Status quo eines noch seltenen Phänomens
Begrünung von denkmalgeschützten Gebäuden
von: Rebecca Landwehr
Für sein Gartenhaus am Rande des Parks an der Ilm in Weimar ließ Goethe im 18. Jahrhundert die Fassaden im Norden und Westen mit Rosen, im Süden mit Weinreben und im Osten mit Geißblatt bepflanzen. In der als Ensemble geschützten Gartenheimsiedlung in Dresden sind zum Beispiel in der Junghansstraße die straßenseitigen Fassaden mit Kletterrosen begrünt.
In der Stadt Riesa steht die mit Blauregen bewachsene Fassade des Rathauses sogar selbst als Naturdenkmal unter Schutz. Vielerorts sind Beispiele aufzuführen, bei denen die Fassadenbegrünung historisch bedingt zum Erscheinungsbild eines Denkmals dazugehört, entsprechend gepflegt und erhalten wird.
Bundesweit gewinnen die Dach- und Fassadenbegrünung an Bedeutung, denn sie bilden einen Mehrfachnutzen für die Stadt. Sie tragen zur Hitze- und Überflutungsvorsorge bei, verbessern die urbane Luftqualität, dämpfen Schall und erhöhen die Biodiversität. Insgesamt wird durch die Begrünung von Gebäuden das Wohnumfeld verschönert und die Lebensqualität der Einwohnenden verbessert. Durch die Dämmwirkung lassen sich zudem Energiekosten zum Heizen im Winter und vor allem zum Kühlen im Sommer einsparen. Begrünungen können die Fassade außerdem vor Schäden durch Graffiti und Witterungseinflüsse schützen (BuGG 2023).
Naturbasierte Lösungen, wie die Gebäudebegrünung, gelten als wirkungsvolle Maßnahmen zur Klimaanpassung. Durch ihre Gebäudenähe befinden sie sich im direkten Wirkungskreis des Menschen. Der große Vorteil von Dach- und Fassadenbegrünung liegt im geringen Freiflächenbedarf, wodurch auch dicht bebaute Gebiete begrünt werden können. Während im Neubau die Anforderungen der gewünschten Begrünung bereits in der Planungsphase mitgedacht werden können, bestimmen im Bestand die örtlichen Gegebenheiten die Möglichkeit zur Begrünung. Auf dem Markt bestehen bereits vielfältige Systeme zur Dach- und Fassadenbegrünung, um den verschiedenen Gebäudestrukturen und gewünschten Wirkungen gerecht zu werden (BBSR 2022).
Zwar machen Denkmale nach Schätzungen der Bundesstiftung Baukultur nur drei Prozent des Gebäudebestands in Deutschlands aus (Bundesstiftung Baukultur 2022). Mit Blick auf die spürbaren Folgen des Klimawandels ist es jedoch wichtig, auch denkmalgeschützte Gebäude klimagerecht und zukunftssicher anzupassen, die Lebensqualität in den Stadtzentren zu erhalten und eine zeitgemäße Nutzung zu ermöglichen.
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Sowohl die zunehmende Urbanisierung als auch die globale Erwärmung aufgrund des Klimawandels nehmen Einfluss auf die klimatische und hydrologische Entwicklung von urbanen Räumen. Insbesondere die stark verdichteten und zentral gelegenen Stadtgebiete, wie beispielsweise Altstädte, sind in den Sommermonaten stark hitzebelastet. Dort fehlt es an Grünräumen und Grünstrukturen, die die Aufheizung der versiegelten Flächen durch Verdunstung und Verschattung mildern könnten.
Für urbane Räume sind die zunehmenden Starkregenereignisse im Sommer eine zusätzliche Herausforderung. Die kommunalen Entwässerungseinrichtungen können den immensen Oberflächenabfluss der versiegelten Flächen teilweise nicht mehr aufnehmen, was zu Überflutungen und Sachschäden in Millionenhöhe führt. Eine wassersensible und hitzeresiliente Umgestaltung bestehender Siedlungsstrukturen wird daher von vielen Städten angestrebt.
Doch gerade in den Stadtkernen stehen einzelne Gebäude oder auch ganze Altstädte als Ensemble aufgrund ihres historischen Wertes unter Denkmalschutz. Die modernen Anforderungen an die Umgestaltung von Altstädten können daher zu Konflikten mit den Interessen des Denkmalschutzes führen, historische Gebäude möglichst in ihrer originalen Form zu bewahren (Hehn et al. 2022).
Denkmalschutz ist Ländersache, weshalb jedes Bundesland über ein eigenes Denkmalschutzgesetz verfügt. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, haben einige Länder ihre Gesetze in den vergangenen Jahren überarbeitet und den erneuerbaren Energien einen besonderen Stellenwert zugesprochen (Michalski und Strauss 2024). Für Begrünungsmaßnahmen sind bislang keine rechtlichen Änderungen bekannt.
