückt mit der IGA im Jahr 2017 den urbanen Rand ins grüne Zentrum

Natürlich in der Stadt!

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IGA Berlin 2017 Gartenschauen
Terrassengärten am Fuße des Kienbergs entwickeln den vorhandenen Weg zu einer Flaniermeile weiter. Rechts und Links werden gebietseigene Obstbäume gepflanzt. Abbildung: geskes.hack Landschaftsarchitekten, VIC Brücken und Ingenieurbau, Kolb Ripke Architekten

Im Jahr 2017 findet in Berlin die Internationale Gartenausstellung (IGA) statt - an einem Standort wie er kontrastreicher kaum sein könnte. Inmitten einer der größten Plattenbausiedlungen Europas, umgeben von den sich entwickelnden "Gärten der Welt" und den weitläufigen Naturräumen des Wuhletals, soll hier mit der IGA Berlin 2017 in Marzahn-Hellersdorf eine neue Stadtlandschaft entstehen. Das Büro geskes.hack Landschaftsarchitekten und VIC Brücken und Ingenieurbau mit Kolb Ripke Architekten ging im September 2013 als Gewinner aus dem landschaftsarchitektonischen Wettbewerb für das IGA-Gelände unter 35 beteiligten internationalen Büros hervor. Mit dem Siegerentwurf nimmt die "Parkerlebnislandschaft der Zukunft" Gestalt an. Dabei positioniert sich die IGA in ihrem Rahmenkonzept sowohl als Motor der Stadtentwicklung an der Peripherie und wirkt impulsgebend für eine "Parkerlebnislandschaft der Zukunft", die Stadt- und Naturraum miteinander verwebt und sich sowohl landschaftsarchitektonisch als auch künstlerisch-kulturell profiliert.

Am Rande mittendrin

"Am Rande mittendrin" lautet ein zentrales Motto, unter dem das Planungsteam die Programmatik der Internationalen Gartenausstellung in den vergangenen Monaten entwickelt hat. Es beschreibt auch den Perspektivwechsel, den die IGA-Macher vor gut einem Jahr selbst vollzogen haben. Im Herbst 2012 hatte der Berliner Senat beschlossen, den IGA-Standort vom innerstädtischen Areal des ehemaligen Flughafens Tempelhof nach Marzahn-Hellersdorf zu verlegen, in Berlins nordöstlichen Bezirk. Dadurch rückte neben dem übergeordneten Ziel, mit einem Gesamtberliner Gartenfestival "vielgestaltig und visionär Gartenkultur und Stadtnatur" zu zeigen, die Profilierung der städtischen Randlage als urbanes Lebensmodell in den Fokus der Planungen. Welche besondere Lebensqualität kann sich an der Schnittstelle von Stadt und Natur entwickeln? Welche neuen Perspektiven können sich mit einer IGA - durch landschaftsarchitektonische, aber auch künstlerische und soziokulturelle Impulse - für eine Großsiedlung wie Marzahn-Hellersdorf eröffnen?

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Auf insgesamt 103 Hektar Ausstellungsfläche zeigt die IGA Berlin 2017 was, wie und wo überall Garten sein kann. Foto: iga berlin 2017 GmbH
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An der Westseite des Wuhleteiches entsteht ein Umweltbildungszentrum mit Café. Das Gewässer wird erweitert und naturnah gestaltet. Abbildung: geskes.hack Landschaftsarchitekten, VIC Brücken und Ingenieurbau, Kolb Ripke Architekten

Sowohl von der Lokalpolitik als auch in der Bevölkerung wird die Internationale Gartenausstellung in Marzahn-Hellersdorf vor allem als Chance verstanden und mit großem Interesse verfolgt und unterstützt. Im Februar dieses Jahres hatte die IGA gemeinsam mit dem Bezirksamt zu einem ersten Bürgerdialog ins Freizeitforum Marzahn eingeladen und war von der großen Resonanz mit mehr als 300 Teilnehmern überrascht. Bei der Veranstaltung und zahlreichen weiteren Gesprächen, die die IGA-Planer in den letzten Monaten mit Initiativen und zukünftigen Kooperationspartnern aus dem Bezirk geführt haben, wurde vor allem deutlich: Man lebt gerne hier, engagiert sich für sein Wohngebiet - in Marzahn-Hellersdorf hat etwa die größte Freiwilligenagentur Berlins ihren Sitz - und sieht die IGA vor allem als Botschafterin und Multiplikatorin bestehender Qualitäten.

