Der Naturnahe Schaugarten in Wachtberg-Berkum als Anstiftung zu mehr Natur im besiedelten Raum

Natur findet Stadt

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Der naturnahe Schaugarten in Berkum zeigt, welchen Beitrag naturnahe Anlagen zum Erhalt der Biodiversität leisten können. Foto: Ulrike Aufderheide

Die Bundesrepublik Deutschland ist im Jahr 1992 der UN-Konvention zur Biologischen Vielfalt (Convention on Biological Diversity - CBD) beigetreten. Ziel der CBD ist eine grundsätzliche Trendwende des dramatischen Verlustes an Lebensräumen und Arten; zurzeit sterben 1000 Mal so viele Arten aus, wie natürlicherweise zu erwarten wäre. 2007 wurde - endlich - die Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt verabschiedet. Sie legt fest, dass im Jahr 2020 die verschiedenen Indikatoren der Artenvielfalt einen Zielwert erreichen sollen, der der Situation im Zeitraum 1970/1975 entspricht. Bis jetzt ist es äußerst fraglich, ob dieses Ziel erreicht wird: Weder konnte das Aussterben von Arten gestoppt werden, noch hat es eine Trendwende gegeben. Insbesondere der Verlust an offenen und halboffenen Lebensraumtypen geht ungebremst voran; was den Artenverlust noch verschärft, denn gerade diese Lebensräume sind besonders artenreich.

Sogar sogenannte Allerweltsarten, die früher allgegenwärtig waren, erleiden inzwischen herbe Bestandeinbußen. Der Populationsindex von 137 häufigen Vogelarten in Europa ist seit 1980 um elf Prozent gefallen, bei den 36 Arten der Agrarlandschaft beträgt der Rückgang sogar 49 Prozent, bei den Waldarten gibt es einen leichten Anstieg um ein Prozent.

Allerdings gibt es gerade bei den Waldvogelarten eine interessante Entwicklung: Einige dieser Arten erobern in zunehmendem Maße die Städte. So weist eine Untersuchung aus Hamburg Zunahmen von 17,5 Prozent (Rotkehlchen) bis 457 Prozent (Wintergoldhähnchen) für den Zeitraum zwischen 1997 und 2008 nach. Bei einigen Arten wird also der reale Verlust an Lebensraum im Wald durch positive Bestandsentwicklungen in den Städten verdeckt oder wettgemacht. Immer mehr Waldtiere, eingeschlossen Fuchs und Wildschwein, erobern sich die Städte.

Bei näherer Betrachtung ist der Gegensatz Stadt = naturfern und Land = naturnah nicht mehr haltbar. Die artenreiche traditionelle Kulturlandschaft ist längst verschwunden oder hängt am Tropf der Naturschutzverwaltungen. Intensive Landbewirtschaftung ist eine der Hauptursachen für den Rückgang vieler Arten. Endpunkt ist die Energiemaiswüste, wie sie sich zurzeit in Norddeutschland ausbreitet und die sogar dem Menschen die Landschaft entzieht: im Sommer hindern die hohen Pflanzen den freien Blick in die vormals weite Landschaft.

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Unter dem Einfluss großer Pflanzenfresser entstehen – auch im gemäßigten Klima – halboffene Landschaften, Waldweideprojekt im Solling. Foto: Ulrike Aufderheide
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Schlossparks mit ihrer langen Kontinuität der Vegetationsdecke sind oft sehr artenreich – Salbei-Glatthaferwiese im Nymphenburger Park in München. Foto: Ulrike Aufderheide
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Städte als Ersatzlebensräume für bedrohte Tierarten: In 20 Prozent aller Gärten in Süd-London kommt der Hirschkäfer vor. Totholz wird in England gerne zur Gartengestaltung genutzt. "Stag beetle sanctuary" im Wildlife Centre in Süd-London. Foto: Ulrike Aufderheide

Im Gegensatz dazu erscheinen Städte manchmal geradezu als Zentren der Biodiversität. In Berlin singen genauso viele Nachtigallen wie in ganz Bayern, ein Verbreitungsschwerpunkt des Hirschkäfers ist Süd-London, er kommt dort in 20 Prozent aller Gärten vor. Imker ziehen nach der Obst- und Rapsblüte in die Städte, weil unsere Landschaft "vergrünt" ist: die früher allgegenwärtigen Blüten der Wildstauden auf Wiesen, Weiden und Säumen fehlen.

Es darf kein Ersatz für die unverminderte Anstrengung zum Erhalt der Artenvielfalt in der freien Landschaft sein, aber: Der urbane Raum bietet Chancen, die längst noch nicht ausgeschöpft sind. Besonders artenreich sind:

  • Flächen mit einem moderaten Maß an Störungen wie (Industrie-)Brachen, Bahngleise, ehemalige Deponieflächen
  • Alte freistehende Bäume
  • Dichte Strauchgruppen und Hecken, Brombeergebüsche und Brennesselherde
  • Kurzrasige, lückige Vegetation, offene Bodenstellen
  • Nischen in Hauswänden, vor allem an hohen Gebäuden, leer stehende Häuser
  • Flächen mit einer langen Kontinuität der Vegetation, vor allem wenn sie nicht oder nur wenig gedüngt werden, wie Friedhöfe und Schlossparks
  • Wasserflächen, auch als Kleingewässer in Gärten
  • blütenreiche Flächen mit einem reichlichen Angebot an Nektar, Pollen und Samen

Solche Flächen sind von ihrem Lebensraumangebot der traditionellen Kulturlandschaft näher als die intensiv bewirtschaftete Feldflur.

Die traditionelle Kulturlandschaft als Ersatzlebensraum für die Arten der mitteleuropäischen Naturlandschaft

Die traditionelle Kulturlandschaft mit ihrem abwechslungsreichen Mosaik von Wiesen und Weiden, kleinräumigen Ackerflächen, Hecken und Feldgehölzen ist ohne Zweifel anthropogenen Ursprungs. Dass der Wald, so wie wir ihn kennen, dies ebenfalls ist, wird leicht vergessen. Viele Bewertungssysteme in der Eingriffsregelung bewerten Wald besonders hoch, es ist relativ leicht, offene, zum Beispiel landwirtschaftlich genutzte Flächen im Rahmen der Bauleitplanung in Siedlungsflächen umzuwandeln, einer Waldumwandlung hat der Gesetzgeber enge Grenzen gesetzt.

Das Problem ist nur, dass die überwiegende Mehrzahl der Arten in Mitteleuropa offene und halboffene Lebensräume bevorzugt und selbst typische Waldarten wie Schwarzstorch oder Wildkatze Lichtungen brauchen und sich bevorzugt an Waldrändern aufhalten. Wälder sind dann besonders artenreich, wenn sie viel besonntes(!) Totholz enthalten. Ein dichter Stangenwald ohne Lichtungen und Unterwuchs zwingt auch Fuchs und Wildschwein zum Umzug in die Städte.

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Ein Heemtuin, der Oase-Garten der Stiftung Oase in Nijmwegen. Foto: Ulrike Aufderheide
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Halboffene traditionelle Kulturlandschaften werden als besonders schön empfunden (Allgäu). Foto: Ulrike Aufderheide

Dieser scheinbare Widerspruch zwischen den "natürlichen" Wäldern und der "künstlichen" traditionellen Kulturlandschaft löst sich auf, wenn wir die Landschaftsgeschichte in Mitteleuropa über den Zeitraum betrachten, in dem die mitteleuropäische Fauna und Flora, wie wir sie kennen, entstanden ist. Dafür müssen wir das gesamte Quartär, also das Eiszeitalter betrachten. Das bedeutet:

  • Während circa 90 Prozent dieses Zeitraumes, nämlich während der Kaltzeiten, herrschten in Mitteleuropa offene Landschaftstypen, die Kältesteppen, Heimat von Mammut und Wollnashorn.
  • Auch während der Warmzeiten standen die Lebensgemeinschaften unter dem Einfluss von großen Pflanzenfressern wie Elefanten, Nashörnern, Wildpferden und Wildrindern, die das Aufkommen dichter Wälder in weiten Gebieten verhinderten. In Fundstellen quartärer Warmzeiten (zum Beispiel in den Travertinen bei Stuttgart, in der Braunkohle bei Schöningen und Neumark-Nord) finden sich auffällig viele lichtliebende Tier- und Pflanzenarten. Die Blätter von Feldahorn, Hainbuche, Eichen, Weiden und Schlehen wirken bekannt und vertraut, ganz im Gegensatz zu den damals lebenden Tieren.

