Konversionsfläche mit bemerkenswerten Grünflächen

Siedlung Martin-Luther-King-Park in Mainz

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Konversionsflächen Stadtklima
Martin-Luther-King Park unten links als offene Blockbebauung erkennbar (Stadtplan 1994). Foto: Andreas Paul

Nicht nur im politischen und wirtschaftlichen Bereich wirkte sich die Wiedervereinigung Ende 1989 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik aus, sondern in den darauffolgenden Jahren und bis heute hat diese Entwicklung Spuren in der städtebaulichen Entwicklung hinterlassen. Durch den Rückzug der Besatzungsmächte standen fast von heute auf morgen große Areale an ehemaligen militärischen Liegenschaften zur Verfügung. Auch die hier behandelte Siedlung, die erst nach Abzug der Amerikaner in Martin-Luther-King-Park in Mainz umbenannt wurde, ist eine typische Konversionsfläche.

Konversion kann nach dem Fremdwörterbuch sehr viel bedeuten. In unserem Fall geht es um die Umwandlung einer bestehenden Nutzung in eine veränderte oder sogar neue Nutzungsform. In der Stadtplanung von Mainz war diese Fläche über Jahrzehnte eine nicht veränderbare Größe. Als feststand, dass die Stadt Mainz diese Konversionsflächen vom Bund kaufen konnte, trat die "Wohnbau Mainz" an die Fachhochschule Wiesbaden, Studiengang Landschaftsarchitektur (heute Hochschule Geisenheim) heran und bat um Beratung, wie sich das 25 Hektar große Areal in der Zukunft darstellen könnte (Paul 1995). Die Siedlung liegt unmittelbar am Rand der Innen- und Neustadt und ist etwa 700 Meter vom Bahnhof und 1500 Meter vom Zentrum entfernt.

In einem schon länger zurückliegenden Workshop ist für den 25 Hektar großen Martin-Luther-King Park in Mainz, einer Konversionsfläche mit der Siedlungsstruktur der 1950er Jahre, an der Hochschule ein städtebaulicher und landschaftsplanerischer Rahmenplan unter den nachfolgenden Aspekten im Rahmen einer Pilotstudie entwickelt worden. Es ging unter anderem darum, wie öffentliche und gemeinschaftliche Erschließungsstrukturen einschließlich gut strukturierter Bereiche für unterschiedliche Nutzer so zusammen geführt werden können, dass der Charakter der 50er-Jahre-Siedlung nicht verloren geht. Des Weiteren ging es um die Einbindung des Planungsgebietes in das Stadtgefüge. Die in einem mehrtägigen Workshop entwickelte Rahmenplanung war Grundlage und Ideengeber für den europaweit ausgeschriebenen "Städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerb".

Aufgabenstellung

Die "Wohnbau Mainz" hatte das Gelände in Mainz, Wallstraße/Martin-Luther-King-Weg erworben. Hier sollten in den vorhandenen Gebäuden Wohnungen für unterschiedliche Familien entstehen. Wichtig dabei war, dass vor allem Familien mit Kindern, die oft nicht entsprechenden Wohnraum finden können, bezahlbaren Wohnraum angeboten bekommen. Aus diesem Grund war es von großer Bedeutung, interessante und vielgestaltige Freiräume in der ehemaligen amerikanischen Siedlung zu schaffen.

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Entwicklungskonzept der Vernetzungsstrukturen für die Freiräume um den Martin-Luther-King Park (Ergebnis Workshop, Planungsteam Becher, Helde u. a.). Foto: Andreas Paul

Ein Schwerpunkt der Aufgabe lag darin, den Individualverkehr aus der Mitte der Siedlung herauszuhalten und besonders eine fußgänger-/radfahrerfreundliche Erschließung zu entwickeln. Ziel des Entwurfsseminars einschließlich der Einführung und Besichtigung vor Ort war neben der Erarbeitung eines Entwurfs die Erstellung einer Rahmenkonzeption und die Entwicklung von Leitideen für dieses 25 Hektar große Wohngebiet.

