Ehrengrab in Kassel mit Rissen und Verfärbungen

Sanierung der Grabstätte Gertrude Fürstin von Hanau

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Grabmäler Friedhöfe
Abb. 1: Übersichtsaufnahme der Grabstätte der Fürstin von Hanau nach der Ausführung der Arbeiten. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg

Mit einem Ehrengrab wird eine Person geehrt und gewürdigt, die sich während ihres Lebens durch besondere Verdienste für die Stadt Kassel hervorgehoben hat. Die Ernennung eines Ehrengrabes erfolgt meistens erst einige Jahre nach dem Tod des Verstorbenen. Das erste Ehrengrab in Kassel gibt es vermutlich seit 1920.

Ehrengräber der Stadt Kassel

Zurzeit hat die Stadt Kassel 73 Ehrengräber. Die Ehrengräber sind seit etwa 2004 in der Betreuung des Umwelt- und Gartenamts, Abteilung Freiraumplanung, das die Sanierung, Instandhaltung und Pflege der Ehrengräber in enger Abstimmung mit der Friedhofsverwaltung organisiert. Das wichtige Anliegen dabei ist es, die Ehrengräber, die auf mehrere Kasseler Friedhöfe und den Friedhof Schmillinghausen (Bad Arolsen) verteilt sind, in einem würdigen und ansprechenden Zustand zu erhalten.¹

Auf dem Hauptfriedhof in Kassel befindet sich die denkmalgeschützte Grabstätte der Fürstin Gertrude von Hanau. Aufgrund der starken Schädigungen des Grabmals war eine Sanierung erforderlich. Nach mehreren Voruntersuchungen, Abstimmungen und schließlich der Erstellung eines Sanierungskonzepts wurde die Grabstätte der Fürstin von Hanau in 2020 von der Firma Steinwerkstatt Endemann saniert. Im folgenden Bericht werden neben der historischen Bedeutung der Grabstätte unter anderem die Schadensbilder, das Sanierungskonzept, die durchgeführten Leistungen und die zukünftig erforderliche Wartung und Pflege für das Grabmal beschrieben.

Zur Person

Gertrude Falkenstein, später Gräfin von Schaumburg, Fürstin von Hanau und zu Ho?owitz (* 18. Mai 1803 in Bonn; † 9. Juli 1882 in Prag) war die Ehefrau von Friedrich Wilhelm I. (1802-1875), von Hessen, dem letzten Kurfürsten von Hessen-Kassel.² Bei der Ehe handelte es sich um eine so genannte morganatische, d. h. nicht standesgemäße Verbindung. Vermutlich ist dies der Grund, warum die Fürstin von Hanau auf dem Hauptfriedhof und nicht in der Familiengrabstätte (sog. "Kurfürstliches Erbbegräbnis") auf dem Lutherplatz bestattet wurde, in der ihr Mann Kurfürst Friedrich Wilhelm I. bestattet wurde. Die Grabstätte des Kurfürsten auf dem Lutherplatz ist ebenfalls ein Ehrengrab der Stadt Kassel.

Grabstätte

Die Grabstätte insgesamt ist von einem schmiedeeisernen Einfassungsgitter mit floralen Elementen umgeben. Innerhalb dieser Einfassung befindet sich außer der Grabstätte der Fürstin von Hanau noch die ihrer hierhin umgebetteten Tochter Alexandrine.³

Beide Grabmale sind Liegeplatten aus Marmor, die sich auf Unterbauten aus Sandstein befinden. "Die Grabplatte (der Fürstin von Hanau4) aus Marmor wurde von Gustav Kaupert geschaffen (…). Der Stein liegt auf einer abgeschrägten Sandsteinunterlage. Er ist über die Grabinschrift mit dem Wappen der Fürsten von Hanau und der Fürstenkrone und zwei gekreuzten Palmenzweigen verziert. Die Inschrift lautet: "Hier ruhet in Gott/Gertrude Fürstin von Hanau/verwittwete Gemahlin/seiner Königlichen Hoheit/Des Kurfürsten Friedr. Wilh. I. von Hessen/geb. zu Bonn am 18. Mai 1806/Gest. zu Prag am 9. Juli 1882."5

Die Grabstätte der Fürstin von Hanau ist denkmalgeschützt, die der Tochter Alexandrine jedoch nicht. Da nur die Grabstätte der Fürstin von Hanau ein Ehrengrab ist, wurde lediglich dieses Grabmal saniert.


