Studierende planen urbane grüne Infrastruktur

Naturtrasse Berlin-West

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Landschaftsarchitektur
1 Das Verhältnis zwischen Fahrbahn (grau) und Grünfläche verschiebt sich. Der blaue Fahrradweg schlängelt sich durch die bepflanzte Fläche und ist gut abgeschirmt vom gefährlichen Verkehr. Auch Fußgänger (weiß) können die Transitstrecke daneben zurücklegen, ohne sich Lärm, Gestank und Gefahr auszusetzen. Grafik: Leon Fell­, Gordian Stegmann

Die Ost-West Trasse in Berlin West vom Theodor-Heuss-Platz besteht aus einer zehnspurigen Betonfläche nach dem Vorbild einer, auf das Auto und den Individualverkehr ausgelegten, Prachtstraße. Dieses 50 Meter breite Bauwerk wurde in Teilen schon ab dem 17. Jhd. angelegt und in den folgenden Epochen um weitere Abschnitte erweitert. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Straßenzug wesentlich zu seiner heutigen Form umgewandelt (aus repräsentativen und strategischen Gründen) und hat sich seitdem auch wenig verändert.

Heute finden hier keine Militärparaden mehr statt und zukunftsorientierten Trends und Prognosen nach wird auch der motorisierte Individualverkehr stark reduziert sein. Eine Umwandlung dieser Straße vom Theodor-Heuss-Platz bis zum S-Bahnhof Tiergarten in ein naturorientiertes, grünes Band bietet zahlreiche Möglichkeiten für eine der längsten Verkehrstrassen Berlins. Es wird eine Steigerung der Freiraumqualität und eine Entsiegelung des Stadtraumes erreicht, während es eine Maßnahme gegen ein für den Menschen unverträgliches Klima ist.

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2 Isometrie "Regelaufbau der Trasse": Der Fahrradweg liegt inmitten zweier informeller Baumreihen. Vor den Gebäuden gibt es jeweils einen schmalen Grünstreifen und es wird geprüft , inwiefern Dachbegrünung realisierbar ist. Verortet am Finanzamt in der Bismarckstr. Grafik: Leon Fell­, Gordian Stegmann
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3 Isometrie "Regelaufbau der Trasse an Grünflächen": Im Süden grenzt an dieser Stelle der Lietzenseepark, welcher in Richtung der Straße erweitert wird. Die Fahrspur befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite um die größtmögliche Erweiterung zu erreichen. Grafik: Leon Fell­, Gordian Stegmann

Konzept

Die Idee des Projektes ist, den Straßenquerschnitt massiv in seiner Nutzung als Kraftfahrzeugstraße zu reduzieren. Die bestehenden acht Fahr- und zwei Parkspuren werden auf drei Fahrspuren minimiert, bei denen die mittlere je nach Situation umgeschaltet werden kann. Die verbleibende Fläche wird massiv entsiegelt, um eine zusammenhängende Grünstruktur zu schaffen. Daher wechselt die Straße nach jeder größeren, innerstädtischen Grünfläche die Seite, Somit bleibt der breitere grüne Streifen der Planung stets mit der Grünfläche verbunden.

Die Fußgängerüberwege der Verkehrsstraße sind farblich gekennzeichnet und geben dem emissionsfreien Individualverkehr den Vorrang. Das Konzept ist natürlich erst mit einem umfassenden politischen und gesellschaftlichen Umbruch in Bezug auf den Individualverkehr möglich, welcher aber schon heute startet. Sharingdienste und ein ausgebauter ÖPNV werden die Mobilitätsarten der Menschen ausschlaggebend verändern. Zusätzlich wird der Fahrradverkehr durch den Ausbau einer mittig liegenden fluoreszierenden Fahrradstraße, wie sie schon in anderen Ländern (siehe Kopenhagen, Dänemark) erfolgreich gebaut wurden, unterstützt. Diese 6 Meter breite Transitstrecke ist harmonisch geschwungen um die Monotonie der Achse aufzuheben und Unaufmerksamkeiten vorzubeugen.

