Wie Parks und Plätze in der Metropole gebaut werden

Neue Grünprojekte in Lyon

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Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Sommerblumenbeet mit Rasen beim Rathaus mit Pflegekasse 2. Foto: Horst Schmidt

Zur weiteren Grünflächenentwicklung unserer Städte ist ein Erfahrungsaustausch über Ländergrenzen hinaus sehr hilfreich. So war es nach 2013 (S+G Heft 7/2014) wieder an der Zeit, beim befreundeten Gartenbaudirektor in Lyon nach Neuem zu schauen. Lyon ist eine prosperierende Stadt mit über 500.000 Einwohnern. Sie ist die drittgrößte Stadt in Frankreich. Als Zusammenschluss des Ballungsgebietes mit Namen Grand Lyon ist sie allerdings mit 1 340.000 Einwohnern das zweite nach Paris. Das bedeutet, dass sich damit auch das Umland bei großen zentralen Projekten ganz wesentlich an den Kosten beteiligt. Die Stadt ist innerhalb von Frankreich günstig gelegen, weist eine interessante, leicht erreichbare landschaftliche Umgebung auf und ist durch die abwechslungsreiche Topografie und die beiden Flüsse Rhone und Saone mit ihrem Zusammenfluss ansprechend strukturiert. Lyon hat sich bereits in den letzten zwei Jahrzehnten enorm entwickelt und ist dabei, sich wirksam auf die Zukunft auch im Hinblick auf den Klimawandel einzustellen.

Eines der wichtigen großen Projekte in Lyon ist die großflächige Aufwertung und Modernisierung der früher etwas vernachlässigten Halbinsel (Presque'ile), die durch den Zusammenfluss (Confluence) von Rhone und Saone gebildet wird. Ziel der Stadtentwicklung ist auf der Halbinsel und im gesamten Stadtgebiet die wirksame Durchgrünung, die auch durch den Bürgermeister persönlich vorangetrieben wird. So nannte er bei der Vorstellung der geplanten Terrassen an der Saone als eines seiner Ziele, dass sich die Natur wieder Schritt für Schritt in die Stadt einmische. Er setzte nicht nur den flussbegleitenden Parkstreifen entlang der Rhone durch (S+G Heft 7/2014 + Heft 9/2009), es folgte auch auf mehr als 20 Kilometer ein ähnliches Projekt an der Saone. Er veranlasste persönlich beim Gartenamt die kurzfristige Begrünung einer Stadteinfahrt.

Die Stadtentwicklung setzt primär auf die Lebensqualität in der Stadt für Fußgänger, Fahrradfahrer, Bürger aller Altersstufen und reduziert, wie an den nachfolgenden Beispielen deutlich wird, die Flächen für den fließenden und ruhenden individuellen Autoverkehr auf die wirklich notwendige Größenordnung. Durch das Parken in Tiefgaragen und weniger freien Parkplätzen, der Ausweitung der Möglichkeiten für Fußgänger, Radfahrer und den öffentlichen Nahverkehr sowie des Angebotes für Leihwagen und Leihfahrräder wird der Autobesitz in diesem Ballungsraum nicht nur teurer, sondern auch unattraktiver. Das Stadtbild wird dagegen wieder ausdrucksvoller und die Stadträume nutzbarer für die Bürger und Besucher der Stadt. Durch die Erhöhung des Grünflächenanteils wird das Stadtklima zusätzlich zur Verminderung der Fahrzeugemissionen spürbar verbessert. Die Stadt wird besser durchlüftet, die Vegetation trägt zur Abkühlung der Hitze bei und hebt die Biodiversität in der Stadt. Neben der Möglichkeit der Naturbetrachtung für die Bürger ist dies für die Lebensfähigkeit und Stabilität der städtischen Biotope von großer Bedeutung.

