Entwurfsstrategien für eine atmosphärische Raumgestaltung mit Pflanzen

Vegetationsbilder in der Landschaftsarchitektur

von:
Entwürfe Landschaftsarchitektur
Variante 1: Interpretation der Spontannatur am Spreeufer (siehe auch Variante 2 weiter unten im Artikel). Abb.: Prätzel & Ohlow 2013

Die Rolle der Pflanze in der Landschaftsarchitektur scheint einem periodischem Wandel unterworfen zu sein. Historisch entstanden dabei jeweils für einen begrenzten Zeitraum stabile Trends. Diese befanden sich in den Spannungsfeldern architektonisch-naturhaft, Vielfalt-Reduktion und auch bezüglich der allgemeinen Bedeutung der Pflanze innerhalb des Gesamtentwurfs. Die heutige Verwendung der Pflanze weist nun mehrere parallele Entwicklungen auf. Zum einen gibt es eine nie dagewesen Vielfalt an gleichzeitig geplanten und gebauten Stilen, Motiven und unterschiedlichen Verwendungsformen. Allein im Staudenbereich gibt es die verschiedensten Ansätze wie die Monopflanzungen von Wolfgang Oehme und Petra Pelz, die naturhaften Textur- und Strukturthemen von Piet Oudolf und Henk Gerritsen oder die pflegeleichten Mischpflanzungen etwa in Form des Silbersommers. Darüber hinaus wird großflächig mit Spontanvegetation gearbeitet (wie die postindustriellen Inszenierungen in Duisburg Nord und im Berliner Südgelände) oder mit Ansaaten experimentiert wie in den Arbeiten von Wolfram Kunick und Heiner Luz.

Die eben genannten Beispiele sind zum großen Teil Leuchtturmprojekte einer stets um eine innovative Lösung bemühten, progressiven Avantgarde von PlanerInnen, deren Entwürfe zwar oft auf große Begeisterung in der Fachwelt stoßen, aber nur eine begrenze Wirkung auf die Planung des Großteils der realisierten Projekte ausüben. Man findet deren Werke (mit Ausnahme der Mischpflanzungen) auf Gartenschauen, in halb-öffentlichen Freiflächen und Parks mit Eintrittsgebühr, im Privatgarten von gut situierten BauherrInnen und auch in Schaugärten.

Bei der Betrachtung der Masse an Freiraumgestaltungen der letzten zehn bis 15 Jahre im öffentlichen Bereich zeichnet sich hingegen ein anderes Bild: Stark reduzierte Gestaltungen in Form von Wegen und Linien mit Einfassungen und dezenten Bändern oder Sitzstufen aus Stein ziehen sich durch eine von Regelsaatgutmischungen und dem jeweiligen Trendgehölz (von der Birke und der Kiefer in den 90er Jahren bis zur Gleditschie und dem Schnurbaum der letzten Jahre) bestimmten Freifläche. Die Stellung der Gehölze und die damit verbundene Raumwirkung scheint dabei der hauptsächliche Spielraum innerhalb der gestalterischen Grenzen darzustellen. Wenn es denn mal eines Texturkontrasts zum Rasen bedarf, dann lassen sich die vermeintlich gut reproduzierbaren Mischpflanzungs-Rezepte aus dem Katalog bestellen, je nach Standort sonnig oder schattig. Wahlweise werden auch manchmal noch eigene Staudenpflanzungen erstellt. Deren Qualitäten erschöpfen sich aber schnell in der endlosen Repetition des immer gleichen (und sehr überschaubaren Sortiments) der Gattungen Lavendel, Waldsteinia, Pachysandria, Stachys byzantina etc.

