Park Sanssouci - Entwicklung zum Landschaftspark

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Gartendenkmäler
Park Sanssouci mit Weinterrassen und Lustgarten. Die Hauptallee Richtung Westen zum Neuen Palais und Lindenallee in den Wildpark im Jahr 2000. Foto: Lutz Hannemann, Stiftung preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, SPSG

Park Sanssouci verdankt Friedrich II. (reg. 1740-1786) seinen Ursprung und Namen. Millionen von Besuchern verbinden jährlich die Weinterrassen mit dem thronenden Rokoko-Schlösschen und dem grandiosen Blick hinauf zum Ruinenberg mit dem König von Preußen. Doch unter Bewahrung des Friderizianischen ist Sanssouci im Laufe der Zeit zu einem großen Landschaftspark erweitert worden.

Der friderizianische Park im 18. Jahrhundert

Friedrich II. orientierte sich zurzeit des Spätbarock und des Rokoko an europäischen Vorbildern. Architektonisch gehaltene Erlebnisräume von Exotik (surprise), Leichtigkeit, Zierlichkeit und Skulpturen standen im Vordergrund. Aus eigener Anschauung kannte Friedrich die Gartenkunst nicht nur im eigenen Lande wie Berlin, Dresden, Salzdahlum, Kassel oder Bayreuth, sondern auch aus den Niederlanden. Anregungen bezog er zudem aus den Gartentheorien und Musterbüchern über Frankreich, Italien und England. Als 32-Jähriger übergab er Rheinsberg seinem Bruder Heinrich und befahl in Sanssouci die Anlage eines Weinberges und den Bau seiner Gruft.

Einen Grundplan für die Ausgestaltung von Park Sanssouci hat es nie gegeben. Friedrichs Ideen und Schöpfungen entwickelten sich schrittweise. Georg Wenzeslaus v. Knobelsdorff, der ihm frühzeitig zum Lehrer in Malerei, Bau- und Gartenkunst wurde, erhielt nun "die Oberaufsicht über die Bauwerke und Gärten". Bis 1750 entstand so der immer wieder veränderte Lustgarten unterhalb des Schlosses. Eine große Rolle spielte von Anfang an die Integration von Nutzpflanzen wie Wein und Obst. Hunderte empfindliche Orangen, Zitronen, Ananas und Bananen wurden in den Orangerien über den Winter gebracht. Auch Wasserkünste versuchte Friedrich zu installieren. Ein Beispiel ist die 1751-1757 errichtete Neptungrotte im östlichen Lustgarten. In einer zweiten Phase ließ Friedrich die Hauptallee nach Westen in den alten Fasanen- und Rehgarten mit flankierenden Gartenkabinetten ausbauen. Auf einer Reise nach Kassel und Bayreuth war er derart von der Mode der "sinesischen" Anlagen beeindruckt, das er mit Anregungen von Sir William Chambers 1754 eine Skizze für das Chinesische Haus am Rande des Rehgartens fertigte. Georges Louis Le Rouge publizierte später (1775) den "Jardins Anglo-Chinois de Sanssouci". 1755, nach einer Reise in die Niederlande, wurde anstelle von Treibhäusern östlich des Schlosses mit dem Bau der ersehnten Bildergalerie begonnen, eine der ältesten fürstlichen Museumsbauten. Unterhalb des Gebäudes im friderizianischen Rokoko verwirklichte Friedrich einen "Holländischen Garten" mit Laubengängen und Obstpflanzungen.

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Friedrichs dritte Gestaltungsphase begann 1763, nachdem Preußen den Dritten Schlesischen Krieg, den sogenannten Siebenjährigen Krieg glücklich gewonnen hatte. Für den Bau des Neuen Palais und dessen umgebenden Gartenanlagen mit Rasenparterre, Heckentheater und Musiksalon ließ Friedrich die Hauptallee in barocker Manier 350 Meter nach Westen verlängern und über das Neue Palais hinaus rund 700 Meter (später zwei Kilometer) in den westlich anschließenden Wildpark ausgreifen. Nun wurde auch der gesamte nördlich liegende Hügel für Bauten, Gartengestaltungen und Aussichten genutzt: das Drachenhaus, ebenfalls im chinesischen Stil wie auch das Belvedere als offenen, zweigeschossigen Rundbau nach Einflüssen des italienisch-englischen Palladianismus.