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Die Zeitschrift der Gartenamtsleiter in Frankreich "Hortis de Ville en Ville" ( Association Francaise des Direkteurs de jardin et Espaces verts, Präsident ist derzeit Jean-Pierre Gueneau aus der Region parisienne, langjähriger Vizepräsident war Daniel Boulens, Lyon) erschien zu ihrem achtzigjährigen Bestehen im September mit dem Titel "Nachhaltige, gesunde Städte, Teil unserer Herausforderung". Der Leiter der Pflege- und Unterhaltungsabteilung der Grünflächen in Lyon, Jean-Marie Rogel, erläutert in seinem Beitrag die nachhaltige Pflege (Gestion evolutive durable) in Lyon. Aus Umweltschutzgründen hat man 2005 den Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel und Herbizide festgeschrieben. Die Kosten für die Pflege der 430 Hektar Grünflächen an 1400 Stellen der Stadt wurden unter Berücksichtigung der Qualität, der Nutzung, der Biodiversität mit dem Ziel der Optimierung und Reduzierung überprüft. Sie wurden in vier Klassen eingeteilt.

Ein Prozent intensiv(prestige), neun Prozent gärtnerisch(horticole), 65 Prozent einfache nutzbare Grünflächen( a vivre) und 25 Prozent naturnahe Grünflächen(nature). So ist im Stadtbild ein differenziertes, gut nutzbares, artenreiches Grünflächensystem, abgestuft vom intensiv gepflegten traditionellen Sommerblumenbeet, über gemischte Sommerblumenpflanzungen in Rasenflächen, bespielbare große Rasenflächen mit Gehölzen und wenig gestörte naturnahe Flächen, entstanden. Es unterstützt wirkungsvoll ein anspruchsvolles Stadtbild, bietet vielseitige Nutzungen und dient der Biodiversität. Im 100 Hektar großen Park Tete d'Or sind Beispielflächen der vier Kategorien nebeneinander exemplarisch dargestellt, die vereinfacht die Kosten, die Pflege und die Nutzung erläutern und so dem Stadtrat und den Bürgern zeigen, was möglich ist und welche Konsequenzen und Kosten sich daraus ergeben.

Auffällig sind an den zentralen Plätzen und Punkten die intensiven Blumenbeete und Kübelpflanzen, aber auch die starke Verwendung von Stauden und Gräsern selbst im Verkehrsgrün sowie die typischen Platanenpflanzungen in den Straßen. Beim Letzteren gibt es im Hinblick auf den Klimawandel viele Versuche weitere Baumarten wie zum Beispiel Quercus ilex, Melia azedarach, Koelreuteria paniculata und diverse Koniferen in Straßen, auf Plätzen, in Parks und Grünflächen zu testen. Aus stadtklimatischen Gründen werden auch zusätzliche Begrünungsmaßnahmen an Straßenbahntrassen und an Wänden in differenzierter Ausbildung untersucht. Parks, Grünflächen und Kinderspielflächen werden nachts konsequent abgeschlossen.

Eine leistungsfähige Stadtgärtnerei wurde aus Kostengründen 1995 in das Umland verlagert, wo entsprechende Flächen kostengünstiger zur Verfügung standen. Auf diesen Flächen wurden Glas- und Folienhäuser sowie Stauden- und Kleingehölzquartiere erstellt, die von zehn Mitarbeitern mit hoher technischer Ausstattung betreut werden. Alle 500.000 verwendeten einjährigen Saisonpflanzen, Stauden und Kleingehölze sowie Kübelpflanzen werden hier für die Stadt produziert. Die Bäume werden dagegen überwiegend in nahe gelegenen Baumschulen erworben.

Alle Einrichtungen, die vom Amt betreut werden, stehen fast ausnahmslos kostenfrei den Nutzern zur Verfügung. Selbst der 100 Hektar große Park Tete d'Or mit seinen großen Gewächshäusern, Rosengärten und dem beachtlich großen modernen Zoo mit landschaftlich großen Gemeinschaftsgehegen (ohne störende Zäune, aber mit intelligenten nicht sichtbaren Sicherungen) werden eintrittsfrei intensiv genutzt. Toiletten sind an vielen Stellen in der Stadt in überwiegend gutem Zustand kostenfrei nutzbar. Es ist erstaunlich, dass bei uns in Deutschland die Toilettenfrage auch in den Grünflächen, Parks und an Kinderspielflächen nicht gelöst wird. Wird man im Ausland danach gefragt, erhält man nur ein unverständliches Kopfschütteln über die Situation bei uns.

