Ein Resümee nach 20 Jahren Erfahrungen

Präriepflanzungen in Deutschland

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1 Nicht alle Solidago Arten haben das Potential zur Invasion. Hier ein Solidago sphacelata \'Golden Fleece\' der mit bis zu 50cm Höhe klein bleibt und mit seinem kräftigen Gelb einen schönen Herbstaspekt bietet. Foto: Julia v. Vietinghoff

Staudenpflanzungen mit Präriearten wurden ab den 2000er-Jahren als neue, pflegeleichte Alternative für Flächen im öffentlichen Raum propagiert. Bislang ist unklar, ob dieser Trend wirklich zu einer umfangreichen Verwendung von Präriepflanzen in den letzten 20 Jahren führte. Es stellt sich auch die Frage, wie erfolgreich diese Pflanzungen waren und ob sich daraus, wie oft befürchtet, eine neue Neophytenproblematik entwickelt hat.

Hintergrund

In vielen deutschen Kommunen ist inzwischen das Interesse geweckt, Staudenmischpflanzungen anstatt bodendeckender Gehölze für ihre Freiflächen zu verwenden. Die Skepsis vor hohen Kosten und einem großen Pflegeaufwand wich dem Willen zum Neuen. Diese Trendwende blickt nun auf eine 20-jährige Geschichte zurück. Noch Ende der 1990er-Jahre war es üblich auf Stadtplätzen oder als Straßenbegleitgrün Deckpflanzungen aus Gehölzen zu sehen.

Die Basis für diese Entwicklung legten Erkenntnisse zur Stabilität natürlicher Pflanzengemeinschaften, die auf die Lebensbereiche von Hansen & Stahl (1981) zurückgehen. Später griff man auch die Pflanzenstrategien von Grime (1979) zurück, um die richtigen Kombinationen zu entwickeln. Das Ergebnis war ein neuer naturalistischer Ansatz mit geringem Pflegebedarf, biozönotischer Nutzen und dynamisch veränderliche Vegetationsbilder (Schmithals & Kühn 2014).

Mit diesem Hintergrund entwickelten Staudenexperten an verschiedenen Institutionen Mischungen für unterschiedliche Standorte, die - als Gesamtpacket und angepasst an die Flächengröße - gepflanzt werden können. Heute gibt es 32 durch den "Arbeitskreis Pflanzenverwendung" getestete Staudenmischpflanzungen, darunter die bekannteste Mischung "Silbersommer". In der Broschüre "Staudenmischpflanzungen", herausgegeben von der "Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung", sind sie zusammengefasst und beschrieben.

In diesem Zusammenhang entstanden auch Mischungen, die sich am Bild der nordamerikanischen Prärien orientierten. Die Anfänge dieser stärkeren Verwendung von Präriestauden wurden durch Urs Walser zusammen mit Michael Palm auf der IGA 1993 (vgl. Palm, 1993) gelegt. Es folgte Hans Simon, der ab 1995 den Präriegarten Hannover - einen Teilbereich des Berggartens - plante. Etwas später entstanden in England (Sheffield) in der Schweiz (Oeschberg)und auch anderswo in Deutschland (München, Berlin) Versuche mit Ansaaten und Pflanzungen von Präriearten.

Herauszuheben ist die Arbeit von Cassian Schmidt, der ab 2002 in Weinheim Versuchsflächen mit über 350 Arten der nordamerikanischen Prärie- und Savannengebieten in 16 unterschiedlichen Mischpflanzungsvarianten anlegte (Schmidt, 2004). Auf dem Gebiet der Präriegärten gilt er bis heute als einer der führenden Experten im Bereich der Verwendung und Zusammenstellung von Präriepflanzengemeinschaften. Er entwickelte auch die "Weinheimer"-Mischungen "Indianersommer", "Präriemorgen" und "Präriesommer", die ebenfalls als Staudenmischpflanzungen konzipiert sind und in der entsprechenden Broschüre der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung aufgeführt sind.

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2 Asclepias tuberosa überrascht nicht nur durch ein intensives Orange, das bei heimischen Arten selten ist. Es stellte sich auch als Bienenmagnet heraus. Foto: Norbert Kühn
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Junge Präriepflanzen aus einer Ansaat von James Hitchmough, die er im Botanischen Garten in Sheffield zum Schutz vor Erosion mit Sand und Geotextil abgedeckt hatte (2004). Foto: Norbert Kühn

Was macht die Präriepflanzen so attraktiv?

