Auswirkungen und Möglichkeiten für die Landschaftsplanung von Kommunen

Renaturierte Steinbrüche und Kiesgruben

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Renaturierung Landschaftsplanung
Abbaustätten – vorübergehende Eingriffe in die Natur. Foto: Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg e. V.

Flächennutzungskonflikte nehmen aufgrund der höher werdenden Nutzungsdichte deutlich zu. Die Konflikte und die Nutzungsdichte sind bereits derart hoch, dass viele Raumnutzer, auch die Rohstoffgewinnung, die vergleichsweise sehr wenig Fläche in Anspruch nimmt,1) deutliche Hürden aufgezeigt bekommen. Neben der geringen Flächeninanspruchnahme ist in besonderer Weise zu berücksichtigen, dass jede Abbaustätte nach dem Abbau wieder einer Nutzung zugeführt wird, jedoch sind auch die Folgenutzungsansprüche selten konfliktfrei. Die Landschaftsplanung kann zur Lösung dieser Konflikte beitragen und die (scheinbar) unterschiedlichen Interessen zusammenführen. Besonders die Tatsache, dass Abbaustätten nur vorübergehend die jeweiligen Flächen beanspruchen und nach dem Abbau vielfältige Folgenutzungsmöglichkeiten entstehen, sollte bereits frühzeitig als Chance verstanden und in die Landschaftsplanung der Kommunen integriert werden. Abhängig von der Größe der Abbaustätte können auch Nutzungskombinationen aufeinander abgestimmt werden.

Einführung

Mit der Rohstoffgewinnung greifen die Abbaubetriebe, in der Regel mit erheblichen Beeinträchtigungen, in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild ein. Viele dieser Eingriffe in Wasserhaushalt, Boden, Flora und Fauna können zwar nicht kurzfristig, jedoch mittel- bis langfristig wieder kompensiert werden. Aus Sicht des Biotop- und Artenschutzes weisen die Flächen jedoch bereits schon während des Gesteinsabbaus einen hohen Naturschutzwert auf. Ganz entscheidend für den langfristigen Naturschutzwert ist vor allem die Art der Folgenutzung.

Die Rekultivierung von Abbaustätten ("Wieder-in-Kultur-nehmen") reicht von der Wiederaufnahme der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung hin zu vielen weiteren Folgenutzungen, die sonstigen Ansprüchen der Gesellschaft oder auch einer ökologisch orientierten Landschaftsplanung der Kommunen dient. Renaturierungen bewirken für die Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt jedoch mehr als Rekultivierungen mit dem Ziel einer bestimmten Folgenutzung. Die Art der Folgenutzung sollte deshalb einzelfallbezogen und zwischen allen Beteiligten möglichst einvernehmlich festgelegt werden.

Folgenutzungsplanung als wesentlicher Erfolgsfaktor für die Zielerreichung

Die Landschaftsplanung kann als wesentlicher Bestandteil der Rekultivierungs- und Renaturierungsplanung Zielvorstellungen bereitstellen, welche Folgenutzung(en) angestrebt werden soll(en). Da der Rohstoffabbau häufig nicht nur im lokalen Umfeld in Konflikt zu anderen Interessen steht, legen die Unternehmen schon aus eigenem Interesse Wert auf eine Abstimmung mit den Beteiligten und sorgfältige Umsetzung von Abbau und Folgenutzung.

Für Abbauvorhaben ist ein Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP) zu erarbeiten. Im LBP sind die Folgenutzungen der abgebauten Lagerstätten einzubeziehen. Sie legen die Ziele und den Zeitplan für die Wiedereingliederung der Abbaustätte in die Landschaft fest. Schon während des Abbaus werden die bereits wieder aus der Nutzung genommenen Areale renaturiert und rekultiviert. Dabei liegt heute vielerorts der Schwerpunkt bei allen Formen der Folgenutzung (Land- und Forstwirtschaft, Freizeit etc.) bei der Integration von Naturschutzzielen.

Auch die abbauenden Unternehmen legen mittlerweile großen Wert auf eine hochwertige Folgenutzung der Abbaustätten im Sinne des Naturschutzes, denn für die Abbauunternehmen ist der verantwortungsvolle Umgang mit der Natur ein wichtiger Faktor für die langfristige Standortsicherung. Die am Standort konsequent umgesetzten Rekultivierungs- und Renaturierungsmaßnahmen schaffen Vertrauen und tragen maßgeblich dazu bei, dass die unternehmerischen Entscheidungen sowohl von der Öffentlichkeit als auch von den Verwaltungsbehörden akzeptiert und unterstützt werden.