Fährt man durch Frankreich, wird man an der Einfahrt zu Städten und Dörfern auf den Wettbewerb "Ville fleurie" aufmerksam, und die Bewohner sind stolz auf ihre Auszeichnung mit ein, zwei, drei oder vier Blumen. Die höchste Auszeichnung mit vier Blumen wird in der übergeordneten Kategorie von einer entsprechenden Jury vergeben. Dieser manchmal belächelte Wettbewerb, in dem sich auch manche kleine Gemeinden durch privates Engagement mit bunter Blumenvielfalt zu überbieten suchen, hat aber den großen Vorteil, dass das öffentliche Interesse an Blumen und öffentlichem Grün überall und immer im Gespräch ist. Interessant ist, dass auch die Pflege des öffentlichen Grüns in Lyon ebenfalls den Kriterien der Kategorie der vier Blumen entsprechen soll.

Bei den Stadtspaziergängen mit Daniel Boulens erfuhr ich viele interessante Informationen über die derzeitigen Pläne und Projekte zur Weiterentwicklung des Grünsystems in Lyon. Einige davon sollen nachfolgend exemplarisch dargestellt werden. Sie sollen zeigen, dass in Lyon engagierte große Projekte mit struktureller Wirkung auf den Weg gebracht werden, um die Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichem Freiraum zur Steigerung der Lebensqualität sowie zur besseren nachhaltigen Naturausstattung, der Aufwertung des Stadtbildes und der historischen Denkmale im öffentlichen Freiraum zu erreichen.

Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Plan des Parks Blandan. Foto: Horst Schmidt
Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Kletterhaus für unterschiedlich alte Kinder. Foto: Horst Schmidt
Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Einer der Eingänge des Parks Blandan mit historischen Mauern. Foto: Horst Schmidt
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Federballspiel auf verbesserten ehemaligen Flächen für Panzer. Foto: Horst Schmidt
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Bolzplatzsicherung durch Drahtseile. Foto: Horst Schmidt
Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Vorhandene Parkplatze, die für die Terrassen der Halbinsel verlagert werden. Foto: Horst Schmidt

Park Blandan

Mit dem Erwerb der historischen Kaserne Sergent Blandan vom Staat ergab sich um 2007 die große Chance inmitten des dritten, siebten und achten Arrondissements einen 17 Hektar großen Park zu erstellen. Einem Einzugsbereich von 40.000 Bürgern, die bisher auf Grund der dicht bebauten Stadtteile nicht ausreichend mit öffentlichem Grün versorgt waren, steht er heute schon zu einem großen Teil zur Verfügung. Erste Planüberlegungen der Stadtverwaltung gingen von der Erstellung weiterer Wohnbebauung aus. Dies wurde jedoch von 5000 Einsprechern aus der Umgebung abgelehnt, die dafür den Ausbau als Park forderten. Politik und Stadtverwaltung nahmen diese Forderung auf. Die Einsprecher begleiten bis heute als "Association de defence du parc Blandan" die Planung und den Ausbau des Parks.

In den Jahren 1831-1852 wurden auf diesem Areal um das kleine Schlösschen "La Motte" eine wichtige Verteidigungsanlage und eine Kaserne gebaut, die erst vor etlichen Jahren vom Militär geräumt wurde. Das Gelände blieb brach liegen, und es entwickelte sich eine intensive Spontanvegetation mit artenreicher Fauna. Der Planung wurde vorgegeben, möglichst ökologisch vorzugehen, Vegetation, Topografie, vorhandene Elemente, Mauern und Beläge soweit integrierbar zu erhalten. Neupflanzungen sollten naturnah und robust erstellt werden. Ein großes Angebot für Spiel, Sport und Erholung sollte für die Bedürfnisse aller Altersgruppen und der Bürger mit Behinderung sinnvoll, robust und intelligent in die Anlage integriert werden. Für die Planung und Durchführung wurden unter anderem das Ingenieurbüro CSD und das Landschaftsplanungsbüro BASE Paysagistes nach einem Wettbewerb 2011 beauftragt.