Erst in unserer Warmzeit, nach dem Verschwinden der großen Pflanzenfresser, wurde die verbissempfindliche und schattentolerante Buche zur dominanten Baumart unserer Wälder- und das auch nur dort, wo die Menschen schon zum Ackerbau übergegangen waren. Die Artenausstattung Mitteleuropas "erinnert" sich aber noch von ihren Lebensraumansprüchen her an die lange Zeit unter dem Einfluss der großen Pflanzenfresser, in der sie entstanden ist. Dass der moderne Mensch, der in der letzten Eiszeit in Mitteleuropa einwanderte und der mit der Speerschleuder und dem zum Hund domestizierten Wolf über neue Jagdtechniken verfügte, zum Aussterben der großen Pflanzenfresser beitrug, erscheint wahrscheinlich.

Damit wird klar, dass die traditionelle Kulturlandschaft der mitteleuropäischen Naturlandschaft von ihren Strukturen her sehr ähnelte, vor allem in der Zeit, als die Wälder noch beweidet wurden. Dass hier der Schwerpunkt der Artenvielfalt in Mitteleuropa liegt, erscheint plausibel. Die traditionelle Kulturlandschaft ist einfach der beste vorhandene Ersatzlebensraum für die Arten der mitteleuropäischen Naturlandschaft.

Die schöne Landschaft: Geborgenheit und Weite

Die traditionelle Kulturlandschaft ist aber auch die schöne Landschaft schlechthin. Die Landschaftsmaler der Romantik malten sie in idealisierter Weise genau in der Zeit, als mit der Markenteilung große Veränderungen stattfanden, die Allmenden aufgeteilt wurden, die Waldweide verboten, Forstwirtschaft und Landwirtschaft als getrennte Formen der Landbewirtschaftung entstanden. Just zu dem Zeitpunkt, zu dem die halboffenen Weidelandschaften aus der traditionellen Kulturlandschaft verschwanden, konservierten nicht nur die Bilder der Romantiker, sondern auch die Landschaftsparks ihre Schönheit, die durch ein ausgewogenes Verhältnis von Geborgenheit und Weite beschrieben werden kann.

Wir brauchen nämlich beides. In der weiten baumlosen Steppe, auch der Kultursteppe heutiger Tage, fühlen wir uns unbehaust, im dichten Wald leicht bedroht von versteckten Gefahren. In halboffenen Landschaften können wir uns gut orientieren, unter Bäumen Schutz suchen, Ausblicke nutzen. Das Gehirn des Homo sapiens ist in Afrika in einer halboffenen Savannenlandschaft entstanden, das mag der Grund sein, warum wir uns in solchen Landschaftstypen wohl fühlen und sie als schön empfinden. Die in Mitteleuropa einwandernden Menschen konnten sich hier unter Elefanten, Hyänen, Löwen, Nashörnern, Wildrindern und Wildpferden "wie zu Hause" fühlen.

Der schöne Garten

Geborgenheit und Weite ist aber auch das Grundthema jeder guten Gartengestaltung. Hier finden sich besonnte Gehölzbestände, dichte Hecken, offene Rasenflächen, blütenreiche Beete.

Aber leider auch gut gedüngte Böden, ein großzügiger Einsatz von Bioziden und ein Reinlichkeitsideal, das abgeblühte Staudenstengel, Brennesselecken, ungeschnittene Sträucher oder Totholz aus den Gärten verbannt.

