Welche Gefahren, aber auch welche Möglichkeiten gibt es?

Neophyten - Vom Umgang mit invasiven Arten

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Invasive Arten Pflanzenforschung
Riesen-Bärenklau – wanderte vom Kaukasus nach Europa ein, teilweise über Botanische Gärten. Foto: gemeinfrei, Pixabay.

Zum Umgang mit Neophyten und der Entsorgung ihrer Ernterückstände gibt es verschiedene Lösungsansätze. Dabei wurden neben mechanischen, chemischen und ätzenden auch thermische Verfahren angewandt. Im Vorhaben "BioNet" wird nun ein energetischer Lösungsansatz verfolgt und das vom Bundesministerium für Umwelt (BMU) geförderte Projekt sucht aktuell noch Gemeinden und Regionen, die an einer Mitarbeit interessiert sind.

Neophyten - Geschichte und Ausbreitung

Die Vegetation Mitteleuropas ist heute von zahlreichen Pflanzen geprägt, die hier ursprünglich nicht einheimisch waren. Nach der weitgehenden Vernichtung der Pflanzendecke musste es von ihnen immer wieder neu besiedelt werden. Was hier als natürlicher Vorgang angedeutet ist, wurde später mehr und mehr durch menschliche Einflüsse (Rodung von Wäldern, Anbau von Kulturpflanzen, Anlage von Siedlungen) beeinflusst. 1492 ist für die Geschichte der Neophyten ein besonderes Jahr, denn mit der Entdeckung Amerikas wurden viele gebietsfremde Arten sowohl als Kultur- wie Gartenpflanzen bei uns eingeführt. Die Entdeckung der Seewege nach Ostindien und in andere Erdteile beflügelte den Austausch von Pflanzen über die bisherigen Ausbreitungsschranken hinweg.

Als invasive Neophyten werden nichteinheimische, das heißt gebietsfremde Arten klassifiziert, die durch direkte oder indirekte Beeinflussung des Menschen in ein Gebiet eingewandert sind. In Deutschland gelten etwa 30 Pflanzen als invasiv. Sie treten zu einheimischen Pflanzen in Konkurrenz um den Lebensraum und die Ressourcen, übertragen Krankheiten oder verändern durch Kreuzzungen den Genpool. Wo diese Arten etabliert sind, haben sie durch ihr Eindringen die oft naturnahen Ökosysteme teilweise stark verändert und einheimische Arten verdrängt.¹

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Forscher und Entdecker sorgten für eine weitere Ausbreitung der Pflanzen, wenn sie die "Exoten" aus fremden Ländern mit in die Heimat brachten. Hier Johann Reinhold Forster und sein Sohn Georg Forster in Tahiti, John Francis Rigaud zwischen 1775 und 1780. Abbildung: gemeinfrei, wikimedia commons

Nach einer bereits 2003 durchgeführten Umfrage des BMU in den oberen und unteren Naturschutzbehörden Deutschlands wurden Neophyten damals in 95,6 Prozent der befragten Behörden als Problem wahrgenommen. Als besonders problematisch empfundene Pflanzenarten wurden unter anderem Drüsiges Springkraut, verschiedene Staudenknöteriche und Riesen-Bärenklau genannt.²

Ausbreitungscharakteristika invasiver Neophyten

Neophyten zeigen häufig ein stärkeres Wachstum gegenüber etablierten Arten. Natürliche Ressourcen können von ihnen besser genutzt werden. Größer ist auch die Menge der gebildeten Samen, verbunden mit einer höheren Etablierungswahrscheinlichkeit der Keimlinge. Effektivere Mechanismen in der Verbreitung ihrer Diasporen sind ihnen ebenso eigen wie phänologische Eigenarten, die sich von der ursprünglichen Vegetation abheben (z. B. frühere oder längere Blühzeiten).

Sie fanden Eingang in unser Umfeld, weil sie zum Beispiel als Straßenbegleitgrün, als Viehfutter oder als Bienenweide eingebracht wurden, weil sie in Botanischen Gärten gezeigt oder als Erweiterung im Gartenbau auf den Markt kamen und diese Pflanzen zur Erinnerung aus dem Urlaub mit nach Hause gebracht wurden. Hier breiteten sie sich - teilweise fast unbemerkt - aus und haben seit den 1990er-Jahren zunehmend für Diskussionen gesorgt.

