Reduzierung des CO2-Ausstoßes mitdenken

Suffizienz in der Gartenbautechnik geht vor

Das Bauwesen verursacht heute 65 Prozent des in der Schweiz produzierten Abfalls. Beim Bauen in der Schweiz fallen rund 75 Prozent des CO2-Ausstoßes auf die Herstellung und den Transport dieser Produkte an. Dazu leistet auch der Gartenbau seinen Beitrag. Diesen zu minimieren ist ein Gebot der Stunde, wollen wir die Zunahme der Temperaturen in der laufenden Klimaerwärmung moderat halten. Der aktuelle Stand der Technik und die damit einhergehenden gültigen SIA-Normen sollten aus diesem Grund überdacht werden.
Klimaanpassung Klimagerechte Landschaftsplanung
Abb. 1: Instandgesetzte Stützmauer in der Englischen Anlage, Bern. Anwendung der vorhandenen Bautechnik. Foto: Jules Etienne

Diese Normen, die anfänglich als eine kompetente Fachmeinung aufgestellt wurden, haben in der Zwischenzeit Rechtskraft erreicht. Diese Situation verhindert, weiterzudenken. Ich möchte einige Beispiele aus dem Bauen im Bestand erläutern und auf die Verwendung historischer Bautechniken eingehen. Dies kann helfen, den Anstoß zu geben, die heutige Bautechnik zu überdenken und nach neuen, angemesseneren und klimafreundlichen Lösungen zu suchen.

Der Artikel ergänzt die Gedanken aus dem Beitrag "Zukünftige Landschaftsarchitektur aufgrund suffizientem Handeln" in Stadt+Grün 11/2024.

Dieselben Bautechniken wie vorhanden anwenden

Was als Nachlässigkeit verstanden werden kann, erhält im Anblick ökologischen und suffizienten Handelns eine positive Wertigkeit. Kein Upgrading auf aktuelle Baustandards, sondern Kontrolle des Bestands auf seine Funktionstüchtigkeit und die erfolgte Alterung sowie folgerichtiges Handeln. Was erprobt und funktionstüchtig ist, soll belassen werden. Sind Mauern, Einfassungen oder Fundationen stabil und weisen kaum Verschiebungen oder Setzungen vor, werden diese belassen. Ausgefallene Bereiche sollen mit der ursprünglich verwendeten Technik ergänzt werden. Dabei ist es möglich, dass die Maßnahmen im Widerspruch zu aktuellen Baustandards stehen.

Ein Beispiel dazu ist die Instandsetzung der Mauern in der Englischen Anlage in Bern, die wir kürzlich sanieren konnten. Eine Mauer war mit größeren, stehenden Platten in Sandstein ohne Fundamente errichtet worden. Einige Sandsteine waren über die vergangenen Jahrzehnte abgesandet und hatten sich so aufgelöst. Die Begehung mit dem Geotechniker und dem Bauingenieur hatte ergeben, dass die Mauern stabil sind, auch wenn die Platten nicht mehr in den Untergrund seitlich der Wegfundation eingebunden, oder sogar aufeinandergestapelte Steine vorzufinden waren. Das fehlende Einbinden der Mauerfüße hat sich durch eine langsame, aber erhebliche Senkung des Weges ergeben. Beim Ergänzen der fehlenden Mauersteine wendeten wir dieselbe Bautechnik an. Wir versetzten deren Fuß wieder in die Erde hangseitig des Weges, ließen sie mit dem gleichen Anzug in die Böschung ein und vermörtelten wieder die Fugen.

Die Verwendung der bauzeitlichen Technik wird in historischen Anlagen, die denkmalpflegerisch relevant sind, häufig angewendet. Es ist eine Strategie, die neben dem kleinen Eingriff auch den Erhalt von historischen Bautechniken ermöglicht. Auch als Beispiel für die Nachwelt. Außerdem wird in gartendenkmalpflegerisch relevanten Anlagen, wo dies sinnvoll ist, repariert anstatt neu gebaut. Dem einheitlichen Erscheinungsbild, beispielsweise bei Stützmauern, wird oft weniger Wert beigemessen als dem Erhalt von Teilen des Denkmals. Eine Zuhilfenahme moderner Bautechniken bei Instandsetzungen hat oft zur Folge, dass sich der Ausdruck der Anlage stark verändert. Dies zum Nachteil der Anlage selbst.

