Stadtentwicklung

Nur vorbeugende Maßnahmen können Eskalationen bei Großprojekten verhindern

Baustellen
Junge Erwachsene haben Vertrauen in das Sozial- und Gesundheitssystem. Am geringsten ist bei ihnen das Vertrauen in die Wirtschaft, die Medien und die Politik ausgeprägt. Foto: TU Braunschweig

Ob ein Großprojekt einvernehmlich mit der Bevölkerung beschlossen werden kann oder in einer Eskalation mündet, haben Forschungsteams aus Sozialwissenschaften, psychologischer Vertrauensforschung, Sozialpsychologie, Rechtswissenschaft und Bauingenieurwesen der drei niedersächsischen Universitäten Braunschweig, Göttingen und Hannover untersucht. Drei Jahre lang haben sie Muster der Eskalation und Deeskalation bei der Kommunikation großer Infrastruktur- und Bauvorhaben erforscht.

Ob ein großes Infrastrukturprojekt auf Widerstand in der Bevölkerung stößt, entscheidet sich oftmals gleich zu Beginn. Subjektiv Betroffene bilden sich frühzeitig eine Meinung, indem sie ihre Einstellung zu gesamtgesellschaftlichen Anliegen und persönlichen Werten auf die konkret anstehenden Vorhaben übertragen. Das grundsätzliche Vertrauen in die Gesellschaft, ihre zentralen Institutionen und Personen ist eine wesentliche Grundlage für Eskalationsvermeidung, kann aber im Konfliktprozess kaum aufgebaut werden. Politische, rechtliche, technische und andere Rahmenbedingungen können dann einen einmal begonnenen Eskalationsprozess verstärken. Kein einzelner Faktor aber ist allein verantwortlich für Eskalation.

Deeskalation muss - darin stimmen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überein - daher immer vorbeugend erfolgen. Sie muss einerseits darauf zielen, Legitimitätsdefizite ganzheitlich zu vermeiden. Zum anderen müssen Planungen spezifische situative Faktoren berücksichtigen, um zu verhindern, dass ein Projekt zur Arena größerer Konflikte wird.

Unzureichende Transparenz und undeutlich oder uneinheitlich kommunizierte Beteiligungsmöglichkeiten an der Planung und der Durchführung von Großbauprojekten tragen zur Konflikteskalation bei. Dem Wunsch der Bürger nach kooperativem Handeln mit Verwaltungen und Entscheidern wird dann nicht hinreichend nachgekommen.

Während der Nutzen großer Baumaßnahmen in der Regel aus der Sicht der Träger feststeht und kommuniziert wird, steigen die geschätzten Kosten im Laufe des Planungsvorhabens mit dem Detaillierungsgrad der Planung. "Mit der steigenden Planungstiefe nimmt aber auch die öffentliche Wahrnehmung eines Vorhabens zu. Gleichzeitig werden die Entscheidungsspielräume von Behörden und Vorhabenträgern immer kleiner. Das steigert das Konfliktpotenzial", sagt Prof. Thomas Siefer vom Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und -betrieb der TU Braunschweig. Sein Fazit: "Eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung kann die Planung effizienter machen und die lokalen Belastungen reduzieren." Im Teilprojekt wurden mehr als 100 Vorhaben ausgewertet und daraus ausgewählte Großprojekte genauer analysiert.

Eine besondere Rolle kommt dem Vertrauen in die beteiligten Akteure zu: Je stärker von einem Vorhaben betroffene Bürger den Entscheidungsträgern vertrauen, desto weniger eskalativ fallen ihre Proteste aus. Integrität, Unterstützung, Kompetenz und Sachbezogenheit können Vertrauen fördern. Aber wie steht es um dieses Vertrauen? Die Mehrzahl von 450 Studierenden der TU Braunschweig gab im Rahmen ihrer Befragung an, dass ihr Vertrauen in gesellschaftliche Systeme und Institutionen in den letzten zwölf Monaten abgenommen hat, auch wenn dies nicht längsschnittlich erhoben wurde, deutet dies auf eine Bedrohung erlebten Vertrauens hin. "Die Studie ist noch nicht repräsentativ", erläutert Prof. Barbara Thies vom Institut für Pädagogische Psychologie der TU Braunschweig. "Wir vermuten allerdings, dass das Vertrauenserleben junger, gebildeter Erwachsener als zukünftige Gestaltende unserer Gesellschaft fragil ist."

TU Braunschweig

SUG-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Staatlich geprüfte*r Bautechniker*in (m/w/d) für..., Halstenbek  ansehen
Landschaftsarchitekt/-in (w/m/d), Wiesbaden  ansehen
Fachkraft (m/w/d) für die technische..., Pullach im Isartal  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle grüne Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen