Auf der Parkbank mit Silvia Langen

"Natur und Kunst sollten auf Augenhöhe zueinander stehen"

Gartendenkmalpflege
Andrew Rogers stellt eine 6000 Jahre alte Felszeichnung als Steinmauer in die türkische Hochebene Kappadokiens. Foto: Andrew Rogers/Time and Space.
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Silvia Langen bereiste die Welt auf der Suche nach Skulpturenparks. Ihre Ergebnisse stellt sie Stadt+Grün vor. "Die Kunst liegt in der Natur" lautet das Buch, das ihre Reise beschreibt, s. a. S. 59. Foto: Hubertus Langen
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Garden of Cosmic Speculation: Die Black Hole Terrace thematisiert das Phänomen der unentrinnbaren Anziehungskräfte in den Schwarzen Löchern der Galaxien. Dumfries, Großbritannien. Foto: Charles Jencks/The Garden of the Cosmic Speculation.

Für das jüngst erschienene Buch "Die Kunst liegt in der Natur" besuchte Silvia Langen spektakuläre Skulpturenparks und Kunstlandschaften in Europa und Übersee, (s. a. S. 59). Hierzulande tut man sich schwer mit dem Thema Kunst im Freiraum. Die Fragen stellte Sibylle Eßer, Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft.

Warum werden die interessantesten Skulpturenparks meist von Privatpersonen angelegt?

Einen Skulpturenpark anzulegen, gerade wenn es sich um ein großes Projekt handelt, bedarf eines klaren, schlüssigen Konzepts, einer gemeinsamen roten Linie. Und die wird häufig eher von einer Einzelpersönlichkeit oder einem Ehepaar durchgesetzt und durchgehalten als von einem Gremium.

Wie und wo sehen Sie Chancen, Kunst stärker im öffentlichen Raum, in Stadtparks und auf Stadtplätzen zu verankern?

Man kann es machen wie Christian Ringnes mit dem Ekebergparken in Oslo. Er hat mit seiner Stiftung C Ludens Ringnes Foundation einen total verkommenen Park an der Stadtgrenze zu einem wunderbaren Skulpturenpark umgewandelt. Der Park gehört der Stadt und ist an Ringnes auf 99 Jahre verpachtet, die Skulpturen gehören seiner Stiftung. Zusätzlich hat Ringnes Geld für die Aufstockung auf 80 Kunstobjekte und die Instandhaltung des Parks auf 50 Jahre gesichert. Es ist ein ehemaliger Volkspark für die damaligen Industriearbeiter in der Nachbarschaft und deshalb auch mit einer guten Anbindung an die Stadt. Der Park war ursprünglich im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegt worden, musste so auch wieder instand gesetzt werden und wird so heute gehalten. Die Osloer lieben ihn, eben weil er so natürlich ist, mit Wiesen, kleinen Waldstücken, voller Ecken zum Verstecken für Kinder und zum Entdecken von Kunst. In dem Park wurde ein ehemaliges Wasserreservoir von James Turrell zum Skyspace umgewandelt. Man sitzt inmitten von Wasser und schaut in den Himmel, der den Betrachter plötzlich als haptisch wahrgenommenes Farbfeld umfängt. Eine Felsgrotte wird mit einer Videoinstallation bespielt oder man läuft auf einem Waldweg und plötzlich schlendert vor dem Besucher eine Frau, eine Skulptur.

Gibt es Besonderheiten, die bei der Verbindung von Natur und Kunst zu beachten sind?

Es muss genug Platz geben, so wie im Kielder Forest, einem öffentlichen Waldstück in den Borderlands in England. Das ist das richtige Setting, um beides zu entdecken: die Natur durch die Kunst und die Kunst durch die Natur. Es muss Wege geben, um sich zwischen den einzelnen Kunstwerken zu entschleunigen. Aber auch mitten im städtischen Leben gibt es Möglichkeiten für Kunst. Ein Beispiel dafür ist die Stadt Dschidda in Saudi Arabien. Die Stadt hat große Skulpturen an den Kreuzungen aufgestellt, die wunderbare Orientierungspunkte sind.

Haben Sie bei Ihren Recherchen auch erfolgreiches Public Private Partnership erlebt oder gibt es Orte, an denen das in Deutschland gut gelungen ist?

