Räumliche Konsequenzen der Energiewende

Postfossile Landschaften gestalten

von:
Energiewende Klimaschutz
Energiefluss A 7 mit Windenergie, Photovoltaik und Kurzumtriebsplantagen. Abb.: David Kreis und Robert Thiel

Die im Juli 2011 vom deutschen Bundestag beschlossene Energiewende stieß anfangs auf große Zustimmung in der Bevölkerung, aber inzwischen droht diese breite Akzeptanz zu bröckeln. Mit der zunehmenden Ausweisung von Windenergie- und Solargebieten sowie der steigenden Anzahl an Genehmigungen von neuen Biogasanlagen kommt es vermehrt zu Spaltungen in Dorfgemeinschaften zwischen Befürwortern und Gegnern. Bürger, die sich auf eine unmittelbare Nachbarschaft mit den neuen Energieerzeugungsanlagen einrichten müssen, befürchten den Verlust von Wohn- und Lebensqualität und damit eine Wertminderung ihrer Immobilie. Darüber hinaus greift ein diffuses Unbehagen hinsichtlich der Auswirkungen der erneuerbaren Energien auf das Landschaftsbild um sich. Ursachen für diese Akzeptanzproblematik sind unter anderem unzureichende Informationen zur erwarteten Flächeninanspruchnahme durch erneuerbare Energien sowie der generelle Mangel an positiv besetzten Raumvisionen zur Herausbildung der entstehenden Energielandschaften.

Die aktuell in zahlreichen Kommunen und Landkreisen erstellten regionalen Energie- und Klimaschutzkonzepte können es nicht leisten, die Energiewende in ihren räumlichen Auswirkungen abzubilden und wahrnehmbar zu machen, denn sie enden meist in abstrakten Tabellen und Diagrammen. Um die Auswirkungen auf die regionale Landschaft besser verständlich zu machen, sollten sie ergänzt werden um räumliche Zukunftsvisionen für die konkrete Gestalt der Landschaft. Mit ihnen können die Spielräume für die Umsetzung der Energiewende ausgelotet werden. Je nachdem, in welcher Richtung diese Spielräume ausgenutzt werden, entscheidet sich das zukünftige regionale Landschaftsbild und die Akzeptanz in der Bevölkerung - es kann im negativen Sinne zu großflächigen Konzentrationen mit landschaftlich ungünstig platzierten Einzelelementen kommen oder im positiven Sinne zu einem ausgewogenen Verhältnis sensibel in die Landschaft eingepasster Anlagen.

Im Folgenden sollen einige Beispiele gegeben werden für die bislang in Deutschland noch kaum erprobten räumlichen Zukunftsvisionen für postfossile Landschaften auf regionalem Maßstab. Dieser ist für die Planung der Energiewende besonders geeignet, wie die äußerst erfolgreiche, vom Bundesumweltministerium geförderte Initiative "100 Prozent Erneuerbare Energieregionen" zeigt (www.100-ee.de). Vorab soll jedoch in einem kurzen theoretischen Diskurs die Bedeutung der Energiewende für die Landschaft umrissen werden.

Wie einschneidend ist die Energiewende für unsere Landschaften?

Momentan ist der Einfluss eines neuen Energiesystems auf Basis erneuerbarer Energien für unsere Landschaft noch schwer einzuschätzen, weil wir erst am Anfang der Entwicklung stehen. Werden es nur punktuelle Änderungen sein, die das Gesamtsystem der Landschaft nicht entscheidend beeinflussen, oder handelt es sich um eine grundsätzliche Veränderung? Wenn wir die Kriterien betrachten, nach denen Rolf Peter Sieferle Landschaftstypen charakterisiert, läuft es auf einen radikalen Wandel hinaus, denn wir stehen vor der Etablierung des erst vierten Landschaftstypen in der Menschheitsgeschichte. In seinem Buch "Rückblick auf Natur" (1997) gelingt es ihm auf Basis der zwei Kriterien "Energiesystem" und "Kulturelle Selbstorganisation", drei Landschaftstypen in der bisherigen Menschheitsgeschichte zu identifizieren:

Die "Naturlandschaft" (bis 10.000 v. Chr.) ist durch das unmodifizierte Solarsystem der Jäger- und Sammlergesellschaften charakterisiert, in dem abgeschöpft wird, was die Natur über die Sonnenenergie in Form von Tieren und Pflanzen bereithält. Kulturell gibt es nur kleine, mobile Jäger- und Sammlergesellschaften, deren Organisation instabil ist.