Präriepflanzen gelten als trockenheitsresistent, sie ertragen Hitze und Kälte, sie bilden langlebige und robuste Gesellschaften und sie verfügen über zahlreiche ästhetische Reize. Ihr später Austrieb und die daraus resultierende späte Blüte erweitern den Blühzeitraum weit in den Herbst hinein, was sowohl optisch als auch als Nahrungsquelle für Insekten von Vorteil ist (Abb. 2). Da es sehr viele, bislang in Europa unbekannte oder wenig verwendete Arten gibt, ist mit den Präriepflanzen auch eine Lust am Neuen verbunden.

Forschungen zu Präriepflanzen

Wie schon zu Beginn erwähnt, wurde auch in England, in München und in Berlin mit Präriepflanzen experimentiert. James Hitchmough hat 1998 an der Universität in Sheffield/England Versuche gestartet. Zunächst experimentierte er mit Ansaaten. Er untersuchte verschiedene Substrate und unterschiedliche Saatgutmischungen. Es gab Flächen die im Frühjahr lediglich zurückgeschnitten wurden, andere hingegen wurden wie in der Prärie abgebrannt. Die besten Ergebnisse erzielte er für die Ansaat mit einem Bett aus 5 Zentimeter Sand und einem Abbrennen im Frühjahr (Abb. 3). Problematisch erwies sich das feuchte Klima und ein starker Befall von Schnecken (Hitchmough et al. 2004, 2006). Ab 2005 zeigen seine Versuche, dass er das Feld der reinen Prärie verlassen hat. Eine untere, bodendeckende Ebene zum Beispiel mit Primula vulgaris soll ein Unkrautaufkommen im Frühjahr vermeiden, so dass die obere Schicht aus Präriearten ungehindert wachsen kann. Die Studie untersuchte nicht die Auswirkungen der Schichten aufeinander, sondern sollte vielmehr zeigen, wie künstlich gestaltete Pflanzengemeinschaften, die nicht von Natur aus zusammengehören, durch Kombinationen miteinander eine höhere städtische Funktionalität erreichen (Hitchmough et al. 2017).

An der TU Berlin wurde 2004-2010 eine Versuchsreihe mit 13 unterschiedlichen Präriesamenmischung direkt aus Nordamerika importiert gesät. Es gab Mischungen aus der Hoch-, der Mixed- und der Kurzgrasprärie. Nach einer gründlichen Bodenvorbereitung konnten sich alle Mischungen gut etablieren. Schnecken und ein hoher Niederschlag wie in England waren in Berlin kein Problem. Einzig problematisch zeigte sich hier ein Befall durch Mäuse, der aber nicht eliminierend war (Abb. 5).

Ein weiterer Versuch (2009-2017), diesmal mit vorgezogenen Jungpflanzen, überprüfte die Auswirkungen von Mulch und Niederbrennen. Auch hier konnte die Prärie erfolgreich etabliert werden. Einen entscheidenden Einfluss übte das Mulchen auf die spätere Pflege aus. Dort, wo vorher eine Schicht von gebrochenem Steinmaterial aufgebracht worden war, entwickelten sich die Pflanzen in der Folge deutlich besser. Auch der Unkrautbesatz war geringer, so dass Pflegezeiten eingespart werden konnten. Das Abbrennen - im Vergleich zu den Versuchen in England - zeigte hier jedoch keinen Vorteil. Ein Rückschnitt im bFrühjahr hatte die gleiche Wirkung (vgl. Schmithals & Kühn 2014, 2017) (Abb. 6).

Im Wissenschaftszentrums Weihenstephan der TU München startete 2006 eine Versuchsreihe, bei welcher untersucht wurde, inwiefern Präriearten mit mitteleuropäischen Wiesen gemischt werden können. In der ersten Vegetationsperiode entwickelten sich die Präriepflanzen sehr gut. Doch auch hier waren zum Beispiel Aster laevis und Helenium autumnale für einen Schneckenbefall anfällig. Es schien offensichtlich, dass die meisten Präriearten auf die Dauer dem Konkurrenzdruck der heimischen Wiesenarten nicht standhalten können. Andopogon gerardii zeigt allerdings ein Potenzial, sich in einer heimischen Wiese dauerhaft zu etablieren oder sogar auszubreiten (Cascorbi, 2007a, 2007b).