Ja, ein gutes Beispiel ist die Museumsinsel Hombroich. Die von Karl-Heinrich Müller gegründete Stiftung in Neuss umfasst mit dem Museum, der Raketenstation Hombroich und dem Kirkeby-Feld einen einzigartigen Kulturraum, der Architektur, Kunst, Musik, Literatur, Philosophie und Natur zu einem Gesamterlebnis vereint. Die Natur um das Gebäude, das sich wiederum als eigenständige Skulptur versteht und die dort ausgestellte Kunst sind absolut gleichwertig. Es ist die Idee eines Gesamtkunstwerks, die hier exemplarisch von Müller in enger Zusammenarbeit mit dem Landschaftsarchitekten Korte und den Künstlern, allen voran Heerich und Graubner, entwickelt wurde. In den USA ist die Steve Oliver Ranch Foundation ein Beispiel, wie ein Farmer und Sammler zunächst selbst eine Kunstlandschaft aufgebaut hat und dann die Gemeinde gefragt hat, ob sie nicht einsteigen wolle. Dann steuerten beide Geld dazu. Denn die öffentliche Hand kann solche privat initiierten Projekte nicht ganz übernehmen, zumal sich in den meisten Fällen solche Skulpturenparks auch nicht unbedingt als abgeschlossenes Projekt verstehen.

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Gibbs Farm in Makarau, Neuseeland: Das weitläufige Gelände fordert auf zum Experimentieren. Leon van den Eijkel ordnet seine bunten Klötze im Kontrast zur Hügellandschaft. Foto: David Hartley/Gibbs Farm.

Museen platzen aus allen Nähten. Kunst im Freiraum ist ein Ausweg, einen Sammlungsschwerpunkt in der Natur weitergehen zu lassen. Welche Erfordernisse an einen öffentlichen Raum müssen dazu erfüllt sein?

Platz ist kostbar. 99 Prozent der Museen liegen innerstädtisch und dort ist in der Regel auch draußen wenig Fläche. Das heißt, die Skulpturen stehen mehr oder weniger nebeneinander, überschneiden sich optisch beim Betrachten. Für Skulpturenparks muss man dahin, wo es Platz gibt. Ein Beispiel bietet Tony Cragg mit seinem Skulpturenpark Waldfrieden, als wunderbare Außengalerie mit ganz unterschiedlichen Räumlichkeiten. Die Parknatur kann dabei auch eine Rolle spielen. Zum Beispiel habe ich in Neuseeland in Connells Bay einen Park erlebt, dessen Alleinstellungsmerkmal die indigenen Pflanzen waren. John und Jo Gow haben für jedes Kunstwerk eigene Räume geschaffen oder Kunstwerke für bereits vorgefundene, natürliche Räumlichkeiten in Auftrag gegeben, zum Beispiel eine Installation für ein großes Hangstück oder für eine Lichtung in einem Waldstück. Andererseits haben sie Wälle verschoben, Lichtungen geschlagen, um entsprechende Räumlichkeiten zu schaffen. Im Extremfall unterscheidet sich die Kunst für den Betrachter kaum mehr von der Natur, wie bei dem Baum von Giuseppe Penone auf der Kasseler documenta oder den filigranen Kunstwerken von Andy Goldsworthy aus Ästen und Blättern, die allerdings von vorneherein auch bewusst vergänglich angelegt sind.

Hätten Sie Tipps für die Verwalter öffentlichen Grüns in Bezug auf die Attraktivierung von Stadtparks mit Skulpturen?

Viele Deutsche lieben ja Schilder, Wegweiser, Verbote, Hinweise. Wenn schon Schilder, warum dann nicht Informationen, die zum Entdecken und Staunen beitragen? Keine Gebrauchsanweisung für den Park im Beamtendeutsch, dafür Fragen stellen, um zum Nachdenken anzuregen, Zitate von Künstlern, Hinweise auf das, was man darf , zum Beispiel anfassen, Hinweise auf das künstlerische Konzept, auf die Motivation, Kunst in der Natur zu verankern. Besucher sollten auf spielerische Weise didaktisch begleitet, nicht mit kunsttheoretischen, für den Laien unverständlichen Erklärungen behelligt werden. Interaktives Erleben ist immer attraktiv.

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