Ein moderner Stadtpark für alle Generationen

Parc Kaltreis in Luxembourg Stadt

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Der neue Weltraumspielplatz mit dem Wasserspiel im Hintergrund. Foto: Johannes Zell

In den vergangenen Jahren ist die Einwohnerzahl der Stadt Luxembourg stetig gewachsen.¹ Derzeit verteilen sich rund 114.000 Einwohner (Stand 2017)² auf 24 Stadtteile. Mit der ansteigenden Bevölkerung wächst auch der Nutzungsdruck auf die öffentlichen Freiräume. Es werden qualitativ hochwertige Freiräume, mit einem Angebot für alle Altersklassen, die das soziale und gesellschaftliche Zusammensein fördern benötigt.

Die Stadt Luxembourg hat den Anspruch, der Bevölkerung in jedem Stadtteil ausreichend öffentlichen Freiraum in Form von Plätzen, Parkanlagen und Spielplätzen zur Verfügung zu stellen. Im südlich des Zentrums gelegenen und einwohnerstärksten Stadtteil Bonnevoie-Sud wird die Nachfrage nach öffentlichem Freiraum durch den Parc Kaltreis abgedeckt.

Die circa drei Hektar große Parkanlage wurde in den 80er-Jahre realisiert und ist seit dem ein wichtiger Bestandteil des Freiraumnetzes der Stadt. Durch seine exponierte Lage zwischen Stadtlandschaft (Wohnquartier) im Norden und Kulturlandschaft (Agrar-, Wald- und Wiesenflächen) im Süden fungiert der Park als Verbindungsglied der beiden Landschaftstypen. Auch in der Parkanlage treffen landschaftliche Elemente wie Teichanlagen, weitläufige Wiesenflächen und geschwungene Wegeverbindungen auf urbane Elemente wie Spielplätze, Beachvollyball-, Basketball- und Multisportfeld.

Von Ende 2015 bis Mitte 2017 hat eine umfangreiche Revitalisierung und Umgestaltung des Parks stattgefunden. Ein neues Gestaltungskonzept, in dem die Wünsche und Anregungen der Bevölkerung berücksichtigt wurden macht die Parkanlage zukunftsfähig.

Anlass und Partizipationsverfahren

Ausgangspunkt für die Sanierung waren technische und optische Mängel an den beiden künstlich angelegten Teichanlagen. Der Überlauf vom oberen in den unteren Teich war defekt, beide Teichanlagen waren durch wuchernde Vegetation zugewachsen und ein Teich hat Wasser verloren. Es musste eine grundlegende Revitalisierung beider Teiche erfolgen.

Dies nahm die Stadt Luxembourg zum Anlass, einen Partizipationsprozess zu initiieren, um herauszufinden, wie zufrieden die Nutzer mit dem Park sind und ob es Verbesserungswünsche gibt. Die Bevölkerung konnte ihre Meinung, Wünsche und Ideen zur Parkanlage äußern und wurde auch in den weiteren Planungsprozess eingebunden.

Im Rahmen der Bürgerbeteiligung stellte sich heraus, dass die Parkanlage den heutigen und zukünftigen Nutzungsansprüchen der Nutzer nicht mehr entspricht. Es gab eine Vielzahl von Nutzungswünschen, die der Bestand nicht abdecken konnte. Deshalb hat sich die Stadt dazu entschlossen, eine umfassende Umgestaltung weiterer Parkbereiche vorzunehmen. Zu den Wünschen und Ideen, die geäußert wurden zählten unter anderem: Ein Themenspielplatz "Weltraum", ein Street Workout Park, Sitz- und Aufenthaltsbereiche im Schatten und ein Wasserspiel. Die aktive Beteiligung an der Planung hat bei den Bürgern großen Zuspruch gefunden. So berichtet eine Nachbarin: "Ich habe an einer Veranstaltung teilgenommen, es war sehr interessant und ich habe es sehr geschätzt, nach meiner Meinung gefragt zu werden". Rund 40 Personen unterschiedlicher Altersklassen waren bei den jeweiligen Veranstaltungen anwesend. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Partizipationsverfahrens und der Anforderungen der Stadt Luxemburg entwickelte das mit der Planung beauftragte Büro Förder Landschaftsarchitekten aus Essen ein neues Gestaltungskonzept und Parkprogramm.