Ein weiterer Anspruch des Workshops an der Hochschule bestand darin, dass zwischen verschiedenen am Entwicklungsprozess beteiligten Planungsdisziplinen die Verbindungen hergestellt werden. Es sollte bewusst gemacht werden, dass Planung nicht isoliert auf dem Papier entsteht, sondern dass auf verschiedenen Ebenen unterschiedliche Bemühungen notwendig sind, um Ideen und Planungen erfolgreich entwickeln zu können. Für die Studierenden standen beratend Stadt-, Verkehrsplaner, Architekten und Landschaftsarchitekten als Betreuer während des Workshops zur Verfügung.

Im Rahmen der Vorüberlegungen der Gesamtgestaltung dieser Siedlung war es von besonderer Bedeutung, dass neben den bestehenden Gebäuden, die sanierungsbedürftig waren, ein für verschiedene Nutzer- und Altersgruppen attraktiver Außenraum entwickelt wird. Meist steht im Vordergrund bei solchen Maßnahmen die

  • Finanzplanung
  • Gebäudeplanung
  • Infrastrukturplanung

und leider weniger der Außenraum. Dies sollte bei diesem Planungsverfahren anders laufen. Deshalb wurde auch dieser Workshop vorab zusammen mit dem Studiengang Landschaftsarchitektur der Hochschule organisiert, um Konzepte freier zu entwickeln und einmal mehr, sich um freiraumplanerische Anforderungen zu kümmern, ohne die städtebaulichen Grundlagen dabei zu vernachlässigen. Der Freiraum stand im Vordergrund (Bezzenberger 1996, S. 24). Es sollte erreicht werden, dass hier zukünftig für alle Mainzer ein erlebbarer und akzeptabler Teil der Stadt Mainz entsteht. Bisher war es ja ein militärischer Sperrbezirk, der aus dem Bewusstsein über die Jahre bei der Bevölkerung verschwunden war.

Dies hat sich stadtplanerisch über Jahrzehnte in der Stadt ausgewirkt. Wichtig ist also die Einbindung dieses Gebietes in die Gesamtstadt, die Defizite darzustellen und Forderungen abzuleiten.

Übergeordnetes Rahmenkonzept

Auf der Maßstabsebene 1:10.000 wurde die Einbindung der Siedlung in die freiraumplanerische/städtebauliche Situation zur Gesamtstadt dargestellt. Dabei wurde der Aufbau eines erweiterten Grünsystems über die bisherigen Überlegungen des bestehenden Landschaftsplanes entwickelt.

Dargestellt wurde in den Arbeitsgruppen die äußere Erschließung durch den ÖPNV (zwei direkte Buslinien stehen zur Verfügung), das Fahrrad, den Fußgänger und den motorisierten Individualverkehr. Eine sinnvolle Anbindung an das bestehende Rad- und Fußwegenetz einschließlich kurzer und sicherer Wege zum Bahnhof, zur Innenstadt und der Universität wurden besonders beachtet.

Die Gleisanlagen der Bahn und die Haupterschließungsstraßen stellen bis heute Barrieren um das Gebiet dar. Die Anbindung zum Bahnhof hat sich durch den zusätzlichen Eingang im Westen deutlich verbessert, wo auch eine ortsprägende Grünlage zusätzlich entstanden ist.

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Blockinnenbereich weist zum Zeitpunkt der amerikanischen Nutzung fast keine Angebote auf. Foto: Andreas Paul
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Die Ecken der offenen Blockbebauung wären potenzielle Nachverdichtungsbereiche. Foto: Andreas Paul
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Gegliederter Blockinnenbereich, rechts hinter dem Sichtschutz liegen die Erdgeschossgärten, links die Pergola. Foto: Andreas Paul
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Geschickt platzierte große Fahrrad- und Mülleinhausungen, die eine weitere Nachverdichtung der Ecken erschweren. Foto: Andreas Paul

Konzept der Freiräume

Die Wohnsiedlung in der Größe von 25 Hektar liegt im Norden begrenzt durch "Am Fort Gonsenheim", im Osten durch die Wallstraße und das Frei- und Hallenbad, im Süden durch den Taubertsberg und im Westen durch den Martin-Luther-King-Weg. Die Länge des Gebietes beträgt zirka 550 Meter, die Breite etwa 450 Meter.