Ihre Ausbreitung verläuft nach einem vierstufigen Schema ab: Nach der Einführung einer Art erfolgt das erste spontane Auftreten im Freiland. Daran anschließend bildet sich eine selbst erhaltende Population, die sich zu einem Schädling entwickeln kann. Als "etabliert" oder "eingebürgert" gilt eine Art erst dann, wenn sie über einen längeren Zeitraum (mindestens 25 Jahre) und/oder über drei Generationen in einem Gebiet existiert. So vergeht zwischen der Ersteinführung und ihrer Ausbreitung ein mehr oder weniger langer Zeitraum (Latenzphase). In Abhängigkeit unter anderem der Generationsdauer der Pflanze, genetischen Effekten und ihrer Anpassungsfähigkeit sind es oft viele Jahrzehnte. Eine Besiedlung erfolgt besonders oft an Verkehrswegen (Wege-, Straßen- und Schienenbegleitgrün, Wegeböschungen) und Ruderalflächen (Uferbereiche, Industriebrachen, Baugrundstücke). Dabei hilft den Neophyten die hohe Wiedereinbringungsrate durch die relativ einfache Ausbreitung von Samen entlang von Verkehrsachsen und Flussläufen.³

Springkraut, Knöterich und Bärenklau

Das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) kam 1839 als Zierpflanze aus dem westlichen Himalaya nach England und verbreitete sich von dort in viele europäische Gärten. In England wurden die ersten wildwachsenden Pflanzen schon 1855 gefunden. In der Schweiz gab es bereits 1904 Berichte über Verwilderungen, von dort erfolgte wohl die Besiedlung rheinabwärts nach Baden-Württemberg, wo sie in den 1920er-Jahren schon stellenweise häufig war. Kurz danach begann auch die Besiedlung außerhalb des Rheintals.

Das Springkraut ist eine einjährige Pflanze mit einer Wuchshöhe von 0,5 bis drei Meter. Nach der Keimung Ende April wächst die Pflanze rasch zu dichten und hohen Beständen. Blütezeit ist Juni bis Oktober. Eine einzige Pflanze produziert bis zu 4000 Samen, die beim Aufplatzen der Samenkapsel bis zu sieben Meter weit geschleudert werden. Mit fließendem Wasser kommt es zu Fernausbreitung über sehr weite Distanzen. Die Keimfähigkeit der Samen beträgt sechs Jahre. Daneben kommt es zu anthropogenem Samentransport mit Bodenmaterial bei Baumaßnahmen.4

Knöterichgewächse und ihnen nahestehende Gattungen wurden im Laufe der Zeit taxonomisch sehr unterschiedlich behandelt, so dass sowohl der Japan-Knöterich und der Sachalin-Knöterich unter verschiedenen Gattungsnamen bekannt sind, die heute als Synonyme zum Teil noch verwendet werden. Beide kreuzten sich miteinander und der daraus entstandene Bastard Knöterich scheint wesentlich invasiver zu sein als die Elternarten.

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Samen des Springkrautes werden beim Aufplatzen der Samenkapsel bis zu sieben Meter weit fortgeschleudert. Foto: gemeinfrei, Pixabay.
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Das „Drüsige Springkraut“ wurde 1839 als Zierpflanze nach Europa eingeschleppt. Foto: gemeinfrei, Pixabay.

Der Japan-Knöterich (Reynoutria japonica) gelangte 1825 als Zier- und Viehfutterpflanze von Ostasien nach Europa. Die kommerzielle Vermarktung in verschiedene Länder Europas erfolgte ab 1849 durch die Gärtnerei von Siebold in Leiden. Die anfangs sehr teure Art galt bald als ideal für den aufkommenden Gartenstil der "Wild Gardens" und wurde unter anderem von der berühmten Gartenarchitektin Gertrude Jekyll empfohlen. In Deutschland verwilderte die Art wohl erstmals 1872 vom Gelände einer aufgelassenen Gärtnerei bei Zwickau.