Die herausgehobenen Bastionen der Verteidigungsanlage blieben erhalten, geben Aussicht und Platz zur Weiterentwicklung von Flora und Fauna. Die alten Mauern aus heimischen Natursteinen mit Schießscharten sowie das alte Pulverhaus wurden saniert, ausgebessert und erhalten so den historischen Bezug. Die dicken Betonplatten, auf denen früher Panzer fuhren, wurden nicht mit großem Aufwand zertrümmert und entsorgt, sondern zum Teil mit einem Kunststoffbelag überzogen und nahmen Spiel- und Sportflächen auf. Für die Sicherung der Bolzplatzflächen wurden keine Maschendrahtkäfige erstellt, die bisher stets reparaturanfällig waren und Lärm erzeugten. Sie wurden mit Kunststoff überzogenen Drähten geschützt, was sich bisher gut bewährt hat und den Vorteil hat, dass sie sich durchsichtiger in den Park integrieren. Bänke und andere Holzeinrichtungen wurden robust nach einem neu entwickelten System erstellt, das bei Schäden schnell repariert werden kann und vielseitig einsetzbar ist. Alte Platten wurden erneut mit großen Fugen verlegt, so dass sich dazwischen eine robuste Spontanvegetation entwickeln kann. Bitumenflächen wurden in Teilstücken zwischen Gehölzpflanzungen verlegt, um den Wildkrautbewuchs zu reduzieren und Abtransport und Entsorgung zu sparen. Ein besonders erhaltenswertes 1000 Quadratmeter großes Stück Spontanvegetation wird sich als Wald mit vielen Erläuterungen weiter entwickeln. Die neuen Pflanzungen wurden artenreich, naturnah und pflegearm mit standortgerechten Stauden und Gehölzen erstellt.

Spieleinrichtungen wurden in überschaubaren Einheiten für alle Altersgruppen mit interessanten Geräten ausgestattet. Besondere Highlights sind die sehr differenzierte Skaterbahn und das Kletterhaus. Es wurde so entwickelt, dass sich schon kleine Kinder an das Klettern gewöhnen und die größeren mit steigendem Alter mehr gefordert werden. Interessante Räume können im Haus entdeckt werden, und drei unterschiedlich große Rutschen runden das Angebot ab. Eltern finden mit Abstand ausreichend Sitzgelegenheiten, um sich zu treffen und die Kleinen im Auge zu behalten. Diese speziell entwickelte Einheit wird intensiv genutzt.

Der große Exerzierplatz wurde wieder wassergebunden hergestellt, dient für Ballspiele und große Feste. Eine gute Einrichtung, da sonst gerade bei uns in Deutschland die Feste immer mehr in vorhandene Parks verlagert werden und dort die Grünflächen über Gebühr strapazieren. Das anfallende Regenwasser wird durch ein Dränagesystem durch Versickerung dem Grundwasser wieder zugeführt. Eines der längsten Kasernengebäude der Welt mit 230 Meter Länge am Rande des Geländes wird in ein Wohnheim für 250 Studenten umgebaut.

Auch dieser Park wird je nach Jahreszeit von 19 Uhr oder 22 Uhr abgeschlossen und morgens um 8 Uhr durch einen Schließdienst wieder geöffnet. Bei unserem Besuch konnten wir mit den Polizisten sprechen, die mehrmals am Tag den Park durchfahren und im Auge behalten. Der Park wird seit 2013 im ersten Bauabschnitt intensiv genutzt. Die Gesamtkosten für die 17 Hektar belaufen sich inklusiv Grundstückserwerb auf 68 624.000 Euro. Die Stadt Lyon trägt davon 24 250.000 Euro und den Rest finanziert Grand Lyon. Hier ist ein interessanter Park im Entstehen, der die vorhandenen größeren Parks auf Grund seiner optimalen Lage zum Einzugsgebiet wirkungsvoll ergänzt.