Vor den Fassaden wird ein 1 Meter breiter Grünstreifen zur unterstützenden Kühlung angelegt und um Fassadenbegrünung bei Bedarf zu ermöglichen. Die Bestandsbäume werden weiterhin verwendet und aufgestockt. Die dadurch entstehende Verschattung hilft im Sommer, die Temperatur auf den Gehwegen zu regulieren. Die Flächen zwischen Gehweg und Straße und Fahrradweg und Straße werden einen halben Meter aufgekantet, dass eine optische Trennung zwischen Fahrbahn und den Flächen erreicht wird. Diese Maßnahme bietet vor allem Schutz vor Kraftfahrzeugen und beugt Situationen der missbräuchlichen Verwendung von Grünflächen, zum Beispiel zum Abkürzen vor. Der breitere Grünstreifen wird überwiegend mit Gehölzen beplant, sodass eine wald- oder parkähnliche Struktur entsteht. Verbleibende, freie Flächen werden zu Wildkräuter- und Bienenwiesen entwickelt und sollen Biodiversität fördern. Pflanzen, die sich perspektivisch selbst ansiedeln, stören nicht das Konzept und werden nur bearbeitet, sofern von ihnen eine schädliche Wirkung für das restliche Grün ausgeht (Verkehrssicherheit, Verdrängung).

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4 Ausschnitt Lageplan. Grafik: Leon Fell­, Gordian Stegmann

Während eine Fassadenbegrünung in der Planung noch nicht vorgesehen ist, werden die angrenzenden Dachflächen zur Prachtstraße geprüft, um Solarenergie oder Dachbegrünung in intensiver oder extensiver Form anzugliedern. So soll eine möglichst maximale, kühlende Wirkung der Trasse erreicht werden und frische Luft in die Innenstadt tragen. Die Entwässerung des anfallenden Regenwassers geschieht über die Regenrinnen, über ein weiteres unterirdisches Rohrsystem zu den Grünflächen und wird teilweise in Rigolen gespeichert. Stauwasser muss hier unter allen Umständen verhindert werden, da es sonst möglicherweise Schädigungen am U-Bahn-Tunnel geben wird.

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5 Straßenquerschnitt: Der Schnitt verdeutlicht die Abgrenzungen der verschiedenen Bereiche, zeigt den Standort der Rigole, den Erhalt der Ubahn und unterstützt die Isometrie zum Regelaufbau der Trasse (Abb.2). Grafik: Leon Fell­, Gordian Stegmann

Bepflanzung

Besonders in dichtbebauten Städten macht sich der Klimawandel stark bemerkbar. Große bebaute Flächen, wenig Begrünung und Nutzung des Menschen sorgen für eine starke Erwärmung der Umgebung. Vor allem in den Hitzesommern der letzten Jahre wurde dies mehrfach zu einem Problem, welches nicht nur Freizeitaktivitäten oder Wohlbefinden einschränkte, sondern auch gesundheitliche Schäden bei Mensch, Tier und Pflanze verursachte. Mit einer Flächenaufteilung die möglichst viel Bepflanzung zulässt wird einerseits das Stadtklima durch den größeren Bestand an CO2-Konsumenten verbessert, andererseits kann durch eine teppichartige Baumpflanzung ein zuverlässiger Verschattungseffekt garantiert werden. Dabei sollte die Liste zugelassener heimischer Arten überarbeitet werden, da viele dieser in den letzten Jahren zunehmend unter den trockenen und heißen Sommern gelitten haben und zukünftige Standortbedingungen wahrscheinlich nicht überleben. Dabei bieten sich, auch für die Innenstadt, zahlreiche Gehölze aus dem südeuropäischen, mediterranen, amerikanischen oder asiatischen Raum an. Zusätzlich bedeutet die Einführung neuer Arten nicht gleich zu einem Aussterben bestehender Arten - viele Bäume werden erst ab dem 30. Lebensjahr geschlechtsreif. Des Weiteren bieten die Grünstreifen das Anpflanzen von Bienenweiden sowie hitze- und frostverträglicher Stauden und Gräser an, welche zusätzlich zur Verbesserung des Mikroklimas auch eine bedeutende Rolle für die Artenvielfalt spielen.

Beispiele für klimagerechter Bäume: Quercus frainetto - Ungarische Eiche Quercus cerris - Zerreiche Acer opalus - Schneeball-Ahorn Ailanthus altissima - Götterbaum Celtis occidentalis - Zürgelbaum Fraxinus ornus - Manna-Esche Styphnolobium japonicum - Japanischer Schnurbaum

 Leon Fell
Autor

7. Fachsemester Landschaftsarchitektur, Cand. B.Eng., Beuth Hochschule für Technik Berlin

 Gordian Stegmann
Autor

7. Fachsemester Landschaftsarchitektur, Cand. B.Eng., Beuth Hochschule für Technik Berlin

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