Park Sanssouci ist nach dem Tode Friedrichs durch spätere Könige und Kaiser auf etwa 300 Hektar Ausdehnung vergrößert worden. Längst hatte der Stil des Landschaftsgartens auf dem Festland Einzug erhalten. Friedrich Wilhelm II. (reg. 1786-1797) begründete eine moderne Gartenverwaltung und bestellte Hofgärtner Johann August Eyserbeck aus Wörlitz für die Ausgestaltung des "Neuen Gartens" im frühlandschaftlichen Stil mit dem Marmorpalais als neue Residenz. In Sanssouci wurde bis auf den Kirschgarten vor den Neuen Kammern und den Parterres vor den Schlössern nur wenig landschaftlich umgestaltet.

Der Landschaftsgarten im "gemischten Stil" des 19. Jahrhunderts

Ein Jahr nach dem Wiener Kongress wurde Peter Joseph Lenné (1789-1866) von Friedrich Wilhelm III. (reg. 1797-1840) nach Potsdam bestellt. Erste revolutionäre Ideen zur landschaftlichen Umwandlung des friderizianischen Parks blieben unausgeführt. Nach Verschönerungsvorschlägen von John Adey Repton (1775-1860), Sohn des berühmten Humphry Repton, in Sanssouci bildete sich Lenné 1823 auch in England weiter.

Um 1825 dann, als Lenné eigenhändige Entwürfe zur Ausgestaltung der neuen Gartenanlagen um Schloss Charlottenhof mit sanften Hügelmodellierungen als bedeutende südliche Erweiterung des Parks Sanssouci für den Kronprinzen Friedrich Wilhelm (IV.) (reg. 1840-1858) vorlegte, begannen im gesamten Park Sanssouci allmähliche Überformungen. Nach Vorbild der reifen englischen Landschaftsgartenkunst setzte Lenné nun unter französischen und niederländischen Einflüssen mit elegant geformten Wegeführungen aktuelle Prinzipien um: die "Integration", die freie Kombination beziehungsweise Durchdringung oder Überlagerung gleichwertiger, "architektonisch" und "landschaftlich" geprägter Elemente oder Partien. Auf diese Weise zonierte Lenné im Dialog mit dem Kronprinzen die neu gestalteten Gartenbereiche unter Einbeziehung friderizianischer Strukturen und Ausnutzung der umgebenden Landschaft und vorhandenen Baulichkeiten. In Charlottenhof mit seinem Schloss und den Römischen Bädern am Maschinenteich offenbarte sich zum Beispiel ab 1826 eine Abfolge von Blumengärten, Pleasureground (Italienisches Stück), Park und Landschaft, mit Blickbeziehungen bis zum Neuen Palais. In Verbindung mit der von Lenné 1823 initiierten Gärtnerlehranstalt wurde Sanssouci und die preußische Kulturlandschaft bald Inspirationsquelle für viele europäische Länder, in Schweden sogar als ein "deutscher Gartenstil" diskutiert.

Mit dem Regierungsantritt des Königs Friedrich Wilhelm IV. begannen seit 1840 auch im Lustgartenbezirk von Schloss Sanssouci Veränderungen, ohne dabei jedoch die spätbarocken Grundstrukturen zu beeinträchtigen. So verband Lenné die antiken Staffagen des Wasserreservoirs auf dem Ruinenberg mit dem Schlossbereich im Sinne der Landesverschönerung mit von Pflanzenstreifen alleenartig geschmückten Wegen über landwirtschaftlich geprägte Partien hinweg. Eine andere Erweiterung stellte ab 1827 der sogenannte Hopfengarten unterhalb der Maulbeerallee (Klausberg) bis zum Garten am Lindstedter Schloss dar. Hier setzte der König 1848 Lenné höchstpersönlich eine von Christian Daniel Rauch gefertigte Herme als Denkmal. Neben dem Ruinenberg und dem Pfingstberg wurde er Bestandteil des 1860 neu gegründeten Reviers "Außerhalb Sanssouci".