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Trockenmauersitzbank. Foto: Ulrike Aufderheide
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Mutterboden raus, Kalkschotter rein: Bodenaustausch für ein pflegeleichtes Staudenbeet. Foto: Alexandra Dolgner
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Teilnehmer der 9. Folgekonferenz zum CBD besuchen den Schaugarten. Foto: Ulrike Aufderheide

Der Garten ist ein Stück Land, das aus dem umgebenden Naturraum herausgenommen und durch einen Zaun abgetrennt ist. (Der Wortstamm gard meint das mit Gerten umhegte Gelände.) Hier wächst das Besondere. Gärtner suchen und suchten immer schon besondere Pflanzen, lange Zeit waren das Pflanzen aus fremden Ländern, die nicht in der umgebenden Natur wuchsen. Zur Schönheit der Gartenpflanze gehört der Reiz der Exotik.

Auch dies ist für die Tiere, für die die halboffenen Strukturen der Gärten ein interessanter Ersatzlebensraum sind, von Nachteil. Generalisten wie Hummeln und Honigbienen können auch exotische Gartenpflanzen nutzen, die Spezialisten, die sich im Laufe der Evolution an bestimmte einheimische Arten angepasst haben, gehen leer aus, genauso wie die Arten, die nährstoffarme Standorte brauchen, in gut gedüngten Gärten keine Chance bekommen.

Gärten sind also von der Grundstruktur her attraktiv für unsere Tiere. Die konkrete Qualität der Gärten unter dem Aspekt des Lebensraumes für unsere Fauna und Flora liegt aber noch weit unter den Möglichkeiten.

Nachhaltig Gärtnern heißt naturnah Gärtnern

Ähnlich wie die Landschaftsparks, die gebaut wurden, als die traditionellen Weidelandschaften verschwanden, entstand in den Niederlanden die Idee des naturnahen Gartens, als den frühen Naturschützern die zunehmende Bedrohung der Natur bewusst wurde. 1925 wurde der erste öffentliche Naturgarten in Bloemendaal eröffnet (geplant und gebaut von dem Naturschützer Jac. P. Thijsse). In der Folge wurden und werden in den Niederlanden in zahlreichen Städten "heemparks" und "heemtuins" angelegt, naturnahe Schauanlagen, die ausschließlich einheimische Wildpflanzen verwenden und sich für Naturschutz im besiedeltem Raum einsetzen.

Auch Naturgärtner suchen das Besondere, das, was es außerhalb des Gartenzaunes nicht mehr gibt, und das kann heute unsere einheimische Fauna und Flora sein. Naturgärtner pflanzen sich Tiere in den Garten, indem sie einheimische Pflanzen verwenden und die Strukturen anbieten, die den Bedürfnissen der Tiere entsprechen. Damit schaffen Sie nicht nur schöne Gärten mit einem ausgewogenen Verhältnis von Geborgenheit und Weite, sondern auch Möglichkeiten von Naturbeobachtung und Naturgenuss.

Dabei hat ein naturnaher Garten ähnliche Eigenschaften wie auch andere Flächen im besiedelten Raum, die eine hohe Biodiversität haben. Sie zeichnen sich neben dem Vorhandensein von einheimischen Wildpflanzen aus durch:

  • ährstoffarme, skelettreiche Böden
  • ein moderates Maß an Störung/Pflege
  • Zulassen natürlicher Dynamik in von den Nutzern bestimmten Grenzen
  • Vorhandensein von besonntem, unbehandeltem Totholz
  • Förderung dichter Gebüsche
  • Förderung blütenreicher Wiesen und Säume, Nektar- und Pollenangebot während der gesamten Vegetationsperiode
  • Eine Pflege, die die Lebensraumqualität achtet und fördert, so bleiben zum Beispiel trockene Staudenstengel bis zum Frühjahr stehen.