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Abb. 2: Übersichtsaufnahme der Grabstätte vor der Konservierung. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 3: Detailaufnahme der verschmutzten Marmorplatte. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 4: Rissnetz in der verschwärzten Marmorplatte. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 5 Seitenansicht des Sandsteinsockels und der Marmorplatte mit Ablagerungen, offenen Fugen und Rissen. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 6: Rissnetz in der Seitenansicht der Platte. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg

Schadensbild vor der Sanierung

Grabplatte und Sandsteinblöcke sind durch Ablagerungen stark vergrünt und in Teilen verschwärzt. Ursache für die sichtbaren Verfärbungen sind organische Ablagerungen durch aktive und abgestorbene Mikroorganismen. Im Weiteren sind Blütenstaub, Harz und Blattlauskot der umgebenden Bäume für die Dunkelfärbung verantwortlich. Die Marmorplatte ist vollständig von einem Rissnetz durchzogen. Die Risse haben Breiten von bis zu 5 Millimetern. Die Untersuchung der bedrohlich und substanzgefährdend aussehenden, teilweise breiten und tiefen Risse im Marmorgefüge ergibt, dass diese nicht durch die Marmorplatte verlaufen, sondern nach 1 bis 10 Zentimetern in der Platte enden. Die Risse sind in der Regel oberflächlich aufgeweitet und folgen keinem durch Schichtung oder Texturen erklärbarem Schema. Die Ursache für die atypischen Rissbildungen ist nicht bekannt. Es wird ein Zusammenwirken mehrerer Schadensfaktoren vermutet. Wahrscheinlich ist, dass ein Zusammenspiel von Feuchte, chemischen Veränderungen des karbonatischen Substrats und thermischen Spannungen, die durch die dunkle Verfärbung des Werksteins verstärkt wird, die Rissbildungen begünstigen.

Es wurde häufig beobachtet und beschrieben, dass die anisotropische thermische Dehnung der Kalzitkörner des Marmors zu einer Entfestigung des Korngefüges führen, die dann in der Folge zu Rissbildungen führen. Der aus drei Teilen zusammengesetzte quarzitische Sandsteinsockel zeigt abgesehen von geringen mechanischen Beschädigungen und gerissenen Verfugungen keine Schädigungen. Die Oberflächen des Sandsteins sind ähnlich denen des Marmors verschmutzt.

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Abb. 7: Arbeitsmuster Reinigung vorher ... Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 8: ... und im Endzustand nach der Bearbeitung der Marmoroberfläche mit einer Wasserstoffperoxidkompresse. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 9: Zwischenzustand während der Feuchtreinigung. Links feuchtgereinigt mit schwarzen nicht wasserlöslichen Rückständen, rechts Oberfläche nicht bearbeitet. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 10: Kartierung zur Zustandserfassung. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg

Konzeptfindung

In mehreren Ortsterminen mit Expert*innen vom Landesamt für Denkmalpflege und dem Institut für Steinkonservierung e. V., Mainz, sowie verschiedenen Steinmetzen und Restauratoren wurde ein Konservierungskonzept abgestimmt.

Sanierungskonzept

Aufgrund des kulturhistorischen Werts der denkmalgeschützten Grabplatte war deren Erhalt und damit eine Sanierung und Konservierung von großer Bedeutung. Zunächst wurden die Unterbringung des (sanierten) Originals in einem Innenraum/ Ausstellungsraum und Herstellung einer Kopie/eines Abgusses für die Grablege auf dem Hauptfriedhof diskutiert. Auch eine dauerhafte Überdachung war im Gespräch, wurde jedoch in Abstimmung mit der Friedhofsverwaltung aufgrund des großen optischen Eingriffs in das Gartendenkmal Hauptfriedhof verworfen.

Im Jahr 2018 wurden Vorüberlegungen für eine Restaurierung der Grabplatte vor Ort angestellt. Nach einer objektiven Beurteilung und Einschätzung des Zustands der Grabanlage und der Durchführung von Musterarbeiten am Objekt wurde entschieden, die Grabanlage vor Ort zu belassen und zu restaurieren. Mit Hilfe flankierender Maßnahmen, wie etwa der zukünftigen Wintereinhausung und einer regelmäßigen Pflege und Wartung der Oberflächen soll der Bestand des Grabmals geschützt und gepflegt werden.

Durchgeführte Leistungen

Zur Beurteilung des Zustands und für das zukünftig geplante Monitoring wurden mit Beginn der Planungen die Schäden an der Grabplatte und dem Sockelunterbau kartiert und dokumentiert.

Um für die Durchführung der geplanten Restaurierungsarbeiten an der Grabplatte der Fürstin Gertrude von Hanau auf dem Kasseler Hauptfriedhof geeignete Bedingungen zu schaffen, ist das Grabmal für die Dauer der Arbeiten eingehaust worden. Mit den Arbeiten wurde im Mai 2020 begonnen. Die Fertigstellung und Übergabe an den Bauherrn erfolgte im Oktober 2020.

Voraussetzung für die geplanten restauratorischen Arbeiten war eine Reinigung und Abtötung der mikrobiologischen Besiedlung auf den Werksteinoberflächen.