Für die umfangreichen Verschönerungen im Park Sanssouci engagierte Friedrich Wilhelm IV. neben den bedeutenden Architekten um Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) und Ludwig Persius (1803-1845) und Bildhauern wie Christian Daniel Rauch (1777-1857) Gartenkünstler, neben Lenné vor allem die Oberhofgärtner Hermann (1800-1876) und Emil Sello (1816-1893), Carl Fintelmann (1794-1866) sowie Gustav Meyer (1816-1877), den späteren Stadtgartendirektor von Berlin. Sie hatten nicht nur wie die vorangegangenen Hofgärtner die vorhandenen Parkanlagen zu pflegen und zu bewahren, Neuanlagen zu entwerfen und auszuführen, sondern desgleichen besondere Partien wiederherzustellen - dies macht Friedrich Wilhelm zu einem Vorläufer der staatlichen Denkmalpflege.

Der heutige Charakter des Fontänenrondells und die Ausstattung des Parterres unterhalb von Schloss Sanssouci gehen zum Teil auf diese frühe Regierungsphase Friedrich Wilhelms IV. zurück. Im Zuge der Errichtung der Friedenskirche exakt 100 Jahre nach Gründung von Schloss Sanssouci formte Lenné um 1846 den Marlygarten vom ehemaligen Küchengarten zu einem meisterlich ausgestalteten Pleasureground mit sanften Hügelzügen, Blumenbeeten und Ziersträuchern. Auch der Rehgarten wurde von Lenné schrittweise mit geschwungenen Wegen neu erschlossen, ebenso die Umgebung des Chinesischen Hauses. Nach langen Vorplanungen wurde seit 1851 bis in die 1860er Jahre das Triumphstraßenprojekt mit den geschmückten Terrassen an der neuen Orangerie, dem Sizilianischen und dem Nordischen Garten als östliches Pendant zum Paradiesgarten (1844) ausgeführt.

Für Kronprinz Friedrich (III.) (reg. 1888) und seine Gemahlin Viktoria wurden ab 1859 das Neue Palais und die zugehörigen Gartenanlagen unter der Leitung Emil Sellos modernisiert. Die Kronprinzessin ließ in den Heckenquartieren einen Rosengarten durch Hofgärtner Emil Sello gestalten. Viktorias Nachfolgerin Kaiserin Auguste Victoria, Gemahlin Wilhelms II., behielt den Rosengarten bei, ließ ihn umgestalten und um einen zweiten erweitern. Statt der Einzelbepflanzung wurden größere repräsentative Flächen mit verschiedenfarbigen Sorten angelegt.

Für Kaiser Wilhelm II. (reg. 1888-1918) wurde das Parterre am Neuen Palais mit üppiger Blumenpracht, zwei Springbrunnen und einer Gartenbalustrade ausgestattet. Die Umgebung des Belvedere formte Georg Potente, späterer Gartendirektor, 1902-1907 das sogenannte, mehr als 20 Hektar umfassende Potente-Stück, eine Art nordische Heidelandschaft mit Laub- und Nadelbäumen, weiten Wiesen und Findlingen. Als Verbindung zur Orangerie ließ er eine Krimlindenallee pflanzen. Zum 25-jährigen Dienstjubiläum Kaiser Wilhelms II. entstand 1913 als letztes größeres Bauwerk die Jubiläumsterrasse mit dem bis an die Hauptallee heranführenden Rasenstück (Neues Stück).

Bewahrung des Geschichts- und Zeugniswerts

So war nach und nach ein umfassendes Gartenkunstwerk unterschiedlicher Zeitschichten hohen Ranges entstanden. Das Alte wurde bewahrt und nur wenig verändert, denn die nachfolgenden Fürsten ließen neue Schlösser und Parks an anderen Orten anlegen. Da sie die Schlösser im Park Sanssouci weiterhin als Residenz oder für Empfänge und Feste nutzten, trat Neues im Zeitgeist additiv hinzu, wurde ergänzt oder integriert. Sanssouci wurde zu einem großen landschaftlichen Park im "gemischten Stil" mit vielen architektonischen Partien. Im 19. Jahrhundert wurde Sanssouci ein wichtiges Bindeglied zwischen weiteren hochwertigen Parkanlagen, Landschaften, von der Havel über Wälder, Alleen und geschmückten Ackerflächen bis zu den Turmspitzen der Stadt Potsdam. Die bildhafte Inszenierung entsprang der Idee der Landesverschönerung und formte die berühmte historische "Potsdam-Berliner Kulturlandschaft".

