Ist sie Unkraut oder ein Zukunftsbaum?

Robinia pseudoacacia ist Baum des Jahres 2020 (Teil II)

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Die Robinie im Forst: Bei den neun Forstämtern, die auf meine Anfrage geantwortet haben, liegt abgesehen von Sachsen-Anhalt und Brandenburg der Anteil der Robinie am Forstbestand deutlich unter 1 Prozent. Aufgrund der Einstufung als "standortswidrige Baumart" (Saarland) sowie ihrer starken Ausbreitungstendenz wird sie nicht aktiv gefördert (Baden-Württemberg). In Rheinland-Pfalz wird sie einzelbaumweise bis kleinflächig auf nährstoffarmen Sanden der Kiefer beigemischt, zum Beispiel in der linksseitigen Oberrheinebene. Bei der Waldrandgestaltung, aber auch zur Verbesserung der Bodengare wird sie stellenweise berücksichtigt. Mit Blick auf den Klimawandel nimmt sie bisher eine eher untergeordnete Rolle ein. In der Schrift "Klimaangepasste Baumartenwahl in den Niedersächsischen Landesforsten" (2009) wird sie bei den Sonder-Waldentwicklungstypen genannt. In Baden-Württemberg wird sie auch unter veränderten Klimabedingungen aufgrund ihrer Ausbreitungstendenz bei den alternativen Baumarten nicht der Baum erster Wahl sein (Abt, 2020).

In Brandenburg und Sachsen-Anhalt ist das Verhältnis zur Robinie "freundlicher", aber auch hier sind die Bestände nicht groß. In Brandenburg beträgt der Anteil um 1 Prozent. Diese Größenordnung wird sie vermutlich beibehalten, eine nennenswerte Ausweitung ist nicht zu erwarten. In den vergangenen 10 Jahren nahm die Robinie ca. 0,5 Prozent der jährlichen Verjüngungsfläche ein (jeweils wenige Hektar). Wichtig für einen guten Anwuchs ist, dass entweder Knöllchenbakterien im Boden vorhanden sind, diese durch anhaftende Erde aus der Baumschule mitgebracht werden oder eine spezielle Impfung des Bodens erfolgt. Robinien werden an Waldinnen- und außenrändern gepflanzt, etwa zur Unterbrechung großflächiger Kiefernbestände oder als Waldbrandriegel, für letztere erweist sich ein mehrschäftiger, sperriger Wuchs als günstig. Nicht nur krumme, sondern auch kerzengerade Robinien lassen sich in Brandenburg finden, Schwerpunkt ist der Raum Märkisch-Oderland, wo Bestände mit größtenteils guten bis exzellenten Schaftformen stehen. So befinden sich hier auch die Schwerpunkte der Saatgutbestände¹ für qualifiziertes Saatgut. Die Robinie unterliegt in Deutschland dem Forstvermehrungsgutgesetz.

Gute Qualitäten werden als Parkettholz verkauft, krummschäftige Bäume sind für den Spielplatzbau begehrt (Rose, 2020). Das sehr harte und beständige Holz muss nicht imprägniert werden, ein Vorteil für Spielgeräte. Mitarbeiter der Landesforstbetriebe Sachsen-Anhalt und Sachsen unterstreichen diese Aussage.