Dies war erforderlich, weil Stoffwechselprodukte der Mikroorganismen das karbonatische Gefüge des Marmors schwächen und die Oberflächeneigenschaften des Werksteins negativ beeinflussen.

Außerdem bestand der Wunsch, durch die Reinigung die hochwertige bildhauerische Ausführung des Grabmals wieder sichtbar zu machen.

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Abb. 11: Zwischenzustand der Reinigung während des H2O2 Kompressenreinigungsverfahrens. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 12: Zwischenzustand der Reinigung mit vollständig aufgetragener Kompresse. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 13: Einhausung der Grabstätte für die fachrichtige Bearbeitung der Grabplatte. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 14: Verfüllung der Risse im freien Auftrag mit einer Injektionsmasse. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg

Für die Entfernung der starken und dickschichtigen Vergrünung auf den Oberflächen des Marmors und Sandsteins wurden spezielle und aufwändige Reinigungsverfahren angewendet. Nach der Reinigung der Werksteinoberflächen mit Heißwasserdampf ist die Grabplatte mit einer nicht reaktiven neutralen Zellstoffkompresse überzogen worden. Diese Kompressenschicht wurde nach Austrocknung mit hochprozentigem Wasserstoffperoxid getränkt. Nach mehrwöchiger Reaktionszeit der Kompresse wurde diese entfernt. Die Werksteinoberflächen wurden anschließend mit Bürsten nachgereinigt. Mit den Reinigungsverfahren konnte der weiße Marmor sichtbar gemacht werden.

Nach der erfolgten Reinigung wurden die breiten und zugänglichen Risse mit einer mineralisch abbindenden Injektionsmasse verfüllt. Die Verfüllung musste aus technischen Gründen im freien Auftrag erfolgen, es konnten keine Druck- oder Unterdruckverfahren eingesetzt werden.

Der abschließende oberflächliche Verschluss der Risse erfolgte mit einer auf Kunstharz basierenden und mit Glasmehlen gefüllten Masse.

Abschließend wurde die Marmorplatte mit einem Überzug aus synthetischem, mikrokristallinem Wachs überzogen. Dieser Überzug soll das Eindringen von Wasser in die Oberfläche des Marmors verhindern und die erneute Ansiedlung von Mikroorganismen zu verzögern.

Zukünftige Wartung und Pflege

Für den langfristigen Erfolg der Sanierung der Grabplatte sind flankierende, pflegende Arbeiten erforderlich. Der Wachsüberzug muss in regelmäßigen Zyklen gewartet und erneuert werden, um den Feuchteschutz aufrecht zu erhalten. Außerdem sollte das Objekt über die Wintermonate belüftet eingehaust werden, um den Feuchtehaushalt im Winter und die Auswirkungen von Frost auf die Werksteine zu verringern.

Fazit

Die Sanierung der Grabstätte der Fürstin von Hanau zeigt, wie ein umfangreicher Abstimmungsprozess und die Erörterung verschiedener Lösungsansätze schließlich zu einem überzeugenden Sanierungskonzept und einer gelungenen Restaurierung des Grabmals geführt haben.

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Abb. 15: Verschluss der Risse mit einer harzgebundenen Kittmasse . . . Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 16: Ausschnitt der gereinigten Marmorplatte mit Rissnetz vor . . . Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 17: ... und nach dem Rissverschluss. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg
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Abb. 18: Zustand der Grabstätte Fürstin Gertrude von Hanaus nach der Konservierung. Foto: Sebastian Endemann, Steinwerkstatt Regensburg

Anmerkungen

¹ Bereits zum Thema "Ehrengräber in Kassel" veröffentlichte Artikel: Ehrengräber in Kassel, Wichtige Zeugnisse der Stadtgeschichte saniert, Stadt+Grün, 12/2014.Ehrengräber in Kassel, Zeugen der Stadt- und Kunstgeschichte, Stadt+Grün, 11/2015.

² de.wikipedia.org/wiki/Gertrude_von_Hanau, Zugriff am 18.11.2021.

³ Stadtgeschichte in Lebensgeschichten, Die Ehrengräber der Stadt Kassel, Biografien - Porträts - Grabstätten, Kassel 2013, Hrsg. Stiftung Zentralinstitut und Museum für Sepulkralkultur, Werbedruck Horst Schreckhase GmbH, Spangenberg.

4 Anmerkung Schneider.

5 Stadtgeschichte in Lebensgeschichten, Die Ehrengräber der Stadt Kassel, Biografien - Porträts - Grabstätten, Kassel 2013, Hrsg. Stiftung Zentralinstitut und Museum für Sepulkralkultur, Werbedruck Horst Schreckhase GmbH, Spangenberg.

Dipl.-Rest. (FH) Sebastian Endemann
Autor

Steinwerkstatt Regensburg

Dipl.-Ing. Christine Schneider
Autorin

Umwelt- und Gartenamt Kassel

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