Frontenhausen

Stadtplatz mit Pflasterklinkern

Freiraumplanung
Frontenhausen mit neu gestaltetem Marktplatz. Foto: GIMA-Ziegel

Mit der Neugestaltung des Marktplatzes hat die bayerische Gemeinde Frontenhausen wieder einen attraktiven Mittelpunkt für das öffentliche Leben erhalten. Das Gesamtkonzept aus Platzgestaltung, Wegführung, Materialien und Lichtdesign schafft für diesen zentralen Ort die gewünschte Aufenthaltsqualität. Seine Identität bleibt auch durch die Wahl regionaler Baumaterialien wie Pflasterklinker gewahrt, die objektspezifisch gestaltet wurden.

Architektonische Besonderheiten kaum wahrnehmbar

Im Rahmen des bayerischen Städtebauförderungsprogramms konnte der Ortskern von Frontenhausen saniert werden. Die niederbayerische Gemeinde feiert in diesem Jahr ihre 625 Jahre alten Marktrechte, hat rund 4400 Einwohner und liegt 10 Kilometer von Dingolfing entfernt. Die städtebauliche Qualität des denkmalgeschützten Marktplatzes war vor der Sanierung schwer zu erkennen. Bis zu 65 Autos konnten auf der Asphaltfläche parken. Die prächtige Spätbarockkulisse des Platzes wurde kaum wahrgenommen. Nahezu einzigartig ist die quadratische Grundform des Marienplatzes, es sind nur noch zwei weitere derartige Platzformationen in Bayern bekannt. Die auf vier Seiten umliegenden Bürgerhäuser, die zum Teil aus dem späten 18. Jahrhundert stammen, das historische Rathaus sowie der Marienbrunnen mit der Madonna aus dem Jahr 1874 bilden ein geschlossenes Ensemble.

Wiedergewinnen einer Aufenthaltsqualität

Mit der Planung wurde im Jahr 2007 begonnen, zwei Jahre später war die Sanierungsmaßnahme abgeschlossen. Zielsetzug war, den Marktplatz für seine Bürger wieder attraktiv zu machen und ihm seine Aufenthaltsqualität zurückzugeben Mit der Neugestaltung des Marienplatzes wurden der Dingolfinger Architekt BDA Dipl.-Ing. Johann Vogginger und die Landschaftsarchitekten bdla und Städteplaner Wartner und Zeitzler mit Sitz in Landshut beauftragt. Beide Büros haben gemeinsam das Gesamtkonzept erarbeitet. Dabei stand die Nicht-Dominanz des Verkehrs im Vordergrund, also ein gleichberechtigtes Miteinander aller Teilnehmer des öffentlichen Lebens vom Fußgänger bis zum Autofahrer. Die Gesamtanmutung des Platzes sollte nicht zu städtisch sein, ökologische Aspekte sollten berücksichtigt werden.

Für das Lichtdesign wurde der österreichische Lichtkünstler Martin Klingler beauftragt. Mit Punktleuchten in den Häusergiebeln taucht er den Platz in ein dezent warmes Licht, sodass am Abend die Fassade der Häuser wie eine spätbarocke Bühnenkulisse erscheint.

Den visuellen Platzmittelpunkt bildet der neu gestaltete Marienbrunnen als Gesamtkunstwerk mit der "alten", neu vergoldeten Madonna und einer Wasseranlage aus Cortenstahl. In einem Wettbewerb hat sich das Künstlerduo Judith Lipfert und Oerni Poschmann mit dieser sehr mutigen Idee durchgesetzt.

Die Struktur des Marktplatzes

Die Platzmitte ist als innerer, ruhiger Kern ausgebildet. Mit einer Fläche von 28 Meter x 28 Meter nimmt sie die quadratische Form des Marktplatzes auf und ist mit einer wassergebundenen Decke ausgeführt. In diesem autofreien Kernstück befinden sich neben dem Marienbrunnen 16 kastenförmig zugeschnittene Platanen, jeweils vier dieser widerstandsfähigen Bäume auf einer Seite. Ebenso stehen an jeder Platzseite jeweils vier eigens entworfene Pflanzkübel aus Cortenstahl, die mit Buchsbaum bepflanzt sind. Begrenzt ist die wassergebundene Fläche mit einer breiten Betonkante, in der auf jeder Seite wieder jeweils vier LED-Strahler integriert sind.

Der äußere Bereich des Marienplatzes wurde verbreitert und dient als Geh- und Fahrweg. Durch eine effiziente Aufstellung haben sich Parkplatzmöglichkeiten für 40 Fahrzeuge an drei Seiten des Platzes ergeben. Die Rathausseite ist reiner Gehbereich. Der äußere Platzbereich ist vollständig mit Klinkern gestaltet. Die geklinkerte Fläche einschließlich der Fahrwege zur Pfarrkirche St. Jakob, die hinter dem Marienplatz liegt, beträgt rund 5000 Quadratmeter.