Das ändert sich vor ungefähr zehntausend Jahren mit der "Agri-Kulturlandschaft" und ihrem kontrollierten Solarenergiesystem, das durch Nutzpflanzenanbau und Nutzung von Wind- und Wasserkraft Energieüberschüsse produzieren kann. Die kulturelle Selbstorganisation ist durch geringe Mobilität und beschränkten Informationsfluss bestimmt und es kommt zu einer Vielfalt von kleinräumigen Adaptionen an lokale Umweltbedingungen.

Es folgt ab etwa 1750 mit der "Totalen Landschaft" der dritte Landschaftstypus, der durch Industrialisierung und Modernisierung gekennzeichnet ist. Treibstoff des Ganzen sind fossile Energien, die die Massenherstellung von Gütern und ihren einfachen Transport ermöglichen. Es entstehen homogene, industrialisierte Landschaftsbestandteile, die sowohl Stadt als auch Land überziehen.

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Energiewende Klimaschutz
Schrägluftperspektive Energiering Achim. Abb.: Lisa Ohls, Jennifer Rauf, Luisa Walterbusch
Energiewende Klimaschutz
Perspektive Energiering Achim. Abb.: Lisa Ohls, Jennifer Rauf, Luisa Walterbusch

Gestalterisch ist die Auseinandersetzung mit der totalen Landschaft erst seit Kurzem in Gang gekommen (Sieverts 2008, Hauser/Kamleithner 2006), aber aus meiner Sicht vollzieht sich aktuell in Deutschland schon der Wandel zu einem vierten Landschaftstypus nach den zwei Kriterien von Sieferle. Mit der Energiewende, die für das Jahr 2050 80 Prozent der Stromgewinnung und 50 Prozent der Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien verlangt, ist die Änderung des Energiesystems, als eines der beiden landschaftskonstituierenden Kriterien Sieferles, zumindest für Deutschland sicher.

Aber auch beim zweiten Kriterium, der kulturellen Selbstorganisation, zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab. Nach Jeremy Rifkin wird "das Zusammentreffen von Internet-Technologie und erneuerbaren Energien [...] zu einer Umstrukturierung der zwischenmenschlichen Beziehungen von vertikal zu lateral" (2011: 13) führen. In Deutschland ist diese Entwicklung aktuell abzulesen an der Entstehung der vielen Bürgerwind- und Solarparks, an Bioenergiedörfern oder dem immer größer werdenden Verbund der "100-Prozent-Erneuerbare-Energie-Regionen". Auch im Bundesumweltministerium ist schon eine Arbeitsgruppe "Bürgerbeteiligung" eingerichtet worden, die sich auf Dezentralisierung und wirtschaftliche Beteiligung der Bürger fokussiert (Geyer 2013).

Ökonomisch sind diese Prozesse von großer Bedeutung, denn nach einer Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung kommt es zu einer Regionalisierung der Wertschöpfung, die sich in Form von Beteiligungsgewinnen, Steuereinnahmen und Arbeitsplätzen positiv auf die Kommunen und Landkreise auswirkt (Hirschl et al. 2010). Die kulturelle Selbstorganisation ist damit gekennzeichnet durch ein bisher nicht gekanntes Zusammenspiel von Dezentralisierung und Regionalisierung bei gleichzeitiger globaler Vernetzung.

Mit diesem neuen System erneuerbarer Energien sowie den Änderungen in der kulturellen Selbstorganisation kann, der Argumentation Sieferles folgend, von einem neuen vierten Landschaftstypus gesprochen werden, der hier mit dem Arbeitstitel "postfossile Landschaft" bezeichnet wird. Da die Energieträger allesamt flächenintensiv sind, werden sie das Landschaftsbild stark verändern. Hier kommt nun die Gestaltung ins Spiel. Die Frage lautet, inwieweit gestalterische Aspekte in diesen weit reichenden Wandelprozess einfließen können. Reichen dafür die Vorranggebiete der Regionalplanung aus? Können die vielen Individualinteressen der Energieproduzenten in eine übergeordnete gestalterische Idee eingebunden werden, die der Landschaft Identität und Schönheit gibt?

In zwei Studienprojekten am Fachgebiet "Entwerfen urbaner Landschaften", Fakultät für Architektur und Landschaft, Universität Hannover, haben Studierende räumliche Zukunftsvisionen als mögliche Antworten auf diese Fragen entworfen.

Post-Oil-Region - Zukunftsvisionen für die Region Bremen

Ziel dieses von Rainer Danielzyk und mir geleiteten Studienprojektes (Wintersemester 2011/12, Bachelorstudiengang Landschaftsarchitektur und Umweltplanung, 5. Studiensemester; weitere Betreuung: Dipl.-Ing. Börries von Detten) war der Entwurf von räumlichen Zukunftsvisionen für die Region Bremen (das heißt innerhalb der Grenzen des Kommunalverbundes Niedersachsen Bremen). Ausgangspunkt für die Studierenden waren die Vorgaben der von der Bundesregierung beschlossenen Energiewende: Deckung von 80 Prozent des Strombedarfs und 50 Prozent des Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien im Jahre 2050.
Energiewende Klimaschutz
Energieringe um jede Kommune als Standorte für erneuerbare Energien. Die Größe ist entsprechend des Strom- und Wärmebedarfs gerechnet. Abb.: Lisa Ohls, Jennifer Rauf, Luisa Walterbusch
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Beispiel Stadt Achim: Energiering mit Bedarfsberechnung Windkraft und Biomasse. Abb.: Lisa Ohls, Jennifer Rauf, Luisa Walterbusch
Energiewende Klimaschutz
Beispiel Stadt Achim: Stromerzeugungsflächen im Energiering. Abb.: Lisa Ohls, Jennifer Rauf, Luisa Walterbusch
Energiewende Klimaschutz
Beispiel Stadt Achim: Wärmeerzeugungsflächen im Energiering. Abb.: Lisa Ohls, Jennifer Rauf, Luisa Walterbusch
Energiewende Klimaschutz
Übersichtsplan Strukturenraum mit sechs Landschaftsstrukturtypen. Abb.: Constantin Mähl, Melanie Syring, Bente Tremp
Energiewende Klimaschutz
Beispiel StreifenRaum: Die Siedlungen orientieren sich hier an den Gräbenstrukturen und bilden lineare Formen. Windenergie und Solarenergie in schmalen Reihen greifen in Kombination miteinander diese Streifenstruktur auf und verstärken somit die bestehende Landschaftscharakteristik. Abb.: Constantin Mähl, Melanie Syring, Bente Tremp
Energiewende Klimaschutz
Beispiel RillenRaum: Das Teilgebiet ist durch mehrere Flüsse und deren Einschneidung in die norddeutsche Tiefebene geprägt. Diese Gewässerrillen werden zusätzlich durch die Siedlungen betont, welche an den Flüssen gelegen sind. Windenergie und Biomasseflächen sind in Linienform angeordnet und nahe den Geländebewegungen platziert. Der Wechsel von den verschiedenen Energieformen verursacht einen Höhenwechsel im Raum. Abb.: Constantin Mähl, Melanie Syring, Bente Tremp
Energiewende Klimaschutz
Bündelung der Elemente des Energieflusses. Abb.: David Kreis und Robert Thiel

Das Projekt begann mit einer Einarbeitungsphase in Form von Referaten über die Region sowie die Thematik der Energiewende und die Eigenschaften der erneuerbaren Energien. Anschließend gab es Aufgaben mit völlig unterschiedlichem Charakter: Klassisch-analytische Flächennutzungsdiagramme und ein Orografiemodell sowie visuelle Interpretationen der Region als atmosphärische Collagen. Weiterhin wurden in der gesamten Region Bewohner gefragt, wo sie erneuerbare Energien in ihrer Kommune platzieren würden, wenn sie selbst als Teilhaber eines Bürgerwind- oder Bürgersolarparks finanziell profitieren könnten. Beendet wurde die Vorbereitungsphase durch Expertengespräche mit Akteuren aus Ämtern, Verbänden und Unternehmen.

Auf dieser Grundlage wurden in der zweiten Semesterhälfte die regionalen Zukunftsvisionen entworfen, von denen hier zwei vorgestellt werden sollen.

Energieringe (Lisa Ohls, Jennifer Rauf, Luisa Walterbusch)

Dieser Entwurf ordnet die regenerativen Energien kreisförmig um die Gemeinden und Städte der Region Bremen an.

In diesem mit genügend Abstand zum Siedlungsbereich angelegten Energiering soll die von der jeweiligen Stadt oder Gemeinde benötigte Strom- und Wärmemenge produziert werden, zuzüglich eines kleinen Überschusses, der an die Stadt Bremen geht.