Wichtig ist insbesondere der frühzeitige Dialog mit den Anspruchsgruppen vor Ort, um eventuelle Interessenskonflikte zwischen den Nutzergruppen rechtzeitig zu klären. Meist müssen die unterschiedlichen Interessen von Land- und Forstwirten, Naturschützern und von freizeitorientierten Nutzern unter einen Hut gebracht werden.

Dabei kann es sinnvoll sein, Folgenutzungen in Teilbereichen den späteren lokalen Gegebenheiten anzupassen, ohne dass dadurch ein genereller Vorrang von Interessen der Land- und Forstwirtschaft, des Naturschutzes- oder von Freizeitinteressen hergeleitet werden kann.

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Einflüsse auf die Folgenutzung

Welche Folgenutzung bereits im Rahmen der so genannten Vorhabenszulassung festgesetzt wird bzw. welcher Spielraum durch die "Vorab-Festsetzung" verbleibt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Wesentlichen Einfluss auf die Folgenutzung haben die Nutzungsart und naturschutzfachliche Wertigkeit der Vorhabensfläche, die Art des Abbauvorhabens und die Interessen vor Ort.

Maßgeblich wird die Folgenutzung natürlich vom Abbauvorhaben selbst beeinflusst. Zu nennen sind insbesondere:

  • Größe der Abbaustätte,
  • Gewinnung von Lockergestein im Trocken- und/oder Nassabbau oder Gewinnung von Festgestein sowie
  • Umfeld der Abbaustätte.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen beeinflussen die Folgenutzungsart, lassen aber auch Spielräume für die Ausgestaltung. Wichtige gesetzliche Regelungen sind etwa die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und die Regelungen der Walderhaltung nach dem jeweiligen Landesrecht. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung schreibt die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft vor. Die Pflicht zur Kompensation ist nicht streng auf einzelne Funktionen der Schutzgüter des Naturhaushalts zu betrachten und muss damit nicht gleichartig erfolgen. Beispielweise müssen nicht alle Bodenfunktionen wiederhergestellt werden, die Kompensation kann auch durch Maßnahmen zur Förderung spezifischer Arten erfolgen.

Sofern für den Abbau Waldflächen in Anspruch genommen werden, sind zusätzlich die Regelungen der Walderhaltung nach dem jeweiligen Landesrecht zu beachten. Das Landeswaldgesetz Baden-Württemberg (LWaldG) beispielsweise schreibt hierzu vor, dass die Fläche innerhalb einer bestimmten Frist wieder aufzuforsten ist bzw. beim Nassabbau eine Ersatzaufforstung an anderer Stelle erfolgen soll. Die Regelungen der Walderhaltung nehmen großen Einfluss auf die Folgenutzung, jedoch ist auch hier eine Flexibilisierung in der Praxis erkennbar. Auch nicht-forstwirtschaftliche Interessen können in der Rekultivierungsplanung berücksichtigt werden und auch der hohe Wert für den Arten- und Biotopschutz findet mittlerweile große Beachtung.

Vielfalt der Folgenutzungen

Die Folgenutzungen in ehemaligen Abbaustätten sind sehr vielfältig und in unterschiedlichen Kombinationen anzutreffen.

Von etwa 6000 ehemals überwiegend kleiner Gewinnungsstellen, teils historischen Ursprungs zum Burgenbau, sind heute noch ca. 350 in Betrieb. Eine besondere Vielfalt bietet die Folgenutzung "Freizeit und Erholung". Zu nennen sind Klettersport, Fossilien sammeln, Angelsport, die Nutzung von Baggerseen als Badeseen, Wasserski, Moto-Cross- und/oder Mountainbikestrecken, aber auch neue Trendsportarten wie das Wakeboarden (zum Beispiel Wasserskipark in Pfullendorf).

Da über die Hälfte der Flächen in Deutschland landwirtschaftlich genutzt und ca. 30 Prozent der Fläche von Wald bedeckt ist und Abbaustätten und ihre Folgenutzungen in Zusammenhang mit der vormaligen Flächennutzung und dem vorhandenen Umfeld zu betrachten sind, liegt es auf der Hand, dass die landwirtschaftliche und forstliche Rekultivierung eine zentrale Rolle in der Praxis einnehmen. Die Herstellung eines Waldes zur wirtschaftlichen Nutzung und die Rekultivierung für landwirtschaftliche Zwecke sind aber aufgrund des hohen Naturschutzwertes von Abbaustätten genau zu prüfen.