Das "sich Einweben in den Bestand", das gezielte Belassen von Unvollkommenheiten und die vermehrte Wiederverwendung von Bauteilen kann zu vielfältigeren und lebendigeren Freiraumgestaltungen führen. Es ist eine Ästhetik weg von der homogenen und großzügigen Fläche mit präzisen Details, wie diese vor 20 Jahren Leitlinie war, zu einer abwechslungsreichen Gestaltung. Unsere Arbeit in der Englischen Anlage lebt auch von der Ergänzung. Kantig und präzis ergänzt alt und abgewittert. Es gab kein Rückbau von vorhandenen Bauteilen aufgrund der Ästhetik. Das neu verbaute Material kam weiterhin aus der Region. Die Ausformulierung der Baudetails ist immer noch wichtig und für den Ausdruck tragend. Jedoch hat das Unvollkommene, hier auch "Gebastelte" weiterhin Raum für seine Zukunft erhalten. Die instand gestellte Anlage wirkt dadurch offen und reichhaltig.

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Abb. 2: Neu erstelltes Wasserbecken an einer Trockenmauer mit wiederverwendeten Steinen (Sandstein, Tuff, Betonabbruch), die zuvor hier schon eingebaut waren. Foto: Jules Etienne

Beispiel Einfassungen versetzen

Vor dem Einzug des Betons in den Gartenbau wurden auch Einfassungen versetzt. Viele dieser Einfassungen wurden in Sand versetzt, beispielswiese die Bundsteine einer Pflästerung der Vorfahrt bei der Villa Bleuler in Zürich oder die Kalkschröppen, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vielerorts eingebaut wurden. In der Praxis der Gartentechnik von Carl Rimann von 1927 wird das Versetzen von Stahlbändern beschrieben. Die Stahlbänder zur Fassung von Rasenkanten sind nur fünf bis sechs Zentimeter hoch und weisen in Abständen von rund 1,5 Meter eine Stahlspitze auf. Mit den Stahlspitzen wird das Band in die Erde gesteckt und mit Einklopfen von Ziegelbrocken vor und hinter den Spitzen gerichtet.¹

Bei der Instandsetzung eines kleinen Gartens in Ennenda, Glarus (GL) an der Oberen Säge 2/4 kamen alte Einfassungssteine aus flachen, handgroßen, stehend in Sand versetzten Flusskieseln zum Vorschein. Da wir diese Steine im Kontext eines Leitungsbaus unter einer Katzenkopfpflästerung aus dem 19. Jahrhundert auch vorfanden, haben wir diese Steine als Einfassung der Rabatten im Garten verwendet. Wir hatten jedoch zu wenig Steine für alle Rabatten. Doch waren ursprünglich auch nie alle Rabatten mit Kieselsteinen eingefasst. Den Wechsel zwischen Kieseleinfassung, Einfassung mit Kalkschröppen und ohne Einfassung haben wir zum Konzept gemacht und die mit Kiesel begleiteten Rabatten bewusst ausgewählt.

Stellplatten wurden im 18. und auch im 19. Jahrhundert jeweils zwischen Sockeln eingelassen und anschließend mit Erde oder Sand hinterfüllt. So ist diese Bauweise auch im Garten Sunnezyt in Ennenda GL oder im Landgut Mariahalde in Erlenbauch ZH vorzufinden. Die Sockel der Einfriedung, respektive des Rankgerüsts, weisen seitlich je eine Aussparung wie eine Nut auf, wie sie heute noch im Holzbau Anwendung findet.

Die Stellplatten, in Erlenbach aus Rorschacher Sandstein und in Ennenda aus dem Schiefer aus Engi GL, wurden in die Nute zwischen zwei Sockel eingelassen und dadurch ohne Beton befestigt. Die Stellplatten, die wir im Landgut Mariahalde ersetzten mussten, fügten wir mit derselben Technik zwischen die Sockel wieder ein – ohne Beton.