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Lageplan der Umgestaltung des Parc Kaltreis. Foto: Förder Landschaftsarchitekten
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Die bestehende Hecken-Einfriedung um das Basketballfeld wurde entfernt, eine neue Übersichtlichkeit entsteht, im Hintergrund der neue Street Workout Park. Foto: Johannes Zell
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Street Workout Park. Foto: Johannes Zell

Gestaltungskonzept und Parkprogramm

Die vorhandenen urbanen und landschaftlichen Elemente werden durch gezielte Eingriffe und Ergänzungen gestärkt und neu in Szene gesetzt. Die bestehende Vegetationskante entlang des Boulevards Kaltreis wird erhalten und bleibt das Rückgrat der Parkanlage. Sie ist der Gegenspieler zur gegenüberliegenden unbebauten "landschaftlichen Kante", die einen Ausblick in die Kulturlandschaft ermöglicht. Innerhalb der Parkanlage wird die Vegetation punktuell ausgedünnt, Unterholz und Hecken-Einfriedungen werden gerodet. Es entstehen neue Blickbeziehungen und die Übersichtlichkeit wird erhöht.

Das neue Zentrum bildet die Urbane-Mitte mit dem Park-Entrée, Spiel-, Sport- und Aufenthaltsbereichen. Im Osten und Westen grenzt jeweils ein landschaftlicher Bereich an. Verbunden werden die drei Parkbereiche durch einen neuen Hauptweg, der die gesamte Anlage von Osten nach Westen erschließt. Die vorhandenen Nord-Süd-Verbindungen bleiben bestehen, werden zum Teil erweitert und instand gesetzt. Somit ist weiterhin eine Querung des Parks vom angrenzenden Wohnquartier in die Kulturlandschaft möglich.

Urbane-Mitte

Der ehemals unauffällige mittlere Parkeingang wird zu einem weithin sichtbaren Haupteingangsbereich ausgebaut. Das neue großzügig gestaltete Entrée, das in eine Piazza mit Wasserspiel übergeht, heißt die Parkbesucher Willkommen und bietet ihnen eine erste Orientierung. Zugleich befinden sich hier auch die infrastrukturellen Einrichtungen, wie die öffentlichen Sanitäranlagen, Trinkwasserspender und eine ausgewiesene Abstellfläche für Foodtrucks.

Die Piazza teilt die Urbane-Mitte in einen Sport- und Spielbereich. Das vorhandene Sportangebot wird durch ein Boule-Feld und mehrere Tischtennisplatten erweitert. Der neue Street Workout Park ermöglicht es, den ganzen Tag über, egal ob morgens, mittags oder abends, zu trainieren und stellt eine kostenlose Alternative zum Fitnessstudio dar. Insgesamt gibt es neben einem Schlingentrainer, einem Fitnessfahrrad und einem Crosstrainer sieben weitere Trainingsgeräte, an denen alle Körperpartien gestärkt werden können. Bei der Auswahl der Geräte wurde darauf geachtet, dass sie von allen Sportbegeisterten genutzt werden können egal, welches Fitness-Level sie haben.

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"Apollo 11" mit seinen drei unterschiedlichen Rutschentypen und Fernrohr. Foto: Johannes Zell
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Blick auf den Weltraumspielplatz mit "Apollo 11", dem "Lunar Roving Vehicel" und "The Saturn`s Mine". Foto: Johannes Zell
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Blick in die Tunnelrutsche mit der "Reise zu den Planeten". Foto: Johannes Zell
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Raktenbedienpult zum Start von "Apollo 11" auf dem Plateau des "Lunar Roving Vehicel". Foto: Johannes Zell

Hauptattraktion für alle Kinder ist der Themenspielplatz "Weltraum" - ein Wunsch aus dem Partizipationsverfahren, der zugleich das Bestreben der Stadt Luxemburg aufgreift, über das gesamte Stadtgebiet verschiedene Themenspielplätze zu verteilen, damit abwechslungsreiche und attraktive Spielräume entstehen. Über zwei ovale Spielinseln, die eine gefüllt mit Sand, die andere gefüllt mit Perlkies, erstrecken sich die neun Spielelemente. Ein Großteil der Spielgeräte sind Sonderanfertigungen, die eigens und bis aufs kleinste Detail für den Parc Kaltreis entworfen und gebaut wurden.

Schon aus der Entfernung erkennt man "Apollo 11" den Raketen-Rutschenturm. Mit seiner rot-weiß karierten Lochblechverkleidung und einer Höhe von 7,80 Metern ist er der Blickfang des gesamten Spielbereichs. Der Turm ist in drei Ebenen mit drei unterschiedlichen Rutschentypen gegliedert. Die erste Ebene mit einer Breitrutsche für Kleinkinder, die zweite Ebene mit kombinierter Tunnel-Kastenrutsche und die dritte Ebene mit einer Tunnelrutsche.

Sobald die Kinder in die Tunnelrutschen steigen, begeben sie sich auf eine Reise zu den Planeten. Hierfür sorgen blau-rote Sicht- und Lichtpunkte, die in die Rutsche eingelassen sind und ein Planetensystem symbolisieren. Verbunden sind die drei Ebenen durch Leitern, Seile und Kletternetzte. Während die erste Ebene noch problemlos erreichbar ist, steigt der Schwierigkeitsgrad von Ebene zu Ebene. Auf der zweiten Ebene ermöglicht ein Fernrohr den Blick über den Park und in die Landschaft. Innerhalb des Turms können die Kinder mit Hilfe von Röhrentelefonen untereinander kommunizieren.

Direkt neben "Apollo 11" befindet sich die Raumkapsel "Lunar Roving Vehicel". Zum einen dient sie den Kindern als Rückzugsort, an dem sie spielen oder sich verstecken können. Zum anderen als Aussichtsplateau, von dem aus "Apollo 11" mit Hilfe eines Raketenbedienpults "gestartet" werden kann. Erreicht werden kann das Plateau über eine Leiter oder eine kleine Kletterwand.

"The Saturn`s Mine" ist eine Sandbaustelle, die in ihrer Form den Ringen des Planeten Saturns nachempfunden ist. An drei Stationen mit sieben Tischen, Trichtern und Kränen kann Sand transportiert und verarbeitet werden. Richten die Kinder ihren Blick nach oben, entdecken sie in der Konstruktion von "The Saturn`s Mine" ein farbiges Planetensystem. Ergänzt werden die drei Spielelemente durch eine Seilbahn ("Skywalk"), mehrere Schaukeln für alle Altersklassen ("Skyview") und einer Drehscheibe ("The Moon").

An heißen Sommertagen bekommt der beliebte Weltraumspielplatz Konkurrenz durch das Wasserspiel auf der Piazza. Dessen hügelige Gestaltung aus modelliertem Ortbeton und einer anthrazit eingefärbten Mörtelbeschichtung weckt bei näherer Betrachtung Assoziationen zu einer Planetenoberfläche.

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Wasserspiel auf der Piazza. Foto: Johannes Zell
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In den Sommermonaten Wasserspiel, in den restlichen Monaten als Skate- und Bike-Anlage nutzbar. Foto: Johannes Zell
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Nebeldüsen. Foto: Johannes Zell

20 Nebeldüsen, neun Wasserdüsen und zwei Wasserkanonen sorgen für eine Menge Spaß bei den kleinen Parkbesuchern. Nebel- und Wasserdüsen lassen sich über Sensortaster separat anschalten und die Wasserkanonen sind frei schwenkbar. So können die Kinder das Geschehen aktiv mitbestimmen. Um Trinkwasser einzusparen, funktioniert das Wasserspiel in einem geschlossenen Wasserkreislauf. Das Abwasser wird in einer unterirdischen Zisterne aufgefangen, durch eine Filteranlage aufbereitet und wieder zurückgeführt. Während der Monate, in denen das Wasserspiel nicht in Betrieb ist, kann es angesichts seiner Gestaltung als Skate- und Bike-Anlage genutzt werden.