Weitere Zwischen- und Folgenutzungen sind "Entsorgung", etwa in Form von Erddeponien oder Anlagen zur Kompostierung, oder "Energieerzeugung" (Sonnenpark Oberschwaben). Auch die Einbindung in Siedlungstätigkeiten oder die Kombination aus unterschiedlichen Nutzungen ist möglich (Stadtpark in Leonberg auf dem Gelände eines ehemaligen Gipsabbaus als Kombination aus Freizeit, Naturschutz und geologischem Lehrpfad). Eine besonders hervorzuhebende Folgenutzung ist der Naturschutz. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass sich Abbaustätten in der oftmals intensiv genutzten Kulturlandschaft zu wertvollen Lebensräumen für viele seltene Tier- und Pflanzenarten entwickeln. Immer häufiger anzutreffen in der Praxis ist die Kombination von Naturschutz mit Naturerlebnis und Umweltbildung.

Folgenutzung Naturschutz

Während früher vorrangig das "Schließen der Narben in der Landschaft" durch Verfüllung und Rekultivierung im Vordergrund stand, findet ein weiterhin voranschreitendes Umdenken dahingehend statt, dass die Chancen offen gelassener und auch im Betrieb befindlicher Abbaustätten für die Erhaltung und Entwicklung der biologischen Vielfalt, auch vor dem Hintergrund des Klimawandels und der damit verbundenen Artenverschiebungen, genutzt werden sollen.

Trotz der hohen Vielfalt für die Folgenutzung "Freizeit und Erholung" muss insbesondere der Folgenutzung "Naturschutz" eine hohe Bedeutung beigemessen werden. Die Bedeutung von "offen gelassenen" und nicht rekultivierten Steinbrüchen in einer sonst intensiv bewirtschafteten Landschaft ist für die "Flüchtlinge" der bewirtschafteten Kulturlandschaft von besonderer Bedeutung. Diese Flächen dienen als Rückzugsgebiete zahlreicher seltener Arten und aufgrund der dezentralen, kleinteiligen Struktur auch als Trittsteinbiotope. Aber auch stehende Gewässer wie Baggerseen sind nicht nur beliebte Anziehungspunkte für Badegäste, sondern bieten einer Vielzahl von Tieren und Pflanzen günstige Lebensbedingungen, die geeignet sind, ungestörte Rückzugsräume für aquatische und amphibische Lebensgemeinschaften bereitzustellen.

Die Schaffung bzw. Erhaltung von Rohbodenstandorten, Wanderbiotopen oder Biotopvernetzungselementen sind wichtige strategische Bestandteile eines modernen und dynamischen Naturschutzes. Schon heute sichern viele Betreiber von Abbaustätten den Lebensraum für viele Boden- und Felsenbrüter, wie Kolkrabe, Uhu, Flussregenpfeifer, Bienenfresser oder Wanderfalke. Ebenso werden Lebensräume für viele gefährdete Amphibien- und Reptilienarten geschaffen und erhalten, so für Kammmolch, Wechselkröte oder die Gelbbauchunke. Zahlreiche weitere "Charakterarten" der Abbaustätten sind außerhalb dieser Lebensräume hochgradig gefährdet.

Die Landschaftsplanung kann ein wichtiges Instrument zur sinnvollen Steuerung von Folgenutzungen darstellen. In Gebieten mit überdurchschnittlich vielen Abbaustätten kann eine Entflechtung der Folgenutzungen sinnvoll sein.

Integration der Ziele der Landschaftsplanung

Die notwendige Priorisierung kann jedoch nicht auf Vorhabensebene stattfinden, sondern muss in der überörtlichen Landschaftsplanung betrachtet werden. Beispielsweise können dadurch Abbaustätten mit vorrangiger Naturschutzfolgenutzung ermittelt werden oder solche, die aufgrund der Nähe zu Siedlungsbereichen voraussichtlich starkem Erholungsdruck unterliegen.

Auch zur Lösung von Zielkonflikten zwischen Natur- und Umweltschutz und sonstigen Landnutzern kann die Landschaftsplanung beitragen. Derartige Zielkonflikte können bei der Renaturierung und Rekultivierung auftreten. So ist die Aufbringung von Rekultivierungsschichten und Oberboden zwar unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung der Bodenfunktionen positiv zu bewerten, gleichzeitig aber möglicherweise eine Beeinträchtigung seltener Tier- und Pflanzenarten.