Diese bildet aufgrund nicht ausreichender Umlandflächen eine Ausnahme im Entwurfskonzept und verwendet selbst vor allem Photovoltaik und Solarthermie, was aber zur Deckung des Energiebedarfs nicht ausreicht. Ziel des Konzeptes ist es, die erneuerbaren Energien durch Nähe erlebbar zu machen und durch Gewinnbeteiligung der Bürger insgesamt die Identifikation mit diesen Energieträgern zu stärken. Weiterhin ermöglicht die präzise Zuordnung zwischen Energiebedarf und Flächenanspruch eine gerechte Verteilung der Lasten innerhalb der Region. Die dezentrale Versorgung der zukünftig energetisch autarken Städte und Gemeinden soll einen Beitrag zur Stärkung der Region darstellen. Hervorzuheben ist, dass die Kreisform der Energieringe vor allem strategisch zu verstehen ist, im Landschaftsbild selbst ist sie überraschend wenig wahrnehmbar.

Strukturenraum (Constantin Mähl, Melanie Syring, Bente Tremp)

Das Konzept baut auf einer sorgfältigen Analyse der regionalen Landschaftstypologien auf. Es werden sechs Teilräume mit unterschiedlichen Strukturen identifiziert.

Die Anordnung der erneuerbaren Energien erfolgt so, dass die strukturellen Besonderheiten des jeweiligen Teilraums aufgegriffen werden und die jeweiligen Qualitäten und Besonderheiten der Landschaft damit verstärkt werden. Die These ist, dass durch eine dem Charakter der Landschaft angepasste Anordnung der erneuerbaren Energieträger ihre Akzeptanz in der Bevölkerung erhöht wird.

Energieallee A 7

Dieses Studienprojekt aus dem Sommersemester 2012 (Masterstudiengang Landschaftsarchitektur; weitere Betreuung: Dipl.-Ing. Anna Schwinge) baut auf der Projektidee des Solarpioniers Hermann Scheer auf, mit der Energieallee A 7 das längste dezentrale Kraftwerk der Welt mit erneuerbaren Energien entlang der ganz Deutschland von Nord nach Süd durchquerenden A 7 zu bauen. Das Studienprojekt lief in Zusammenarbeit mit der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg und bearbeitete den 250 Kilometer langen Abschnitt der A 7 durch die Metropolregion. Die Studierenden sollten innerhalb eines zu beiden Seiten der A 7 jeweils fünf Kilometer breiten Korridors mit erneuerbaren Energien gestalten und damit 30 Prozent des Stromverbrauchs der Metropolregion sicherstellen. Im Fokus standen folgende drei Leitfragen: Wie kann mit regenerativen Energien ein Beitrag zur Baukultur geleistet werden? Wie kann die Identität der Landschaft durch die regenerativen Energien gesteigert werden? Wie kann die Autofahrt durch die Metropolregion durch den Ausbau der regenerativen Energien bereichert werden?

Energiefluss A 7 (David Kreis und Robert Thiel)

Dieser Entwurf nutzt die Metapher des "Energieflusses", um erneuerbare Energien entlang der A 7 anzuordnen. Zukünftig soll der Korridor der A 7 aus vier "Flussarmen" bestehen:

Der A 7 selbst, einem Photovoltaik-Arm, einem Kurzumtriebsplantagen-Arm und einem Windenergieanlagen-Arm. In diesem Geflecht aus vier linearen Flussarmen befinden sich als punktuelle "Energieinseln" neu gestaltete Rastplätze, auf denen die Elektroautos aufgeladen werden können und deren unmittelbare Umgebung intensiv mit erneuerbaren Energien gestaltet ist.

Die drei erneuerbaren Energie-Flussarme und die A 7 überschneiden sich immer wieder in unterschiedlichen Konstellationen auf dem 250 Kilometer langen Abschnitt mit dem Ziel, den Fahrenden ein dynamisches Panorama zu bieten.

Die Verortung der einzelnen Flussarme wird vor allem bestimmt durch das Akzeptieren von Ausschlussflächen wie Naturschutz-, FFH- oder Siedlungsgebiete. Sie entwickeln sich über die Jahrzehnte, werden aber auch im Jahre 2050 nicht durchgehend sein, denn bei ungünstigen Rahmenbedingungen bleiben sie unterbrochen.

Insgesamt gelingt es dem Entwurf "Energiefluss A 7" sowohl die geforderten 30 Prozent des Strombedarfes der Metropolregion zu decken als auch eine völlig neue Identität des Autobahnkorridors zu schaffen, die von hoher Attraktivität für die Fahrenden ist.