In Sachsen-Anhalt beträgt der Anteil der Robinie derzeit 1,5 Prozent des forstlichen Waldbestandes. Nach dem Extremsommer 2018 und dem relativ trockenen Jahr 2019 rückte die Robinie stärker in den Fokus, da sie die Trockenzeiten gut überstanden hatte. Klimastabile Bäume und ein größeres Spektrum an Arten ist Voraussetzung für einen widerstandsfähigen Forst, der dem Klimawandel besser gewachsen ist. Die Robinie sollte daher nach Ansicht des Landesdirektors Bernd Dost deutlich mehr Beachtung erfahren und in Zukunftskonzepte einbezogen werden. In diesem Jahr werden einer Aufforstung von 1000 Hektar 5 bis 6 Prozent Robinie beigemischt. Die Pflanzung erfolgt mit einjährigen Sämlingen, die in einer Baumschule in Containern angezogen und in diesen ausgepflanzt werden. Das Saatgut stammt von der ca. 60 Jahre alten forsteigenen Saatgutplantage des Reviers Göritz bei Coswig. Bei sorgfältiger Pflege wachsen auch Robinien zu guter Qualität heran: In einem ca. 70 Jahre alten Bestand im Revier Glücksburg (Landkreis Wittenberg) stehen Bäume, die 8 bis 9 Meter hohe Stämme ohne Zwiesel ausbilden. Eingebunden ist die Robinie auch in das Projekt "100 Kilometer Waldrand für Sachsen-Anhalt". Einem 5 Meter breiten Streifen, der sich selbst überlassen bleibt, folgt ein 10 Meter tiefer Strauchbestand, unter anderem mit Hagebutte und Weißdorn, daran schließt sich ein 15 Meter breiter Streifen mit Bäumen zweiter Ordnung, der mit Wildobst, aber auch Robinie bepflanzt wird, dann kommt der eigentliche Wald. Dieser Waldsaum soll neben anderen Vorzügen durch seinen gestuften Aufbau den Wind herabbremsen (Dost, 2020).

Vereinzelt gibt es Erfahrungen mit dem Anbau heimischer Baumarten unter Robinienschirm. In der Niederlausitz wurde 1997 ein 60-jähriger Robinien-Birkenbestand mit Trauben-Eiche, Berg- und Spitz-Ahorn, Winter-Linde und Hainbuche unterpflanzt. Störende Robinienwurzeln entfernte man im Rahmen der Kulturpflege.

Das Invasivitätspotenzial der Robinie muss genau angeschaut werden. Als einzelne Beimischung in einem von Laubholz dominierten Bestand auf einem mit Wasser und Nährstoffen mindestens mittelgut versorgten Standort lassen schattentolerante Arten wie Buche oder Berg-Ahorn der Robinie kaum eine Chance, Lücken im Kronendach in größerem Umfange einzunehmen, sie wird ausgedunkelt. Auf mageren, eher trockenen Standorten mit lichten Waldbeständen wie im pannonischen oder mediterranen Raum ist das Invasionspotenzial hingegen hoch. Hier unterwandert die Robinie ganze Bestände (Meyer-Münzer, 2017, 2).

Verwendung außerhalb des Forstes

Die Aufforstung der Braunkohletagebaugebiete der DDR mit Robinie war im Großen und Ganzen ein Erfolg. Die weitverzweigten Wurzeln befestigten den lockeren, tiefgründigen, regellos aufgeschütteten Abraum ausgezeichnet. Bei guten und gesunden Kronen bildeten die Bäume allerdings überwiegend bogige und zwieselige Stämme (Erteld, 1952).

Infolge ihres schnellen Wachstums und ihrer Regenerationsfähigkeit rückt die Robinie auch in den Blickpunkt der Energiewirtschaft. Von den in Deutschland angepflanzten Bäumen hat sie nach der Hainbuche das härteste Holz. Sie zeichnet sich durch einen hohen Heizwert aus, aber auch durch einen höheren Verschleiß an Sägeblättern, weshalb manche Sägewerke Robinie nicht verarbeiten. In den vergangenen Jahren wurden in verschiedenen Bundesländern, zum Beispiel in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Sachsen Kurzumtriebsplantagen (KUP) angelegt. Bislang erfolgte dies eher noch mit Pappel und Weide, beide Gehölze können als Stecklinge gesetzt werden, wohingegen Robinien als bewurzelte Sämlinge gepflanzt werden müssen, was die Kosten erhöht. Nach den vergangenen trockenen Jahren erwies sich aber die Robinie als die bessere Wahl, da Pappeln und Weiden mehr Feuchtigkeit benötigen (Landgraf, 2020). In Rheinland-Pfalz unterteilte man die 2008 angelegte KUP in drei Bereiche, die je mit Robinien, Edelkastanien und Haselnuss bepflanzt wurden (Erhart, 2020).