Im Rahmen der Landschaftsplanung können Prioritäten gesetzt werden, welche Funktionen vorrangig in der Folgenutzung einfließen. Hier könnte auch der Biotopverbund eine wichtige Entscheidungshilfe darstellen, denn Abbaustätten können als wichtige Biotopvernetzungselemente herangezogen werden und so einen wichtigen Beitrag zur "grünen Infrastruktur" leisten. Auch diese Priorisierung kann nicht vorhabensbezogen betrachtet und muss mindestens auf kommunaler Ebene im Rahmen der Landschaftsplanung beantwortet werden.

Renaturierung und Rekultivierung von Steinbrüchen und Kiesgruben - Beispiele aus der Praxis

Steinbruch Kapf - ehemalige Abbauflächen werden der Natur zurückgegeben

Als im Steinbruch Kapf bei Istein in Südbaden zu Beginn der 1990er Jahre mit dem Abbau mineralischer Rohstoffe begonnen wurde, mussten Acker- und Waldflächen weichen. Heute ist der Steinbruch teilweise wieder aufgefüllt, wobei sich der ehemalige Steinbruch mit speziellen Flächen für seltene Pflanzen- und Tierarten neben dem typischen Wald von der Umgebung abhebt.

In den Jahren 2006 und 2007 wurden große Mengen an Ausbruchmaterial aus dem Bahntunnel "Katzenbergtunnel" angeliefert, der in der Nähe gebaut wurde. Etwa zweieinhalb Millionen Kubikmeter tonige Erde wurden dadurch im Steinbruch verbracht, der unter Berücksichtigung verschiedener naturschutzfachlicher und forstwirtschaftlicher Zielsetzungen rekultiviert wurde. Neben dem Ziel, den standorttypischen Wald herzustellen, der später wieder wirtschaftlich genutzt werden soll, wurden auch Steinbruchflächen erhalten, die als Refugium für seltene Tier- und Pflanzenarten dienen.

In enger Abstimmung mit den zuständigen Forst- und Naturschutzbehörden, den Naturschutzbeauftragten und Verbänden wurde gemeinsam festgelegt, was mit den Flächen im Einzelnen geschehen soll. Beispielsweise wurde festgelegt, dass anstatt nur mit Jungpflanzen zu arbeiten auch auf die natürliche Verbreitung von Samen vertraut werden soll. Grund hierfür ist, dass gesäter Wald vielfach eine bessere Anpassung an die Standortsverhältnisse im Steinbruch zeigt und sich besonders strukturreich aus flächig deckenden Vorwald-stadien entwickelt. Die aufgefüllte Fläche wurde mit einem etwa einen Meter dicken Mantel aus Oberboden "präpariert", der durch ein Jutenetz festgehalten und dadurch gegen Erosion gesichert wurde. Dort, wo offene Bereiche geplant waren, landete Wiesenmahd aus der nahen Umgebung auf dem neuen Gelände, so dass schon das erste Grün ökologisch ins Umfeld passte. Es ist daher nicht überraschend, dass bereits nach wenigen Jahren der gefährdete Schmetterling, "Himmelblauer Bläuling", auf diesen Flächen nachgewiesen werden konnte.

Mittlerweile prägen kleine Sträucher und Baumsprösslinge die Flächen. Wenn sich in fünf bis zehn Jahren ein Strauchbestand entwickelt hat, kann durch gezielte Pflege der Aufwuchs von hochstämmigen Waldbäumen gefördert werden. Bis auf dem Gelände ein Wald gleicher Art und Güte steht, werden viele Jahre vergehen. Auch der Naturschutz wird weiterhin eine zentrale Rolle einnehmen, denn in den belassenen stillgelegten Steinbruchflächen werden sehr seltene Pflanzen- und Tierarten leben. Durch diese Folgenutzungskonzeption wird langfristig ein Zustand hergestellt, der zwar nicht identisch mit der ursprünglichen Landschaft ist, der sich aber natürlich in das Umfeld einfügt und eine hohe Bedeutung für den Biotop- und Artenschutz besitzt.