Heute leben im Bezirk rund 254 500 Menschen, davon mehr als zwei Drittel in den beiden Großsiedlungen Marzahn und Hellersdorf. Ihre markante Hochhaussilhouette prägt die Gestalt des Bezirks, die darüber hinaus aber auch historische Dorfstrukturen und Einfamilienhaussiedlungen umfasst. Das IGA-Jahr 2017 ist auch das 40-jährige Jubiläum der "Marzahner Platte": Auf einer ehemaligen Ackerfläche wurde hier von 1977 bis 1989 eine schlüsselfertige Stadt mit fast 60.000 Wohnungen errichtet, auf der damals größten Baustelle deutschlandweit. Ab Mitte der 1980er Jahre entstand nebenan Hellersdorf. Gefolgt von Jahren des Bevölkerungsrückgangs, des teilweisen Rückbaus und der in internationalen Fachkreisen als vorbildlich geltenden Sanierung erlebt Marzahn-Hellersdorf mittlerweile eine "Renaissance" als Wohnort.

Garten schauen

Die vielfältigen Grünräume des Bezirks spielen dabei eine zentrale Rolle - das zukünftige IGA-Gelände soll auf rund 103 Hektar diesen Facettenreichtum spiegeln und weiter qualifizieren. Mehr als 700.000 Besucher kommen bereits jetzt jedes Jahr in die Gärten der Welt. Derzeit sind hier auf rund 17 Hektar neun Themengärten mit internationaler Gartenkunst aus Asien, dem Vorderen Orient und Europa zu sehen. 2010 hat das Land Berlin zwei Erweiterungsflächen erworben, die die Flächengröße der bestehenden Gärten verdoppeln und nun in Vorbereitung der IGA entwickelt werden.

IGA Berlin 2017 Gartenschauen
Auf mehr als 100 Hektar wird eine neue Parklandschaft entstehen. Große Teile des Ausstellungsgeländes werden nach der IGA wieder kostenfrei der Öffentlichkeit zugänglich sein. Ein Stadtwald mit Sportstätten für Jung und Alt soll am Kienberg entstehen. Abbildung: geskes.hack Landschaftsarchitekten, VIC Brücken und Ingenieurbau, Kolb Ripke Architekten

Dazu gehört die Vollendung der internationalen Gärten mit einem Englischen "Cottage Garden" (Wettbewerbssieger: Austin-Smith:Lord, Manchester, Großbritannien, Baubeginn: 2013), die Schaffung neuer Infrastrukturen wie einem Besucherzentrum (Wettbewerbssieger: WW+, Esch-sur-Alzette, Luxemburg, Baubeginn: 2014) oder Bühnen- sowie Veranstaltungsbereiche. Weiterhin entstehen hier ein großer Landschaftspark, gärtnerische Ausstellungsbereiche, Wasserwelten und zusätzliche Spielplätze. Die Gärten der Welt sollen sich dadurch weiter als Erholungsort für Familien und insgesamt als touristische Attraktion profilieren. Außerdem wird es im Rahmen der IGA in den bestehenden Gärten vor allem darum gehen, die Idee eines interkulturellen Dialogs tatsächlich zu verorten und die konzeptionelle Verbindung der verschiedenen Kulturen sowohl räumlich als auch im Rahmen des geplanten IGA-Kulturprogramms zu formen.

Mit den Gärten der Welt wird sich ein Teil des klassischen Repertoires einer Gartenschau in anspruchsvoller Gestaltung und zeitgemäßer qualitätsvoller Darbietung entwickeln. Umso mehr soll auf den zusätzlichen Flächen städtisches Grün in all seinen Dimensionen kontrastreich und authentisch gezeigt, Garten- und Freiraumgestaltung zeitgenössisch interpretiert werden. Der Tradition der Gärten der Welt soll mit einem Gartenband, das sich entlang des Kienbergs bis zum Wuhleteich zieht, ein vielgestaltiges Ensemble zeitgenössischer Landschaftsarchitektur gegenübergestellt werden. Neben dem programmatischen Schwerpunkt "Garten schauen", also dem Aufzeigen zeitgenössischer Gartenvielfalt, und dem Themenkomplex "Urban gärtnern", bei dem es um zukunftsweisende Fragen geht, widmet sich die IGA zudem dezidiert dem "Natur erleben".