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Abb. 3: Eisenband zur Einfassung eines Gartenweges, Längs- und Querschnitt, a) Bandeisen, b) Angenietete Spitze, c) Krampe. Quelle: Rimann, Carl: Die Praxis der Gartentechnik, Berlin 1927, S. 137
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Abb. 4: Vorgefundene flache Kieselsteine (Pflästerung 18. Jahrhundert) unter einer alten Katzenkopfpflästerung (Pflästerung 19. Jahrhundert) beim Garten Sunnezyt in Ennenda GL. Foto: Umland
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Abb. 5: Ausschnitt aus dem Revisionsplan Garten Sunnezyt in Ennenda GL. Die Einfassung aus Kieselsteinen ist an der breiten roten Linie erkennbar. Abbildung: Umland

Beispiel Fundation

Eine kleine Recherche zur Bautechnik von Fundationen zeigt auf, dass diese im Laufe der letzten 300 Jahre immer mächtiger wurden. Gemäß Dezallier d'Argenville's Publikation von 1731 wurden in privaten Liegenschaften kaum Fundationen eingebaut, dies aus Kostengründen. Er unterscheidet zwischen "weissen"² und "grünen Alleen" ³. Die weißen Alleen werden mit "ganz klein zerriebenem Sand"4 abgestreut. Bei den grünen Alleen wächst Gras.5

Die schmalen Alleen werden mit dem Scherreisen und die großen Alleen mit dem Pflug gepflegt, anschließend mit dem Rechen ausplaniert. Er empfiehlt auch, die Alleen häufig zu mähen, damit sie "rein und schön" 6 gehalten werden können.7 Rasenmäher gab es damals noch nicht. Der Nachteil der Wege ohne Fundationen wurde in der erhöhten Pflege, da Gehölze wuchsen, sowie in den störenden Maulwurfshügeln im Weg beschrieben.

Die Erstellung von Fundationen ist jedoch im Anschluss auch aufgeführt. Dezallier d'Argenville schlug gehauene "Stein-Sande"8 und, wenn diese nicht erhältlich waren, Schutt oder "Stein-Beschütt"9 von einem alten Gebäude in einer Stärke von zehn bis zwölf Zentimeter vor. Nach der Planie und dem Verdichten ist vier Zentimeter Sand als Deckschicht einzubauen.10

In Carl Rimann's Buch zur Praxis der Gartentechnik von 1927 ist die Fundation in Gehbereichen vom vorgefundenen Untergrund durchzuführen. Bei gut wasserdurchlässigem Boden wird für einen Fußweg keine Fundation verwendet, sondern nur auf erfolgter Planie drei Zentimeter "Kies" eingebaut. ¹¹ Diesen Belagsaufbau mit feinem Rundkies habe ich im Konventgarten der Klosteranlage der Zisterzienser in Wettingen AG und im Ziergarten des Landgutes Mariahalde in Erlenbach ZH vorgefunden. Beide Gärten wurden Mitte des 19. Jahrhunderts auf gut kultivierter Erde erstellt.

Anders verhält es sich bei Rimann bei undurchlässigem Untergrund (s. beiliegende Abbildung). Hier wird ein Aushub von elf bis15 Zentimetern erstellt, die Kulturerde gleich wieder seitlich eingebaut, ein Planum von seitlich je vier bis fünf Prozent Seitengefälle angelegt und darauf als Fundation acht bis zehn Zentimeter Klopfsteine, Ziegel oder Bauschutt und Schlacke eingebaut.