Pflasterklinker mit regionaler Tradition, objektspezifisch gestaltet

Bei der Entscheidung für die Wahl des Materials wollten beide Planungsbüros einen Belag, der weder von der Farbgebung noch von der Oberflächenstruktur her zu kalt wirkt, zu der wassergebundenen Decke passt und auf eine regionale Tradition in der Verwendung blicken kann. In den nur zwei Kilometer von Frontenhausen entfernten Tongruben wird der Rohstoff für die Pflasterklinker von GIMA abgebaut. Übereinstimmend wollten beide Büros weder das klassische Rot des Pflasterklinkers einsetzen noch das bekannte Rechteckformat von 100 oder 200 mm Länge. Nach Meinung von Johann Vogginger wird die Form des Klinkers umso eleganter und damit umso attraktiver, je länglicher sein Format gestaltet ist. Als Farbton schwebte dem Dingolfinger Architekten eine warme Braun-Nuance vor, die zu den farblich unterschiedlich geputzten Fassaden der umliegenden Bürgerhäuser harmoniert. Sowohl die intendierte Farbe als auch das Format waren im GIMA-Pflasterklinkerprogramm so nicht erhältlich.

Für die Umsetzung dieser Vorstellungen haben die Planer mit der GIMA einen Partner gefunden, der mit einem eigenen Team auf die Wünsche von Architekten eingeht und in der Lage ist, objektspezifische Klinker zu realisieren. GIMA-Techniker prüften Machbarkeiten, immer war ein Ansprechpartner direkt zur Verfügung, sodass in enger Zusammenarbeit zwischen Architekten und Klinkerwerk in einem intensiven Auswahlprozess weit mehr als ein Dutzend Muster begutachtet wurden. Die Entscheidung fiel auf einen bräunlich nuancierten Pflasterklinker im Format 290/71/115 mm, der objektspezifisch den Namen "Franto" trägt.

Teppichcharakter mit Funktion

Als Verlegemuster wurde der Fischgrätverband gewählt. Er bietet eine hohe Stabilität, weil er infolge der um 45 Grad versetzten Klinker eine bessere Lastabtragung, insbesondere für Horizontalkräfte besitzt. Wegen der gleichmäßig verteilten Fugenlängen durch die Verlegung im 45-Grad-Winkel zur Wegachse wird eine besonders gute Griffigkeit erreicht. Die Ausbildung zum Rand erfolgt mit ganzen Klinkern.

Unter formalen Aspekten ist der Fischgrätverband rund um den Marktplatz so angelegt, dass er weitestgehend in einer Richtung durch den Ort läuft und sich nach den Vorstellungen der Architekten "wie eine Haut über den Ort legt". Die Fugenbreite beträgt vier bis acht Millimeter. Sehr entschieden haben sich beide Büros für "Franto" ohne Fase ausgesprochen. Mögliche Abplatzungen werden gerne in Kauf genommen, um dafür eine "Belebung" in der Fläche zu erzeugen und jeglichen Eindruck von Sterilität zu vermeiden.

Wegen der Vils, ein kleiner Fluss, der durch Frontenhausen einen romantischen Schleichweg nimmt, ist man im Untergrund sehr schnell auf Grundwasser gestoßen. Zur Erhöhung der Tragfähigkeit wurde deshalb ein Geogitter eingesetzt und eine zweilagige Schottertragschicht aufgebracht. Der Oberbau einschließlich Belag hat eine Dicke von 80 cm.

Als visuelles Element zur Trennung der Funktionsbereiche von Geh- und Fahrwegen dient eine Cortenstahlkante, die in einer Stärke von 2 Zentimetern sichtbar ist.

Dadurch wird weder die flächige Teppichwirkung der Klinkerfläche unterbrochen, noch die Barrierefreiheit eingeschränkt.

Begeisterung und Akzeptanz nach anfänglicher Aufregung

Die Frontenhausener haben den neu gestalteten Marienplatz mittlerweile voll akzeptiert und sind sogar stolz darauf, dass Besucher extra anreisen, um bei Nacht Fotoaufnahmen des illuminierten Marktplatzes zu machen. Der zweimal wöchentlich abgehaltene Markt funktioniert ebenso wie die Durchführung von Veranstaltungen und Feierlichkeiten. Die Maßstäbe stimmen hier, die Örtlichkeit ist nicht verwässert. Dem genius loci ist voll Rechnung getragen. Tobias Nowak als Projektleiter, der anfänglich Befürchtungen vor zu viel Sterilität durch die Klinkerfläche hatte, ist durch den Gebrauch der Klinkerfläche noch überzeugter geworden.

Projektdaten

Sanierung, Marienplatz, 84160 Frontenhausen, Landkreis Dingolfing-Landau
Städtebauförderung: Bayerisches Programm seit 2004
Fertigstellung: 2009
Kosten: 2,5 Mio. Euro
Förderung: 1,4 Mio. Euro
Architekten: Architekturbüro Johann Vogginger, Dingolfing, Landschaftsarchitekten und Städteplaner Wartner und Zeitzler, Landshut
Fläche: Wassergebundene Decke und Pflasterklinker
Klinkerfläche: 5000 qm
Hersteller: GIMA Girnghuber GmbH, Marklkofen
Pflasterklinker: Franto, objektspezifisch, 290/71/115 mm
Verlegung: Fischgrät
Beleuchtungskonzept: Martin Klingler
Brunnen: Judith Lipfert und Oeri Poschmann

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