Säulenbäume und Straßen - ein Appell

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Verkehrssicherheit
Säulen-Eichen an einer Landstraße bei Edertal/Wellen. Foto: Christopf Sandt

Wer sich auf deutschen Straßen bewegt, wird bald feststellen, dass zu ihrem typischen Erscheinungsbild häufig auch begleitende Bäume gehören. Die Gründe für eine Bepflanzung der Straßenränder sind vor allem: Erhöhung der Verkehrssicherheit durch optische Verkehrsführung, Beschattung des Straßenkörpers und damit Herbeiführen von angenehmen Temperaturen und Lichtverhältnissen für die Straßennutzer und nicht zuletzt Einbindung der Straße in den landschaftlichen Kontext. In den allermeisten Fällen sind Baumarten bzw. -sorten angepflanzt worden, die ausladende Kronengerüste bilden. Typisch sind die Wildarten von Eichen, Linden, Ahornbäumen oder auch Birken.

Im Unterschied hierzu fristen in Deutschland säulenförmige Bäume an Straßen ein Exoten-Dasein und sind hier insofern eher selten anzutreffen. Worin der Grund liegt, dass, im Gegensatz zum Mittelmeerraum, wo regelmäßig schlanke Zypressen entlang von Chausseen und Prachtstraßen zu finden sind, kaum säulenförmige Bäume an deutschen Straßen angepflanzt wurden, lässt sich nur vermuten. Vielleicht scheut der eine oder andere Pflanzenverwender vor dem Neuen oder es ist ausdrücklich eine Baumreihe oder Allee gewünscht, die im Sommerhalbjahr Schatten spendet.¹

Manche Arten, wie die bekannte Säulenpappel Ìtalica` (vergleiche unten stehendes Foto aus München), werden schon seit der Mitte des 18. Jahrhunderts kultiviert - selbst Napoleon konnte sich für die Baumsorte begeistern und ließ sie, so die Legende, längs seiner Heerstraßen pflanzen. Die Verwendung von Säulengehölzen indes geht noch weiter zurück: So finden sich schon in Darstellungen Italienischer Gärten aus dem 14. Jahrhundert Säulenbäume.

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Verkehrssicherheit
Säulen-Pappeln an der Leopoldstraße in München. Foto: Christopf Sandt

Verwendung

Entwurflich stellen Säulenbäume einen ausgesprochen starken grünplanerischen Akzent dar. Diese Wirkung ist durch ihre betont vertikale Struktur, die optisch aber auch symbolisch einem gestalterischen "Ausrufungszeichen" gleichkommt, begründet. Weiterhin trägt zu ihrer starken Wirkung die ihnen eigene formale Strenge, infolge einer meist weitgehend geschlossenen Silhouette, bei.

Während in der Architektur die (gebaute) Säule als Ausdruck der Formel "Achtung", sowie von Erhabenheit und Macht gilt, lässt sich deren natürliche Bauform, das säulenförmige Gehölz, als ein diesbezüglich landschaftskompatibles, "mildes" Symbol interpretieren. Die Verwendung von Säulenbäumen sollte allerdings stets eine planerische Begründung, zum Beispiel in Form einer herausgehobenen Bedeutung der Straße oder eines besonders malerischen Umfeldes besitzen. Andernfalls drohen Inflation und Beliebigkeit.

Auch sollte die Auswahl der verwendeten Art - wenigstens im unbesiedelten Bereich - der potenziellen natürlichen Vegetation des Ortes entsprechen und so Ausweis auch des naturräumlichen "genius loci" sein.

Wird vorgenanntes beachtet können straßenbegleitende Säulenbäume, mehr als alle anderen Baumarten und -sorten, Orten eine weithin erkennbare Prägung, gleich der Ankündigung "Hier befindet sich etwas Besonderes!", verleihen. Im Sinne einer Sichtbarmachung und Betonung bemerkenswerter Orte kann der Autor nur wünschen und dazu ermuntern, dass diese erhebliche Gestaltungschance von den zuständigen Grünplanern in Zukunft häufiger erkannt und genutzt wird! Werden säulenförmige Bäume in der freien Landschaft vor allem aus ästhetischen Gründen gepflanzt, ist dies in innerstädtischen Situationen häufig schlicht Platznot geschuldet. Zudem besitzen Säulenbäume den erheblichen Vorteil, dass ihre Astgerüste aufgrund kompakten Wuchses nur mäßig Schatten bilden. Dies kann vor allem bei ihrer Verwendung in Hausschluchten von Vorteil sein. Bedingt durch ihre von Natur aus schmale Form entfällt bei Säulenbäumen zudem ein meist entstellendes Beschneiden, was wiederum den Pflegeaufwand in engen Grenzen hält.