Natur erleben

Das IGA-Gelände wird auch Teile des Wuhletals umfassen, mit circa 20 Kilometern Berlins längster Grünzug und geprägt von abwechslungsreichen Auen- und Wiesenlandschaften sowie kleinen Gewässern. Was in städtischen Räumen sonst kaum möglich ist, bietet dieser Landschaftsraum: Natur und Umweltbildung in der Großwohnsiedlung. Die IGA will die ökologischen Qualitäten des Wuhletals weiterentwickeln und Naturräume neu erfahrbar machen. Zudem wird es eine zentrale Aufgabe sein, die Übergänge zwischen urbaner Stadtkante und angrenzenden Naturräumen neu zu definieren.

Der "Auftakt Hellersdorf" ist einer dieser Übergänge zwischen Stadt und Landschaft, der zudem eine zentrale Eingangssituation zum IGA-Gelände bilden wird. Hier wurde 1996 nach Plänen von Büro B+B (Amsterdam) auf einer Brache der heute kaum genutzte Jelena-Santic-Friedenspark angelegt. Wenn die IGA ihre Pforten öffnet, können die Besucherinnen und Besucher in diesem Bereich Eintrittskarten erwerben und sich über die Angebote der neuen Parkerlebnislandschaft und Empfehlungen zur individuellen Routenplanung informieren. Der Auftakt Hellersdorf wird somit zu einer zentralen Informations- und Servicestelle. Nach den Vorstellungen der IGA könnten die Besucherinnen und Besucher hier zudem in die geplante Seilbahn einsteigen, die sie mit eindrucksvollen Aussichten auf den benachbarten Kienberg führt.

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Wasser ist ein zentrales Thema im Entwurf von geskes.hack ... Abbildung: geskes.hack Landschaftsarchitekten, VIC Brücken und Ingenieurbau, Kolb Ripke Architekten
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... Sogar ein Wasserfall ist geplant. Abbildung: geskes.hack Landschaftsarchitekten, VIC Brücken und Ingenieurbau, Kolb Ripke Architekten
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Eine Aussichtsplattform erschließt den Blick über Berlin als "Wolkenhain" auf dem 100 Meter hohen Kienberg. Über einen Serpentinenweg oder mit einer Seilbahn vom U-Bahnhof Neue Grottkauer Straße gelangt man auf den Berg. Am Fuße des neuen Wahrzeichens für Marzahn soll ein Café entstehen. Abbildung: geskes.hack Landschaftsarchitekten, VIC Brücken und Ingenieurbau, Kolb Ripke Architekten

Draußen bewegen

Am Auftakt Hellersdorf soll zudem ein Gelände für Anhänger des urbanen Lauf- und Klettersports "Parcours" entstehen. Eine zentrale Verortung wird der weitere IGA-Themenschwerpunkt "Draußen bewegen" aber auf dem Kienberg erfahren, einer bewaldeten rund 100 Meter hohen Erhebung, die aus Kriegstrümmern und dem Bodenaushub der Großsiedlungen entstand. Hier sind vielfältige Sport- und Freizeitangebote geplant. Bereits in diesem Jahr absolvierten mehr als 1200 Läufer eine zehn Kilometer lange Strecke durch das zukünftige IGA-Gelände, als im Juni der erste Mazda-IGA-Lauf im künftigen Ausstellungsgelände veranstaltet wurde.

Neues entdecken

Mit Aktionen wie dem Lauf, regelmäßigen Bürgerdialogen, den Ausstellungen aller Wettbewerbsergebnisse und weiteren Veranstaltungsformaten haben die IGA-Planer frühzeitig begonnen, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Es geht darum, den Blick auf vorhandene Potenziale zu lenken und darüber hinaus neue Lesarten zu entwickeln - sowohl am IGA-Standort Marzahn als auch in Gesamtberlin, um auf die wachsende Bedeutung von Grünraum für urbane Lebensqualität und städtisches Klima aufmerksam zu machen. Dezidiert nimmt die IGA eine Haltung der Offenheit und Neugier, die Horizonterweiterung und einen gelebten "Dialog der Kulturen" ermöglicht, mit dem programmatischen Schwerpunkt "Neues entdecken" in ihrem Rahmenkonzept für sich in Anspruch. Auch aus diesem Grund weisen die IGA-Planer dem Zusammenwirken von Landschaftsgestaltung, Kunst und Kultur eine wichtige Rolle zu.