Mit dem Ende der Monarchie in Deutschland kam es 1927 nach langen Verhandlungen zur "Fürstenabfindung" und Gründung der "Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten". Damit etablierte sich die Verpflichtung, den über rund 180 Jahre gewachsenen Park Sanssouci nun als Kulturdenkmal mit spezifischen Nutzungsmöglichkeiten im öffentlichen Interesse zu bewahren, zu pflegen und teilweise die Zustände historischer Blütephasen zu restaurieren. Aus diesem Auftrag heraus wurde die Geschichtsschreibung und Forschung intensiviert, ein vielfältiges Handwerk tradiert und die Aufgabe der Vermittlung für die interessierte Öffentlichkeit gesteigert. Es entwickelte sich seit 100 Jahren die professionelle Methodik der Gartendenkmalpflege mit immer neuen Herausforderungen.

Der Park Sanssouci war von Anfang an ein Ort der fürstlichen Repräsentation wie auch der Kontemplation. Gartenbereiche wurden für Feste, Poesie, Theater und Musik konzipiert. Ebenso stellten die Fürsten hier ihre Weltauffassungen vor. Die Topografie nutzend oder modellierend werden idealisierte Naturlandschaften mit einheimischen wie auch exotischen Bäumen, Blühsträuchern, Blumen und Früchten, mit Wegeführungen, Wasserläufen und Wiesen dargestellt. Die besonderen Skulpturen, Architekturen und Fassaden der Bauwerke, zum Teil in Rezeption anderer Länder, symbolisieren die allegorische Welt der Götter und Philosophen. Sanssouci ist heute unter anderem deshalb als bedeutendes Kunstwerk der "Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin" Welterbe der UNESCO und die bekannteste Parkanlage Deutschlands.

Gartenperspektiven und die "Erklärung von Sanssouci" zum Klimawandel

Rund 25 Jahre nach der Eintragung in die Welterbeliste der UNESCO bleiben zwei große Herausforderungen: ein angestrebtes Gleichgewicht von Gartenrestaurierungen und die fachgerechte Bewahrung des gartenkünstlerischen Erbes.

Die Gartendirektion der "Stiftung preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg" (SPSG) hat dies im März 2009 im 20-jährigen Rück- und Ausblick als "Gartenperspektiven 2009-2028" dargestellt, was nach erfolgter Konkretisierung 2010 vom Stiftungsrat anerkannt worden ist. Neben ständigen Rationalisierungsbemühungen wird der immer noch große Restaurierungsbedarf auf Grundlage der von der Gartendirektion 2007 erarbeiteten und eingeführten "Denkmalkonzepte" aufgezeigt. Viele Gartenpartien konnten auch im Park Sanssouci seit Jahrzehnten nicht instandgehalten werden und bedürfen der dringlichen Restaurierung, zum Beispiel die Orangerieterrassen, der Garten der Villa Liegnitz oder das Italienische Kulturstück der Römischen Bäder. Auch der lange Parkgraben mit zugehörigen Friedens- und Maschinenteich muss nach rund 35 Jahren wieder entschlammt und instandgesetzt werden.

Der jeweilige finanzielle Bedarf für die Restaurierungsinvestitionen, insbesondere aber der Bedarf an personellem Aufwand für die Bewahrung einschließlich Sach- und Technikkosten sind in den "Gartenperspektiven 2028" detailliert dargestellt. Eine Untersetzung erfolgte 2014 durch die Veröffentlichung "Personalbedarf für historische Gärten" der Fachgruppe der Gartendirektoren Deutscher Schlösserverwaltungen, aufgeschlüsselt für das Fachpersonal hervorragender, intensiver und extensiver Flächen historischer Gärten.