Freizeitpark "Heidesee" - Ein gelungenes Beispiel für die Kombination verschiedener Folgenutzungen

Der ehemalige "Bühler See" wurde im Jahr 1977 von der Gemeinde erworben. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es ein Grundkonzept für die Nutzung des 37 Hektar großen Geländes mit einer Wasserfläche von 16,3 Hektar. Im selben Jahr noch wurde der Startschuss für den Freizeitpark gegeben und mit dem Bau des Badepavillons begonnen, in dem sich neben Umkleide- und sanitärer Anlagen auch die Wasseraufbereitung für das Kinderbecken befindet. In den darauf folgenden Jahren wurden weitere wichtige Geländemodellierungen und Bauvorhaben umgesetzt. Zu nennen sind insbesondere das Abflachen der Steilufer des Sees, die Anlage eines Spielplatzes und einer sechs Hektar großen Liegewiese, die Fertigstellung eines Parkplatzes für 500 Pkw und die Errichtung des dreistöckigen Hauptgebäudes, welches ebenfalls als Rundgebäude im Pavillonstil, mit Sauna, Massage- und Ruheräumen, ausgeführt wurde. Im Obergeschoss ist ein Cafe mit 72 Sitzplätzen und einem herrlichen Panoramablick untergebracht. Eine Hauptattraktion am Heidesee stellt die große Wasserrutsche mit einer Höhe von 9,80 Metern und Gesamtbahnlänge von 225 Metern dar. Seinen Namen erhielt der Freizeitpark "Heidesee" nach einem Ideenwettbewerb, an dem sich die Bevölkerung mit zahlreichen Vorschlägen beteiligte.

Das östliche Ufer des ehemaligen Baggersees ist für den Angelsportverein reserviert. Am Westufer des Sees erstreckt sich in einer Breite von 20 bis 30 Meter ein Sandstrand. Die anschließende Liegewiese geht nach etwa 30 bis 50 Meter in einen Mischwald über, der wiederum eine 40 bis 60 Meter breite schattige Liegezone bildet.

Auch die Folgenutzung Naturschutz konnte erfolgreich in den Freizeitpark integriert werden. Unter anderem wurde mit der Ausweisung einer 50 Meter breiten Regenerationszone für zum Beispiel Röhrichte und Seerosen sowie zur Förderung bestimmter Vogelarten im nördlichen Seebereich ein wesentlicher Beitrag zur Landschaftspflege geleistet.

Der idyllisch gelegene See ist - auch um unterschiedlichen Interessen gerecht zu werden - in vier verschiedene Zonen eingeteilt und ein gelungenes Beispiel für eine gemeinsame Entwicklung kombinierter Folgenutzung, die neben Freizeit und Erholung auch Nutzungsansprüche wie Natur- und Artenschutz erfolgreich berücksichtigt.

Ehemaliges Abbaugebiet "Öde Flusslandschaft" - Natur- und Freizeiterlebnis

Im ehemaligen Abbaugebiet "Öde Flusslandschaft" in Dotternhausen konnten bereits in den frühen 1990er Jahren zahlreiche naturschutzfachlich bedeutende Tier- und Pflanzenarten festgestellt werden. Zwischenzeitlich hat die Bodenbildung und Sukzession mit Gehölzen und Gestrüppen die Fläche teilweise stark verbuscht. Um die hohe naturschutzfachliche Bedeutung der Rohbodenstandorte nicht durch weitere Sukzession zu gefährden, wurde in Absprache mit den Gemeinden, der Naturschutzbehörde und dem örtlichen Umweltverband ein Gesamtkonzept entwickelt, welches nicht nur den Erhalt und die Förderung dieser biologischen Vielfalt beinhaltet, sondern das ehemalige Abbaugebiet auch als Naturerlebnis für die Bevölkerung zugänglich macht. Wesentliche Bestandteile dieses Konzepts sind die naturschutzfachliche Aufwertung im Rahmen eines Ökokontos durch so genannte Ökokonto-Maßnahmen und die Verknüpfung der Maßnahmenfläche mit der geplanten Freizeitlandschaft "SchieferErlebnis-Dormettingen" durch einen Wanderweg mit Aussichtsplattform im Sinne eines Naturlehrpfades.

