Das neue Familien- und Freizeitbad F.3 in Fellbach

Reduzierter Gestaltungsansatz mit nachvollziehbarer Formensprache

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Wasserbecken
Gesamtkonzept des neuen Familien- und Freizeitbades F.3 in Fellbach. Foto: Büro Gänßle, Hehr & Partner

Mit der modernen Gestaltung des neuen Familien- und Freizeitbades F.3 zieht Fellbach die Blicke der ganzen Region Stuttgart auf sich. Im Jahr 2013 eröffnete das Kombibad mit großem Sport-, Erlebnis- und Saunabereich seine Pforten. Das Freibad konnte damals von den Badegästen das erste Mal besucht werden und findet aufgrund seiner freundlichen Atmosphäre großen Zuspruch bei Jung und Alt.

Entscheidung zu einem Familien- und Freizeitbad

Fellbach verfügte bisher über ein altes Freibad und ein renovierungsbedürftiges Hallenbad am anderen Ende der Stadt. Vor etwa zehn Jahren gab es die ersten Überlegungen, diese zwei sanierungsbedürftigen Bäder durch ein neues Kombi-Bad zu ersetzen und eine zukunftsfähige und wirtschaftliche Lösung zu finden. Bereits damals wurde die Öffentlichkeit in die Diskussion mit einbezogen und die Resonanz war sehr positiv.

Im ersten Schritt strebte die Stadt die Finanzierung über eine öffentlich-private Partnerschaft (Public-Privat-Partnership) an, um das Neubauprojekt und dessen laufenden Betrieb möglichst rentabel zu gestalten und dabei die öffentlichen Gelder zu entlasten. Aufgrund der Finanzkrise 2008 ist das im Gespräch stehende Unternehmen abgesprungen und eine alternative Strategie mit einem privaten Betreiber wurde gefunden. Nachdem die Finanzierung geklärt war, stand fest: Ein neues Familien- und Freizeitbad für Fellbach soll gebaut werden, dass sich harmonisch in den prägnanten Landschaftsraum integriert. Hierzu beauftragte die Stadtverwaltung die 4a Architekten GmbH aus Stuttgart als Generalplaner und für die gesamte Freiraumplanung des Bades das Landschaftsarchitekturbüro Gänßle, Hehr + Partner aus Esslingen am Neckar. Mit dem Anspruch einer integralen Planung, welche den gesamten Lebenszyklus von der Planung, über die Ausführung, Nutzung bis zum Rückbau betrachtet, wurde das Projekt 2010 begonnen. Unter Mitwirkung aller beteiligten Disziplinen ist so eine abgestimmte Einheit zwischen Innen- und Außenraum sowie Form und Funktion entstanden.

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Harmonisch, am Fuße des Kappelbergs gelegen, gliedert sich das neue F.3 in die umgebende Landschaft ein. Foto: David Matthiessen

Weinbergstrukturen als Leitmotiv

Das F.3 Familien- und Freizeitbad ist heute Teil der neuen Sport- und Freizeitzone am westlichen Stadtrand von Fellbach. Es liegt am Fuße des Kappelbergs, wo die Weinbergstrukturen langsam in die Feldstrukturen der Ebene übergehen. Gleichzeitig verbindet es den parkartigen Grünbereich, der sich bis zur Stadtmitte erstreckt, mit der freien Landschaft.

Das Konzept leitet sich aus der umgebenden Weinberglandschaft ab und greift typische Landschaftselemente gestalterisch auf. Die linearen Weinbergstrukturen wurden als Felder auf das Grundstück gelegt. Hieraus entwickelt sich die gesamte Badelandschaft: Beckenausrichtung, Liegebereiche, Spielflächen, Baumreihen, Außensaunen - alles strebt nach Westen zum offenen Feld hin. Wie in den Weinbergen zwischen den Rebstrukturen entstehen lang gestreckte Räume und Ausrichtungen, die gezielt Schatten- und Sonnenbereiche hervorrufen und den Blick der Besucher in die Ferne lenken.