Bei Gebäuden, die als Kulturdenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes eingestuft sind, ist bei geplanten baulichen Veränderungen der Nachweis einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung zu erbringen. Denn Ziel des Denkmalschutzes ist es, die maßgeblichen Eigenschaften eines Kulturdenkmals zu erhalten und gleichzeitig eine zeitgemäße Nutzung zu ermöglichen. Zu den geplanten baulichen Veränderungen gehört auch die Dach- und Fassadenbegrünung.
Grundsätzlich ist eine nachträgliche Installation der gewünschten Begrünung von denkmalgeschützten Gebäuden möglich. Es handelt sich jedoch immer um Einzelfallentscheidungen der zuständigen Denkmalschutzbehörde. Eine frühe Absprache mit der verantwortlichen Denkmalschutzbehörde im Vorfeld der Planung ist daher wichtig, um Mehrkosten bei der Begrünung zu vermeiden und Planungssicherheit zu erhalten (BuGG 2024).

Bereits 2023 führte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) eine Online-Veranstaltung zum Thema "Das Potenzial der Vergangenheit für die Zukunft nutzen: Die Rolle historischer Städte bei Resilienz und Klimaanpassung" durch (DBU 2023). Die oft zentral gelegenen historischen Gebäude bieten die Chance, zu kühlen Rückzugsorten in den Städten ausgestaltet zu werden und zugleich als urbane Trittsteinbiotope für Flora und Fauna zu dienen.
Doch es bestehen nach wie vor Vorbehalte und Unsicherheiten, alte Gebäude und Bauwerke zu begrünen. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Sorge um mögliche Schäden an der Bausubstanz durch die Bepflanzung. Auch die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes eines Denkmals wird häufig kritisch betrachtet. Wie bei allen Begrünungsmaßnahmen ist vorab zu klären, wer die Verantwortung und die Kosten einer permanenten Pflege übernimmt. Es entstehen Interessenskonflikte zwischen Denkmalschutzbestrebungen auf der einen Seite und Begrünungswillen an historischen Dach- und Fassadenflächen auf der anderen Seite (BuGG 2024 und Hehn et al. 2022).
Einige Städte gehen voran und zeigen Kompromisslösungen zur Begrünung denkmalgeschützter Gebäude auf. Beispielhaft ist die Hamburger Initiative "Elf zu Null" zu nennen, die sich dem nachhaltigen und ökologischen Umbau von Museen, Ausstellungshäuser und Gedenkstätten widmet. Mitglied dieser Initiative ist das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg, bei dem ein Pilotprojekt zur Fassadenbegrünung gestartet ist. Auch die Begrünung des denkmalgeschützten Bunkers auf St. Pauli gilt als Leuchtturmprojekt der nachträglichen Gebäudebegrünung. Durch Umbau, Sanierung und Aufstockung ergaben sich Chancen für die Dach- und Fassadenbegrünung (Bianchin 2024).
Die Begrünungsmöglichkeit der Dächer in Altstädten stößt hingegen häufig auf Herausforderungen, da sich die meist steilen Dachformen nicht eignen oder Vorgaben des Denkmalschutzes zur Dachlandschaft entgegenstehen. Nebengebäude zu begrünen ist hingegen mit weniger Problemen verbunden.
Auch die Flachdächer von Waren- und Geschäftshäusern sowie Tiefgaragen können hinzugezogen werden (Hehn et al. 2022). In enger Abstimmung mit dem Denkmalschutzamt konnte beispielsweise im Rahmen des Berliner Förderprogramms "GründachPLUS" das Dach eines denkmalgeschützten Mehrfamilienhauses in der Karl-Marx-Allee begrünt werden (IBB Business Team 2023).

Für die Altstadt von Güstrow entwickelte ein Architekturbüro im Jahr 2003 ein Fassadenbegrünungskonzept. Dieses berücksichtigt einerseits die historische Bausubstanz und präsentiert andererseits Begrünungslösungen, die den öffentlichen Raum attraktiver und klimafreundlicher gestalten sollen.
Als Maßnahmen werden für die einzelnen Straßenzüge unter anderem eine Begrünung mit Blumenkästen, Pflanzkübel und Kletterpflanzen vorgeschlagen, die in enger Abstimmung von Eigentümern, Stadtverwaltung und Denkmalschutzbeauftragtem umgesetzt werden können (Hortiplan 2003).