Die städtebauliche Grundstruktur der Siedlung wird durch ein orthogonales Straßenraster mit drei- bis viergeschossigen Zeilenbauten offener Blockrandbebauung charakterisiert. Die Blockinnenbereiche waren unbebaut. Die amerikanischen Bewohnerinnen und Bewohner haben sich kaum im Freiraum aufgehalten. In jedem Innenhof stand ein Spielgerät und es gab eine kleine befestigte Fläche für das Barbecue. Wichtig für die US-Bürger waren die Stellplätze, die drei Meter breit und mindestens sechs Meter lang sein mussten. Zum Teil gab es keine Fußwegebeziehungen aus dem Siedlungsraum heraus, was wohl daran lag, dass die Amerikaner sich nur mit Ihren Fahrzeugen fortbewegten. Die Kinder und Jugendlichen wurden mit dem Schulbus zur Schule gefahren. Der Freiflächenanteil ist sehr groß, aber ohne jegliche räumliche Differenzierung, was für diesen Siedlungstyp in der Regel auch typisch war (Grundflächenzahl [GRZ] 0,2).

Ziel war die Schaffung attraktiver Freiräume für 3000 Menschen (120 Einwohner pro ha) in 700 Wohneinheiten. Zu beachten waren die vorhandenen Gebäude. Eine Nachverdichtung war in den ersten zehn Jahren untersagt, da die Anlagen zu moderaten Preisen vom Bund veräußert wurden und Gewinnmaximierungen der neuen Besitzer verhindert werden sollten. Geringfügige Aufstockungen der dreigeschossigen Gebäude auf vier Geschosse waren zulässig.

Der vorhandene Wohnungsbestand sollte folgendermaßen aufgeteilt werden:

  • 40 Prozent sozialer Wohnungsbau (mit höherem Ausländeranteil)
  • 30-40 Prozent Eigentumswohnungen
  • 20-30 Prozent Studentenwohnungen, Wohngruppen, genossenschaftliches Bauen

Das äußere und innere Erschließungssystem wurde so entwickelt, dass zum Beispiel die verschiedenen Verkehrsarten ihren eigenen Raum erhalten: Ein sinnvolles Fuß-/Radwegesystem, das sich im Gesamtkonzept Maßstab 1:10.000 wiederfindet und natürlich den eigentlichen Siedlungsraum gut erschließt sowie ein inneres Wegesystem, das nicht nur an den befahrenen Straßen verläuft, sind ein besonderes Merkmal der Siedlung.

Fahrzeuge für Ver- und Entsorgung, Feuerwehr, Umzugswagen müssen alle Gebäude erreichen können. Da nach zehn Jahren die Möglichkeit bestand, die Anlage nachzuverdichten, wurden einige Bereiche beim Workshop herausgearbeitet. Besonders gelungen erscheint die Lösung des 1. Preises des ausgeschriebenen Wettbewerbs vom Büro Adler und Olesch, die die offene Blockbebauung in den Ecken mit großen Fahrrad- und Mülleinhausungen besetzt hat, so dass hier keine Nachverdichtung mehr möglich ist. Damit kann der offene Charakter der Siedlung erhalten bleiben. Aktuell finden erneute Diskussionen zur Nachverdichtung des Siedlungsraumes statt (Mainzer Allgemeine Zeitung 2012 a + b). Gute Planung kann auch manche Fehlentwicklung verhindern.

Ein bedeutender Aspekt der Planung waren die erdgeschossgebundenen Mietergärten, mittlerweile ein bundesweit beachtetes Thema im Zusammenhang mit dem Urban Gardening (Bennholdt-Thomsen 2012; Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2012, S. 32 ff). Das Interesse am urbanen Garten ist aufgrund der sozioökonomischen Veränderungen seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert hochaktuell. Vergleichen kann man die heutige Entwicklung in Teilen mit den 1920er Jahren. In dieser Zeit entstand unter anderem die bekannte Siedlung Römerstadt (1927-1928) in Frankfurt unter dem Stadtbaurat Ernst May (1886-1970).