Eine nachhaltige Lösung dieses Problems steht noch aus. Als Zwischenschritt wurde im Juni 2013 auf Beschluss des Stiftungsrats eine "Vereinbarung über die finanzielle Beteiligung der Landeshauptstadt Potsdam an den Mehrwert-Gartenprojekten der SPSG" von der Stiftung und der Landeshauptstadt unterschrieben. So können die Mehrwertprojekte "Östlicher Lustgarten" und "Römische Bäder - Italienisches Kulturstück" im Park Sanssouci gefördert wie auch intensivierende "Gartenpflegemaßnahmen" bis Ende 2018 unterstützt werden. Zu Beginn des Jahres 2014 wurden zwölf zusätzliche Gärtner eingestellt, was einen Teil des vorhandenen und bestätigten Pflegedefizits in besucherwirksamen Bereichen abzubauen hilft. Im gleichen Jahr fand im Park Sanssouci die große Ausstellung "Paradiesapfel" zu den Themen Inszenierung, Ernte und Genuss statt.

Die zweite Herausforderung besteht in den seit 10 bis 20 Jahren deutlich nachweisbaren und zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels auf die umweltabhängigen Gartenkunstwerke. Die SPSG hat deshalb im September 2014 einen von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten internationalen Kongress zum Thema "Historische Gärten im Klimawandel" in Kooperation mit der UNESCO und ICOMOS nebst vorliegender gleichnamiger Buchpublikation mit mehr als 90 Autoren (Edition Leipzig) durchgeführt (siehe auch Stadt+Grün 12-2014, S.57). Drei Tage kamen Parkleiter und Denkmalpfleger, Natur- und Geisteswissenschaftler zusammen, um über die Ergebnisse einer multidisziplinären Erforschung von möglichen Folgen für die Gärten zu diskutieren. Experten aus mehr als zehn Ländern von den USA bis Russland, von Norwegen bis Spanien, stellten neueste Erkenntnisse der Themen Boden, Wasser und Pflanzen vor, um Forschungen anzuregen und exemplarisch Strategien im künftigen Umgang der Bewahrung historischer Gärten vorzuschlagen.

Klaus Töpfer, Direktor des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam, erinnerte in seinem vielbeachteten Abendvortrag in der Orangerie von Sanssouci an das "Vorsorgeprinzip". Karl Popper habe mit der philosophischen Denkrichtung des Kritischen Rationalismus bereits die Frage gestellt, wie wissenschaftliche oder gesellschaftliche Probleme methodisch und vernünftig untersucht und geklärt werden könnten. 1992 ist das Vorsorgeprinzip unter Mitwirkung Töpfers erstmals auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio konkretisiert worden. Die Agenda 21 sagt: "Angesichts der Gefahr irreversibler Umweltschäden soll ein Mangel an vollständiger wissenschaftlicher Gewissheit nicht als Entschuldigung dafür dienen, Maßnahmen hinauszuzögern, die in sich selbst gerechtfertigt sind." Professor Dieter Hennebo aus Hannover habe eine emotionale Bindung an Historische Gärten erreicht, so Töpfer. Der vielfach verwendete Begriff der Nachhaltigkeit sei mehr mit den Gärten zu verbinden; er sei visionär zu sehen und effektiv zu gestalten, um handlungsfähiger zu werden.

Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdamer-Instituts für Klimafolgenforschung, hat in seinem Eröffnungsvortrag den Handlungsbedarf für die historischen Gärten untersetzt. Die sprunghaften Veränderungen während der letzten Phase der mehr als 10.000 Jahre währenden Holozäns seien ernst zu nehmen. Im nun andauernden Anthropozän wurde der Mensch mit den Auswirkungen der Industrialisierung zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren. Schon heute seien die historischen Gärten durch Erhöhung der Mitteltemperatur der Erdoberfläche, die Zunahme bestimmter Extremwetterereignisse wie Hitzewellen und Starkregen bedroht: "Die Dimensionen dieser Problematik beginnen sich nun langsam abzuzeichnen."