Während für den Umgang mit erneuerbaren Energien im Denkmalbestand bereits Praxishinweise erarbeitet wurden (Denkmalschutzamt Hamburg 2023, Landesdenkmalamt Berlin 2023), existiert bislang kein Leitfaden zum fachgerechten Umgang mit Dach- und Fassadenbegrünungen an denkmalgeschützten Gebäuden. Mit dem ab 2025 geplanten DBU-Förderprojekt "Florierende Altstädte – Dach- und Fassadenbegrünung an historischen Gebäuden und Bauwerken.
Grundlagen zur Machbarkeit, Umsetzung und Pflege" möchte der Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG) bestehende Wissenslücken schließen. Neben einem Leitfaden soll im Verlauf der zweijährigen Projektlaufzeit auch ein Schulungsprogramm für die Denkmalpflege entwickelt werden, um über die Potenziale und Chancen der Gebäudebegrünung aufzuklären.
Eine erstmalige Sammlung und umfassende Aufarbeitung nationaler und internationaler Beispiele zur Dach- und Fassadenbegrünung an historischen Gebäuden und Bauwerken bilden die Grundlage des Projekts. Damit soll ein Brückenschlag zwischen Denkmalschutzinteressen auf der einen und Klimaanpassungs- und Begrünungsinteressen auf der anderen Seite entstehen.
Literatur und Quellen
BBSR - Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.), 2022: Förderrichtlinie Dach- und Fassadenbegrünung – Machbarkeitsstudie. Kurzfassung. Berlin.
Bianchin, A., 2024: Nachträgliche Dach- und Fassadenbegrünungen: Herausforderungen und Lösungsansätze im Kontext von Denkmalschutz und Grundstücksgrenzen. Masterarbeit an der Berliner Hochschule für Technik Berlin.
BuGG – Bundesverband GebäudeGrün e. V., 2024: BuGG-Fachinformation "Leitfaden kommunale Förderinstrumente Dach und Fassadenbegrünung sowie Entsiegelung und Hofbegrünung". DBU-Förderprojekt Az 35148/01. Berlin.
BuGG – Bundesverband GebäudeGrün e. V., 2023: BuGG-Fachinformation "Positive Wirkungen von Gebäudebegrünungen (Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung)". Berlin.
Bundesstiftung Baukultur, 2022: Baukultur Bericht 2022/23. Neue Umbaukultur. Berlin.
DBU – Deutsche Bundesstiftung Umwelt, 2023: #DBUdigital Online-Salon "Das Potenzial der Vergangenheit für die Zukunft nutzen: Die Rolle historischer Städte bei Resilienz und Klimaanpassung". Zugriff: https://www.dbu.de/termine/dbudigital-online-salon-das-potenzial-der-vergangenheit-fuer-die-zukunft-nutzen-die-rolle-historischer-staedte-bei-resilienz-und-klimaanpassung/ ,12.11.2024.
Denkmalschutzamt Hamburg – Behörde für Kultur und Medien, 2023: Praxishilfe Denkmalpflege. Zum Umgang mit erneuerbaren Energien im Bestand. Hamburg. Zugriff: https://www.hamburg.de/resource/blob/105266/ee4206ed440cf6c509e1bc36397b8e69/d-denkmalschutz-service-praxishilfen-erneuerbare-energien-data.pdf ,12.11.2024
Hehn, E., Stanley, C. und Adelmann W., 2022: Grüne Altstädte: Naturschutz zwischen Klimawandel und Denkmalschutz. Anliegen Natur 44 (1): 19–30. Zugriff: https://www.anl.bayern.de/publikationen/anliegen/doc/an44110hehn_et_al_2022_gruene_altstaedte.pdf ,12.11.2024.
Hortiplan – Architektur für Freiraum*Landschaft*Garten, 2003: Fassadenbegrünung im Sanierungsgebiet Altstadt Güstrow. Stadt Güstrow – Amt für Stadtentwicklung. Zugriff: https://www.guestrow.de/fileadmin/downloads/bauen-wohnen-umwelt/Begruenungskonzept_Altstadt-komplett.pdf ,12.11.2024.
IBB Business Team, 2023: Grune Wohlfuhloase zwischen Zuckerbackerbauten. Berlin.
Zugriff: https://www.ibb-business-team.de/unternehmen/erfolgsgeschichten/gruene-wohlfuehloase-zwischen-zuckerbaeckerbauten/ ,12.11.2024.
Landesdenkmalamt Berlin, 2023: Denkmale & Solaranlagen. Möglichkeiten, Anforderungen und Rahmenbedingungen. Kurzfassung des Solarleitfadens. Berlin.
Michalski, D.; Strauss, W., 2024: Nicht ob sondern wie. In: Garten+Landschaft. Klimaschutz in der Denkmalpflege. 08/2024. Georg GmbH & Co. KG. München.
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