Die wesentlichen freiraumplanerischen Impulse (unter anderem Klein- und Mietergärten) plante Leberecht Migge (1881-1935) (Deutscher Werkbund 1988, S. 13). Dieser Aspekt war ein sehr wichtiger Punkt bei der Differenzierung der privaten und gemeinschaftlichen Flächen. Der Vorschlag der Hochschule, dieses Thema verstärkt in dem Martin-Luther-King-Park zu verfolgen, wurde von der "Wohnbau Mainz" sofort akzeptiert, um die laufenden Kosten in den Freiräumen niedriger zu halten, da diese Flächen aus der allgemeinen Pflege herausfallen und damit die Nebenkosten der Miete verringert werden können. In dem Workshop der Hochschule wurde auch an Mietergärten gedacht, die nicht direkt am Haus (Erdgeschoßwohnung) liegen, sondern in den Blockinnenhöfen liegen könnten. Diese Idee wurde im weiteren Verfahren nicht weiter verfolgt.

Neben diesen Flächen sind Spielbereiche für Kinder/Jugendliche (Paul, A.; Kahl, C. 2012) und Treffmöglichkeiten für alle Bewohner von besonderer Bedeutung. Was leider bei der Umsetzung nicht erreicht wurde, war, einen Mittelpunkt mit Angeboten wie ein Café zu schaffen. Es fehlt heute ein Identifikationspunkt. Für Jugendliche gibt es nur bedingt Möglichkeiten, sich im Siedlungsraum aufhalten zu können (Sutter-Schurr 2010). Der mittlerweile entstandene Einkaufsbereich und sogenannte King-Park-Center mit Supermarkt und Bäcker kann diese sozialen Aspekte nicht erfüllen (Mainzer Allgemeine Zeitung 2002).

Die Hochschule konnte durch den Workshop in Zusammenarbeit mit der "Wohnbau Mainz" in besonderer Weise die inhaltlichen Grundlagen für dieses Projekt durch die Entwürfe legen. Wenn man sich die Wettbewerbsergebnisse daraufhin ansieht, sind viele der Vorüberlegungen in die Ergebnisse eingeflossen (Bezzenberger 1996).

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Übersichtsplan zum städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerb, Landschaftsarchitekten Adler + Olesch. Foto: Landschaftsarchitekten Adler & Olesch

Wettbewerbsergebnis

Umso erfreulicher waren die Wettbewerbsergebnisse. Den 1. Preis erhielt das Planungsbüro Adler und Olesch. Die heutige Situation entspricht in überwiegenden Teilen den Ergebnissen des Workshops der Hochschule. Das Büro erarbeitete in überzeugender Weise ein Gesamtkonzept für die bestehende Siedlung.

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Pergola mit Bänken als Gliederungselement zwischen Gemeinschaftsfläche und dahinter liegenden Erdgeschossgärten. Foto: Landschaftsarchitekten Adler & Olesch
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Übergang von Gemeinschaftsfläche zu privaten Erdgeschossgärten mit Versickerungsmulde und Erschließungsweg zu den Gärten. Foto: Andreas Paul
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Von Erwachsenen und Kindern genutzter Spielbereich in einem Innenhof. Foto: Andreas Paul
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Zugeparkte Hauszugänge aufgrund fehlender Bordsteine oder Poller. Foto: Andreas Paul

Der Siedlungscharakter blieb in seiner Grundstruktur erhalten. Die abwechslungsreichen Innenhöfe, die unterschiedlich ausgestattet wurden, werden von den Bewohnerinnen und Bewohnern aller Altersgruppen genutzt. Alle Innenhöfe erhielten eine unterschiedliche Gestaltung. Gleiches gilt für die Neupflanzung mit verschiedenen Baumarten, wodurch eine bessere Orientierung entstanden ist. Die orthogonale Erschließungsstruktur wurde beibehalten. Jeder Innenhof erhielt im Norden und Süden große Pergolen, die einen gebauten Maßstab vor den Gebäuden setzen.