Kunst vernetzen

Künstler und Kulturschaffende sollen im Kontext der IGA nicht nur das "Beiwerk" zur gärtnerischen Ausstellung sein, sondern Akteure und Aktivatoren des Perspektivwechsels auf die "rurbane Stadtlandschaft". Es geht darum, (mit) "Kunst zu vernetzen" und sie von Beginn an mitzudenken. Zum einen sollen Kunst und Kultur mit einer Inszenierungsstrategie für das gesamte IGA-Areal verankert werden. In enger Zusammenarbeit mit geskes.hack Landschaftsarchitekten, dem Gewinner des landschaftsarchitektonischen Wettbewerbes, wird dafür in den nächsten Monaten das Wechselspiel zwischen Kunst und Landschaft konkretisiert.

Zum anderen soll die IGA Berlin 2017 zum Gegenstand künstlerischer Auseinandersetzung werden. Katja Aßmann, die als Künstlerische Leiterin für die Sparte "Urbane Künste Ruhr" der Kultur Ruhr GmbH tätig ist und sich vor allem als international vernetzte Kuratorin einen Ruf erarbeitet hat, entwickelte für die IGA ein kuratorisches Konzept für die erste Phase eines Kunstverfahrens, das eng mit der Frage verbunden ist, wie sich Stadt an ihren Rändern formuliert. Stadtlandschaft und Stadtgesellschaft an der Peripherie sind damit als explizites Thema der IGA-Kunst gesetzt. Entstehen sollen ortsspezifische temporäre Interventionen in Form von partizipatorischen Projekten mit den Bewohnern vor Ort. Alle künstlerischen Arbeiten, ob sie prozesshaft über mehrere Jahre oder als singuläre Intervention im Jahr 2017 angelegt sind, sollen nachhaltig auf das Image des Bezirks Marzahn-Hellersdorf wirken. Neben international renommierten Künstlerinnen und Künstlern aus der bildenden und darstellenden Kunst sind auch Grenzgänger aus Architektur und Landschaftsarchitektur eingeladen, künstlerische Positionen zur IGA Berlin 2017 zu erarbeiten. Ein erster Workshop fand im Sommer 2013 nahe dem zukünftigen IGA-Gelände statt, um die Teilnehmenden mit der IGA Berlin 2017 vertraut zu machen und auf den Ort und seine Bewohner einzustimmen. Bereits im Herbst 2013 werden die ausgearbeiteten Entwürfe der beteiligten Künstlerinnen und Künstler erwartet. Die Namen der Kunstschaffenden gibt die IGA Berlin 2017 GmbH jedoch erst bekannt, wenn konkrete Projekte stehen. "Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar." Im Idealfall könnte das Zitat des Malers Paul Klee als Leitmotiv dienen, wenn man zur IGA Berlin 2017 Marzahn-Hellersdorf besucht und sich bestätigt fühlt, "am Rande mittendrin" zu sein.

Franziska Eidner und Kerstin Gust arbeiten als freie Publizistinnen in Berlin. Seit 2012 unterstützen sie das Redaktionsteam der IGA Berlin 2017 GmbH.

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Christoph Schmidt und Katharina Langsch, die Geschäftsführer der IGA Berlin 2017 GmbH, stellen die Pläne für die Internationale Gartenausstellung Berlin 2017 vor. Foto: Dominik Butzmann

IGA 2017 - Potenziale entfalten

Interview mit den IGA-Geschäftsführern Katharina Langsch und Christoph Schmidt zur aktuellen Planungssituation. Fragen: Mechthild Klett

Zu Beginn der Planungen gab es die Kritik, dass die IGA in Berlin viel zu klein sei oder dass letztlich nur vorhandenes Grün mit dem IGA-Etikett versehen wird. Was gibt es also neues?

Christoph Schmidt: Die bestehenden Gärten der Welt umfassen rund 17 Hektar und bilden räumlich ein Viertel der gesamten Ausstellungsfläche ab. Die Parklandschaft, die in Berlin Marzahn-Hellersdorf entstehen soll, wird also zum überwiegenden Teil neu gestaltet. Von der Größe des Gebietes liegen wir mit 103 Hektar dabei im gewohnten Umfang einer IGA. Die Herausforderung besteht darin, die verschiedenen gegebenen Landschaftsräume miteinander zu verbinden und gleichzeitig kontrastreich ihre Charaktere herauszustellen. So soll die Naturlandschaft des Wuhletals erhalten und dabei behutsam hervorgehoben werden, um sie noch unmittelbarer erfahrbar zu machen. Das Potenzial des Kienbergs als ökologischer Stadtwald und Bewegungsort möchten wir entfalten und die intensiv gestalteten Gärten der Welt um zeitgenössische Beispiele von Gartenkunst erweitern.