Der naturnahe Schaugarten in Wachtberg-Berkum

Auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro wurde nicht nur die CBD aus der Taufe gehoben, sondern auch das Aktionsprogramm der "Agenda für das 21. Jahrhundert" verabschiedet. Darin wurde dazu aufgerufen, vor Ort Agenda-Prozesse ins Leben zu rufen, in denen sich Bürgerinnen und Bürger für eine nachhaltige Entwicklung engagieren. Der Arbeitskreis "Naturnahe Gärten in Wachtberg" gründete sich bei der Auftaktveranstaltung zu Lokalen Agenda im Oktober 1998 in Berkum. Es ist einer der wenigen Agenda-Arbeitskreise, die immer noch aktiv arbeiten. Der Grund dafür liegt wohl darin, dass von Anfang an das gemeinsame Tun im Vordergrund stand, und nicht die Erarbeitung von Positionspapieren, eine Arbeit, die zwar bequem vom Stuhl aus erledigt wird, über die sich Gruppen aber trefflich ermüden und zerstreiten können.

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Blumenschotterrasen. Foto: Ulrike Aufderheide
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Durch die Verwendung einheimischer Arten pflanzen sich Naturgärtner Tiere in den Garten: Schwalbenschwanz (Papilio machaon) auf Kratzdistel (Cirsium vulgare). Foto: Ulrike Aufderheide
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Bibernellrosen (Rosa pimpinellifolia Double Cream und Single Red) am Flechtzaun. Foto: Karl Eigler

Ab dem Jahr 2001 erhielt der Arbeitskreis die Möglichkeit, hinter dem Rathaus auf einer 400 Quadratmeter großen Rasenfläche einen Schaugarten zu bauen. Die Unterstützung der Gemeinde bestand in der Arbeit der Umweltbeauftragten, ansonsten warb die Gruppe Sponsorengelder und Sachleistungen ein und investierte viel ehrenamtliche Arbeitszeit. Von Anfang an war der Garten Teil der Umweltbildungsarbeit des Umweltamtes, Pflanz- und Gestaltungspläne wurden teilweise in VHS-Kursen entwickelt, regelmäßig wurden und werden Gruppen durch den Garten geführt.

Ziel des Gartens ist es, Bürgerinnen und Bürger anzustiften, im eigenen Garten für den Erhalt der Biodiversität tätig zu werden. Es werden zahlreiche einheimische Wildpflanzen und naturnahe, ungebundene und versickerungsoffene Bautechniken gezeigt.

Allererstes Ziel ist es, eine möglichst große Vielfalt an einheimischen Wildpflanzen zu zeigen. Nicht nur Naturgärtner können hier ihre Lieblingspflanzen finden, der Garten hilft dem Umweltamt auch bei der Beratung von Bauherren, die Pflanzauflagen haben.

Ein besonderes Anliegen des Arbeitskreises ist es, nährstoffarme Standorte zu zeigen. Diese sehr artenreichen und bedrohten Standorte haben den Vorteil, dass sie kaum gepflegt werden müssen. (Unsere "Unkräuter" sind ja angepasst an Ackerbau, also an nährstoffreiche, gestörte Böden.) Besonders die Anlage eines Kalkschotterbeetes für eine Bepflanzung entsprechend der Pflanzengesellschaft des Hirschwurz-Blutstorchschnabelsaumes hat sich sehr bewährt. Immer mehr Kommunen entdecken inzwischen die Möglichkeit, öffentliche Freiflächen mit Einsaaten auf nährstoffarmen, skelettreichen Substraten blütenreich aber pflegeextensiv zu begrünen. Dazu gehört auch die Oberflächenbefestigung mit Blumenschotterrasen für untergeordnete Verkehrsflächen auf Parkplätzen, Schulhöfen und Spielplätzen. Im Schaugarten wurde ein Blumenschotterrasen dort angelegt, wo für die alljährliche Kirmes eine Fläche für Schwerlastverkehr befestigt werden musste.

Ein Flechtzaun mit Pfosten aus Robinie demonstriert, wie Lebensraum (unbehandeltes besonntes Totholz) und Funktion zusammen gebaut werden können. Ein großer, inzwischen stark bewohnter Stamm einer von einem Sturm gefällten Weide und die Wildbienennisthilfe zeigen ebenfalls den ökologischen Wert von Totholz.