Der Sachalin-Knöterich (Fallopia sachalinensis) wurde 1863 zum ersten Mal nach Europa gebracht und in der Folge als Zierpflanze in größeren Gärten und Parks angepflanzt. Bereits 1869 wurden die ersten wildwachsenden Bestände in Deutschland und in Tschechien beschrieben. Die weitere Ausbreitung geschah durch den Transport von Rhizom- und Stängelfragmenten, so dass vor allem anfangs bevorzugt Standorte an Fließgewässern besiedelt wurden.

Der Bastard Knöterich (Fallopia x bohemica) ist bis vor kurzem den meisten Botanikern nicht bekannt gewesen, so dass diese Pflanze je nach Merkmalsausprägung als eine der Elternarten kartiert wurde. Die heutige Verbreitung ist damit nicht ausreichend bekannt. Die Hybride wurde erst in den 1980er-Jahren in Europa entdeckt.

Die angeführten Knöterichgewächse zeichnen sich durch große Konkurrenz- und Wuchsstärke aus und bilden hochwüchsige, dichte Bestände aus krautigen Stängeln (bis 4 m Höhe), die kaum von anderen Pflanzen überwachsen werden. In der Hauptwachstumsphase (Mai bis Mitte Juni) treibt die Pflanze täglich bis zu 30 Zentimeter aus. Ihr starkes Ausbreitungsvermögen wird durch die ungeschlechtliche Vermehrung über unterirdische Rhizome erreicht, so dass ein Bestand sich vegetativ bis zu einem Meter pro Jahr ausdehnen kann.5

Der Riesen-Bärenklau (Herculeum mantegazzianum) - auch: Herkulesstaude - wanderte vom Kaukasus nach Europa ein, teilweise über Botanische Gärten. Die Angaben zur Einführungszeit variieren zwischen 1828 und 1893. Der weiten Verbreitung als Gartenpflanze folgte die Verwilderung, die ab der Mitte des 20. Jahrhunderts zu einer schnellen Zunahme der Fundorte führte.

Die zwei bis fünf Meter hohe Staude bildet eine mächtige Pfahlwurzel und im Jahr ihrer Keimung zunächst eine Rosette. Im Folgejahr produziert sie ihren auffälligen Blütenstand und stirbt danach ab. Die Vermehrung geschieht ausschließlich durch Samen. Eine Pflanze kann bis zu 80.000 Blüten haben, die jeweils zwei Früchte bilden können. Die Ausbreitung erfolgt durch den Wind, mit fließendem Wasser, eine Verschleppung des Erdreiches oder im Fell von Tieren (Epizoochorie).6

Auswirkungen und Probleme

Die von den Neophyten ausgehenden Probleme lassen sich vereinfacht in ökologische, ökonomische und gesundheitliche Auswirkungen einteilen.

Betreffend die Ökologie wird aus Naturschutzsicht der Erhalt der Biodiversität angestrebt. Die Einwanderung einer neuen Art bereichert zwar zunächst das Spektrum7, kann aber (auf lange Sicht) zu gravierenden Einschnitten führen. Sie können Veränderungen der genetischen Vielfalt durch Kreuzzungen hervorrufen, in deren Folge die genetische Identität heimischer Arten verändert und gefährdet wird. Es können auch Arten verdrängt werden, vor allem, wenn durch die neuen Arten Konkurrenzsituationen geschaffen werden. So dominiert zum Beispiel das Springkraut nach seiner Keimung im Juni aufgrund seines Höhenwachstums die umgebenden Hochstaudengesellschaften. Folglich werden alle anderen Arten ausgeschattet. In der Kombination aus Höhenwachstum und Schattentoleranz übertrifft das Springkraut alle einheimischen Arten deutlich.

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Das „Drüsige Springkraut“ wurde 1839 als Zierpflanze nach Europa eingeschleppt. Foto: gemeinfrei, Pixabay.
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In dichten Beständen des Riesen-Bärenklaus kommen bis zu 20 Pflanzen auf zehn Quadratmeter vor. Foto: gemeinfrei, Pixabay.

Auch Knöterich führt bei Massenaufkommen in Reinbeständen zur Beschattung und Verdrängung typischer Stauden-, Strauch- und Gehölzgesellschaften. Wegen des hohen Wuchses der Pflanzen sind auffällige Veränderungen des Landschaftsbildes möglich. Ebenso kann Bärenklau aufgrund seines Wuchses und des Aufbaus dichter Bestände zu auffälligen Veränderungen des Landschaftsbildes führen und die heimische Flora verdrängen.

Hinsichtlich der ökonomischen Auswirkungen ist zu bedenken, dass direkte und indirekte Kosten anfallen, einerseits durch die Bekämpfung von Neophytenbeständen und andererseits in der Beseitigung der von ihnen verursachten Schädigungen oder etwaigen Ertragseinbußen. Neophytische Unkräuter beeinträchtigen die landwirtschaftliche Nutzung und werden im Ackerbau bekämpft. Auch Forstunkräuter sind bekannt und verursachen Probleme. Gravierend sind auch die Schäden an Ufern von Fließgewässern. Hier kann die Erosionsgefahr der Flussufer steigen, Abflussprofile verengt und Bauwerke beschädigt werden. Unter Springkrautbeständen kann es im Spätherbst zu Ufererosion kommen, da der Boden nicht mehr durch die Wurzeln befestigt wird. Auch unter Dominanzbeständen von Knöterich und Bärenklau fehlt eine festigende Krautschicht. Treibende oder abgestorbene Stängel von Bärenklau und Knöterich können bei Hochwasser den Abfluss verlangsamen. Durch die Wurzeln des Knöterichs kann es zu Schäden an Hochwasserschutzbauten (Schleusen, Dämme), Gebäuden, Deichen, Straßen, Parkplätzen und Fundamenten von Häusern kommen. Die austreibenden Rhizome durchwachsen selbst Auftragsmächtigkeiten von ein bis zwei Metern und wurzeln durch fünf Zentimeter dicken Asphalt.

In Deutschland fielen - Stand 2003 - volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von rund 167 Millionen Euro durch die Ausbreitung von Neophyten an.8

Die Gefahren für den Menschen stehen bei einer Betrachtung der Neophyten sicherlich nicht an erster Stelle. Dennoch haben grade die gesundheitlichen Auswirkungen das Problem in der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. Ein großes Problem stellt die phototoxische Wirkung des Bärenklaus dar, die ihn zu einer Gefahr für die menschliche Gesundheit macht. Das Berühren der Pflanze kann zu gefährlichen Hautreaktionen führen, da der Pflanzensaft Furanocumarine enthält. Dies kann bei starker Sonneneinstrahlung Hautschäden bis hin zu Verbrennungen dritten Grades verursachen. Daneben kann das Beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia atremisiifolia) genannt werden. Weniger verbreitet ist bisher das Rispenkraut (Iva xanthiifolia), das ebenfalls stark allergene Pollen besitzt. Zuletzt wurden wegen ihrer allergenen Wirkung auch Eschen-Ahorn (Acer negundo), Götterbaum (Ailanthus altissima) und Hundszahngras (Cynodon dactylon) genannt.9

Bekämpfungsmöglichkeiten/-strategien

Die Bekämpfungsstrategien gegen Neophyten sind sehr komplex und abhängig unter anderem von deren Fortpflanzungs- und Wuchseigenschaften oder der Blühzeit und Samenreife. Aus Sicht des Naturschutzes und der Gewässerunterhaltung ist die Bekämpfung der Neophyten an Ufern von Bach und Flussläufen häufig unumgänglich. Gleichzeitig verhindern naturschutzfachliche Auflagen jedoch häufig eine effiziente maschinelle Ernte der Neophyten.

