Reicht eine Mängelrüge per E-Mail im VOB-Vertrag aus?

Nach einer umstrittenen Entscheidung des OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.04.2012 - 4 U 269/11 - reicht es nach Ansicht des Gerichts bei einem Werkvertrag, der unter Einbeziehung der VOB/B geschlossen wurde, zur Verlängerung der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln durch eine Mängelrüge nicht aus, die Rüge per E-Mail zu versenden.

In dem entschiedenen Fall hatte ein Bauunternehmer unter Einbeziehung der VOB/B in den Bauvertrag bei dem Anwesen des Auftraggebers die Fassade renoviert und ein Wärmedämm-Verbundsystem angebracht. Während der Gewährleistungsfrist forderte der Auftraggeber den Unternehmer per E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur auf, Mängel an seinem Werk zu beseitigen, da Putzabplatzungen aufgetreten waren. Die Beseitigung des Mangels wurde vom Unternehmer letztlich verweigert.

Nach Ablauf der vierjährigen Gewährleistungsfrist gemäß § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B, jedoch vor Ablauf der Frist des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, wonach bereits eine schriftliche Mängelanzeige verjährungsverlängernde Wirkung hat und der Bauherr die Verjährungsfrist für Mängelansprüche durch die Mängelrüge um maximal zwei Jahre verlängern kann, klagte der Bauherr einen Vorschuss für die Kosten der Mängelbeseitigung ein. Die Klage wurde vom OLG Frankfurt am Main abgewiesen.

Das OLG Frankfurt am Main argumentierte, die Mängelanzeige sei entgegen den Anforderungen des § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B nicht schriftlich erfolgt. Eine E-Mail reiche für das Erfordernis der Schriftform nicht aus, da die eigenhändige Namensunterschrift fehle. Dies könne nur durch die in § 126a BGB geregelte qualifizierte elektronische Signatur erfüllt werden, an der es im vorliegenden Fall gefehlt hat.

Diese Entscheidung des OLG Frankfurt ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 29.04.2011 - 12 U 144/10 - im Zusammenhang mit einem Vertrag über die Entwicklung, Überlassung und Installation von Software entschieden, dass eine rechtsgeschäftlich vereinbarte Schriftform auch dann eingehalten wird, wenn eine telekommunikative Übermittlung erfolgt. Eine telekommunikative Übermittlung sei insbesondere das Abschicken einer E-Mail.

Da bei einer Einbeziehung der VOB/B, die kein Gesetz, sondern im Ergebnis ein Regelwerk mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist, eine rechtsgeschäftlich vereinbarte Schriftform in § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B vorliegt, gilt § 126 BGB nicht, sondern es gilt § 127 BGB. Demnach genügt nach § 127 Abs. 2 BGB bei Fehlen eines abweichenden Willens die telekommunikative Übermittlung, wozu eine E-Mail ausreicht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Anhaltspunkte für einen davon abweichenden Willen der Vertragsparteien vorliegen.

Unabhängig davon, welcher Ansicht zu folgen ist, empfiehlt es sich für die Praxis eindeutig, jedenfalls im Zuständigkeitsbereich des OLG Frankfurt, von einer Übermittlung von Mängelrügen lediglich per E-Mail bei einem VOB-Vertrag abzusehen. Stattdessen ist zur Vermeidung von Wirksamkeitsrisiken bei Versendung einer E-Mail zusätzlich eine qualifizierte elektronische Signatur zu verwenden oder aber es sollte stattdessen ein eigenhändig unterschriebenes Dokument, zum Beispiel mittels Telefax, versendet werden.

Dr. Normen Crass, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt a. M.

SUG-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Landschaftsarchitekt/-in (w/m/d), Wiesbaden  ansehen
Professur (W2) für das Lehrgebiet Wald- und..., Göttingen  ansehen
Stadt- und Regionalplaner*in, Brake  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle grüne Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen