Abwendung von der Schwere der Dinge hin zum Grazilen und Leichten

Stiltypische Elemente in der Gartengestaltung

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Nach den Jahren der Isolation während des Zweiten Weltkrieges waren die 1950er-Jahre nicht nur notwendige Aufbaujahre in den zerstörten Städten, sondern wurden auch zu Aufbau und Experimentierjahren in der Gestaltung von Architektur, Inneneinrichtung und Gartengestaltung.
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IGA Hamburg Kleine Wallanlage 2008 Foto: Almuth Spelberg

Zwar hallte der im Dritten Reich vorgegebene und stark propagierte "Heimatstil" in der Gestaltung in den ersten Jahren nach Kriegsende noch nach - schließlich waren die meisten lehrenden, freischaffenden und angestellten Architekten und Landschaftsarchitekten zunächst dieselben Personen wie vor und während des Krieges. Die geistige und räumliche Isolation während der Kriegsjahre und das Motto der Adenauer Ära "nur keine Experimente" wirkte insbesondere in der Gartenarchitektur nach. Schon bald jedoch machte sich eine gestalterische Aufbruchstimmung bemerkbar, die zum Teil an die experimentierfreudige Gestaltungstradition in der Materialverwendung der 20er-Jahre anknüpfte, zum Teil die Gestaltungstendenzen und Strömungen in den Nachbarländern aufgriff¹. Hier wären Skandinavien, insbesondere Schweden, und die benachbarte Schweiz als neutrale Reiseländer zu nennen, von denen man Anregungen bezog.

Dass der stilistische Wandel nicht primär die Suche nach neuen formalen Ausdruckmöglichkeiten beinhaltete, sondern Ausdruck eines spezifischen Lebensgefühl dieser Epoche war, beschreibt der Pädagoge Hans Meyers: "Ein besonders auffallendes Merkmal für den modernen Zeitgeschmack ist die Abwendung von der Schwere der Dinge hin zum Grazilen und Leichten ... und es ist, als ob dies ein Zeichen dafür wäre, dass der Mensch, der in unserer Zeit so vieles Schwere überstanden hat oder noch mit sich herumschleppt, sich loslösen möchte von der Schwere der Lebensdinge überhaupt"². Dieses Lebensgefühl fand seinen Ausdruck in einer neuen Formgebung. Leicht, heiter, farbenfroh und in freien Formen sollten die eingesetzten Materialien, Formen und Farben ein Kontrapunkt zu den grauen Trümmerfassaden sein. So erobern sich in den späten 50er-Jahren vermehrt neue Materialien wie farbige Betonplatten, Betonformsteine, leichte Rohrkonstruktionen oder Glasbausteine ihren Platz in der Gartengestaltung und nach den Bundesgartenschauen 1955 in Kassel und 1957 in Köln zunehmend auch in den öffentlichen Grünanlagen.

Damit existierten zwei Gestaltungstendenzen nebeneinander: eine eher konservativ geprägte Gestaltsprache, von der aus der Vorkriegszeit kaum zu unterscheiden, und eine neue, die man mit der "typischen" Gestaltung der 50er-Jahre verbindet. Das zu erkennen, gibt die folgende Aufstellung von Bildern aus Garten- und Parkanlagen der 50er- und 60er Jahre.

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Darmstadt Erich Ollenhauer Promenade. Foto: Claus Lange
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Köln Kaiser Wilhelm Ring. Quelle: Garten + Landschaft 1956
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Schulhof Afferde Quelle: Garten + Landschaft 1956
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Sanatorium Hessen Garten + Landschaft 1962, 9

Beläge

Für Wege- und Platzflächen werden in den 50er-Jahren die gleichen Materialien verwendet wie vor dem Krieg: Wassergebundene Wegedecken oder auch Asphalt als kostengünstige Lösung für große Flächen wie Parkwege und Platzflächen. Pflasterklinker, Natursteinpflaster und -platten waren Materialien, die vornehmlich "höherwertigen" Situationen vorbehalten waren, wie sie für Terrassen, Plätze und Wege in öffentlichen, aber kleinräumigen Gartenanlagen typisch waren, die sich am privaten Wohngarten orientierten³ Natursteinplatten wurden wie vor dem Krieg in rechtwinkligen oder polygonalen Zuschnitten verwendet; nun gab es auch polygonale Platten in Kombination mit andersartigem Naturstein-Mosaikpflaster oder Klinker (Hannover Hohes Ufer, BUGA Köln 57, IGA Hamburg 63, Darmstadt Erich-Ollenhauer-Promenade). Als Alternative zum teuren Naturstein traten Betonplatten sowohl im privaten als auch im öffentlichen Grün ihren Siegeszug an. In rechtwinkligen und quadratischen Formaten, wurden sie in Betongrau, aber auch mit roter, grüner, blauer und gelber Oberflächeneinfärbung angeboten. Eine Erfindung der Zeit waren weiterhin ocker oder rötlich eingefärbte Betonplatten als Imitate von Sandstein, die auf der Oberfläche das Schichtrelief einer Sandsteinplatte nachahmten: die heute noch erhältlichen Högel-Platten. In den 60er-Jahren kamen dann Waschbetonplatten hinzu. Sie wurden derartig beliebt, dass sie als charakteristisches Merkmal dieser Zeit angesehen werden können.

Dem in den 50er-Jahren gewünschten Eindruck von Unregelmäßigkeit und Asymmetrie kam polygonales Plattenmaterial von sich aus entgegen. Bei rechteckigen Formaten wurde der Eindruck bei der Verlegung dadurch erreicht, dass die Außenkanten der Flächen keine gerade Linie bildeten, sondern ein Vor- und Zurückspringen der Platten zu einem unregelmäßigen Verlauf führte. Als in den 60er-Jahren die Entwürfe erneut architektonischer und strenger wurden, waren auch wieder geometrische Platzflächen mit geraden Außenkanten gewünscht. "Ausgefranste" Ränder traten zurück und die Gliederung größerer Flächen durch ein strenges Raster wurde ein beliebtes Gestaltungsmittel. Obwohl sich einzelne Beispiele bereits ab 1963 nachweisen lassen, wurde es erst in den 70er-Jahren "schick" und verbreitet, das einfache graue Betonverbundpflaster, das in verschiedenen Formen für Parkplätze und Wohnstraßen entwickelt worden war, auch als Belag für Terrassen und Platzflächen zu verwenden.

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Hamburg Kleine Wallanlage Foto: Claus Lange
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Darmstadt Erich Ollenhauer Promenade Foto: Claus Lange
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Darmstadt Waschbetonmauer in der Erich Ollenhauer Promenade Foto: Claus Lange
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Kassel BUGA 1955 Quelle: Garten + Landschaft 1956
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Hamburg IGA 1963, Mittelmeerterrassen Foto: Almuth Spelberg

Mauern und Treppen

Freistehende Mauern waren vor wie nach dem Krieg teure Gliederungselemente, deutlich kostspieliger als geschnittene Hecken, und wurden daher nur in anspruchsvollen Situationen verwendet. Stützmauern hingegen, meist aus Natursteinen mit Mörtel oder trocken aufgebaut, waren in Hanglagen, wie sie in Süddeutschland oftmals vorkommen, häufig unumgänglich, wenn aus Platzmangel keine Böschungen angelegt werden konnten. Ziegel- oder Putzmauern waren die traditionelle Lösung für freistehende Mauern. Allerdings verzichtete man in öffentlichen Anlagen zunehmend darauf, bei ihnen als oberen Abschluss Dachziegel zu verwenden, da dies sehr an den Heimatstil der 1930er-Jahre erinnerte und alles andere als modern wirkte. Vielmehr wurden als Abdeckung Beton- oder Natursteinplatten verwendet, wie dies bei den Stützmauern üblich war.