Als einjährige Art lässt sich zum Beispiel Springkraut leichter als mehrjährige Neophyten bekämpfen. Ziel muss es vor allem sein, die Samenbildung zu verhindern. Wesentlich für den Erfolg ist es deshalb, mit einer Maßnahme alle Pflanzen in der Fläche zu erreichen und den Samennachschub auszuschließen. Einzelne Pflanzen können vor der Samenreife von Hand ausgerissen oder knapp über dem Boden abgeschnitten werden. Dazu gehören auch die Mahd mit Abtransport des Mähguts, Mulchen mit Zerkleinern der Pflanzen und Schwaden mit Liegenlassen der geschnittenen Pflanzen. Wichtiger als die Methode ist der Zeitpunkt: Zu früher Schnitt führt zu Regeneration der Pflanzen, zu später zum Nachreifen der Samen an den geschnittenen Pflanzen.

Gegen die Knöterich-Gewächse sind in Europa vielfältige Bekämpfungsmaßnahmen entwickelt und erprobt worden. Den größten Erfolg erzielen dabei mechanische und/oder chemische Verfahren. Bei allen mechanischen Bekämpfungsmaßnahmen ist zu beachten, dass der Energievorrat der Pflanze vor allem in den Rhizomen steckt, in denen etwa zwei Drittel der Biomasse gebunden ist. Die bloße Vernichtung oberirdischer Pflanzenteile kann deshalb höchstens langfristig zum Zurückdrängen führen. Auf einer Fläche konnte ein Knöterich-Bestand nach siebenjähriger Intensivmahd (mindestens acht Einsätze pro Jahr, danach sechs bis acht) so weit geschwächt werden, dass er in Gesellschaft mit Hochstauden wuchs.

Beim flächigen Einsatz von Herbiziden ist zu berücksichtigen, dass Totalherbizide eine vegetationslose Fläche hinterlassen. Aufgrund der hohen Resistenz der Rhizome im Erdboden ist damit zu rechnen, dass die Pflanze - wenn auch geschwächt - wieder austreiben wird, was eine Folgebehandlung notwendig macht. Demgegenüber hat sich die selektive Injektion in die unteren Segmente der Pflanze als äußerst wirkungsvoll erwiesen. Bei einer gezielten Injektion muss der Einsatz in der Regel im Abstand von vier bis sechs Wochen, vorzugsweise in der Jahresmitte (Juni/Juli) erfolgen. Dabei werden im ersten Jahr bereits etwa 90 Prozent des Bestandes vernichtet.

Bei der Bekämpfung des Bärenklaus bildet die Verhinderung der Aussamung im Juli die unverzichtbare Grundlage jeder Eindämmung, weil damit der Entstehung tausender neuer Pflanzen vorgebeugt wird. Die möglichen Maßnahmen sind vielfältig und umfassen das Ausgraben der Wurzelrübe, das Abschneiden des Samenstandes und die fachgerechte Entsorgung der Samen. Auch Mähen, Fräsen und der Einsatz von Herbizid sind möglich.10

Als besonders erfolgreich haben sich die nachstehenden Bekämpfungsmaßnahmen gezeigt:

  • Im Juli einsammeln und vernichten aller Samenstände
  • Von März bis zum Frosteinbruch Wurzeln (immer wieder) ausgraben
  • Kombiniertes Vorgehen aus mechanischen und chemischen Verfahren, zum Beispiel anfängliches Fräsen der Fläche, eine nachfolgende (mehrmalige) Mahd und der Einsatz von Herbizid durch Stängelinjektion

Ausblick

Unsere Vegetation ist seit der Eiszeit einem stetigen Wandel unterworfen. Natürliche Ökosysteme sind davon zunehmend beeinflusst und heute ist ein mehr oder weniger großer Teil unserer Flora von Neophyten durchsetzt.

Die meisten dieser Arten sind völlig unproblematisch und unterliegen teilweise naturschutzrechtlichen Unterschutzstellungen, zum Beispiel in den Roten Listen gefährdeter Pflanzenarten. Bei problematischen Neophyten kann eine Bekämpfung erfolgen, auch wenn eine vollständige Verdrängung der Arten gar nicht mehr möglich ist. Auch sollte bedacht werden, dass Neophyten als Pflanzen Lebewesen sind und eine Ausrottung zumindest ethisch-moralische Fragen aufwerfen sollte.