Alle Erdgeschosswohnungen haben einen Mietergarten. Diese sind sehr geschickt zum gemeinschaftlichen Raum abgegrenzt. Parallel zu den Gärten befindet sich ein kleiner Erschließungsweg (auch als Mistweg bekannt). Dann folgt eine Strauchpflanzung, die zugleich eine Versickerungsmulde beinhaltet, wo das gesamte Oberflächenwasser (außer von Straßen) versickern kann. Das System ist so aufgebaut, dass das anfallende Wasser zuerst in eine Zisterne läuft, die über eine Schwengelpumpe zu bedienen ist. Erst wenn die Zisterne vollgelaufen ist, läuft aus dem System das Wasser in die Mulde, die natürlich auch einen Notüberlauf für extreme Regenfälle hat.

Dies ist eine gute Lösung im Sinne der Nachhaltigkeit. Für Kinder sind die Schwengelpumpen ein großer Spaß, sich hier zum Spielen Wasser besorgen zu können. In Rheinland-Pfalz ist dies noch erlaubt. In Hessen sind derartige Zisternen im Spielbereich nicht zulässig. Derartige Versickerungsmulden sind notwendig und heute endlich Standard, um eine Grundwasserneubildung im städtischen Raum zu gewährleisten (Jessel, Tobias 2002, S. 189-92; Geiger u. a. 2009, S. 65 ff).

Im Rahmen eines Forschungsvorhabens untersuchte der Verfasser die Siedlung auch unter dem Aspekt des Vandalismus, der zum Zeitpunkt der Untersuchung fast nicht vorhanden war (Paul 2006, S. 59). Zum Vandalismus und zu den Beschädigungen im Siedlungsbereich kann folgendes festgehalten werden: Die Findlinge (Durchmesser 20 bis 30 Zentimeter), die im Bereich der Versickerungsmulden zum Verdecken der Ausläufe der Zisternen und aus gestalterischen Gründen eingebaut wurden, sind zum Teil durch Kinder weggetragen worden. Kinder wollen gestalten und tun es, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Wenn dies verhindert werden soll, müssen sich die Planer und die Ausführenden Gedanken machen, wie man dies verhindern kann (schwerere Findlinge verlegen oder kleinere fest einbauen). Dies eben geschilderte Beispiel zeigt natürlich den permanenten Konflikt zwischen Planung, Umsetzung und Unterhaltung einer Anlage, der immer optimiert werden kann.

Für Erwachsene bieten sich unterschiedliche Sitz- und Treffmöglichkeiten. In den Übergangsbereichen der Innenhöfe zum Straßenraum liegen die großen Fahrrad- und Müllhäuser, welche die Ecken der offenen Blockrandbebauung markieren. Hier befinden sich zum Teil kleinere Plätze mit informellen Sitzmöglichkeiten/Mauern, wo sich auch Jugendliche treffen können.

Einen nicht ganz unproblematischen Aspekt stellt schon seit längerem das niveaugleiche Zusammentreffen von Fuß-, Pflanz- und Erschließungsflächen dar. Trotz vieler Stellplätze werden Pkws in Pflanzflächen und Hauszugängen abgestellt. Der Parkdruck hat zugenommen und wer meint, dass Autofahrer vernunftgesteuerte Wesen wären, der wird doch oft eines Besseren belehrt. Der erhöhte Bordstein ist nötig, damit zumindest für den Autofahrer wahrnehmbare Grenzen erkennbar sind. Weitere Absperrungen sind oft notwendig, damit die Fahrzeuge von Pflanz- und Fußwegeflächen herausgehalten werden können. Trotz gewisser Schwächen bei der Umsetzung der Planung sind an dieser Stelle noch einmal die intensiv genutzten Spielbereiche der Innenhöfe zu erwähnen, die von verschiedenen Altersgruppen angenommen werden und positiv beurteilt werden.

Zusammenfassung

Freiflächen spielen im Geschosswohnungsbau eine sehr wichtige Rolle. Die unterschiedlichen Nutzungsansprüche sollten im Vordergrund von Entwicklungsvorhaben stehen. Je nach Größe der Anlage sind differenzierte Raumaufteilungen nach Nutzergruppen sinnvoll. Die Zonierung Privat und Gemeinschaft hat den Vorteil, dass durch Bau von Erdgeschossgärten eine Übergangszone zwischen Freifläche und Gebäude entsteht. Das Thema Mietergärten wird zukünftig noch verstärkt diskutiert werden, da auch Bewohner und Bewohnerinnen in den Obergeschossen einen Garten benötigen können. In den großzügigen Anlagen der 1950er und 60er Jahre wäre dies möglich und würde zugleich die Pflegekosten verringern. Die Wohnungsbauunternehmen brauchen für diese Konzepte aber auch fachlich ausgebildetes Personal, was häufig fehlt.

