Wie verläuft die Entwicklung nach 15 Jahren?

Rosen und Kleingehölze auf einer semi-intensiven Dachbegrünung

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Kleingehölze Dachbegrünung
Übersichtsfoto, der sichtbare Holzsteg trennt den oberen und unteren Teil der Begrünung. Die Fläche gleicht einem artenreichen, wärmeliebenden Saumes in der freien Landschaft. Juni 2015. Zu sehen sind hier unter anderem Solidago virgaurea, eingewanderte Arten wie Trifolium arvense, Campanula poscharskyana, Satureja und andere. Foto: Manfred Köhler

Auf einem Industriegebäude in Tornesch wurde 1999 eine Demonstrationsanlage zur Dachbegrünung mit den Aufbauhöhen von zwölf und 18 Zentimetern in 322 Testflächen als Sichtungsgarten angelegt. Die Flächen wurden mit Stauden, Gräsern und einigen Gehölzen einschließlich einer Anzahl von Rosen bepflanzt. Die Anfangsdokumentation und Pflege war bis 2001 gewährleistet, aus betrieblichen Gründen entfiel die Pflege in den Folgejahren. Das Dach verblieb seitdem in einem weitgehend ungestörten Zustand freier Sukzession. Eine erneute Kartierung nach den anfänglichen Kriterien erfolgte im Sommer 2015. Die Flächen zeigen sich im üppigen Zustand. Die Gehölze haben sich beeindruckend entwickelt. Die Entwicklung der Rosen, Ginster und übrigen Kleingehölze wird hier vorgestellt.

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Bestandslücken wurden durch spontan auftretende Pflanzen geschlossen. Von den gepflanzten 92 gepflanzten Arten sind 62 Arten nach diesem Zeitraum noch vorhanden, 17 Arten sind ausgefallen oder in den ursprünglichen Rastern nicht mehr anzutreffen. Dafür sind 16 Arten spontan neu aufgetreten. Auf die Bedeutung der Pflege wird hingewiesen. Über extensive Dachbegrünungen, mit den typischen Substrathöhen bis zehn Zentimeter ist in den letzten Jahren international viel veröffentlicht worden. Allein in der Datenbank von Science direct finden sich etwa 2400 Arbeiten mit Bezug zur Dachbegrünung.

Begrünte Dächer erfüllen eine ganze Reihe von stadtökologischen Vorteilen (Oberndorfer et al, 2007, Köhler et al. 2012) und werden deshalb weltweit gebaut. Trotz der offenkundigen Vorteile, könnte die jährlich, nach FBB-Recherchen, gebauten 8,5 Millionen Quadratmeter deutlich erhöht werden. Bei der Verteilung von etwa 85 Prozent auf Extensiv- und nur 15 Prozent auf die Intensivbegrünungen, kann deutlich zugunsten intensiver, biodiverser Dachbegrünungen verschoben werden.

Während die dünnschichtigen Substrate nach Dachbegrünungsrichtlinien, FLL, 2017, als Moos-Sedum-Flächen bekannt sind, bieten Substratschichten über zehn Zentimetern, als Gräser-Kräuterbegrünungen eine größere Vielfalt. Das hier beschriebene Gründach, seinerzeit als Sichtungsgarten angelegt, kann als "semi-intensiver Aufbau" bezeichnet werden und erlaubt Rückschlüsse auf die Eignung der hier getesteten Arten.