Terrasses de la Presqu`ile

Nachdem vor wenigen Jahren am flussbegleitenden Park der Rhone durch die Verlagerung eines großen Parkplatzes unter die Fahrbahn und die neuen Terrassen zum Fluss eine erhebliche Aufweitung des schmalen Parks entstanden ist (S+G Heft 7/2014), folgt diesem Beispiel mit den geplanten Terrassen der Halbinsel (Presqu'ile) an der Saone nördlich der Brücke Marechal Alphonse Juin eine weitere Wohltat für das öffentliche Grün im Herzen der Stadt. Der 1970 dort geschaffene große Parkplatz wird ebenfalls in einem ersten Bauabschnitt unter die reduzierte Straße verlegt. Dann wird der alte Parkplatz, der eine wesentliche Sicht- und Nutzungsbarriere darstellt, entfernt und macht so Platz für eine großzügige Wegeführung am Flussufer und den flussbegleitenden Garten bis zur Kaimauer. Oberhalb der Kaimauer werden die für Lyon typischen Platanen nach Norden wieder gepflanzt. Von dort aus wird die Fußgängerzone bis zum Albonplatz und anschließend in den Stadtteil bis zur Kirche St. Nizier auf Kosten der bisherigen Fahr- und Parkflächen fortgesetzt. Eine Simulation am Bauzaun zeigt, wie es werden soll: Pflanzflächen, Bäume, Menschen die am Ufer und im flussbegleitenden Garten sitzen, die spazieren gehen, am Ufer entlang joggen, Mütter mit spielenden Kindern, junge Leute im Gespräch und alle genießen das Panorama über die Saone hinweg bis hoch auf den Hügel Fourviere mit der alles beherrschenden Basilika Notre Dame. Es ist der letzte Abschnitt des Uferparks an der Saone und soll 2021 vollständig erstellt sein. Dann kann man wieder die platzbegrenzende typische Lyoner Bebauung erleben bis hin zur dominierenden Kirche St. Nizier mit ihren beiden unterschiedlichen Türmen. Es sieht so aus, als ob das Geld nicht für beide Türme gereicht hat, doch der nördliche wurde schon in der Gotik aus roten Ziegeln erstellt und der zweite 400 Jahre später im neogotischen Stil aus Naturstein.

Die Planung der Freiflächen wurde nach einem Wettbewerb vom Landschaftsplanungsbüro Willmotte und Partner vorgenommen. Dieser wichtige zwei Hektar große öffentliche Freiraum vor der verdichteten Innenstadtbebauung mit dem 8500 Quadratmeter großen flussbegleitenden Garten und den 114 neuen Bäumen wird bis zur Fertigstellung ohne die Kosten des neuen Parkplatzes 22 Millionen Euro kosten.

Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Reduzierung der Rue Garibaldi durch Grün und Radweg. Foto: Horst Schmidt
Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Stadtplatz an der Rue Cuire mit Betonnachbildung der Seidenraupenkokons. Foto: Horst Schmidt

Umbau Rue Garibaldi

Die Straße Garibaldi wurde als eine der wichtigen Innenstadtstraßen in den 1960er-Jahren als "Autoroute urbaine" vielspurig ausgebaut, um den Autoverkehr der Innenstadt zu erleichtern. "Die Zeit der Beherrschung durch das Auto ist vorbei" und die Forderung wurde nach einem Umbau mit dem Ziel laut, die Lebensqualität durch die Reduzierung der Fahrspuren zu Gunsten von Grünflächen, breiten öffentlichen Fußgängerzonen sowie Fahrradwegen zu verbessern. Der erste Bauabschnitt von 800 Meter auf Höhe des neuen höchsten Hochhauses von Lyon ist fast abgeschlossen und zeigt, was erreicht werden soll, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen und das Stadtklima auch im Hinblick auf den Klimawandel zu verbessern. Durch den Umbau wird eine durchgehende Grünverbindung zwischen den Parks Tete d'Or und Blandan erreicht. Anwohner und Besucher der Stadt spazieren dann über mit Aufenthaltseinrichtungen versehene Fußgängerbereiche, die mit blühenden Pflanzungen vom Verkehr abgesetzt und geschützt sind, im Schatten der Bäume in den jeweiligen Park. Fahrradwege wurden neu angelegt und ebenfalls durch Pflanzung vom Autoverkehr getrennt. Wichtiges Ziel war, durch Optimierung der Überwege und Reduzierung der Fahrstreifen die Trennwirkung der früher überbreiten Straße im Quartier zu verringern. Das Regenwasser der Aufenthaltsflächen und der Radwege wird zur Bewässerung in die Pflanzflächen geleitet. Durch die 4500 Quadratmeter Pflanzfläche in diesem ersten Bauabschnitt soll die Biodiversität in der Stadt erhöht und ein Beitrag zur Minimierung der sommerlichen Hitze erreicht werden. Beides wird durch den Abschluss auch der nächsten Abschnitte wesentlich erhöht, wenn die Verbindung zu den Parks die jetzige Inselsituation auflöst.