Katharina Langsch: Mit der Ansiedlung der IGA rund um die Gärten der Welt ist Berlin meiner Meinung nach ein guter Coup gelungen: das Land kann die vorbildliche städtebauliche und freiraumplanerische Entwicklung der Metropolenränder in den medialen Fokus rücken. Der Bezirk gewinnt mit der IGA die Chance, sein Image ("da is' nur Platte") zu verbessern und die Menschen vor Ort erhalten durch die IGA einen nachhaltig klug gestalteten Landschaftserlebnisraum.

Die IGA ist eine wunderbare Chance für den Bezirk Marzahn-Hellersdorf in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken und zu zeigen, wie grün und lebenswert der Bezirk ist. Andererseits gibt es soziale Verwerfungen, Leerstand von Geschäften und teils sehr viele Familien mit Migrationshintergrund aus Osteuropa, die aber häufig noch unter sich bleiben. Wie gehen Sie mit diesem sozialen Spannungsfeld um?

Katharina Langsch: Wir sind in gutem Austausch mit dem Quartiersmanagement, der Ehrenamtsagentur und anderen bezirklichen Initiativen, die in diesem Bereich agieren. Wir sehen hier ein großes Potenzial. Gerade für Familien wird die IGA einiges zu bieten haben. Den vielzitierten Dialog der Kulturen wollen wir versuchen aktiv zu leben. Dafür bietet sich das wohl bekannteste Teilgelände der IGA - die Gärten der Welt - natürlich an. Vieles wird möglich sein - neben der unterschiedlichen Betrachtungsweise von Pflanzen ist möglicherweise Kulinarik ein Thema, mit dem man vermeintliche Barrieren überwinden kann und gemeinsam lustvoll voneinander lernt, miteinander kocht, isst und feiert.

Die Bürger von Marzahn-Hellersdorf haben sich rege an der Diskussion über die Planung der IGA beteiligt. Was wird mit der Befürchtung, dass Teile des Kienbergs für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich sein werden, und was ist mit dem Naturraum rund um die geplante Seilbahn?

Christoph Schmidt: Für den Zeitraum der IGA, also für ca. 170 Tage, gehören der Kienberg und Teile des Wuhletals zum eintrittspflichtigen Bereich. Uns ist es dabei jedoch ganz wichtig, dass das Wuhletal über den östlich gelegenen Wanderweg kostenfrei passierbar bleibt. Während der Baumaßnahmen wird es zu veränderten Wegeführungen kommen, der Kienberg wird in der Hauptbauphase 2015/2016 größtenteils Baustelle sein. Für diesen Prozess werden wir durch ein inszeniertes Schaustellenkonzept um das Verständnis der Nutzer werben.

Die Seilbahn war unter anderem ein Thema im letzten Bürgergespräch. Diese wird landschaftsverträglich in den Gesamtraum eingebunden. Die Seilbahn ist Grundvoraussetzung für ein umweltschonendes Verkehrskonzept. Schienen- oder trassengebundene Verkehrsmittel wären hier nicht angebracht, da wir den Naturraum Wuhletal nicht beeinträchtigen wollen. Nach Prüfung von insgesamt vier alternativen Transportmitteln stellte sich die Seilbahn als die umweltverträglichste Lösung heraus. Die Meinung der Naturschutzverbände war für uns im Zeitraum der Prüfung - ob es überhaupt eine Seilbahn geben kann oder nicht - genauso hilfreich wie die Aussagen aus verschiedenen Gutachten über Flora und Fauna, die wir eingeholt haben.

Fest steht: Wir brauchen die Seilbahn, denn wir wollen einen barrierefreien Zugang vom Haupteingang an der Neuen Grottkauer Straße zum IGA-Gipfel Kienberg und von dort in die Gärten der Welt möglich machen.

In Hamburg bei der internationalen gartenschau 2013 gibt es eine gewisse Trägheit der Hamburger in den scheinbar so entlegenen Bezirk Wilhelmsburg zu fahren, um dort die Gartenschau zu besuchen. Wie kann man vermeiden, dass so etwas in Berlin mit Marzahn-Hellersdorf auch geschieht, denn der Bezirk ist etwa 30 S-Bahn-Minuten von der Stadt-Mitte entfernt, Wilhelmsburg nur 8 Minuten?