In den Bergbaufolgelandschaften des Lausitzer Braunkohlereviers stellt der Anbau mit schnell wachsenden Baumarten im Kurzumtrieb sowohl hinsichtlich der Bodenverbesserung als auch der Erzeugung von Biomasse eine zweckmäßige Rekultivierungsmöglichkeit dar. In der sogenannten Energielandschaft Welzow des Tagebaugebietes Welzow-Süd (ca. 25 km südlich von Cottbus) werden seit 2005 auf einer Fläche von bisher ca. 60 Hektar Robinien-KUPs angelegt. Im Alter von vier bis sieben Jahren werden die Pflanzen vollautomatisch geerntet und zu Hackschnitzeln (1-5 cm) verarbeitet (Böhm, 2020). Begleitende Untersuchungen ergaben, dass unter den schwierigen Ausgangsbedingungen - geringe Nährstoff- und Wasserverfügbarkeit - sich die Robinie am besten eignete und höhere Biomasseerträge erzielte als Pappel oder Weide (Kanzler et al., 2014). Eine Variante, die ebenfalls in diesem Tagebaugebiet ausprobiert wurde, ist das Kurzumtriebs-Alley-Cropping-System. Bei dieser Anbauweise werden schnellwachsende Baumarten in ein- oder mehrreihigen Streifen angepflanzt, dazwischen wachsen landwirtschaftliche Kulturen. Alle drei bis sechs Jahre werden die Bäume auf den Stock gesetzt (agroforst-info.de/arten/baeume-und-acker/).

Im Rekultivierungsbereich Welzow-Süd wurde 2007 eine solche rund 11 Hektar große Versuchsfläche angelegt. Sie besteht aus 24 Meter breiten Ackerstreifen sowie 11 Meter breiten in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Gehölzbändern, die sich aus je vier Doppelreihen Robinie zusammensetzen. Die Ackerstreifen werden in Fruchtfolge mit Luzerne und verschiedenen Getreidearten bepflanzt (Quinkenstein, Kanzler, 2018). Das Auf-den-Stock-Setzen erfolgt im Herbst/Winter idealerweise bei Bodenfrost im 5- bis 7-jährigen Turnus. Nach der ersten Ernte betrug der Ertrag 2,5 Tonnen atro² Hektar pro Jahr, auf guten Standorten kann die Robinie 8 Tonnen atro Hektar pro Jahr erzielen. Zum Vergleich betrug der durchschnittliche Ertrag von Mais in den vergangenen fünf Jahren ca. 10 Tonnen Trockenmasse; für den Maisanbau sind aber noch Düngemittel und meist auch Pestizide erforderlich, sodass die Energiebilanz für Bäume deutlich besser ausfällt (Böhm, 2020). Der Brennwert der Robinie liegt bei 2100 Kilowatt pro Raummeter³, dies entspricht einer Menge von 210 Litern Heizöl oder 210 Kubikmetern Erdgas (http://www.kaminholz-wissen.de/holz-brennwerte.phpwww.kaminholz-wissen.de/holz-brennwerte.php).

Neben Abbauhalden wird der Baum zur Rekultivierung von Deponien eingesetzt, zur Bepflanzung von Böschungen, erosionsgefährdeten Hängen sowie Eisenbahnböschungen, da sie feuerfest gegen Funkenflug ist. Auch wird sie als Heckenpflanze und Bienengehölz geschätzt. In den Steppengebieten Südosteuropas und Asiens dient sie als Windschutz und selbst stark versalzte Böden (0,84 % Salzgehalt) etwa in Aserbaidschan werden mit ihr bepflanzt, da sie tolerant gegenüber Salzwassergischt und relativ widerstandsfähig gegen Auftausalze ist (Schütt, 1994).