Wichtig war, dass das Material in der Fundation unten grob und oben fein war. Diese Fundation beträgt sieben bis zehn Zentimeter. Danach wurde zwei Zentimeter sandiger Lehm vermischt mit Schlackenruß als Bindemittel für die Fundation eingeschlämmt und eingewalzt. Auf dieser Oberfläche erfolgt die Kiesabstreuung von 1,5 Zentimeter. Das oberflächliche Gefälle zur Seite beträgt wieder vier bis fünf Prozent.¹² Diese zwei von Rimann beschriebenen Belagsaufbauten sind auch noch im Jahr 1951 in der Publikation von Lange-Zahn's Gartenbuch gleich beschrieben.¹³

Heute gilt für Fundationen die SIA 318 Garten- und Landschaftsbau. Für die Fundationsschicht ist ein wasserdurchlässiges und frostsicheres Material zu wählen. In Abhängigkeit der Tragfähigkeit des Unterbaus von sechs Meganewton/Quadratmeter bis 60 Meganewton/Quadratmeter beträgt die Stärke der Fundation 30 bis zehn Zentimeter.

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Abb. 6: Neu in Sand versetzte Kalkschröppen im Garten Sunnezyt in Ennenda GL. Foto: Geraldine Recker

Schlussfolgerung

Die Baustandards wurden über die vergangenen 300 Jahre materialintensiver. Insbesondere ist eine starke Zunahme der Materialmengen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts festzustellen. Was sind die Gründe dafür? Erhöhung des Komforts beim Gehen? Einfacherer Unterhalt? Die im 19. und 20. Jahrhundert zunehmende Möglichkeit, einfach und günstig Material zu gewinnen und zu transportieren? Die zunehmenden Lohnkosten im 20. Jahrhundert mit gleichzeitig tief bleibenden Materialkosten? Neues Fachwissen? Eine andere Zeitspanne zur Lebensdauer des Bauwerks? Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem 2. Weltkrieg und der damit einhergehende Wohlstand?

Die Sachlage und die oben aufgeworfenen Fragen zeigen, dass die heutige Bauweise nicht in Stein gemeißelt ist, sondern in Abhängigkeit der Umstände anders war und zukünftig sein kann. Hier kann das Weiterdenken ansetzen und neu das Kriterium CO2-armes Bauen integriert und die Bautechnik entsprechend weiterentwickelt werden.

Ich wünsche uns eine tiefgreifende Reflexion zum Umgang mit Baumaterialen und eine Entwicklung zu einem CO2-armen Bauen. Weitere Recherchen, Experimente, Forschung, Feldversuche und Publikationen zu diesem Themenfeld würde ich sehr begrüßen. Die Experimentierfreude und die damit einhergehende Zunahme des Wissens sollten belohnt werden. Ich sehe hier eine Möglichkeit, im Gartenbau einen klimafreundlicheren Ansatz zu entwickeln, den heute üblichen CO2-Ausstoß bei Gartenbaumaßnahmen deutlich zu senken.

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Abb. 7: Stellplatte zwischen Zaunsockeln im Garten Sunnezyt in Ennenda GL. Foto: Umland
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Abb. 8: Aufbau eines Fußweges bei wasserundurchlässigem Untergrund. Quelle: Rimann, Carl: Die Praxis der Gartentechnik, Berlin 1927, S. 126

Anmerkungen

¹ Rimann, Carl: Die Praxis der Gartentechnik, Berlin 1927, S. 137

² Alexandro Blond (Antoine Joseph Dezallier d'Argenville): Die Gärtnerey, so wohl in ihrer Theorie oder Betrachtung als Praxi oder Übung, Augsburg 1731, S. 67

³ Alexandro Blond (wie Anm. 2), S. 67

4 Alexandro Blond (wie Anm. 2), S. 67

5 Alexandro Blond (wie Anm. 2), S. 67

6 Alexandro Blond (wie Anm. 2), S. 71

7 Alexandro Blond (wie Anm. 2), S. 71

8 Alexandro Blond (wie Anm. 2), S. 72

9 Alexandro Blond (wie Anm. 2), S. 72

10 Alexandro Blond (wie Anm. 2), S. 72

¹¹ Rimann, Carl (wie Anm. 1), S. 126

¹² Rimann, Carl (wie Anm. 1), S. 126–128

¹³ Lange-Zahn: Gartenbuch, Ein Lehr- und Nachschlagebuch, Güntersloh 1951, S. 30–32

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