Katharina Langsch: Die Gärten der Welt sind ja schon eine berlinweit, aber vor allem im Bezirk bekannte und beliebte Attraktion. Das sind andere, günstigere Voraussetzungen als in Hamburg. Außerdem hat die IGA schon jetzt erste Weichen gestellt, sich von Marzahn aus in die Stadt zu vernetzen: die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat Vertreterinnen und Vertreter aller Bezirke und vieler Initiativen eingeladen, spannende Grün- und Freiraumflächen zu benennen, die dezentrale IGA Standorte werden können. Diese sollen spätestens im Jahr 2017 ganz Berlin als grüne Metropole in den Fokus rücken, auch in der touristischen Vermarktung. Mit der direkten Anbindung des IGA-Geländes an die U5 ist man dann in 25 Minuten vom Alex vor Ort - das kann man, denke ich, in Kauf nehmen in einer Millionenstadt und mit der Aussicht, entspannte und erlebnisreiche Stunden im Grünen zu verbringen.

Was geschieht, wenn die IGA 2017 ihre Pforten schließt, wie werden die Folgenutzungen aussehen, inwiefern wird das Konzept auch nachhaltig den Bezirk oder Berlin verändern?

Christoph Schmidt: Dieses Projekt lebt von einer perfekten Nachnutzungskonzeption, das ist ein großer Vorteil. Bedingt durch die Einbindung in die vorhandenen und sich erweiternden Gärten der Welt wird die neu realisierte Parkerlebnislandschaft Bestandteil dieses Bewirtschaftungs- und Managementkonzeptes. Dabei werden nach unseren Vorstellungen jedoch nicht sämtliche Teilbereiche zwingend eintrittspflichtig sein, wichtig ist vielmehr die Einbindung in die Gesamtkonzeption. Die deutliche Förderung aus Bundesmitteln, sogenannte GRW-Mittel, zur Verbesserung der touristischen Infrastruktur verpflichtet uns darüber hinaus, wirtschaftlich nachhaltig und optimierend den Standort weiterzuentwickeln.

geskes.hack gewinnen IGA-Wettbewerb

Der Entwurf des Berliner Büros von geskes.hack Landschaftsarchitekten und VIC Brücken und Ingenieurbau in Zusammenarbeit mit Kolb Ripke Architekten hat für die landschaftsarchitektonische Gestaltung der Internationalen Gartenausstellung (IGA) den 1. Preis gewonnen. Es setzte sich gegenüber 25 weiteren internationalen Wettbewerbsbeiträgen durch. Den zweiten Preis erhielt Planorama Landschaftsarchitektur (Berlin).

Die Aufgabenstellung umfasste dabei sowohl die Entwicklung von Themengärten oder Erlebnisrouten als auch Bauwerke wie Brücken, Spielplätze und ein Aussichtspunkt auf dem Gipfel des Kienbergs. Die Planerinnen und Planer sollten dabei über die temporäre IGA im Jahr 2017 hinaus auch dauerhafte Strukturen ausgewählter Bereiche in die Gestaltung einbeziehen.

Der Gewinnerentwurf überzeugte das Preisgericht unter der Vorsitzenden Prof. Ariane Röntz durch ein "schlüssiges Gesamtkonzept", das die einzelnen Landschaftsräume zu einem "logisch aufeinander Bezug nehmenden Ensemble" vereint und den Anspruch einer nachhaltigen Stadtentwicklung einlöst. Besondere Würdigung fand die Gestaltung eines Panoramaweges über die Wuhle entlang der Kienbergsohle bis in die Gärten der Welt. Die neue Wegeverbindung zwischen Marzahn und Hellersdorf führt an einem Seecafé sowie an abwechslungsreichen Hangterrassen und an atmosphärischen Wassergärten vorbei. Auch das Aussichtsbauwerk auf dem Kienberg in Form eines Wolkenhains wurde gelobt, da es eine "poetische Interpretation dieses besonderen Ortes zulässt". Als gelungen bewertete die Jury weiterhin den Ausbau der Gärten der Welt mit "einer Abfolge unterschiedlicher Themengärten" in lockeren Abständen, die "den offenen Charakter der Wiesenflächen" erhalten. mk

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