Verkehrssicherungspflicht für Bäume

Neuerungen im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG)

Verkehrsicherungspflicht Verkehrssicherheit
Allerdings bezieht die Regelung sich nicht allein auf den Baumeigentümer, weil im Einzelfall Verfügungsberechtigter auch der bloße Besitzer oder ein Pächter sein kann. Dies ist neu. Foto: Tupungato, Adobe Stock

Der Gesetzgeber hat am 09.06.2021 mit Inkrafttreten zum 01.07.2021 im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) in § 24 die Verkehrssicherungspflicht des Verfügungsberechtigten, dessen Grundstück an Schienenwege angrenzt, neu geregelt. Weiterhin neu geregelt worden sind in § 24a die Befugnisse der Schienenwege betreibenden Unternehmen zum Schutze der Schienenwege vor Baumumsturz und Astabbruch. Ausweislich der Begründung des Gesetzgebers haben sich die bisherigen Maßnahmen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu Erfüllung ihrer Pflicht zur Gewährleistung eines sicheren Eisenbahnbetriebes für den Bereich der Vegetationskontrolle in der Praxis als nicht ausreichend erwiesen. Dies soll insbesondere daran liegen, dass sich bei extremen Wetterereignissen häufende Baumumstürze zur Einstellung des Eisenbahnverkehrs und Gefahren für die Nutzer des Schienenverkehrs führen. Durch die Neuregelungen sollen insbesondere von Grundstücken Privater ausgehende vegetationsbedingte Störungen des Betriebsablaufs verringert werden. Hierfür werden rechtliche Handlungsmöglichkeiten der Eisenbahninfrastrukturunternehmen ähnlich der bereits bestehenden Möglichkeiten der Straßenbaulastträger geschaffen. (vgl. hierzu BT-Drucksache 19/27671 vom 17.03.2021, S. 1 f.)

Der neu in das Gesetz eingeführte § 24 regelt die Verkehrssicherungspflicht des Verfügungsberechtigten, dessen Grundstück an Schienenwege angrenzt. Dieser wird verpflichtet, auf seinem Grundstück innerhalb eines 50 Meter breiten Streifens beidseits entlang der Gleise erforderliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um Gefahren für die Sicherheit des Schienenverkehrs oder anderer Rechtsgüter durch umsturzgefährdete Bäume, herausbrechende oder herabstürzende Äste oder sonstige Vegetation abzuwehren. Hat ein Dritter diese Pflichten vertraglich übernommen, hat er diese zu erfüllen, wenn er von dem Verfügungsberechtigten ordnungsgemäß ausgewählt, kontrolliert und überwacht ist. Diese Neuregelung hat aus meiner Sicht teilweise nur deklaratorischen Charakter, da diese Pflichten des Baumeigentümers bislang bereits ohne eine solche explizite Regelung bestehen. Allerdings bezieht die Regelung sich nicht allein auf den Baumeigentümer, weil im Einzelfall Verfügungsberechtigter auch der bloße Besitzer oder ein Pächter sein kann. Dies ist neu. Ebenso neu ist die ausdrückliche Verpflichtung auf einem 50 Meter breiten Streifen beidseits entlang der Gleise sowie die originäre Pflichtenbegründung desjenigen, der die Verkehrssicherungspflicht vertraglich übernimmt.

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Verkehrsicherungspflicht Verkehrssicherheit
Der neu in das Gesetz eingeführte § 24 regelt die Verkehrssicherungspflicht des Verfügungsberechtigten, dessen Grundstück an Schienenwege angrenzt. Foto: Verena N., pixelio.de

Sehr viel umfangreicher ausgestaltet ist der neue § 24a zu den Befugnissen der Schienenwege betreibenden Unternehmen. Diese sind nach Abs. 1 der Vorschrift unbeschadet der Pflichten des originär Verkehrssicherungspflichtigen berechtigt, die Baumbestände, also auch fremde Baumbestände, entlang ihrer Schienenwege in angemessenen zeitlichen Abständen zu kontrollieren und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen. Dieses Recht geht gemäß Abs. 1 S. 2 sogar soweit, dass auch solche Bäume berücksichtigt werden sollen, aufgrund derer eine Gefährdung der Sicherheit des Schienenverkehrs noch nicht besteht, aber zu besorgen ist. In Abs. 2 der Vorschrift wird das Recht der Schienenwege betreibenden Unternehmen zum Betreten fremder Grundstücke zur Durchführung der Verkehrssicherheitskontrollen statuiert. Solche Kontrollen sind dem Besitzer mindestens 14 Tage vor ihrer Durchführung ortsüblich anzuzeigen und auf der Internetseite des Unternehmens anzukündigen. Dem Besitzer ist auf vorherige Anforderung Gelegenheit einzuräumen, bei den Sichtkontrollen anwesend zu sein. Nach Abs. 3 sind die Ergebnisse der Sichtkontrollen in geeigneter Weise zu dokumentieren. Werden Gefahren festgestellt, sind diese dem originär Verkehrssicherungspflichtigen unverzüglich anzuzeigen und ist dieser auf seine Verkehrssicherungspflicht hinzuweisen. Zu fällende Bäume, herausbrechende oder herabstürzende Äste sollen eindeutig und dauerhaft gekennzeichnet werden. Außerdem sollen die Schienenwege betreibenden Unternehmen auf Bäume hinweisen, bei denen eine Gefahr für die Sicherheit des Schienenverkehrs noch nicht besteht, aber eine Gefährdung zu besorgen ist. Nach Abs. 4 sind bei Gefahr im Verzug die Schienenwege betreibenden Unternehmen berechtigt, Gefahren unverzüglich zu beseitigen. Der originär Verkehrssicherungspflichtige hat die Gefahrenbeseitigung zu dulden und dem Schienenwege betreibenden Unternehmen die hierfür notwendigen Kosten zu erstatten.

Die Neuregelungen sind meines Erachtens weitgehend begrüßenswert. Problematisch sind allerdings die Regelungen, die im Vorfeld einer konkreten Gefahr bereits bei einer bloß abstrakt zu besorgenden künftigen Gefahrenlage Pflichten begründen. Dies mag im Interesse der Schadenvorsorge sinnvoll sein. Es kann im Konfliktfall aber zu Problemen führen, weil völlig unklar ist, bei welchen Sachverhalten beziehungsweise unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Gefährdung der Sicherheit des Schienenverkehrs zwar noch nicht besteht, aber zu besorgen ist.

Ass. jur. Armin Braun, GVV-Kommunalversicherung

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