Die Gestaltung hat Grundzüge der Örtlichkeit als Leitmotiv übernommen und neu interpretiert, ohne eine Miniaturwelt zu erschaffen. Dadurch fügt sich die Gesamtanlage des Bades in seine Umgebung ein. Auch die Farbgestaltung orientiert sich an den Farbnuancen der umgebenden Weinberge im Wechsel der Jahreszeiten.

Vorplatzgestaltung

Durch den einheitlich sandfarbenen Belag, der sich bis in die Freibadflächen fortsetzt, wirkt bereits der Vorplatz des neuen F.3 großzügig und einladend. Der Gesamteindruck der Fläche erinnert an einen Sandstrand, auf dem Belagsintarsien aus Granitplatten die Richtung zu den Eingangsbereichen vorgeben. Einzelne Intarsien erheben sich als lineares Bankelement aus dem Belag, aus wieder anderen sprudeln Wasserfontänen hervor. Blickfang auf dem Vorplatz ist eine Gruppe aus Granit-Sitzelementen in der Formensprache des Gebäudes. Diese bieten Besuchern die Möglichkeit sich zu treffen und zu verabreden oder sich unter dem Schatten der Blauglockenbäumen (Paulownia tomentosa) auszuruhen.

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Granit-Sitzelemente in der Formensprache des Gebäudes bieten Aufenthaltsmöglichkeiten für Besucher. Blauglockenbäume spenden Schatten. Foto: David Matthiessen

Gestaltung des Freibades mit Saunabereich

Das funktional gegliederte Bad mit, seinem umfangreichen Bade- und Wellnessangebot, ist für unterschiedlichste Nutzer interessant. Familien mit Kindern, Sportler, Vereine sowie Entspannung suchende Saunagäste - alle können entsprechend ihren Anforderungen eine Tarifzone mit dazugehörigem Bereich wählen. Der Hauptzugang befindet sich zentral in der Mitte des Gebäudes, von dem aus die unterschiedlichen Badbereiche erreicht werden. Dabei geht der Sportbereich im Innenraum mit dem Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken in das außen liegende Freibad über.

Das Freibad erhält einen zusätzlichen Eingang im Süden. Dort finden sich auf der Gastronomie-Terrasse die Sitzelemente der Dreiergruppe vom Vorplatz wieder. Über einen linearen Hauptweg gelangt der Besucher zu den Liegeterrassen im Westen und weiter zu den Sportbecken und den dahinter liegenden Sportflächen mit Beachvolleyball-Feld. Dabei bilden die Liegeflächen mit lockeren Baumgruppen den Landschaftsübergang und setzen mit ihrer reliefartigen Terrassierung und strengen Geometrie Kontraste zur natürlichen Landschaft.

Zentral integriert im Freibad ist der Kinderbereich mit Spielwiese und Spielgeräten, einem Sand-Matschbereich und einem strandartig tiefer liegenden Wasserbecken, aus dem sich eine Insel erhebt. Wassersprühelemente in Form von Blüten und Blättern, Spritzkanonen, Wassersprudler, Wasserpumpe und nicht zuletzt eine Rutsche wecken kreative Spielmöglichkeiten. Dabei sorgen Sonnensegel für Schatten. Als Abgrenzung und gleichzeitig als Ruhebereich dient ein Holzdeck mit dahinter liegender Baumreihe. Von dort aus behalten die Eltern einen guten Überblick über das Tun ihrer Kinder.

Die gesamten Anlagen können barrierefrei erreicht werden und alle Wasserflächen sind von jeder Seite frei zugänglich. Der Erlebnisbereich mit seinen Attraktionen wie der Turbo-Looping-Rutsche und dem Indoor-Kinderbereich geht vom Innenraum in ein Außenbecken über. Um die prägnanten weißen Röhren der Rutschanlagen in den Freiraum zu integrieren und die Dominanz zurückzunehmen, wurden Grasfelder aus Reitgras gepflanzt.