Verkehrssicherheit

Regelmäßig kann beobachtet werden, dass Straßenbäume in gartengleichen, das heißt zu dichten Abständen zueinander gepflanzt werden. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die straßenbegleitenden Baumreihen wie trennende, wandartige Riegel wirken und nur mäßig mit der angrenzenden (Stadt-)Landschaft verzahnt sind. Bedacht werden sollte auch nicht zuletzt, dass jeder überflüssig gepflanzte Baum zu einem unnötig erhöhten Unterhaltungsaufwand und damit zu einer Belastung der oft angeführten "leeren öffentlichen Kassen" führt.

Als optimale Baumabstände werden vom Autor für Großbaumpflanzungen 12 bis 15 Meter und für Kleinbaumpflanzungen sechs bis acht Meter als Richtwerte erachtet. Dabei kann es im innerstädtischen Bereich mitunter geboten sein, die gegebenen Richtwerte zu unterschreiten, im außerstädtischen Bereich diese hingegen zu überschreiten.²

Eine Aufstellung besonders geeigneter Säulen-Baumarten und -sorten, in der betont vertikale/architektonische Bäume fett gedruckt sind, siehe Tabelle.

Pflege

Bäume, und wie ausgeführt, insbesondere Säulenbäume besitzen eine ausgeprägte art- und sortenspezifische Erscheinung. Bei säulenförmigen Bäumen ist bezüglich deren Unterhaltung anzumerken, dass diese, wenn möglich, nicht aufgeschnitten/aufgeastet werden sollten, da hierdurch deren eindrückliche Bildwirkung erheblich abgeschwächt wird.

Ist ein solches Vorgehen nicht zu umgehen, zum Beispiel und vor allem aus Verkehrssicherheitsgründen, sollte der untere Astansatz dem geforderten Lichtraumprofil von 4,5 Meter, aber eben nicht mehr, entsprechen. Dies gilt, da bei Säulenbäumen die Entwicklung von Kronenschleppen/überhängenden Ästen nicht zu befürchten ist.

Außerdem spricht in der Regel nichts dagegen, auf der straßenabgewandten Seite eine Beastung bis zum Boden zu belassen. Es sollte klar sein, dass, um solchermaßen differenzierte Wünsche zu realisieren, ein intensiver Austausch mit den für die Unterhaltung zuständigen Pflegekräften zu führen ist.

Anmerkungen

1) Das aktuelle Bundesnaturschutzgesetz schreibt in seinem § 40 vor, dass in der freien Natur kein Pflanzenmaterial verwendet werden soll, dass seinen genetischen Ursprung nicht in der jeweiligen Region hat. Bezüglich der Verwendung von Baumgehölzen außerhalb der besiedelten Bereiche wäre zu diskutieren, ob das unmittelbare Straßenumfeld, als einer anthropogenen, technischen Infrastruktur zugehörige Randfläche, zur freien Landschaft zu zählen ist. Wenigstens bleibt die Möglichkeit, die Pflanzung von Kultursorten heimischer Arten über eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken, was im Fall straßenbegleitender Baumpflanzungen regelmäßig mit Erfolg beschieden sein sollte.

2) Damit Säulenbäume ihre prägende Wirkung voll entfalten können, sollten sie nicht einzeln, sondern in Reihe oder als Allee gepflanzt werden. Lücken und leichte Unregelmäßigkeiten in der Bepflanzung werden vom Autor als gestalterisch unschädlich erachtet, erhöhen sie doch die visuelle Spannung der Pflanzung und tragen zu einem großzügigen Gesamtbild bei.

3) Für ein gutes Wachstum von Ebereschen kann das Einbringen von Mykorrhiza notwendig sein.

Dipl.- Ing. Christof D. Sandt
Autor

Landschaftsarchitekt AKNDS, Mediator BMEV

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