Rosen auf einer semi-intensiven Dachbegrünung

3 Rosa alba \'Meidiland\'. Etwa drei Zentimeter große gefüllte weiße Blüten, Kompakter buschiger Wuchs. Strauchhöhe gering, etwa 60 Zentimeter, resistent gegen Sternrußtau. Foto: Daniel Kaiser
4 Rosa arvensis. Synonyme: Acker-Rose, Ranken-Rose, Wald-Rose, Große Hunds-Rose. Robuste Pflanzen, häufig als Grundlage für Veredelungen. Foto: Manfred Köhler
Rosa ‘Bonica 82’. Für diese Floribundarose gibt es als Synonym auch die Bezeichnung \'Bonica Meidiland\'. Fehlender Schnitt führte zum vergreisungsbedingten Rückgang in der Deckung. Foto: Manfred Köhler
6 Rosa gallica. Dt. Namen: Essig-Rose, auch Gallica-Rose. Robust, üppig blühend und auch ohne Pflege flächendeckend. Foto: Manfred Köhler
7 Rosa majalis. Zimt-Rose, seltene Wildrose, Blüten im Mai, Rosa bis Karminrot. Im Herbst flachkugelige dunkelrote ein Zentimeter große Hagebutten. Der Name leitet sich aus den zimtfarbenen Jungtrieben ab, sie treibt Ausläufer, für die Bepflanzung auf Böschungen geeignet. Foto: Manfred Köhler
8 Rosa pimpinella ‘compacta’. Bibernell Rosen, Syn. Rosa spinosissima, Burnett-Rose, Bibernell-Rose, Dünen-Rose. Es handelt sich um alte Kultursorten und Gartenformen. Die dichttriebigen Sträucher können bis zu zwei Meter hoch werden. Die Pflanzen haben kleine, rundliche Fiederblättchen und Zweige mit geraden bräunlichen Stacheln. Foto: Daniel Kaiser
9 Rosa rugosa ‘Rotes Meer’. Leicht gefüllte, stark duftende, mittelgroße Blüten. Robuste Pflanzen, frosthart, widerstandsfähig gegenüber Trockenheit, Nässe und Kälte. Auf kalkhaltigem Boden besteht die Gefahr von Chlorosen für die sonst dunkelgrünen Blätter. Starker Rückschnitt fördert normalerweise dichte Triebe und die Blütenfülle. Wegen des Fehlens hier nur geringe Deckung. Foto: Daniel Kaiser
10 Rosa rugotida. Glanz-Apfelrose. Diese Wildrose, wächst buschig aufrecht bis zu einem Meter, sie blüht nur einmal im Jahr. Foto: Manfred Köhler
11 Rosa x magic ‘Meidiland’. Etwa drei Zentimeter große gefüllte Blüten in dunkelrosa. Gelbe Staubgefäße sind deutlich im Blütenboden. Bis zum Herbst mehrfach blühend. Das leicht glänzende Laub ist unempfindlich gegenüber Rosenkrankheiten. Foto: Manfred Köhler
Kleingehölze Dachbegrünung
Tab.1: Vereinfachte Darstellung der Schätzskalen zur Pflanzenentwicklung
Kleingehölze Dachbegrünung
Tab.2: Substratcharakterisierung zu beiden Zeitpunkten im Vergleich zu FLL, 2017-Angaben
Kleingehölze Dachbegrünung
Tab.3: Vergleich der Rosen in den beiden Substrattiefen. Einschätzung der visuellen Qualität auf der neunstelligen Schätzskala.
Kleingehölze Dachbegrünung
Tab.4: Artenübersicht der verwendeten Rosen in diesen Vergleichspflanzungen
Kleingehölze Dachbegrünung
Ansicht eines Original-Erfassungsbogens von J. Feder aus dem Jahre 2001. Die 18 Reihen sind zu erkennen, farbig unterlegt sind die Reihen mit den 18 cm Substrattiefen (14 cm Substrat plus 4 cm Drain), die nicht farbigen angelegten sind 8 cm Substrat plus 4 cm Drain (im folgenden Text als 12 cm benannt). An diese Reihen waren auch Ablaufmessungen angeschlossen (Lisecke, 2000). Der untere Teil der Fläche hat ebenfalls 18 cm (6 cm Drain plus 12 cm Substrat) Aufbauhöhe.