Mit Beginn der 1960er-Jahre finden sich dann die ersten Waschbetonmauern in öffentlichen Gartenanlagen, meist als breite und relativ niedrige Stützmauern ohne Abdeckplatten. Der niedrige Karlsruher Gartenstein, den man mit seiner U-Form sowohl für niedrige Stützmauern als auch für Treppen mit ausdrucksvoller Schattenfuge einsetzen konnte, lässt sich schon ab 1963 nachweisen. Sichtbetonwände, die stark strukturierte Oberflächen durch eine entsprechende Styropor-Schalung erhielten, und vorfabrizierte große Betonwinkel-Stützelemente kennzeichnen typischerweise erst spätere Lösungen ab dem Ende der 60er-/Beginn 70er-Jahren. Mauer-Betonformsteine, mit denen dekorativ-durchbrochene freistehende Gartenmauern als transparente Trennung zwischen verschiedenen Gartenteilen errichtet werden konnten, gab es bereits ab den frühen 1960er-Jahren, doch meist im privaten Grün.

Für die Materialien von Treppenanlagen gilt das oben zu Bodenbelägen Gesagte. Der gewünschte Effekt der Weitläufigkeit und des Ineinanderfließens von Gartenräumen konnte leicht dadurch erreicht werden, dass Stufen flach und breit angelegt wurden, ein Prinzip, das sich auch bei vielen Treppenanlagen in Hochbauten der Zeit wiederfindet.

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Köln Dachgarten des WDR Quelle: Garten + Landschaft 1954, 9
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Köln Rheinpark-Pavillon, 1957 Foto: Almuth Spelberg
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Zweibrücken Rosengarten, nach 1951 Foto: Almuth Spelberg
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Erfurt IGA 1961 Quelle: Garten + Landschaft, 1961, 8
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Düsseldorf Pergola im Nordpark, 1963 Foto: Claus Lange
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Klinik Düsseldorf Quelle: Garten + Landschaft 1960, 12
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Hamburg Kleine Wallananlagen 1963 Foto: Claus Lange
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BUGA Köln 1957 Foto: Almuth Spelberg
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München Brunnen Innenhof Theatinerstraße Foto: Claus Lange
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Hamburg Schulbrunnen Quelle: Garten + Landschaft 1953, 5
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Düsseldorf Nordpark 1958 Foto: Claus Lange
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Hannover Georgsplatz Quelle: Garten + Landschaft 1959, 2

Pergolen und Rankgerüste

Pergolen finden sich im öffentlichen Grün nur in Anlagen mit besonderem Anspruch. Im Zuge der ab Mitte der 50er-Jahre deutlich gewandelten Gartengestaltung veränderten sich auch die Entwürfe von Pergolen und Klettergerüsten. Moderne Pergolen wurden zunächst für Bundesgartenschauen, die auch im Hinblick auf andere Gartenelemente stilbildend wirkten, geplant. Die Abwendung von den "bodenständigen" Lösungen der 30er-Jahre mit ihrer gestalterischen Schwere führte hier zu einem Materialwechsel: Gegenüber den massiven Stein- oder Holzpfosten mit ihren meist großen Querschnitten kamen schlanke Stahlrohrkonstruktionen bei vergleichbaren statischen Eigenschaften dem Wunsch nach Leichtigkeit und Transparenz entgegen. Zudem ließ sich der notwendige Metall-Schutzanstrich für klare, heitere Farben nutzen, wie sie in den 50er-Jahren in fast allen Bereichen der Formgebung, beispielsweise bei Keramik, Porzellan, Tapeten, Heimtextilien zu finden waren. Erst in den 60er-Jahren, als die Entwürfe wieder betont architektonischer wurden, traten die "heiteren" Farben zurück, während der Wunsch nach leicht wirkender Gestaltung zunächst blieb.

