Praktikertipp

Pflege eines Parks der Nachkriegsmoderne

Erfurt Gartendenkmalpflege
Matthias Olinski, Parkleiter des egaparks Erfurt. Foto: egapark Erfuhrt

Parks der Nachkriegsmoderne rücken stärker in den Fokus des Gartendenkmalschutzes. Wie geht man mit dem Stadtgrün um, dessen Wegeführung; Betonarchitektur, Bäume ihr Lebensalter erreicht haben? Wir fragten Matthias Olinski, Parkleiter des egaparks in Erfurt (Park seit 1950, IGA Park seit 1961) zu Rücksichtnahmen und Zeitanpassung, zu Kosten und Kompromissen um den Erhalt des historischen öffentlichen Raumes.

Zu den Besonderheiten des egaparks zählen seine Themengärten. Bereits in den 60er Jahren gab es im Bereich des heutigen Spielplatzes einen Eremurus-Garten. Wie hat sich die Anlage seit der Erstbepflanzung verändert?

Der ursprüngliche Eremurusgarten wurde zugunsten des Spielplatzes aufgegeben. 2010 ist der Eremurusgarten zwischen Staudenschau an der Wasserachse und dem Skulpturengarten neu geschaffen worden. In diesem Bereich befand sich eine in die Jahre gekommene Bepflanzung mit Gehölzen wie Cotoneaster und Wacholder, die man durch Gräser strukturiert hatte In diesem sogenannten "Steinhuder Meer" waren die Proportionen von der Grundfläche zu den Gehölzen über die Jahre nicht mehr stimmig. Außerdem behinderten sie die Sichtbeziehungen zum Gartenbaumuseum und Skulpturengarten. So haben wir uns entschlossen, auf diesen 560 Quadratmetern eine neue Anlage zu bauen, die aber keine reine Steppenpflanzung sein sollte, um sie nicht zu karg aussehen zu lassen.

Die heute verwendeten Pflanzen stammen aus dem kontinental, mediterran eurasisch geprägten Steppenraum. Es sind trockenverträgliche Stauden mit einer überwiegenden Krautvegetation und vielen Zwiebeln und Knollen, die für Abwechslung im Blühbild sorgen. Insgesamt pflanzten wir Eremurus, Echium, Iris barbata, Echinops, Salvia und Crambe cordifolia. Durch begleitende Stauden wie Aster linosyris, Aster amellus, Achilea und Perovskia wurde die Anlage aufgelockert. Damit unterscheidet sie sich von einem Präriegarten, der eher durch Gräser geprägt ist. Als Obersubstrat verwendeten wir ein Baumsubstrat, Arborpremium, dessen hoher Ziegelbruchanteil für gute Bodenstruktur und gleichzeitige Dränage sorgt. Der Pflegeaufwand konnte gegenüber den anderen Flächen sehr gesenkt werden - hier pflegen wir weniger als zehn Minuten pro Quadratmeter im Jahr. Wassergaben sind nur bei Extremtrockenheit notwendig.

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Das große Blumenbeet mit Bogenbeet – eine Luftaufnahme auf dem Jahr 1961. Foto: Egapark-Archiv

Wie hat sich das Victoriahaus seit seiner Entstehung verändert und wie aufwändig ist sein Erhalt heute?

Der gesamte Schauhauskomplex ist ursprünglich aus Produktionsgewächshäusern hervorgegangen - ab Mitte der 80er Jahre wurden sie schrittweise umgebaut. Sie sind technisch nicht für ein Schaugewächshaus ausgelegt. Konstruktion und Heizungsanlage werden den heutigen Ansprüchen einfach nicht mehr gerecht. Außerdem gibt es gestalterische Defizite die in dieser Konstruktion, die nicht wett zu machen sind und keine gescheite Besucherführung.

Seit einigen Jahren gab es diverse Überlegungen zur Restaurierung - doch man fängt an einer Ecke an und landet im Gesamtkomplex. Nun haben wir uns entschlossen, mit einem Neubau aus Klimazonenhaus und Wüstenhaus die alten Gewächshäuser zu ersetzen. Ein Konzept liegt vor - selbst ohne die BUGA 2021 würden wir das Vorhaben angehen müssen. Es wird nur mit Fördermitteln zu realisieren sein - da müssen wir warten, wie die Weichen gestellt werden. Eine Voranfrage läuft ...

Die Wasserachse ist ein klassisches Gestaltungsmerkmal des egaparks. Verwenden Sie neue Technik zur Instandhaltung. Was können Sie Kollegen raten, die ebenfalls Wasserbecken aus Beton aus den 60er Jahren bewahren wollen - worauf sollten sie achten?