Aufbau, Pflanzenauswahl und Untersuchungsmethoden

Beim Begrünungsaufbau wurden alle Anforderungen an den technischen Aufbau nach FLL 2017 eingehalten, neben dieser Versuchsanordnung schließt ein Muster-Dachgarten an, der in dieser Veröffentlichung nicht weiter vorgestellt wird. In der Abbildung 1 ist die Verteilung der Flächen am Beispiel eines Original-Aufnahmezettels zu sehen. Die Bodenparameter sind der Tabelle 1 zu entnehmen.

Im Jahr 1999 wurde für die Substrattiefen zwölf und 18 Zentimeter eine umfassende Versuchsbepflanzung mit 322 etwa ein Quadratmeter großen Probeflächen auf dem Dach eines Firmenneubaus in Tornesch, Kreis Pinneberg, errichtet. Ziel sollte ein Anschauungsgarten mit robusten, attraktiven und höhengestaffelten Musterpflanzungen sein. Ein Expertenteam aus Vertretern der Gründachtechnik und des Baumschulwesens trafen gemeinsam eine Auswahl von Arten/Sorten/Kultivaren, die sich entweder bisher schon langfristig auf Gründächern bewährt hatten, ergänzt durch Arten die als Züchtungen noch relativ kurz auf dem Markt verfügbar waren.

Die Schätzskalen

Aufbau und Schätzskalen für die in Tabelle 2 genannten Kriterien wurden von Marrett-Fossen entwickelt, die Bonitierung von Jürgen Feder, Bremen durchgeführt. Diese Struktur wurde bei der Kartierung 2015 von Kaiser und Köhler wieder angewandt. Das Substrat ist über die Zeit ausgehagert und weiter verdichtet, was an der veränderten Wasserdurchlässigkeit deutlich wird.

Ergebnisse

Der nachfolgende Text beschreibt für die Rosen, Ginster und andere Kleinsträucher die Ergebnisse mit einer Zusammenfassung für übrige Pflanzengruppen.

Rosen

Die Tab. 3 zeigt die Verteilung der Rosen in den Substrattiefen und benennt die gemittelten Werte der Vitalität und der visuellen Qualität. In der Tab. 4 sind die verwendeten Rosenarten und Sorten einschließlich des durchschnittlichen Deckungsgrades in den beiden Untersuchungsjahren aufgelistet.

Diese Gesamtübersicht aller Rosenflächen zeigt, dass die begleitenden Pflanzen erheblich zugelegt haben (Verkrautung), die visuelle Qualität, die Vitalität und die Gesamteinschätzung der Teilflächen in einer Kombination aus den Rosen und dem spontanen Unterwuchs als gut einzustufen ist.

Der Deckungsgrad aller Rosenarten ging über den Zeitraum zurück, die Substratschicht ist nun mit krautigen Begleitpflanzen bedeckt, bei denen die Gräser Festuca ovina und Holcus lanatus dominant sind. Die Rosen bilden eine lockere Strauchschicht.

Nachfolgend sind die getesteten Rosen und deren Einschätzung für jede der Arten/Kultivare aufgeführt.

Sträucher/Zwergsträucher

Gehölze bereichern Dachflächen erheblich, kleinwüchsige Sorten sind von Vorteil, insbesondere bei fehlendem Rückschnitt.

Ginster

Von Genista pilosa sind drei Kultivare auf dem Dach gepflanzt, 'Goldilocks' und 'Lemon spreader' und 'Vancouver Gold'. Sie haben sich sehr unterschiedlich gut über die Jahre entwickelt. Die überlebenden Exemplare sind aber auffällig und bildprägend.

Übrige Sträucher

Schließlich gibt es eine kleine Auswahl weiterer Sträucher von diesem Dach, mit deren Bewertungen, siehe S. 17. Spiraea betulifolia und Amelanchier ovalis 'Pumila' sind als erfolgreich über den Zeitraum eingestuft.

Ergebnisse

Diese Dachgehölz-Pflanzensichtung ergab, dass auch bei der hier mangelnden Pflege erstaunlich gute Ergebnisse bei den ausgewählten Rosenarten erzielt wurden. Das spricht für die im Vorfeld der Untersuchung getroffene Auswahl robuster Sorten. Rückschnitt und Düngung hätten den Bedeckungsgrad und die Blütenfülle beeinflusst und somit weniger Platz für die Beikräuter gelassen.