Bestandsaufnahme: Verwendung von Präriepflanzen in Deutschland

Es stellte sich die Frage, inwieweit der Trend zur Präriepflanze wirklich im öffentlichen Grün in Deutschland angekommen war. Deshalb wurde für diese Untersuchung nach Standorten mit Präriepflanzungen in Deutschland gesucht. Es wurde dokumentiert (soweit es möglich war) wie lange sie bereits bestehen und wie sie sich über die Jahre entwickelt haben. Zu Beginn ging es darum, reine Präriebestände, das heißt Pflanzungen ohne Beimischung anderer Arten, ausfindig zu machen. 28 Gärtnereien, die Staudenmischpflanzungen vertreiben, konnten über den "Bund deutscher Staudengärtner" ermittelt werden. Vereinzelt konnten von ihnen Informationen sowohl allgemein über den Verkauf von Mischungen als auch im Speziellen über die "Weinheimer Mischungen" eingeholt werden. Die Firma "Durchgeblüht", die ausschließlich mit Mischungen handelt, machte auch Angaben zu ihren Verkäufen. Vielen Gärtnereien war es jedoch schlichtweg nicht möglich, nachzuvollziehen, was sie verkauft haben. Einige merkten an, dass die Präriemischungen gar nicht angefragt werden. Aufgrund der unvollständigen Informationen konnten wohl nicht alle in Deutschland vorkommenden Präriepflanzungen im öffentlichen Grün erfasst werden. Neben Weinheim und Hannover waren es 23 weitere Orte, an welchen Präriemischungen geliefert wurden (s. Abb. 4). Allerdings war es nicht in allen Fällen möglich zu überprüfen, ob sie tatsächlich alle ins öffentliche Grün gepflanzt wurden. 15 dieser Orte verwenden die von Cassian Schmidt entwickelten Mischungen.

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Aussaat von Präriesamenmischungen aus Nordamerika an der TU Berlin nach 3 Jahren (2007). Foto: Norbert Kühn
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6 Mit Jungpflanzen etablierte Mischgrasprärie an der TU Berlin nach acht Jahren (2017). Foto: Norbert Kühn
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Übersicht über die in Deutschland erfassten Präriepflanzungen im Öffentlichen Grün. Grafik: Julia v. Vietinghoff

Details zu Präriepflanzungen im öffentlichen Grün

Besonders intensiv setzte sich die Landschaftsarchitektin Anette Schött aus Büdingen (siehe Seite 35) mit den Chancen der Prärie auseinander. In ihren Entwürfen finden viele Präriearten mit einigen europäischen Arten Verwendung. Sie stellte großzügig Material zu ihren Pflanzungen zur Verfügung, so dass es möglich war, ihre Pflanzungen in Büdingen (2008), Gießen (2013) (s. Abb. 7) und Alzenau (2014) (s. Abb. 8) im Sommer 2018 genauer zu untersuchen.

Des Weiteren fand der Sheridan Park in Augsburg (s. Abb. 9, 10, 11) in eine detaillierte Untersuchung Eingang. Der Park entstand in fünf Bauabschnitten zwischen 2008 und 2014 nach einem Entwurf von Irene Lohaus und Peter Carl Landschaftsarchitekten aus Hannover. Cassian Schmidt konzipierte die Pflanzplanungen der 15.000 Quadratmeter Staudenflächen. Er entwarf 15 unterschiedliche Mischungen mit differenzierten Höhenstaffelungen und Farbkonzepten. Jede Mischung besteht aus zehn bis 15 Arten, wovon - abgesehen von, Perovskia atriplicifolia, Calamintha nepeta und den Geophythen - alle aus der Prärie stammen.