Im großzügigen und weitläufigen Saunagarten entsteht durch die Außensaunen, die linearen Liegebänke, Bambusreihen, Staudenbeete, Baumreihen und die querenden Plattenwege ein Raster mit unterschiedlichen Räumen. Sichtschutz bietet in diesem Bereich eine umgebende geometrische Modellierung, die Ausblicke in den Landschaftsraum ermöglicht, aber Einblicke verhindert. Die Plateaus, die durch die Modellierung entstehen, werden in sehr engem Abstand bepflanzt. Gruppen aus Hainbuche, Vogelkirsche und Feldahorn betonen sie und bilden Landschaftsfenster aus.

Wasserbecken
Grasfelder integrieren die Röhrenrutsche in den Freiraum und nehmen die Dominanz. Im Hintergrund des Außenbeckens laden terrassierte Liegeflächen zum Entspannen ein. Foto: Büro Gänßle, Hehr & Partner

Einfriedung und Bepflanzung

Lineare Holzdecks und Baumreihen übertragen die Strukturen der Kulturlandschaft in das Bad. Amberbaum-Reihen (Liquidambar styraciflua) stehen lockeren Baumgruppen aus Bergahorn (Acer pseudoplatanus), Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera) und Weiß-Esche (Fraxinus americana var.microcarpa) gegenüber. Sie sorgen für Schatteninseln, setzen mit ihren wechselnden Farbverläufen das Jahr über Akzente und übertragen so das Farbenspiel des Weinanbaues in das Freibadgelände. Der umlaufende Zaun am Feldrand wurde abschnittweise mit Gruppen aus Kupfer-Felsenbirnen (Amelanchier lamarckii) auf der Badseite und mit der blaublättrigen Rose (Rosa glauca) auf der außen liegenden Seite bepflanzt. So entstehen Sichtfenster in die umgebende Kulturlandschaft.

Die unterschiedlichen Funktionsbereiche im Bad trennen gestaltete Metallzäune. Im Saunagarten schützen Sichtbetonmauern vor ungewollten Einblicken. Den Einfriedungen im Bad sind Pflanzungen von schwarzem Bambus vorgelagert. Dieser schafft durch seine olivgrünen bis ins schwarze verlaufenden Halme einen seitlichen Rahmen für den jeweiligen Raum.

Beleuchtung

Ein umfassendes Beleuchtungskonzept setzt den Freiraum über den Tag hinaus in Szene und lebt von spannungsvollen Wechseln zwischen hell und dunkel. Auf dem Vorplatz unterstreicht die Beleuchtung der linearen Bank durch eine LED Lichtlinie die Richtung zum Haupteingang. Fassadenstrahler, Lichtstelen und Lichtsitze ergänzen das Beleuchtungskonzept und inszenieren den Zugangsbereich auch in den Abendstunden.

Nachhaltige Planung

Mit Investitionskosten von rund 37 Millionen Euro legte die Stadtverwaltung viel Wert auf einen hohen Baustandard und eine nachhaltige Bewirtschaftung. So sollen die Unterhaltskosten langfristig minimiert werden. Neben einem nachhaltigen Energiekonzept und zeitgemäßer Badewassertechnik ist auch die Regenwasserbewirtschaftung nach dem aktuellen Stand der Technik geplant. Ein spezielles Abwasserbecken sammelt das Schlammwasser der Filterrückspülung sowie der Stetsabläufe der einzelnen Badewasseranlagen. Von dort aus wird es durch eine Aufbereitungsanlage in eine Zisterne geleitet und in die Bewässerungsanlage eingespeist.

Dipl. Ing. (FH) Annette Straßer
Autorin

Landschaftsarchitektin, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit

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