Erstaunlich gut macht sich im nordwestdeutschen humiden Klima auch die Gruppe der Ginster. Sie sind als strukturprägende Elemente mit starker Farbigkeit zum Teil sogar im Winter von großer Qualität.

Bei den übrigen Gehölzen sind kleinwüchsige Sorten die richtige Wahl, allerdings sind selbst auf diesem Dach einige Kiefern dem sonst bei der Pflege sehr zurückhaltenden Eigentümer zu üppig geworden (Foto 21).

Die gewählten Kleinsträucher, wie Cornus, Amelanchier oder Spiraea eignen sich gut für Dachgärten.

Mangelnde Pflege führte dazu, das über diese Arten hinaus weitere Gehölze spontan dazukamen, wie etwa Sorbus aucuparia, Betula pendula oder Salix caprea. Diese Arten bedürfen in jedem Falle einer baldigen Entfernung aus den Pflanzflächen.

Die rasterförmige Anordnung machte ein Wiederfinden der vielen Sorten/Kultivare vermeindlich einfach, allerdings haben sich die meisten gepflanzten Arten aus den ursprünglichen Parzellen entfernt und sind vereinzelt irgendwo auf der Dachfläche mit kleinem Deckungsgrad anzutreffen. Konkurrenzstarke Arten, vor allem sind die beiden genannten Gräser Festuca und Holcus und einige Sedumarten schlossen Bodenlücken komplett.

Die Notwendigkeit zur Pflege

Als Sofortmaßnahme, um dieses Dach mit seiner hohen Artenvielfalt von über 100 Arten zu erhalten, ist die Entfernung der abgestorbenen Biomasse zwingend. Diese wirkt sich als Mulchschicht negativ auf die erforderlich krautigen Zielarten, wie Pulsatilla, Veronica spicata oder auch Satureja montana aus.

Die beschriebenen Rosen und Gehölze haben gemeinsam, dass sie den fachgerechten Rückschnitt und eine gewisse Düngung benötigen, um die gewünschte Blütenfülle und Struktur zu erhalten. Zusammenfassend kann dieses Experiment als Bestätigung genommen werden, dass eine große Vielzahl von Pflanzenarten auf einfachen - semi-intensiven Dachbegrünungen möglich sind. Jährliche Mindestpflege, gegebenenfalls gezielte Einzelmaßnahmen, die nicht die ganze Fläche gleichmäßig betreffen, sind erforderlich. Die Gehölze haben sich erwartungsgemäß in den tieferen Substraten üppiger entwickelt als auf den dünnschichtigen Substraten.

Literatur

FLL (Hrsg.) 2017. Geldruck der Richtlinien für die Planung, Pflege und Ausführung von Dachbegrünungen. Bonn. Eigenverlag.

Köhler, M., W. Ansel, R. Appl, F. Betzle, G. Man, M. Ottelé, S. Wünschmann, 2012. Handbuch Bauwerksbegrünung. R. Müller Verlag, Köln, 250 S., ISBN 978-3-481-02968-5.

Liesecke H. J., 2000. Untersuchungsbericht zum Freilandversuch mit Einfacher Intensivbegrünung in Tornesch. Ermittlung des Wasserablaufverhaltens im Jahre 2000. 2. Zwischenbericht. 14S. non published.

Oberndorfer, E.C., J. T.Lundholm, B. Bass, R. Coffman, H. Doshi, ~. Dunnett, S. Gaffin, M. Köhler, K. Liu & B. Rowe, 2007. Green roofs as urban ecosystems: ecological structures, functions and services. BioScience 57(10): 823-833. http://www.biosciencemag.org

Autor

Hochschule Neubrandenburg
Prof. Dr. Manfred Köhler
Autor

Hochschule Neubrandenburg
Dr. Michael Marrett-Foßen
Autor

Geschäftsführer, FGL Hamburg

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