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Die Robinie in der Stadt

Schon frühzeitig wurde die Robinie auch als Allee- und Straßenbaum vorgeschlagen. Der Franzose Louis Mangin untersuchte 1895 das "Schicksal der Alleebäume" von Paris. Mit einem Durchschnittsalter von 42,5 Jahren lag die Robinie im unteren Bereich der aufgelisteten Bäume (Rosskastanie 115, Platane 61,5 Jahre). Vadas (1914) bestätigt dieses Ergebnis aus eigener Anschauung: Die Robinie ist "zum Alleebaum in den Gassen der Großstädte nicht geeignet" (S. 127). Die Ursachen liegen seiner Ansicht nach in der Hitze zwischen den Häusern, den reflektierenden Sonnenstrahlen, der Beschattung, am meisten leide sie aber wohl unter der mangelhaften Durchlüftung der harten Stadtböden und der damit einhergehenden schlechten Sauerstoffversorgung der Wurzeln.

Viele einheimische Baumarten bewältigen die Bedingungen in der Stadt nicht mehr - ein Zustand, den wir seit Jahrzehnten beklagen, ohne dass Veränderungen eintreten. Die Konferenz der Gartenamtsleiter empfiehlt daher, "stadtfeste" nichteinheimische Bäume wie etwa Ginkgo, Gleditsia, Robinia und Sophora oder widerstandsfähige Sorten und Hybriden einheimischer Arten dieser Situation auszusetzen. In der aktuellen Straßenbaumliste der GALK wird die Robinie als "geeignet" verzeichnet, unter Bemerkungen steht ergänzend: im Alter Totholzbildung, windbruchgefährdet auf nährstoffreichen Böden (https://www.galk.de/arbeitskreise/stadtbaeumewww.galk.de/arbeitskreise/stadtbaeume).

Die Rückmeldungen von neun Grünflächenämtern auf meine Anfrage ließen eine eher sparsame Verwendung der Robinie und ihrer Sorten im Straßenraum erkennen. Im Mittel lag der Anteil bei 2 bis 3 Prozent, in Düsseldorf bei 5 und in Dresden bei 1 Prozent. Probleme mit Astbrüchen sowie mangelnder Standsicherheit wurden genannt. Ursachen hierfür werden unter anderem auch bei den Baumschulen gesehen: Die Unterschneidung mit einhergehender Kappung der Pfahlwurzel wirkt sich negativ aus. Das Auftreten von Fäule in der Wurzel und im Wurzelhalsbereich wird möglicherweise durch diese fehlerhafte Vorgehensweise gefördert. - Faulstellen und Pilze treten auch im Berliner Baumkataster als immer wiederkehrender Grund für Fällungen auf, betroffen sind hier alle Altersklassen: 100-jährige ebenso wie 40-jährige Bäume. In Kassel und Frankfurt (in F betrug das Durchschnittsalter gefällter Bäume 42 Jahre) werden Robinien nur noch in geringem Maße an Straßen nachgepflanzt. Auch in Wien, wo sich die Robinie im subpannonischen Klima wohlfühlen sollte, bereitet sie als Straßenbaum oft Probleme (Bruch- und Standfestigkeit). Es gibt aber auch noch Veteranen: In Leipzig haben immerhin 58 Exemplare 100 Jahre überschritten.

Obwohl bei der aktuellen Anfrage nicht angesprochen, soll die zunehmende Gefährdung durch den Eschenbaumschwamm (Perenniporia fraxinea) nicht unerwähnt bleiben. Der Pilz wurde erstmals 1965 an Robinien nachgewiesen und hat sich seitdem stark verbreitet. Er bildet sich meist am Wurzelwerk oder dem untersten Stammbereich und lässt den Baum allmählich von unten faulen. Fruchtkörper treten häufig erst in stark fortgeschrittenem Befallsstadium auf, sodass die Erkrankung oft erst spät erkannt wird (Meyer-Münzer; Schönfeld, 2017).

Die Robinie als ausgesprochene Lichtbaumart reagiert empfindlich auf Beeinträchtigungen durch Nachbarbäume oder Gebäude. In ihrem Bemühen mehr Licht zu bekommen, neigt sie sich von den Häuserfronten weg und entwickelt dadurch vielfach einseitige Kronen oder einen krummen Stamm.