Roland Bernecker, Generalsekretär der Deutschen UNESCO-Kommission sieht die Notwendigkeit des Erhalts historischer Gärten - nicht nur der Welterbestätten - als gesellschaftliche Aufgabe an, für die hinreichend politische Unterstützung mobilisiert werden müsse. Mónica Luengo, Präsidentin des Internationalen Komitees für Kulturlandschaften (ICOMOS) nannte die interdisziplinäre Kooperation als grundlegende Bedingung im Umgang mit dem historischen Gartenerbe. Heinrich Bottermann, Generalsekretär der DBU, betonte die Bedeutung der Förderung modellhafter Entwicklungskonzepte zur vorsorgenden Bewahrung im Bereich "Umwelt und Kulturgüter". Durch die Tagung und Publikation sei eine notwendige Bündelung von Fachwissen, Lösungsansätzen und Forschungsimpulsen zu den Herausforderungen zwischen Denkmal-, Klima- und Naturschutz aufgenommen worden. So hat Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Naturschutz und Umwelt (BUND), gemeinsame Projekte von Natur- und Denkmalschutz vorgestellt und angesichts der erkennbaren Klimaveränderungen weitere Kooperationen angekündigt.

Am 5. September 2014 verkündete Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der SPSG, die von den genannten Institutionen unterzeichnete "Erklärung von Sanssouci". Ziel ist die Etablierung eines internationalen Netzwerkes, in dem "Kultur- und Forschungseinrichtungen, Zivilgesellschaft und Politik" die Erkenntnisse und Erfahrungen übergreifend bündeln, um gemeinsam Strategien für eine Erhaltung des kulturellen und natürlichen Erbes unserer Welt fortzuentwickeln.

Literatur

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Seiler, Michael (Gesamtleitung): Nichts gedeiht ohne Pflege. Die Potsdamer Kulturlandschaft und ihre Gärtner, hg. von der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG), Gesamtleitung Michael Seiler, Wissenschaftliche Konzeption Axel Klausmeier und Michael Seiler, Druck- und Verlagsgesellschaft Rudolf Otto mbH, Berlin 2001.

Wimmer, Clemens Alexander: Zur Geschichte der Verwaltung der königlichen Gärten in Preußen, in: Preußisch Grün. Hofgärtner in Brandenburg-Preußen, hg. von der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Begleitband zur Ausstellung "Preußisch Grün. Vom königlichen Hofgärtner zum Gartendenkmalpfleger", Schloss Glienicke Berlin, Berlin 2004, S. 41-105.

Preußische Gärten in Europa - 300 Jahre Gartengeschichte, hg. von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Gesamtkonzeption Michael Rohde, Edition Leipzig 2007.

Hüneke, Saskia: Aus dem Garten gelesen... Ikonographische Strukturen im Park Sanssouci, in: Jb. SPSG, Bd. 6, 2004, Berlin 2006, S. 205-226.

Die Götter kehren zurück. Marmorkopien für das Französische Rondell im Park Sanssouci. Eine Dokumentation, hg. von der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, bearb. von Kathrin Lange, Roland Will, Saskia Hüneke und Rita Hofereiter, Berlin 2010.

Rohde, Michael: Denkmalkonzepte, Denkmalmethodik und ständige Pflege der preußischen Stiftungsgärten, in: Thomas Drachenberg, Axel Klausmeier, Ralph Paschke und Michael Rohde, Denkmalpflege und Gesellschaft; Detlef Karg zum 65. Geburtstag. Hinstorff Verlag GmbH, Rostock 2010, 221-227.

Rohde, Michael: Friedrich II. und die Gartenkunst in Sanssouci, in: Friederisiko. Friedrich der Große. Die Ausstellung, hg. von der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Begleitband zur Ausstellung "Friderisiko - Friedrich der Große", im Neuen Palais und im Park Sanssouci 2012, S. 46-55.

Hüneke, Saskia und Michael Rohde: Park Sanssouci, Kunstführer, hrsg. von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Deutscher Kunstverlag Berlin München 2013.

Königliche Gartenlust im Park Sanssouci: Inszenierung, Ernte und Genuss, hg. von der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, deutscher Kunstverlag 2014.

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Historische Gärten im Klimawandel - Empfehlungen zur Bewahrung, hg. von der Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg in Zusammenarbeit mit der Deutschen UNESCO-Kommission und ICOMOS-IFLA, Gesamtkonzeption: Michael Rohde, Edition Leipzig 2014.

Prof. Dr. Michael Rohde
Autor

Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

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