Wasserbecken, Brunnen und Wasserspiele

Bei großflächigen Seen und Teichen finden sich kaum Unterschiede zu den Anlagen vor dem Krieg. Bei gebauten Lösungen wie Wasserbecken sowie Brunnen- und Wasserspiel-Anlagen mit ihrem mehr oder weniger ausgeprägten Architekturbezug hingegen zeigt sich die geänderte Formensprache der 50er-Jahre. Kreisförmige und rechteckige Beckenformen finden sich in den 50er-Jahren wie vor dem Krieg, doch nun auch Bassins in gerundet-organischer oder asymmetrisch abgewinkelter Form, bei welcher der rechte Winkel vermieden wird. Auffällig ist die große Zahl detailreich gestalteter Trinkbrunnen an Schulen, die gerade ab den 50er-Jahren in großer Zahl neu errichtet wurden. Wasserspiele sind meist so gestaltet, dass die Wasserstrahlen fein sind und der Gesamteindruck eher feingliedrig und spielerisch wirkt. Die Jahrhunderte alte Tradition, Brunnenanlagen durch Skulpturen künstlerisch zu schmücken, lebt auch in den 50er- und 60-Jahren fort. Hier zeigt sich der Übergang von der figurativen zur abstrakten Kunst.

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Gartensessel der Fa. Eternit Foto: Claus Lange
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Stapelbänke Quelle: Garten + Landschaft 1961, H. 6
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Anzeige Abfallbehälter Quelle: Garten + Landschaft 1959, 4
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Düsseldorf Nordpark Sommerblumengarten 1958 Quelle: Gartenamt Düsseldorf
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Zweibrücken Rosengarten Foto: Almuth Spelberg
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Düsseldorf Nordpark, Pflanzschale der Fa. Eternit Foto: Claus Lange
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Düsseldorf Nordpark, Pflanzkübel der Fa. Eternit 1964 Quelle: Gartenamt Düsseldorf
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Stuttgart Betonkübel, Entwurf Gartenbauamt Stuttgart Quelle: Garten + Landschaft 1959, 4
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Kassel BUGA 1955 Pflanzgefäß der Fa. Eternit Quelle: Garten + Landschaft 1955, 6
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Papierkorb der Fa. Grünzig. Quelle: Garten + Landschaft 1956
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Pflanzkübel Fa. Eternit, Modell Münchener Form. Quelle: Garten + Landschaft 1959, 4

Ausstattungselemente

Die in öffentlichen Erholungsanlagen aufgestellten modernen Bänke waren in den 50er-Jahren vielfach eine Kombination aus Stahlrohr und Holz. Optisch "schwere" Beton-Holz- oder Gusseisen-Holz-Kombinationen gab es nach wie vor, doch das schlanke runde Stahlrohr gab den Bänken eine leichtere Wirkung. In Anlagen, die nachts geschlossen wurden, fand auch loses Gestühl Verwendung. Die zwanglose Benutzung und die Möglichkeit, das meist leichte Gestühl zum gewünschten Platz zu tragen, kamen der neuen Vorstellung von informeller Freiraumnutzung entgegen. Gartenstühle aus schlankem Stahl mit Sitzflächen und Rückenlehnen aus farbigem Holz oder Kunststoffschnüren (erst später mit Drahtgeflecht) gab es in vielen Variationen.

Pflanzgefäße

Leicht sollten auch die Pflanzgefäße wirken. Nach wie vor waren etliche Kübel im öffentlichen Raum aus Keramik, später auch aus Beton. Prototypisch für die Zeit erscheinen im Rückblick die weit ausladenden Schalen der Fa. Eternit aus Asbestzement. Das neue Material war widerstandsfähiger gegen Frost als Keramik und erforderte kein Heraus- und Hereinstellen bei Saisonbeginn und -ende und die Formen erlaubten ein zwangloses Gruppieren.

Anmerkungen

1) Lange, Claus: Gartenarchitektur der 1950er-Jahre in der BRD. Anmerkungen zu den stilistischen Wurzeln. In: Stadt+Grün 57 (2008), H. 5, S. 7-16.

2) Meyers, Hans: Erziehung zur Formkultur. Frankfurt 1966, S. 81.

3) Rückert, Nadja: Öffentliche Wohngärten der 1950/60er-Jahre- Beispiele aus Berlin und Frankfurt. Diplomarbeit TU Berlin 2009.

Dipl.-Ing. Claus Lange
Autor

Garten- und Landschaftsarchitekt/ Gartendenkmalpfleger

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