Wie bei allen Bäumen spielt die Größe der Pflanzgrube eine wesentliche Rolle. Lockere, gut durchlüftete (!!) Baumsubstrate sind zu empfehlen. Zu nährstoffreiche Böden befördern ein übermäßig starkes Wachstum. In Leipzig stand man vor einer solchen Situation: Ein sehr starkes Kronen- und Längenwachstum bei gleichzeitig ungenügendem Wachstum der Stammdurchmesser führte zu Standsicherheitsproblemen bei Neuanpflanzungen. Mit einer Umstellung der Substrate (Abmagerung) und Jungbaumschnitt wurde dem Problem begegnet (Schwertfeger, 2020).


Der "Auszug" der Robinie

Nach ihrer gezielten Einführung fand die Robinie schnell "eigene" Verbreitungswege. Eisenbahntrassen, später der Kfz-Verkehr - an Rädern, Radkästen, Karosserieteilen haften Diasporen, aber auch Wanderer tragen zur Ausbreitung bei (Kleidung, Schuhe). Imker greifen durch das Einbringen von Bienenfutterpflanzen, die an Eisenbahnböschungen, aber auch an naturnahen Weg-, Wald- und Wiesenrändern sowie auf Brachflächen angepflanzt werden, in den Vegetationsbestand ein; gut gemeint, um in blütenarmen Zeiten das Nahrungsangebot zu verbessern. Aus solchen Pflanzungen, Straßenbaumreihen sowie Böschungs- und Dünenbefestigungen haben sich die Bäume aber mit teils unerwünschten Folgen ausgebreitet, wie sich am Naturschutzgebiet Mainzer Sand beobachten lässt (Kowarik, 2010). In diesem Binnendünengebiet wachsen Steppenpflanzen, die sonst nur in südosteuropäischen und innerasiatischen Steppen oder im Mittelmeerraum anzutreffen sind. Viele der Arten stehen auf der Roten Liste, so die Sand-Lotwurz (Onosma arenaria), die in Deutschland vom Aussterben bedroht ist und nur noch hier vorkommt (Wikipedia). Dieses äußerst wertvolle Gebiet gehört zum Natura 2000-Netzwerk, ein von der Europäischen Union 1992 beschlossenes Schutzgebietsnetz, welches dem Erhalt wildlebender Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume dient. 2019 rügte die EU-Kommission, dass sie mit der bisherigen Umsetzung der Natura 2000-Vorgaben in Deutschland unzufrieden sei. Dennoch ist dieses hochwertige Naturschutzgebiet bedroht. Wird der geplante sechsspurige Autobahnausbau umgesetzt, sind massive Schädigungen zu erwarten (www.mainzer-sand.de).

Zurück zur Robinie: Sowohl am südöstlichen Rand des genannten Schutzgebietes als auch auf den Wällen einer angrenzenden Schießanlage waren Robinien gepflanzt worden, die nach und nach in den wertvollen Kalksandrasen eindrangen. 1982 bis 1987 erfolgten Maßnahmen zur Eindämmung der Robinie: eine einmalige Behandlung der abgeschlagenen Robinienstämme mit Herbiziden führte zu undurchdringlichen Stockausschlägen. In den folgenden fünf Jahren wurden diese Aufwüchse drei- bis fünfmal pro Jahr während der Vegetationsperiode entfernt. Erst im vierten Bearbeitungsjahr starben die alten Robinienstümpfe ab. In der Folgezeit erholten sich die Sandtrockenrasen wieder (Kowarik, 2010).

Neben dieser "Dickichtbildung" ist die erwähnte Fähigkeit der Robinie zur Stickstoffbindung problematisch, da sie zu nachhaltigen Vegetationsveränderungen führt, denn die Pflanzen der Sandtrocken- oder Kalkmagerrasen werden durch nitrophile Robinienbegleiter wie Schöllkraut oder Brennnessel verdrängt. Endemiten sind hiervon besonders betroffen - ihr Verlust ist unwiederbringlich. In Deutschland sind nichteinheimische Pflanzen für den Rückgang von 6 Prozent der in der Roten Liste aufgeführten Pflanzenarten verantwortlich.

Das Einwandern von Gehölzen in Trockenrasen ist auch in Österreich ein großes Problem. In 86 von 141 untersuchten Flächen ist die Robinie an der Gehölzsukzession beteiligt und trägt damit zur Gefährdung von rund 30 Prozent der wichtigen Trockenrasenschutzgebiete bei.