Auflockerung des historischen Seidenweberquartiers

Ein Stadtspaziergang führte durch das früher wirtschaftlich so wichtige Seidenweberquartier mit dichter Bebauung in Baublöcken. Hier versucht die Stadt, wie in anderen dichten Stadtquartieren, mit Westentaschenparks begrünte Aufenthaltsflächen zur Verfügung zu stellen. Bäume, Sträucher, viele Stauden und Sommerblumen sollen das Grünvolumen im Quartier verbessern, und die kleinen Parks sollen für die Kinder Spielmöglichkeiten und Treffpunkte für die Erwachsenen zur Verfügung stellen. Auch die Stadtplätze werden wo möglich, wie zum Beispiel an der Rue Cuire, von den parkenden Autos befreit, begrünt und den Fußgängern sowie den Besuchern der Straßenkaffees wieder zurück gegeben.

Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
Gartendenkmal Rosa Mir. Foto: Horst Schmidt

Eine Besonderheit stellt ein anmutiges, "skuriles" Gartendenkmal in einem der Blockinnenhöfe mit dem Garten Rosa Mir Mercader dar, das der spanische Maurer und Fliesenleger Jules Sens auf 400 Quadratmeter in 20 Jahren in seiner Freizeit geschaffen hat. Er war 1951 nach Lyon gekommen und erkrankte ein Jahr später an Krebs. Im Krankenhaus hat er sich vorgenommen, wenn er wieder gesund wird, einen besonderen spanischen Garten zu Ehren der Jungfrau Maria und seiner Mutter Rosa Mir Mercader anzulegen. Aus vielen tausend Steinen und Muscheln hat er diesen Garten ohne Plan gebaut und mit 5000 Mittelmeerpflanzen bepflanzt. Noch vor seinem Tod hat er mit Freunden einen "Verein der Freunde" dieses Gartens gegründet, der noch heute die Besichtigung des Gartens an einem Samstag des Monats von 15 bis 18 Uhr organisiert. Wir waren mit Daniel Boulens dort und haben uns in die lange Schlange eingeordnet. Junge und ältere Besucher warteten geduldig bei interessanten Gesprächen bis sie an der Reihe waren, denn es können in den engen, durch mit Muscheln versehenen Pergolen nur jeweils 15 Leute den Garten besichtigen.

Im Jahr 1987 wurde er als historisches Denkmal aufgenommen, und das Gartenamt übernahm die Pflege. 2011 musste er saniert werden, da erhebliche Schäden aufgetreten waren und das Betreten des Gartens nicht mehr sicher war. Ein Hauptproblem war das Regenwasser, das nicht gezielt abgeführt wurde und zu den großen strukturellen Schäden geführt hatte. Das Denkmalamt ließ eine genaue Aufnahme erstellen, was schwierig war, da es keinerlei Pläne gab. Die Historie wurde erforscht und mit Spezialisten die grundsätzliche Sanierung geklärt. Unter der Leitung eines Gartenarchitekten wurde im September 2015 mit der Sanierung begonnen. Ab 25. Juni 2016 können wieder Führungen durchgeführt werden, die auf großes Interesse stoßen. Der Garten erinnert an die Anlagen des Architekten Gaudi in Barcelona, die Jules Sens wahrscheinlich gekannt hat. Die Sanierung erforderte einen Betrag von insgesamt 400.000 Euro.

Die Liste der Projekte ließ sich weiter fortführen, es sollte aber exemplarisch dargelegt werden, was in einer großen Stadt in unserem Nachbarland Frankreich im öffentlichen Grün unternommen wird, um sich auf die Zukunft vorzubereiten.

Autor

Ehemaliger Leiter des Gartenbauamtes Karlsruhe

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