Bereits vor etwa fünf Jahren gab es einen ersten Anstoß zur Sanierung. Nun werden wir im Herbst damit beginnen, die gesamte Wasseranlage zu erneuern. Eine Folienabdichtung wäre die günstigste Lösung - doch billig kann teuer werden. Denn sie hält nicht ewig - wird verletzt und muss ständig geflickt werden. Weitere Varianten werden gerade geprüft. Außerdem haben wir weitere bauliche Probleme durch Pumpen, die im Wasser liegen, was heute nicht mehr zulässig ist. Wichtig ist bei diesen Sanierungsmaßnahmen, dass eine Wasseraufbereitung mit eingeführt wird. Für die regelmäßige Reinigung des Wasserbeckens müssen wir einen sehr hohen Aufwand betreiben. Bei der Größe unseres Laufes fällt eine Menge Wasser an - einen Tag muss man das Wasser ablassen - drei Tage wird der Wasserlauf von Algenbewuchs gereinigt - einen weiteren Tag dauert das erneute Befüllen. Also sind wir vier Tage insgesamt damit beschäftigt - ein enormer Kostenfaktor. Gänzlich kann man den Algenbewuchs nicht verhindern, jedoch sollte durch eine gute Wasserströmung und einen Wasserkreislauf mit Filter und Reinigung die Qualität des Wassers verbessert werden. So halten sich die regelmäßigen Reinigungsarbeiten in Grenzen.

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Heute ist im egapark moderne Millefleurpflanzung gefragt, die die Besucher mit zahlreichen Farbspielen begeistern soll. Foto: Sibylle Eßer

Pflanzen Sie noch nach alten Pflanzplänen? Wie oft findet Wechselflor in der Saison statt?

Wir pflanzen nicht nach alten Pflanzplänen - wir richten uns bei der Wechselbepflanzung nach der aktuellen Zeit. Also ist eher eine Millefleurplanzung gefragt - wie auf der Gartenschau. Wir nehmen jedes Jahr eine Frühjahrs- und eine Sommerbepflanzung vor. Im Frühjahr sind in manchen Beeten Zwiebeln vorherrschend, in anderen überwiegen die Einjährigen, auch Neuheiten von verschiedensten Züchtern werden eingebracht, Trends aufgenommen - aber alles unter Kostengesichtspunkten. Für die Sommerpflanzung experimentieren wir gern mit Ansaaten von einjährigen Blumenmischungen. Da haben wir in den letzten Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht und die Besucher lieben diese bunten Flächen - aber das Gros der Pflanzen wird ausgeschrieben und an regionale Gärtnereien vergeben. Die Pflanzen für die Kübelbepflanzungen werden größtenteils selbst angezogen. Wir bilden Azubis im Zierpflanzenbau aus - sie dürfen die Pflanzplanung und Anzucht der Pflanzen vornehmen. Das ist bei uns immer eine Aufgabe, die jung, innovativ und mit viel Begeisterung angegangen wird.

Wie entstand die Idee, Piet Oudolf im egapark agieren zu lassen? Sind weitere Aktionen mit berühmten Garten- und Landschaftsgestaltern geplant? Wie kommt das Beet beim Publikum an und geben Sie Infomaterial zu dieser Bepflanzung aus?

Die Idee dahinter war es, die aufwändige Wechselflorbepflanzung zu reduzieren, und eine pflegeleichte Staudenpflanzung mit dekorativem Charakter zu versuchen. Gern werden wir auch wieder andere international tätige Garten- und Landschaftsgestalter, die Koryphäen ihres Fachs, bei uns zur Mitarbeit aufrufen. Auch um die Attraktivität unseres Parks für Fachbesucher zu steigern. Piet Oudolf war so ein Trendsetter für Präriestauden. Wir haben auch schon mit Petra Pelz Pflanzungen geplant und umgesetzt - zum Herbst wollen wir mit ihr den Gräsergarten neu gestalten.

Kakteen kommen aus Erfurt, von der Kakteenzüchtung Haage. Das weiß der Fachmann und schätzte der Laie schon seit 1685. Es gibt ein Kakteenhaus auf dem Gelände. Wie sind die Beziehungen zwischen Haage und dem egapark, gibt es crossmediale Werbung?

Die Beziehung ist sehr intensiv. Haage unterstützt uns im Kakteenhaus und im August mit den Gartentagen, der Raritätenbörse. Und natürlich wird dieser erfahrene Zuchtbetrieb eine große Rolle spielen, wenn wir das Wüstenhaus umsetzen. Gemeinsame Werbeaktionen gibt es in Form von Spenden, fachlicher Beratungsaktionen und Verlinkungen.

Was ist neu im historischen egapark?

Gemeinsam mit dem MDR haben wir ein "MDR Garten-Reich" kreiert: hier ist der Sender permanent vertreten und dokumentiert auf einer Aktionsfläche verschiedene Gartenthemen.

Fragen von Sibylle Eßer, Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft

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