Wie das Mainzer Beispiel, aber auch andere Robinienausbreitungen zeigen, geht die Expansion der Robinie überwiegend auf Pflanzungen in unmittelbarer Nähe zurück. Die Rolle solcher Initialpflanzungen wird häufig unterschätzt und die eigenständige, zum Teil als aggressiv bezeichnete, Ausbreitung überschätzt. Als Pionierbaumart wird die Robinie durch anthropogene und natürliche Störungen gefördert, doch sie kann auch ältere Vegetationsstadien prägen. In Mitteleuropa sind Robinienbestände wesentlich ausdauernder als innerhalb ihres nordamerikanischen Ursprungsgebietes.

Robiniengesellschaften sind nicht so einförmig, wie dies teils unterstellt wird. In Berlin zum Beispiel wurden mehrere Robiniengesellschaften untersucht. Dabei zeigten ca. 40-jährige auf Trümmerschutt aufgewachsene Bestände eine deutlich andere Artenzusammensetzung als gleichaltrige Vorkommen auf Sand- und Schotteraufschüttungen der Bahnanlagen. Die Untersuchungen zeigten ebenfalls, dass Robinien die Sukzession in eine andere Richtung lenken als einheimische Baumarten, nämlich hin zu anspruchsvollen Laubwaldgesellschaften. Dies bedeutet nicht, dass nicht auch einheimische Gehölzarten (z. B. Schlehe) Offenlandarten verdrängen, nur bei der Robinie erfolgt dies sehr viel schneller, zum einen durch die Stickstoffbindung, zum anderen durch ihre Wurzelausläufer und den daraus entstehenden Schösslingen (Kowarik, 2010).

Dieses Ausschlagvermögen begeisterte vor rund 200 Jahren, in einer durch Holzarmut gekennzeichneten Zeit, viele Forstleute. Der Botaniker F. C. Medicus, der von 1796 bis 1803 eine fünfbändige Zeitschrift zum Anbau der Robinie herausgegeben hatte, empfahl bei Schlagholzbüschen, die vor allen Dingen für Brennholz angepflanzt wurden Folgendes: Die unter der Erde waagerecht fortgelaufenen Akazienwurzeln soll man nach drei bis fünf Jahren mit Spaten oder Pflug durchschneiden. Noch im Sommer werden aus den abgeschnittenen Wurzeln neue Loden hervor wachsen. Im folgenden Jahr wiederhole man diese Aktion. Diese Reihen werden durch die zweijährigen Schnitte mit "lauter bewunderungswürdigen jungen Acacienbäumen zum künftigen Schlag= und Brandholze . . . gar bald bereichert dastehen" (Bruchhausen, 1796, S. 29, f.). Sich von den "bewunderungswürdigen Acacienbäumen" wieder zu befreien, ist schwieriger. Dirk und Böcker (2011) empfehlen aufgrund langjähriger Robinienforschung ein partielles Ringeln. Hierbei wird ein mindestens handbreiter Streifen bis ins Hartholz geschlagen; wichtig ist der Erhalt einer Restbrücke, eines Streifens, der ca. 1/10 des Stammumfanges betragen soll. In den folgenden Vegetationsperioden wird das komplette Ringeln so oft wiederholt, bis kein Kallus und keine Stammaustriebe mehr gebildet werden. Nach Möglichkeit soll die Maßnahme alle Bäume eines Bestandes (klonales Wurzelsystem) umfassen, Bodenstörung und Verletzung von Oberbodenwurzeln sind zu vermeiden. Wurden während ein bis zwei Vegetationsperioden kein Stammtrieb und kein Kallus mehr gebildet, werden die Stämme im Winter gefällt. Nach dem Fällen bilden sich keine Stamm- und Wurzelaustriebe mehr.


Außergewöhnliche Bäume

Neben dem Forsthaus Romrod (Vogelsbergkreis) steht die wohl stärkste Robinie Europas: In 1,30 Meter Höhe weist sie einen Umfang von 7,11 Meter auf, die Höhe beträgt 22 Meter (beide Messungen April 2014). Der Baum wurde in den 70er-Jahren zurückgeschnitten (Auskunft des Besitzers, April 2020).