Es muss davon ausgegangen werden, dass sich die Folgen des Klimawandels mit Temperaturerhöhungen bei vermehrtem Niederschlag förderlich auf die Etablierung und massive Ausbreitung von Neophyten auswirken werden. Hinzu kommt ergänzend, dass viele Ruderalstandorte im Rahmen einer reduzierten Grünlandpflege nur noch bedingt unterhalten werden und die Anzahl nicht genutzter Flächen weiter ansteigen wird. Auch hierdurch wird es zu einer weiteren Verbreitung von Neophyten kommen. Dass hinsichtlich der weiteren Ausbreitung von invasiven Neophyten, ihrer Bekämpfung und der Entsorgungsproblematik des Pflanzenmaterials Handlungsbedarf besteht, zeigen zahlreiche Publikationen. Aktuell fördert das BMU mit dem Projekt "BioNet"¹¹ ein Vorhaben, bei dem geprüft wird, wie die Neophyten-Biomasse energetisch genutzt werden kann. Im Aufbereitungsprozess erfolgt neben konventionellen Verfahrensschritten wie Zerkleinerung, Entwässerung, Trocknung und Verdichtung eine innovative Wärmeverschaltung, durch die eine zusätzliche Hygienisierung der anfallenden Biomasse erreicht und die Keimfähigkeit der Neophytensamen zu 100 Prozent vernichtet wird. Als Produkt entstehen Biomasse-Pellets, die zur Wärmeproduktion in entsprechenden Feuerungsanlagen eingesetzt werden können.

Derzeit werden im Rahmen von "BioNet" an mehreren Standorten regionale Netzwerke aufgebaut. Die Wissenschaftler prüfen dort die örtlichen Voraussetzungen für eine Umsetzung von der Ernte und Bergung bis hin zur Aufbereitung und energetischen Nutzung der Neophyten. Regionen und Kommunen, die unter starkem Neophyten-Befall leiden, können sich für eine individuelle Standortbegutachtung melden und erhalten im Idealfall eine kostenneutrale Vorprojektierung. Weitere Informationen und Kontaktdaten gibt es auf der Homepage des Projekts unter: abc-loesung.de/de/news/detailansicht/meldung/kooperationsprojekt-zur-energetischen-nutzung-schaedlicher-pflanzenarten.html

Quellenangabe

Amt für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern (Hrsg.), 2016: Dokumentation über die häufigsten invasiven Neophyten. 16 S.

Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.), 2014a: UmweltWissen Natur: Neophyten - Neulinge in der Pflanzenwelt. 11 S.

Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.), 2014b: UmweltWissen Natur: Neophyten - Pflanzenportraits. 12 S.

Böhmer, H. J.; T. Heger; Alberternst, B. et al., 2006: Ökologie, Ausbreitung und Bekämpfung des Japanischen Staudenknöterichs (Fallopia japonica) in Deutschland. In: Anliegen Natur (30.Jahrgang, 2006), S. 29-34.

Brandes, D., 2000: Neophyten in Deutschland - ihre Standörtliche Einnischung und die Bedrohung der indigenen Flora. In: Naturschutzbund (NABU) & Technische Universität Braunschweig, 2000: Was macht der Halsbandsittich in der Thujahecke? Katalog einer Fachtagung zur Problematik von Neophyten und Neozoen und ihrer Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt, S. 44-54.

Bundesamt für Naturschutz, 2008: Daten zur Natur (hier: Kap. 2.3: Gebietsfremde Arten, S. 39-43.

Bundesamt für Naturschutz, 2016: Daten zur Natur. 164 S.

Holzmann, C.; J. Thiele, J. & T. K. Buttschardt, 2014: Neophyten-Management am Beispiel des Riesen-Bärenklaus. Bedingungen erfolgreicher Bekämpfung von Heracleum mantegazzianum. In: Naturschutz und Landschaftsplanung (3, 2014), S. 79-85.

Kramer, M.; Renner, O.; Modry´, M. et al., 2009: Innovatives Neophytenmanagement im Dreiländereck - Am Beispiel des Einzugsgebietes der Neiße. Abschlussbericht. 54 S. Förderprojekt der DBU (AZ 25363/01).

Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.), 2009: Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt. 46.Jahrgang, Heft 2 (Neobiota in Sachsen-Anhalt), 67 S.

Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (Hrsg.), 1994: Kontrolle des Japan-Knöterichs an Fließgewässern (Handbuch Wasser 2) - I. Erprobung ausgewählter Methoden. 63 S., Stuttgart.

Landkreis Darmstadt-Dieburg, 2008: Merkblätter zur Bekämpfung von Neophyten. Japanischer Staudenknöterich & Sachalin-Knöterich. 4 S.

Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen (Hrsg.), 2010: Anleitung zur Bekämpfung von Neophyten. 6 S.

Metzing, D., 2015: Invasive Pflanzenarten in Deutschland. In: Lozán, J. L.; Grassl, H.; Karbe, L. et al. (Hrsg.): Warnsignal Klima - Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen (Kap. 2.11).

Müller, N.; W. Westhus, W. & R. Amft, 2005: Invasive gebietsfremde Pflanzenarten in Thüringen und ihre Bewertung aus Sicht des Naturschutzes. In: Landschaftspflege und Naturschutz in Thüringen. (1, 2005), S. 23-29.

Umweltbundesamt (Hrsg.), 2003: Ökonomische Folgen der Ausbreitung von Neobiota. Forschungsbericht 201 86 211 (UBA-FB.000441). Bearbeitet von Frank Reinhardt, Markus Herle, Finn Bastiansen & Bruno Streit. 254 S., 2003.

Vertiefend zu den aufgeführten Pflanzen siehe unter:

Arten-Handbuch des BfN: Eintrag Impatiens glandulifera (https://neobiota.bfn.de/12639.html), Fallopia japonica (https://neobiota.bfn.de/12646.html), Fallopia sachalinensis (https://neobiota.bfn.de/12645.html), Fallopia x bohemica (https://neobiota.bfn.de/12644.html) & Heracleum mantegazzianum (https://neobiota.bfn.de/12641.html).

Anmerkungen

1 Brandes 2000: 44; Müller, Westhus & Amft 2005: 23; Bundesamt für Naturschutz 2008: 39; Kramer, Renner, Modry´ et al. 2009: 6; Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) 2014a: 1f; Metzing 2015: 1

2 Siehe hierzu vertiefend H. Schepker: Problematische Neophyten in Deutschland - Ergebnisse einer bundesweiten Befragung von Naturschutzbehörden. Bundesamt für Naturschutz (2004).

3 Brandes 2000: 46ff, 50; Bundesamt für Naturschutz 2008: 41; Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) 2014a: 5; Metzing 2015: 3; Bundesamt für Naturschutz 2016: 26.

4 Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.) 2009: 29; Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen (Hrsg.) 2010: 1f; Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) 2014b: 2; Amt für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern (Hrsg.) 2016: 6; Arten-Handbuch des BfN: Eintrag Impatiens glandulifera.

5 Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (Hrsg.) 1994: 15; Umweltbundesamt (Hrsg.) 2003: 105; Böhmer, Heger, Alberternst et al. 2006: 30; Landkreis Darmstadt-Dieburg 2008: 3; Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.) 2009: 29; Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen (Hrsg.) 2010: 4; Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) 2014b: 3; Arten-Handbuch des BfN: Eintrag Fallopia japonica, Fallopia sachalinensis & Fallopia x bohemica.

6 Umweltbundesamt (Hrsg.) 2003: 29ff; Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.) 2009: 23; Holzmann, Thiele & Buttschardt 2014: 83; Bayerisches Landesamt für Umwelt (Hrsg.) 2014b: 5; Arten-Handbuch des BfN: Eintrag Heracleum mantegazzianum.

7 Dies gilt vor allem für anthropogen beeinflusste Gebiete wie ausgeräumte Stadtlandschaften.

8 Umweltbundesamt (Hrsg.) 2003: 151

9 Metzing 2015: 6

10 Umfangreiche Hinweise zur Bekämpfung sind der Internetseite baerenklauwhv.wixsite.com/baerenklau zu entnehmen.

11 "BioNet - Handlungsleitfaden zur sicheren Bergung & Verwertung von Neophytenpflanzenmaterial mittels Initiierung von regionalen Akteursnetzwerken".

Dr.-Ing. Simon Rietz
Autor

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