Nicht nur Geländesprünge wurden mit Trockenmauern abgefangen. Der Arbeitskreis baute an vielen Freitagnachmittagen auch ein Trockenmauer"sofa", das schon etliche Gartenbesitzer angeregt hat, sich etwas Ähnliches im eigenen Garten zu bauen oder bauen zu lassen. Hier brüten zum Beispiel die Wollbienenweibchen (Anthidium) die Männchen können vom Steinsofa aus auf der anderen Seite des Weges dabei beobachtet werden, wie sie über Aufrechtem Ziest (Stachys recta) und Heilziest (Betonica officinalis) ihre Reviere verteidigen.

Erfolge

Der erste Erfolg ist sicherlich die Kontinuität der Arbeit der Gruppe. Im Gegensatz zu vielen Agenda-Gruppen, die vornehmlich im eigenen Saft schmorten, wurde ganz praktisch eine, wenn auch kleine, Fläche verändert und die Biodiversität dieser Fläche enorm erhöht - mit dem Ziel, andere dazu anzustiften, Ähnliches zu tun.

Der naturnahe Schaugarten in Berkum hat Aktionsgruppen in anderen Kommunen anregen können, dort ähnliche Flächen anzulegen. So entstand in Mainz der wunderschöne Naturschaugarten Lindenmühle, mit einer ähnlichen Trockenmauersitzbank. Auch in der Gemeinde Kronberg im Taunus wurde, angeregt durch das Wachtberger Projekt, ein kleiner Schaugarten gebaut. Damit ist der Naturnahe Schaugarten in Berkum ein weiterer Knotenpunkt im Netz der öffentlichen NaturErlebnisGärten.

Die Deutsche Umwelthilfe zeichnete das Projekt im Rahmen der Aktion Grün in der Stadt als Projekt des Monats September 2008 aus.

Privatgartenbesitzer kommen, auch aus größeren Entfernungen, um sich hier Anregungen für die eigene Gartengestaltung zu holen.

Dies ist auch eine Chance für die Natur außerhalb der Städte. Denn an keinem Ort lernen wir Tiere und Pflanzen so genau kennen wie im eigenen Garten. Und nur mit einer guten Kenntnis der einheimischen Arten ist es möglich, die Bedrohtheit der Restnatur in der freien Landschaft zu erkennen und sich für ihren Erhalt einzusetzen.

Der Naturgarten e. V. setzt sich für die Verbreitung des naturnahen Grüns ein und hat in einer Qualifizierungsoffensive in Zusammenarbeit mit Bioland die Zertifizierung zum Fachbetrieb für Naturnahes Grün - empfohlen von Bioland initiiert.

Naturgarten e. V., Verein für naturnahe Garten- und Landschaftsgestaltung, Kernerstraße 64, 74076 Heilbronn, www.naturgarten.org, www.naturgarten-fachbetriebe.de

Literatur und Infos

Agenda-Arbeitskreis "Naturnahe Gärten in Wachtberg" und BUND-Kreisgruppe Bonn (2003): Der naturnahe Schaugarten in Berkum, Broschüre, zu beziehen über Gemeinde Wachtberg, Rathausstraße 34, 53343 Wachtberg.

Ulrike Aufderheide (2011): Rasen und Wiesen im naturnahen Garten, pala-Verlag, Darmstadt.

Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt - Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle (2010): Elefantenreich - eine Fossilwelt in Europa, Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung.

Marianne van Lier & Willy Leufgen (2000): Niederlande und Belgien. 75 Jahre naturnahes Grün, in: Naturgarten e. V.: 100 Jahre Naturgartenbewegung in Europa, Internationale Tagung zur Zukunft des naturnahen Grüns , Tagungsband, S. 13-15.

Uwe Westphal (2011): Naturnahe Gärten in der Stadt - ein Beitrag zum Vogelschutz? Natur und Garten 4/2011, S. 53-55.

Reinhard Witt (2006): Nachhaltige Pflanzungen und Ansaaten, NaturGarten Verlag, Ottenhofen.

Sudfeld, C., R. Dröschmeister, T.Langgemach & J. Wahl (2010): Vögel in Deutschland 2010. DDA, BfN, LAG VSW, Münster.

Dipl.-Ing. Ulrike Aufderheide
Autorin

Calluna Naturnahe Garten- und Grünplanung

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