Zur Förderung der biologischen Vielfalt wurde im April 2011 eine extensive Beweidung der Maßnahmenfläche mit Schafen, Ziegen und Eseln eingeführt. Dies war gleichzeitig auch die erste anerkannte und freiwillige naturschutzrechtliche Ökokonto-Maßnahme in Baden-Württemberg. Durch die extensive Beweidung werden Verbuschungen zurückgedrängt und besondere Tier- und Pflanzenarten spezifisch gefördert. Neben der Schaffung und Erhaltung von Rohböden mit geringer Vegetation werden auch temporäre/ausdauernde Flachgewässer angelegt, die insbesondere Kreuzkröte und Gelbbauchunke fördern. Mit einer dauerhaften und konstanten Offenhaltung der "öden Flusslandschaft" sorgt das Zementwerk dafür, dass die Artenvielfalt erhalten bleibt, weiter gefördert und aus der "öden Flusslandschaft" eine "vielfältige Flusslandschaft" wird. Die bestehende Beweidung von etwa fünf Hektar soll zukünftig erweitert und mit weiteren Biotopaufwertungsmaßnahmen zur spezifischen Förderung zum Beispiel des Braunkehlchens und der Wanstschrecke ergänzt werden.

Die Anbindung dieser "vielfältigen Flusslandschaft" über einen Naturlehrpfad an die Freizeitlandschaft "SchieferErlebnis-Dormettingen" wird gemeinsam von Zementwerk und der Gemeinde Dormettingen umgesetzt. Die Freizeitlandschaft auf einer Fläche von vier Hektar wird durch eine Freilichtbühne, einen Fossilienklopfplatz und viele weitere attraktive Freizeitbereiche mit zahlreichen Informationen zur Artenvielfalt, Geologie und der Zementherstellung für alle Altersgruppen ausgestaltet. Neben Amphibienlaichgewässern und Weidetieren können zukünftig unterschiedlichste Sukzessionsstadien betrachtet werden, welche durch Aussichtsplattform und Infotafeln zu einer Kombination aus Naturerlebnis, -bildung und geologischen Lehrpfad werden. Ergänzt wird das Freizeitangebot durch das bereits seit 1989 bestehende Fossilienmuseum und Werksforum des Zementwerks.

Die "öde Flusslandschaft" ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie durch langfristige Zusammenarbeit aller Beteiligten ein Projekt entsteht, welches sich stets im Interesse aller Beteiligten weiterentwickelt und einen guten Beitrag zur Freizeitnutzung und Naturbildung vor Ort leisten kann und letztendlich vor allem auch der Natur zu gute kommt.

Fazit

Steinbrüche und Kiesgruben bieten nach der Abbautätigkeit vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, die als Chancen für die Landschaftsplanung zu verstehen sind. Besonders hervorzuheben sind die Potenziale von Abbaustätten während und vor allem nach dem Abbau für die biologische Vielfalt. Aus Sicht des Naturschutzes wäre es sinnvoll, kurzfristig auf Vor-Ort-Gegebenheiten reagieren zu können. Wandern beispielsweise sehr seltene Arten ein, die auf Rohbodenstandorte oder stark besonnte Felswände angewiesen sind, kann eine Anpassung des zum Zeitpunkt der Genehmigung festgesetzten Planungszustands sinnvoll sein.

Die Einbindung von Abbaustätten in aktuelle "Naturschutztrends" (Artenverschiebungen aufgrund des Klimawandels, Biotopverbund etc.) kann einen wichtigen Beitrag für einen modernen Naturschutz darstellen. Die Berücksichtigung solcher planerischer Vorgaben wurde durch die Gleichstellung von Ausgleich und Ersatz in der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nach dem BNatSchG deutlich vereinfacht.

Zahlreiche Beispiele zeigen, dass es für einen modernen Betrieb der Steine- und Erdenindustrie unerlässlich ist, neben den selbstverständlichen, ökonomischen Zielsetzungen auch verstärkt ökologische Aspekte zu berücksichtigen. Das nachhaltige unternehmerische Handeln im Sinne eines verantwortungsvollen und vorausschauenden Umgangs mit den begrenzten natürlichen Ressourcen ist dabei ein Schlüsselfaktor für die langfristige Standortsicherung. Hier kann eine Zusammenarbeit der Kommunen mit den Unternehmen auch gemeinsame Interessen aufzeigen und einer Integration der Folgenutzungen in die kommunale Landschaftsplanung sind fast keine Grenzen gesetzt. Möglichst frühzeitig sollte hierbei eine Abstimmung der Folgenutzungskonzeption stattfinden, um ein konsensorientiertes und damit umsetzungsfähiges Ergebnis zu erreichen.

ANMERKUNGEN

1) In Baden-Württemberg werden 0,2 Prozent der Landesfläche für den Abbau mineralischer Rohstoffe beansprucht; Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau: Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2006

Autor

Geschäftsführer der Flächenagentur Baden-Württemberg

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Flächenagentur Baden-Württemberg GmbH

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