Energie in Sicht (Mariam Farhat und Margareta Nolte)

Auf Basis einer Untersuchung der Landschaftstypologien entlang der A 7 versucht dieses Konzept, den jeweiligen Landschaftscharakter durch die gezielte Verortung erneuerbarer Energien zu stärken und damit auch die Landschaftswahrnehmung beim Fahren zu intensivieren. Es werden vier verschiedene Landschaftscharaktere auf den 250 Kilometern A 7 innerhalb der Metropolregion unterschieden:

Das "Wechselspiel" im Norden ist charakterisiert durch den Wechsel von großflächigen Kiefernforsten und streifenförmigen Feldstrukturen. Die Wahrnehmung beeinträchtigende Elemente wie Autobahnbegleitgrün oder unzusammenhängende Forstpflanzungen werden entfernt, so dass für die Autofahrer ein abwechslungsreiches Spiel von geschlossenen und weiten Blicken entsteht. Diese Tiefenwirkung wird unterstützt durch eine reihenförmige Anordnung der erneuerbaren Energien orthogonal zur Autobahn.

Das Offenlandt im Bereich der Region Hannover ist durch die flache Ebene und Weite bestimmt. Diese Weitsicht wird durch den Entwurf unterstützt. Die erneuerbaren Energien werden im Raster angeordnet, das sich der vorhandenen Feld- und Siedlungsstruktur anpasst. Im ;Korridor" entlang des Harzes ist die A 7 größtenteils beidseitig von Bergen umgeben, deren Höhenlinien parallel zur Autobahn laufen. Die Platzierung der erneuerbaren Energien folgt diesen Höhenlinien und unterstützt damit die Landschaftscharakteristik.

Der südliche Abschnitt des "Höhenlaufes" verläuft abwechslungsreich über Höhenrücken. Windenergie- und Photovoltaikanlagen laufen strahlenförmig auf die Kuppen zu und unterstützen damit visuell die Berg- und Talfahrt.

Diese Artikulierung von vier Landschaftstypen innerhalb der Metropolregion stärkt einerseits die Lesbarkeit und Identität der Landschaft und sorgt andererseits für eine abwechslungsreichere Autofahrt.

Energiewende Klimaschutz
Lineare Streifen erneuerbarer Energien im Landschaftstyp "Wechselspiel". Abb.: Mariam Farhat und Margareta Nolte
Energiewende Klimaschutz
Erneuerbare Energien parallel zu den Höhenlinien im Landschaftstyp "Korridor". Abb.: Mariam Farhat und Margareta Nolte

Fazit

Die ausgewählten Studienprojekte liefern einen Einblick, wie "postfossile Landschaften" der Zukunft aussehen können. Neben ihrer Funktion räumliche Konsequenzen der Energiewende abzubilden und somit wahrnehmbar zu machen, bieten sie eine Kommunikationsgrundlage, die den interdisziplinären Diskurs befördern kann.

Die Energiewende wird zu einem radikalen Wandel unserer Landschaften führen - sowohl ästhetisch als auch kulturell. Die regionale Landschaft als "Träger" der Energiewende muss endlich in die Debatte zur Umsetzung eingebracht werden. Die Landschaftsarchitektur steht hier in der Verantwortung und kann zeigen, dass gut gestaltete erneuerbare Energielandschaften die Identität sowie die visuelle Qualität einer Region stärken und die Akzeptanz erneuerbarer Energien befördern können.


Literatur

Geyer, S. (2013): Die Energiewende-Bremsen. Berliner Zeitung, 14.03.2013.

Hauser, S.; C. Kamleithner (2006): Ästhetik der Agglomeration, Wuppertal.

Hirschl, B. et al. (2010): Kommunale Wertschöpfung durch erneuerbare Energien, Berlin. = Schriftenreihe des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung 196/10.

Rifkin, J. (2011): Die Dritte industrielle Revolution, Frankfurt a. M.

Sieferle, R. P. (1997): Rückblick auf Natur, München.

Sieverts, T. (2008): Die Qualifizierung fragmentierter urbaner Landschaften - eine weltweite Aufgabe! In: Seggern, H. v.; J. Werner, L. Grosse-Bächle (Hrsg.): Creating Knowledge - Innovationsstrategien im Entwerfen urbaner Landschaften, Berlin, 252-265.

Autor

Institut für Freiraumentwicklung, Leibniz Universität Hannover

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