Auch Schloss Holzhausen (Höxter) kann ein stattliches Exemplar präsentieren: Der Baum hat in 1,30 Meter einen Umfang von 6,20 Meter (Januar 2006), er soll um 1730 (± 40) gepflanzt worden sein. Die Robinie existiert nach wie vor und erfreut sich guter Gesundheit, sie wurde aber in der Zwischenzeit nicht neu vermessen (Johann v. d. Borch, 23.4.20).

An der vermutlich höchsten Robinie dürfen sich die Einwohner von Jurançon in Frankreich erfreuen: Auf dem Gelände des Castel Mont steht ein Baum von 36,80 Meter Höhe und einem Stammumfang von 1,34 Meter in 1,40 Meter Höhe. Beide Messungen erfolgten im November 2018. Zahlreiche weitere Bäume von außergewöhnlicher Höhe lassen sich auf diesem Areal bewundern.

Zu den ältesten Bäumen gehört sicher die Robinie auf dem Gelände des Château d'Areit in Préchac (F). Sie soll um 1790 (± 40 Jahre) gepflanzt worden sein, damit wäre sie 230 ± 40 Jahre alt. Der Stammumfang in 1,40 Meter Höhe beträgt 4,70 Meter, die Höhe 24,40 Meter (beide Messungen April 2019) (www.monumentaltrees.com/de/baeume).

Fazit

Schon einmal sollte die Robinie den Wald retten. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde sie in Aufforstungspläne einbezogen. So richtig geglückt ist dies nicht, was möglicherweise auch daran lag, dass Empfehlungen zum Anbau wie zum Beispiel von Medicus nicht genügend beachtet wurden. "Die Folge der Unkenntnis der Eigenarten der Robinie und der daraus resultierenden falschen Behandlung waren meist geringe Leistungen, die nicht zu weiterem Anbau verlockten" (Blümke, 1955, S. 40).

Die Ansichten, die man heute über die Robinie hört, umfassen ein breites Spektrum: von "standortwidriger Baumart", nicht zu kontrollierendem Ausbreitungsvermögen über gutes Energieholz bis zu dem Hinweis, dem Baum möge angesichts des Klimawandels mehr Beachtung gezollt werden. Kennt man die Eigenarten der Robinie, gerade auch das unbändige Ausschlagvermögen, und wählt danach die zu bepflanzenden Standorte gewissenhaft aus, dürfte es zu keinen unliebsamen Überraschungen kommen. Generelle "Ausrottungsfeldzüge" sind fehl am Platz, denn die Robinie ist inzwischen auch ein Stück Kulturgeschichte, ja Literaturgeschichte, siehe Fontane. Sie ist ein attraktiver Blütenbaum und bietet Bienen und auch manchen Wildbienen Nahrung in blütenarmen Zeiten. Ihre Wahl zum "Baum des Jahres" erscheint mir dennoch überzogen. Begründet wird diese damit, dass mit der Robinie ein invasiver Neophyt ausgewählt wurde, der in der 'Warnliste invasiver Gefäßpflanzenarten in Deutschland' aufgeführt ist (Wikipedia). Wird dieses Argument zum Kriterium für künftige Jahresbäume, gibt es noch reichlich Auswahl: die beliebte Douglasie, aber auch Götterbaum, Eschen-Ahorn und viele andere.



ANMERKUNGEN

Ich danke allen Menschen, die mich, trotz Corona-Krise, mit Auskünften unterstützt haben.

¹ Saatgutbestände bzw. Samenplantagen gibt es u. a. auch in Bad.-Würt. u. Rheinl.-Pf.Saatgutbestände sind Waldbestände, die zur Erzeugung von forstlichem Vermehrungsgut zugelassen sind. Samenplantagen sind Anpflanzungen ausgelesener Klone oder Sämlinge.

² atro = absolut trocken, Bezugseinheit für Holzmasse ohne Wasser.