Von Augsburg liegen keine Hinweise über Pflegemaßnahmen vor. An den drei anderen Orten findet ein Rückschnitt im zeitigen Frühjahr statt und darüberhinaus wenige aber regelmäßige Kontrollgänge mit Unkrautentfernung. Alle drei Kommunen sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis und dem geringen Pflegeaufwand. Trotz des sehr trockenen Sommers 2018 kann man von allen Pflanzungen sagen, dass sie in einem guten Zustand waren. Besonders vital und zahlreich vorhanden waren unter anderem Panicum virgatum, Asclepias tuberosa, Liatris spicata 'Alba', Echinacea in Arten, Pycnanthemum tenuifolium, Rudbeckia maxima, Coreopsis verticillata, Solidago sphacelata Golden Fleece', Amorpha canescens, Aster sedifolius, und Aster novae-angliae 'Violetta'. Einige geplante und auch gepflanzte Arten, wie Achillea millefolium 'Terracotta', Penstemon digitalis 'Husker's Red' waren noch in geringen Stückzahlen vorhanden, Aster lateriflorus var. horizontalis fast kaum mehr. In Alzenau, mit vier Jahren die jüngste Pflanzung, waren noch nahezu alle Pflanzen vorzufinden. Kurzlebige sich selbstaussäende Pflanzen wie Linum perenne, Nassella tenuissima oder Gaura lindheimeri ließen sich dagegen an den übrigen Standorten kaum mehr feststellen. Das liegt möglicherweise an dem Lavamulch, der die Etablierung von Keimlingen erschwerte und feuchtem Winterwetter mit späten Frösten.

Erfahrungen mit Präriepflanzungen und ihre Auswirkungen

Aus den Versuchen zur Verwendung von Präriearten lässt sich schließen, dass reine Prärien sowohl als Ansaat als auch als Pflanzungen bei guter Bodenvorbereitung, Mulchung und nicht zu feuchtem Klima in Deutschland sehr gut etabliert werden können. Es stellt sich aber auch heraus, dass es nur wenige Beispiele im öffentlichen Grün gibt, in denen Präriepflanzen ohne Beimischung anderer Arten Verwendung fanden.

Planer*innen lassen in der Regel ihre Vorstellungen und eigenen Erfahrungen einfließen, um eigene Mischungen zu generieren, die an die jeweiligen Bedingungen vor Ort angepasst sind. Dabei verzichten sie größtenteils auf die Etablierung einer eigentlichen Präriephytozönose, das heißt, es wird nicht die originäre Matrix aus Gräsern gewählt, in die andere blühende Stauden dann eingepasst werden. Stattdessen werden Arten aus anderen Regionen der Erde zugegeben, die den Entwurf um andere Aspekte ergänzen.

Im Zuge der Recherche zeigt sich, dass Kommunen, die sich für Staudenpflanzungen entschieden haben, auch Gefallen daran fanden und in ihrem Gebiet unterschiedliche fertige Mischungen verwendeten oder mit Fachwissen eigene Zusammenstellungen kreierten. In Baiersbronn beispielsweise wurde 2006 eine Fläche ausschließlich mit Präriepflanzen angelegt, die aufgrund der hohen Niederschläge im Schwarzwald nicht gut funktionierte. Nico Züffle, der Leiter der dortigen Gemeindegärtnerei, ließ sich jedoch nicht entmutigen und hat mittlerweile circa 20.000 Quadratmeter Staudenflächen mit selbst zusammengestellten Mischungen entwickelt. Durch eigene Experimente zum Substrat konnte er auch überzeugende Ergebnisse erzielen.

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7 In Gießen plante Annette Schött 2013 um die Straßenkreuzung der Frankfurter Straße neun Staudenflächen mit überwiegend Präriepflanzen. Foto: Julia v. Vietinghoff
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Im Herbst gibt Nassella tenuissima dem Kreisel in Alzenau einen Eindruck von Prärie. Foto: Julia v. Vietinghoff

Neuer Einsatz von Prärie

Der bisher erwähnte Einsatz der Präriepflanzen diente ausschließlich dazu, den Schmuckwert innerhalb von Siedlungen zu erhöhen. Es ist jedoch ebenso möglich, die Stauden landwirtschaftlich zu nutzen. Seit Oktober 2015 erforscht die Bayerische Landesanstalt für Wein- und Gartenbau mit dem Projekt "Verbesserung des Nahrungsangebotes für Honigbienen und andere blütensuchende Insekten durch attraktive, langblühende Präriestaudenmischungen zur Energiegewinnung", inwieweit sich Präriearten für die Biogasgewinnung eignen und gleichzeitig eine Nahrungsquelle für Insekten bieten.