Die Qualität bei den Freiräumen im Geschosswohnungsbau kann noch deutlich gesteigert werden. Bei dem Martin-Luther-King-Park konnte über einen umfangreichen Zielkatalog zum Wettbewerb einer sehr interessierten Leitungsebene der damaligen "Wohnbau Mainz" und guter Planungsergebnisse des europaweit ausgeschriebenen Wettbewerbes eine interessante und lebenswerte Wohnsiedlung entwickelt werden, die nach mehr als 15 Jahren heute noch als beispielhaft gelten kann. Für Politiker ist der Einweihungstag von Projekten wichtig. Dem Verfasser erscheint es wichtiger, dass man Anlagen und Projekte erst dann bewerten sollte, wenn sie im Lebensalltag der Menschen sich als tauglich erwiesen haben.


CHRONIK

  • 1994/1995 "Wohnbau Mainz" erwirbt das Gelände
  • Dezember 1995 Mehrtägiger Workshop an der FH Wiesbaden, Studiengang Landschaftsarchitektur (heute Hochschule Geisenheim)
  • Februar 1996 Städtebaulicher und landschafts-planerischer Ideenwettbewerb
  • Juli 1996 Entscheidung des Preisgerichtes
  • Bauzeit 1997-1999
  • Anfang 2001 Bau des King-Park-Centers
  • Ab 2011 kontroverse Diskussionen über die Nachver-dichtung des Martin-Luther-King-Parks



Literatur

Bennholdt-Thomsen, V. (2012): Ökonomie des Gebens. Wohlstand durch Subsistenz. In: Müller, C.: Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt. 4. Aufl. München S. 252-265.

Bezzenberger, A. (1996): Martin-Luther-King-Village. Garten + Landschaft 106. Nr. 10 S. 21-24.

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2012): Nachhaltig geplante Außenanlagen auf Bundesliegenschaften, Bonn.

Deutscher Werkbund (1988): Ernst May Housing Estates, Frankfurt.

Flade, A.; D. Röll (2005): Warum brauchen Menschen grüne Freiräume? Die Wohnungswirtschaft 56 Nr. 8 Seite 72-73.

Geiger, W., H. Dreiseitl, J. Stemplewski (2009): Neue Wege für das Regenwasser. 3. Auflage München.

Jessel, B.; K. Tobias: Ökologisch orientierte Planung. Stuttgart 2002.

Mainzer Allgemeine Zeitung (2002): Im King-Park-Center gärt es. 07.11.2002, S. 12.

Mainzer Allgemeine Zeitung (2012 a): Ampel: Ja zum Kompromiss. 26.09.2012, S. 10.

Mainzer Allgemeine Zeitung (2012 b): Ein verbaler Schlagabtausch. 19.10.2012, S. 12.

Paul, A. (1995): Aufgabenbeschreibung zum mehrtägigen Workshop an der Fachhochschule Wiesbaden.

Paul, A. (2006): Modernisierte Freiräume im Geschosswohnungsbau. Aktuelle Freiraumentwicklung bei Umbaumaßnahmen von unterschiedlichen Wohnbausiedlungen im sozialen Wohnungsbau unter sich verändernden Nutzungsansprüchen am Beispiel der Wohnbau Mainz. Grundlagen, Untersuchungen, Ergebnisse, Empfehlungen. Abschlussbericht für die Wohnbau Mainz GmbH. Wiesbaden.

Paul, A.; C. Kahl (2012): Freiräume für Kinder und Jugendliche. Rechtliche Grundlagen für private und öffentliche Flächen. Stadt + Grün 61. Nr. 8 S. 50-57.

Sutter-Schurr, H.: Projektionen, Moden, professionelle Ignoranz. Was wissen Fachleute von Nutzerinteressen? Stadt + Grün 59 (2010) Nr. 1 S. 18-23.

Prof. Andreas Paul
Autor

Lehrgebiet Freiraumplanung/Projektplanung

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