³ Ein Raummeter (rm) bezeichnet einen Quader von Rundhölzern, die einen Meter lang sind und auf einer Fläche von 1 m x 1 m zu einer Höhe von 1 m aufgestapelt wurden.



Literatur und Quellen

  • Kanzler, M. et al. (2014): Wuchsleistung der Robinie auf Lausitzer Rekultivierungsflächen, AFZ , H. 5, S. 35-37.
  • Quinkenstein, A.; Kanzler, M. (2018): Wirkung von Agrargehölzen auf den Bodenstoffhaushalt. In: Agrarholz - Schnellwachsende Bäume in der Landwirtschaft, Hrsg. M. Veste, Chr. Böhm, Springer Spektrum, S.273, ff.
  • Forstämter
  • Abt, A., Forst Baden-Württemberg, FB 4 Forstliche Produktion, Waldnaturschutz, Jagd, schriftl. 12.3.20.
  • Brose, T., Staatsbetrieb Sachsenforst, Sachbearbeiterin Büro der Geschäftsführung, Pressestelle, schriftl. 16.3.20.
  • Dienelt, T., Niedersächsische Landesforsten - Betriebsleitung, Abt. Wald und Umwelt, Sachgebiet Waldbau, Zertifizierung, Jagd und Kommunikation, schriftl. 25.3.20.
  • Dost, B., Direktor des Landesforstbetriebes Sachsen-Anhalt, mdl. 17.3., schriftl. 6.4.20.
  • Ehrhart, H.-P., Landesforsten Rheinland-Pfalz, Leiter der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft, schriftl. 1.4., mdl. 16.4.20.
  • Rose, B., Forsteinrichtung, Landesbetrieb Forst Brandenburg, Abt. Landeswaldbewirtschaftung, FB 25, schriftl. 14. u. 17.4.20.
  • Stelzer, J., SaarForst Landesbetrieb, Geschäftsbereich Waldbewirtschaftung und Waldnaturschutz, schriftl. 10.3.20.
  • Weiß, V.; Henke, M., Schleswig-Holsteinische Landesforsten, Naturschutz und Waldinventur, schriftl. 11.3.20.
  • Grünflächenämter
  • Berger, G., Wien, Leiter Baumkontrolle, Grünflächenpflege und -erhaltung, Wiener Stadtgärten, schriftl. 19.3.20.
  • Ehlebracht, K., Berlin, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, III C 212, schriftl. 23.3.20.
  • Lange, V., Stadt Kassel, Umwelt- und Gartenamt, Freiraumplanung, schriftl. 23.3.20.
  • Löbel, S., Landeshauptstadt Dresden, SGL Straßenbäume/Rekonstruktion Grünanlagen, schriftl. 18.3.20.
  • Roser, B., Stadt Frankfurt am Main, Grünflächenamt, 67.2, Abt.-leiter Grünflächenunterhaltung, schriftl. 1.4.20.
  • Schwarzer, A., Hanse- und Universitätsstadt Rostock, Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Landschaftspflege, Abt. Grünflächenunterhaltung, Fachteam Stadtbäume, schriftl. 31.3.20.
  • Schwertfeger, J., Teamleiter Planung Stadtbäume, Stadt Leipzig, Amt für Stadtgrün und Gewässer, Abt. Verwaltung, Sachgebiet Stadtbäume, schriftl. 30.3.20.
  • Teckentrup, T., Landeshauptstadt Stuttgart, Garten-, Friedhofs- und Forstamt, schriftl. 17. u. 18.3.20.
  • Thyssen, S., Landeshauptstadt Düsseldorf, Gartenamt, 68/02 Projektbüro "Neue Bäume für Düsseldorf", schriftl. 19.3.20.
  • Kurzumtriebsplantagen
  • Böhm, Chr., BTU Cottbus-Senftenberg, Lehrstuhl für Bodenschutz und Rekultivierung, schriftl. 3., 14. u. 16.4.20.
  • Landgraf, D., Fachhochschule Erfurt, Fachrichtung Forstwirtschaft, Lehrgebiet Nachwachsende Rohstoffe und Holzmarktlehre, mdl. 20.4.20.

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