Seit 2016 gibt es in Bayern zwei Ackerflächen mit ca. 2,5 Hektar Präriepflanzenmischungen. Die Mischungen bestehen aus 26 Arten unter anderem Silphium perfoliatum, Gaura longiflora und Helenium autumnale. Die Ergebnisse sind noch nicht vollständig ausgewertet. Auf der Basis der vorliegenden Daten kann aber gesagt werden, dass der Ertrag etwas geringer als bei Mais ausfällt, es jedoch zu einer Kostenersparnis durch weniger Arbeitseinsätze kam. Zudem wird die Nitratbelastung des Bodens erheblich reduziert werden können (Heidinger et al., 2018).

Entstehen neue Neophyten?

Neben den positiven Eigenschaften, die den Präriepflanzen in der hiesigen Verwendung zugesprochen werden, gibt es auch Bedenken, was die Verwendung nichtheimischer Pflanzen im großen Stile betrifft (vgl. Kowarik, 2004; Kühn, 2011, 273ff, 2005a, 2005b, 2005c). Unter gleichmäßig feuchten Bedingungen, wie es in den gemäßigten Breiten auch üblich ist, sind die mitteleuropäischen "Cool-Season-Plants" den Präriepflanzen überlegen. Deshalb lassen sich Prärien auch dort schlecht etablieren, wo kühle und feuchte Bedingungen (z. B. Schwarzwald) vorherrschen. Durch den Klimawandel könnte sich diese Situation jedoch ändern (Heinrich, Messer, 2017,92ff; Kowarik, 2004; Kühn, 2011, 273ff).

Ob eine Art, die neophytisch auftritt, dann auch tatsächlich invasiv wird, kann nur schwer abgeschätzt werden. Arten, die viele Jahre hinweg als harmlos gelten, können immer noch anfangen sich auszubreiten, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern oder die kritische Populationsgröße überschritten ist. Deshalb wird empfohlen, Präriearten außerhalb des Siedlungsraums oder in der Nähe von Pflanzenwanderwegen wie Gewässern auszubringen. Per Gesetz ist es verboten nicht heimische Pflanzen in die freie Landschaft auszubringen (BNatSchG § 40).

Bislang sind die Auswirkungen der Neueinfuhr der Präriearten seit den 2000er-Jahren und deren Invasionspotential noch nicht ausreichend untersucht. Anhaltspunkte, dass es hier zu neuen Neophyten oder zu Invasionen gekommen ist, lassen sich in der Literatur nicht finden. In Oeschberg in der Schweiz wurden die Versuche noch im Jahr der Gartenschau entfernt. Dort finden sich inzwischen auch alle nichtheimischen Arten der Goldrute (Solidago) auf der Schwarzen Liste, das heißt, sie dürfen weder vermehrt, noch gehandelt noch gepflanzt werden.

Bei den Versuchen in England waren keine Präriearten gefunden worden, die sich außerhalb der Versuchsflächen etablieren konnten (Hitchmough, James, De la Fleur, Marcus, 2006). Im Rahmen dieser Untersuchung wurden in Deutschland lediglich in Gießen und in Alzenau einige Sämlinge von Oenothera lindheimeri und Gailardia-Arten (Abb. 12) außerhalb der Beetflächen in den umgebenden Pflasterfugen gefunden. Da diese Pflanzen eher zu den konkurrenzschwachen Arten zählen, die sich ganz bewusst konkurrenzreduzierte Standorte suchen, ist eine weitere Ausbreitung oder gar ein Übergang zur Invasivität wenig wahrscheinlich.

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9 Im Sheridan Park in Augsburg wurden die Stauden von Cassian Schmid mit dem Prinzip der Matrixpflanzung ausgebracht. Foto: Julia v. Vietinghoff
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10 Im Herbst geben Aster novae-angliae und Panicum virgatum ein schönes Farbenspiel (Sheridan Park Augsburg, Pflanzplanung: Cassian Schmid). Foto: Julia v. Vietinghoff
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11 Panicum virgatum finden im Sheridan Park in Augsburg großflächig Verwendung. Es entsteht der Eindruck eines Gräsermeeres. Foto: Julia v. Vietinghoff
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12 Neben einer einzelnen Pflanze von Oenothera lindheimeri wurden in Gießen und Alzenau vereinzelt "Ausreißer" von Gailardia – Arten in Pflasterfugen gefunden. Foto: Julia v. Vietinghoff