Ergänzt wird das Spiel- und Sportangebot durch attraktive Aufenthaltsbereiche. Unter einem Sonnensegel, kann an Tischen und Bänken gepicknickt werden. Sitzbänke sind so positioniert, dass sie den Eltern einen guten Blick auf die spielenden Kinder ermöglichen. Darüber hinaus verfügt die Parkanlage über ein öffentliches WLAN-Netzwerk, eine gute Voraussetzung, um bei schönem Wetter im Freien zu arbeiten.

Landschaftliche Bereiche und revitalisierte Teichanlagen

Verlässt man die belebte Urbane-Mitte Richtung Osten oder Westen, gelangt man in die landschaftlichen Bereiche. Hier stehen Ruhe, Erholung und Entschleunigung im Mittelpunkt. Geschwungene Wege machen die Landschaft erlebbar und laden zum Flanieren ein. Zahlreiche Sitzbereiche bieten die Möglichkeit, das Geschehen im Park zu beobachten. Etwas abseits im Schatten der Bäume können die Besucher ihre geistige Fitness an Schachtischen trainieren.

Höhepunkt ist ein neuer, an das bestehende Wegenetz angebundener Weg aus Trittplatten, der an einer Aussichtsterrasse mit Blick auf die Landschaft und die revitalisierte Teichanlage mündet. Entlang des Weges sind geschwungene Sitzliegen angeordnet, auf denen es sich alleine oder zu zweit relaxen lässt.

Sowohl im landschaftlichen Bereich als auch am Rand der Urbanen-Mitte befindet sich eine künstliche Teichanlage. Beide wurden ausgebaggert, neu profiliert und modelliert. Aufgrund des hohen Ton- und Lehmanteils im Boden, konnte eine Ausbesserung der Teichabdichtung mit dem anstehenden Boden erfolgen. Es musste kein zusätzliches Material angeliefert werden. Damit sich die Wasservegetation zukünftig nicht mehr in den Teich hinein ausbreitet, wurde sie in Schachtringe gesetzt. Ursprünglich waren die beiden Teiche über einen kleinen Bachlauf miteinander verbunden, der als Überlauf fungierte. Diese Funktion übernimmt heute eine unterirdisch verlaufende Entwässerungsleitung. Mit der Revitalisierung konnte sichergestellt werden, dass die Teichanlagen auch weiterhin ein wichtiger Lebensraum für die Tier- und Pflanzenwelt sind.

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Landschaftlicher Bereich mit Weg aus Trittblatten und geschwungenen Sitzliegen. Foto: Johannes Zell
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Revitalisierte Teichanlage. Foto: Johannes Zell

Seit seiner Wiedereröffnung ist der Parc Kaltreis nicht nur ein beliebter Aufenthaltsort für die Bewohner des Stadtteils Bonnevoie-Sud, sondern auch Ausflugsziel für die Bevölkerung des gesamten Stadtgebiets und aus dem Umland. Durch die gezielten Maßnahmen der Umgestaltung ist es gelungen, dass der Park dem erhöhten Nutzungsdruck standhält und ein wichtiger Bestandteil des Freiraumnetzes der Stadt Luxemburg bleibt. Der Park ist aus sozialer, gestalterischer und technischer Sicht für die Gegenwart und die Zukunft gerüstet. Hierzu haben die Bürger mit ihren Ideen und Wünschen einen wichtigen Beitrag geleistet.

Ort: Luxembourg Stadt

Auftraggeber: Ville de Luxembourg/Service de Parcs

Fläche: 2,9 ha

Zeitraum: 2015-2017

Leistungsumfang: Objektplanung Freianlagen

Anmerkungen

¹ www.luxembourg.public.lu/de/ actualites/2016/02/24-population/index.html

² www.luxembourg.public.lu/de/ actualites/2017/01/30-population-vdl/index.html

 Johannes Zell
Autor

Landschaftsarchitekt

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