Fazit

Die vermehrte Beschäftigung mit Präriepflanzen seit den 2000er-Jahren hat hierzulande keinen wirklichen Boom ausgelöst. Insbesondere Pflanzungen, die auf der Phytozönose einer reinen Prärie aufbauen, sind selten, obwohl Versuche gezeigt haben, dass dies durchaus möglich wäre. Trotzdem hat sich ein Trend zur Präriepflanze gehalten, wenn auch in einer veränderten Form. Attraktive Arten werden gerne und vermehrt eingesetzt. Die Kreativität und das Fachwissen der Planer lässt neue Pflanzengemeinschaften entstehen, die so von Natur aus nicht zusammen vorkommen. Deren Nutzen und Ästhetik werden an moderne Freiraumkonzepte angepasst. Eine Gefährdung der heimischen Pflanzenwelt durch neue invasiv gewordene Präriearten kann bislang nicht beobachtet werden.

Literatur und Quellen

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Heidinger, Ina, Marzini, Kornelia, Illies, Ingrid, 2018: Die Energie aus der Prärie. Präriestaudenmischungen liefern Energie für Mensch und Blütensucher. In: Schule und Beratung 6/2018. (Hrsg.) Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, München.

Heinrich, Axel, Messer, Uwe (2017): Staudenmischpflanzungen. Praxis - Beispiele - Tendenzen.

Hitchmough, James, de la Fleur, Marcus, (2006): Establishing North American prairie vegetation in urban parks in northern England: Effect of mangement and soil type on long-term community development. In: Landscape and Urban Planning 4/2006.

Hitchmough, James, de la Fleur Marcus, Findlay, Catherine, (2004): Establishing North American prairie vegetation in urban parks in northern England: Part 1. Effect of sowing season, sowing rate and soil type. In: Landscape and Urban Planning 2/2004, 75-90.

Hitchmough, James, Wagner, M., Ahmad, H. (2017) Extended flowering and high weed resistance within two layer designed perennial "prairie-meadow" vegetation. In: Urban Forestry & Urban Greening, 10/2017 Ausgabe 27, 117-126.

Jakob, Friedrich (2002): Hochgrasprärie: Attraktivität preiswert aus Saatgut. In Gartenpraxis 6/2002, 47-51.

Kowarik, Ingo, (2004): Biologische Invasionen durch Gartenpflanzen? In: Gartenpraxis, 9/2004, 45-51.

Kühn, Norbert (2005a): Präriepflanzungen in der Stadt - Kritische Reflexion eines neuen Trends. Teil 1: Prärie als Vorbild für eine extensive Pflanzenverwendung im urbanen Raum. In Stadt + Grün, Das Gartenamt 9/2005, 22-28.

Kühn, Norbert (2005b): Präriepflanzungen in der Stadt - Kritische Reflexion eines neuen Trends. Teil 2: Möglichkeiten des Einsatzes von Präriepflanzen in Mitteleuropa. In Stadt + Grün, Das Gartenamt 9/2005, 49-55.

Kühn, Norbert (2005c): Präriepflanzungen in der Stadt - Kritische Reflexion eines neuen Trends. Teil 3: Risiken des Einsatzes von Präriepflanzen in Mitteleuropa. In Stadt + Grün, Das Gartenamt 9/2005, 43-49.

Kühn, Norbert (2011): Neue Staudenverwendung.

Palm, Michael (1993): Staudenpflanzungen auf der IGA 93. In: Gartenpraxis, 5/1993, 16-21.

Schmidt, Cassian (2004): Präriemischpflanzungen auf trockenen Böden. In: Gartenpraxis, 5/2004, 32-39.

Schmithals, Antje, Kühn, Norbert (2014): To Burn or Not to Burn? Effect of Management Strategy on North American Prairie Vegetation for Public Urban Areas in Germany. PLoS ONE 9(10): e108588.

Schmithals, Antje, Kühn, Norbert (2017): To mulch or not to mulch? Effects of gravel mulch toppings on plant establishment and development in ornamental prairie plantings. PLOS ONE 12(2): e0171533.

Prof. Dr. Norbert Kühn
Autor

Technische Universität Berlin

Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung
Autorin

TU Berlin, Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung

Technische Universität Berlin

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