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Die so entstandenen Räume wirken aufgeräumt, leer und bar jeder spezifischen Atmosphäre. Die Erlebnisqualität soll durch das Bespielen der NutzerInnen zustande kommen und endet schnell dann, wenn die Flächen "zernutzt" werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass dieser moderne Stil einige Vorteile bietet: Die wenigen Entwurfselemente sind oft so stark und deutlich, dass sie einiges an äußerer Veränderung ertragen und dennoch ihren Gesamtcharakter als gestalteten Ort behalten. Ferner lässt sich deren Pflege mit den sich immer noch verstärkenden Restriktionen bezüglich Pflegeaufwand und Pflegekompetenz oft noch gewährleisten.

Was diese Orte nun aber meistens nicht schaffen, ist das Besondere, das Einzigartige des Ortes deutlich werden zu lassen. Es fehlt eine emotionale Bindung zwischen Nutzer und Ort. Dafür sind die entstandenen Bilder zu allgemein und zu austauschbar. Stattdessen entsteht ein Vakuum der Vielfalt von Eindrücken und sinnlichen Erfahrungen abseits der auf ihr Minimum reduzierten Einheitlichkeit.

Gesucht: Neue Bilder!

Es ist diese Sehnsucht nach neuen Bildern mit unterschiedlichen und prägnanten Atmosphären, die das Fachgebiet der Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung der TU Berlin veranlasst hat, das historische Thema der Vegetationsbilder als neue Strategie im zeitgenössischen Entwurf zu erforschen und weiter zu entwickeln. Dabei lässt sich an eine nun schon weitreichende und erfolgreiche Tradition in diesem Bereich anknüpfen. Aber betreten wir zuerst ein Bild: Eine weite Landschaft aus wogenden Gräsern und flirrenden Blütenstauden in der Nachmittagssonne wird durchbrochen von einzelnen ausladenden Baumgestalten und Baumgruppen, die mit ihrem hohen Kronenansatz lichten Schatten spenden. Filigrane Hochgräser wie Rutenhirse und Reitgras wachsen zusammen mit Wolken aus Glatter Aster. Sie verbreiten in der Sonne einen aromatischen Duft und locken summende Insekten.

Wechsel.

Kühler Schatten unter hohen Bäumen und eine Vielzahl an Sträuchern und Lianen in unterschiedlichen Höhen wachsen üppig entlang eines feuchten Flussufers im Zentrum einer Stadt. Wo genug Licht auf den Boden fällt, bespielen goldgelbe Sumpfdotterblumen, zarte Farne und lanzenförmige Sumpf-Iris den mit Schlick bedeckten Boden. Durch einen Steg gebremste Wellen verlaufen sich an den Ufer begleitenden Streifen aus Kalmus und Bulte formenden Seggen und verbreiten eine frische, lebendige Stimmung.

Vegetationsbilder von Karl Plomin

So oder ähnlich können Beschreibungen von atmosphärisch verdichteten Vegetationsbildern ausfallen. Dabei wird deutlich, dass sich Vegetation und der Ort mit seinen Standorteinflüssen nicht voneinander trennen lassen. Klima, Wasser, Boden und Licht sind die Bühne, auf der nun verschiedene mögliche Bilder in Szene gesetzt werden können. Diese sind deshalb aber nicht beliebig, sondern bringen in ihrer Synthese mit dem Standort immer den Genius Loci zum Ausdruck. Ähnliche Gedanken formulierte der erfolgreiche Landschaftsarchitekt Karl Plomin in seinem 1975 erschienen Buch "Der vollendete Garten". Als Architekt und Pflanzenverwender in einer Person erschuf er vor allem im Raum Hamburg im Laufe des 20. Jahrhunderts eine Vielzahl an viel beachteten Projekten, von denen seine Mitarbeit an Planten und Blomen wohl mit das populärste war.

Im "Vollendeten Garten" fasst er nun die Erkenntnisse seines Stils zusammen und beschreibt den Entwurf als ein dreistufiges Modell: Zuerst wird der Ort in Bezug auf die bereits genannten Standortparameter und seine schon vorhandene Atmosphäre hin analysiert. Darauf erfolgt die Festlegung auf ein gewünschtes Bild und danach die Auswahl der dafür charakteristischen Arten, sowie passende Begleiter, welche die Qualitäten und die Atmosphäre des Bildes weiter verdeutlichen sollen. Dabei unterscheidet Plomin in Anlehnung an die Beschreibung einer natürlichen Pflanzengesellschaft zwischen den Bildkomponenten Gehölzschicht, Strauchschicht und Krautschicht. Ein stimmiges Bild ist für ihn im Unterschied zu einem einfachen Beet also immer mehrschichtig.

Im letzten Schritt erfolgt der eigentliche kreative Akt, indem alles zu einer "bildhaften Gesamtkonzeption", also einem Vegetationsbild komponiert wird. Dabei sind theoretisch mehre Interpretationen eines Bildes möglich. Feste Rezepte, so betont es Plomin, kann es dabei nicht geben. Vielmehr geht es ihm darum mit Hilfe der Fantasie des Gestaltenden eine passende "Melodie" zwischen den verschiedenen Einzelelementen und dem Gesamtentwurf in Abhängigkeit vom Standort zu erspüren. Dies mag bisweilen etwas allgemein klingen, ist aber genauer betrachtet eine Synthese von rational-analytischer Methoden und einer empfindsamen Raumästhetik. Also genau das, was die Teilbausteine eines ernst zu nehmenden Entwurfs ausmacht. Vor allem aber sind die so entstandenen Bilder in Lage, die Menschen emotional zu erreichen und zu begeistern. Es geht also bei der Arbeit mit Vegetationsbildern nicht um eine Darstellung von interessanten Einzelpflanzen. Hier ist nicht der Sammler, sondern der Gestalter gefragt, der die Qualitäten der Pflanzen kennt und sie miteinander zu verbinden weiß.

Die historische Entwicklung des Motivs der Vegetationsbilder

Karl Plomin war ein letzter Vertreter einer Strömung, die sich in unterschiedlicher Art und Weise mit dem Bild und der Vegetation als Inspiration für den Entwurf auseinandergesetzt haben. Anfänge finden sich bereits im frühen Landschaftsgarten. Natürlich sind die Bilder zunächst ganz andere. Es geht nicht um reale Landschaften. Als Vorbilder fungieren die durch die klassizistische Landschaftsmalerei verklärten Weidelandschaften Arkadiens, welche in künstlerisch gesteigerter Form nachempfunden wurden. Die Formen und die Anordnungen der Gehölze wurden fein aufeinander abgestimmt, so dass sich staffagenartige Kulissen mit genau geplanten Raumwirkungen und Sichtbeziehungen ergaben.

Die durch Alexander von Humboldt begründete Pflanzengeographie war der Beginn für eine tiefere, physiognomische Betrachtungsweise der Pflanze. Dieser "Totalcharakter einer Gegend" besteht aus jeweils spezifischen Erscheinungsformen der Pflanzen wie dem des borealen Nadelwaldes oder der Hartlaubzone des Mittelmeers. Solche Bilder waren nun schon Ende des 19. Jahrhunderts Inspiration für Gestalter wie Hermann Sello und Peter Joseph Lenné (Nordischer und Sizilianischer Garten in Charlottenhof, Potsdam) und Gustav Meyer. Später pflegten auch die Landschaftsarchitekten der Reformzeit wie Friedrich Bauer (naturhafter Teil des Schillerparks, Berlin) und die der "Bornimer Schule" wie Hermann Mattern und Herta Hammerbacher eine reduzierte Landschaftlichkeit.

Die hier entstandenen Anlagen versuchten aber nicht nur das Bild einer bestimmten Erscheinungsform zu kopieren, sondern dessen spezifischen Charakter und seine Atmosphäre durch die Gestaltung lesbar zu machen. Die Fortsetzung dieser Gedanken, das Herunterbrechen auf eine sehr gärtnerisch-pflanzliche Betrachtungsebene, findet sich schließlich in den Arbeiten von Willy Lange, Lehrer an der Königlichen Gärtnerlehranstalt in Dahlem. In seinen Werken propagierte er eine genaue Betrachtung der physiognomischen Eigenschaften einer Pflanze und forderte für eine gelungene Gestaltung, dazu passende Kombinationspartner auszuwählen.

Ausgangspunkt waren natürliche Pflanzengemeinschaften, insbesondere solche, die als besonders deutsch galten (Kiefernwald, Heide, Fichtenwald). Es wurde aber nur mit ausgewählten Merkmalen einer natürlichen Vorlage gearbeitet, so dass ein dadurch entstandenes Gartenbild als ein durch den Architekten künstlerisch überhöhter Entwurf mit einer klar lesbaren Wirkung deutlich werden konnte. Lange pflanzte zum Beispiel in seinem Privatgarten in Berlin-Wannsee unter Kiefern eine physiologische Vergesellschaftung aus Wacholder, Azaleen, Blaufichten und Sanddorn, alles in Bezug auf Standort und Erscheinungsform harmonisch im Sinne seiner Theorie.

Aktuelle Vegetationsbilder in der Landschaftsarchitektur

Nach Plomin und den darauf folgenden Phasen der ökologisch motivierten Naturgartenbewegung und ihren Versuchen der kompensatorischen Kopie von Naturbildern, sowie der bereits erwähnten dekorativ-formalen Phase der Pflanzenverwendung in den 1990er Jahren, sind es nun aktuell Wissenschaftler wie Cassian Schmidt, Nigel Dunnet und James Hitchmough, bei denen wieder eine Rückbesinnung auf die Qualitäten der Beziehung zwischen Einzelpflanze und Gesamtentwurf in Form eines klar lesbaren Bildes stattfindet. Inspiriert von der Verbindung von Gestaltung und Ökologie der Lebensbereichspflanzungen des "New German Style" und den stärker ästhetisch inspirierten, naturhaften Arbeiten der "Dutch Wave" werden seit einigen Jahren Pflanzkonzepte erprobt, die sich eindeutig natürlichen Pflanzengesellschaften und Vegetationsbildern zuordnen lassen.

Bereits bekannte Vorbilder sind unter anderen die nordamerikanische Prärie und die osteuropäischen und zentralasiatischen Steppen. Anlass für diese neuen Bilder war die Suche nach Strategien, welche die Pflege klassischer Staudenpflanzung im öffentlichen Raum durch Einsatz von stress- und störungstoleranten Kombinationen reduzieren. So ließ sich das Thema Pflanzen (besonders Stauden) als Ausdrucksmittel bei den Kommunen überhaupt wieder ins Gespräch bringen. Das Besondere an den somit entstandenen Bildern und im Unterschied zu gleichzeitig entwickelten Mischpflanzungssystemen ist nun aber das beinahe unbegrenzt verfügbare gestalterische Potenzial. Dies kommt von der zu Grunde liegenden Entwurfsstrategie. Denn ähnlich wie bei Willy Langes gesteigerter und überhöhter Natur ist den Protagonisten wichtig, keine Versatzstücke der natürlichen Vorbilder zu kopieren, sondern künstlerisch bearbeitete Inszenierungen auf einen neuen Ort hin zu übertragen.

Cassian Schmidt spricht in diesem Zusammenhang von der Notwendigkeit einer "Reduktion auf das Wesentliche". Gemeint ist damit die zwingende Konzentration auf die durch den Gestalter aus dem Vorbild interpretierten atmosphärisch relevanten Elemente. Auch Plomin erkannte dies als Voraussetzung für ein vom Nutzer klar lesbares Bild: "Jede echte Gestaltung ordnet die Vielzahl der Erscheinungen zum Einfachen. Einfach heißt aber nicht primitiv oder simpel, sondern eindeutig". Für den Gestalter bedeutet dies nun praktisch, die Elemente des Vorbildes auszusuchen, welche dessen Wesen am deutlichsten transportieren. Die komplette Aufpflanzung der einzelnen Arten vom Ausgangsbild etwa von einer natürlichen Pflanzengesellschaft wäre demnach nicht sinnvoll. Betrachtet man beispielhaft weite Bereiche der nordamerikanischen Prärien, so fällt sofort der sehr hohe Anteil an Gräsern gegenüber den Stauden auf.

Beim Entwurf einer "sophisticated prairie" wird nun in der Konsequenz der Gräseranteil zugunsten einer Auswahl an attraktiv blühenden Stauden gegenüber dem Naturvorbild deutlich reduziert. Und auch nicht alle der verwendeten Stauden müssen unbedingt aus der Prärie stammen. Sie sollen lediglich einen markanten und attraktiven Aspekt des Bildes in Form von Farbe, Blütenform, Fruchtständen, Struktur oder Textur transportieren. Dies kann auch durch die Verwendung von Kulturformen der Pflanzen des jeweiligen Naturstandorts mit entsprechend stärker ausgeprägten zierenden Eigenschaften erreicht werden. Das Ergebnis ist eine vom Wesen her atmosphärisch verdichtete Interpretation.

Schmidt bezeichnet die verschiedenen Möglichkeiten der Bearbeitung der Vorbilder als Stilmittel. In Frage kommen die Strategien der Steigerung und Überhöhung, der Abstraktion und Reduktion, der Kontrastierung, sowie der Mischung von verschiedenen Vegetationsbildern mit sehr ähnlichen Elementen. In Bezug auf das Beispiel mit der Prärie handelt es sich also um eine künstlerische Überhöhung, während die Interpretation als reines Gräsermeer eine Reduktion gewesen wäre. Es bleibt also dem jeweiligen Gestaltenden überlassen, welche Art der künstlerischen Bearbeitung für die Übertragung eines Vorbilds auf den Entwurfsort gewählt wird.

Bei der Wahl der Ausgangsbilder gibt es ein großes Repertoire an Möglichkeiten: Dazu zählen die Interpretation von natürlichen oder vom Menschen wenig beeinflussten Landschaften wie Prärien, Steppen, Nebelwälder und Savannen (siehe Abbildung, Seite 20), Kulturlandschaften wie Streuobstwiesen, Hecken und Heiden, aber auch Ruderalfluren, etwa eine spontan entstandene Gehölzgesellschaft am Flussufer einer Stadt (siehe Foto oben, Seite 19). Der Fundus an möglichen Bildern ist reich und besitzt gegenüber rein nach ökologisch oder pflegetechnisch hin optimierten Kombinationen den entscheidenden Vorteil, dass die verwendeten Bilder im kollektiven Gedächtnis der Menschen vorhanden und durch teilweise ständig erfolgender Idealisierung in den Medien als Sehnsuchtsorte wahrgenommen werden. Die Chancen einer für die Nutzer verständlichen und sie begeisternden Planung sind somit relativ hoch.

Neue Bilder machen Schule

Dass der Entwurf auf Grundlage dieser Strategien nicht nur für die wenigen internationalen und nationalen ExpertInnen im Bereich der Pflanzenverwendung mit entsprechendem Spezialwissen beschränkt ist, sondern von den zumindest für Pflanzen interessierten LandschaftsarchitektInnen aller Büros leicht erlernbar ist, zeigt die Erfahrung der an der TU Berlin vom Fachgebiet Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung durchgeführten Bachelor-Studienprojekte. Die meisten Studierenden verfügen heute über keine vor dem Studium absolvierte Ausbildung im Bereich des Gartenbaus und haben insgesamt eher geringe Pflanzenkenntnisse. Die Neugier und Begeisterung für die atmosphärisch starken, natürlichen und künstlichen Landschaften und die Möglichkeiten mit diesen künstlerisch zu arbeiten ist aber oft vorhanden. In einer kausal strukturierten Abfolge von Einzelaufgaben lässt sich nun das von Plomin entwickelte dreistufige Kompositionsmodell auf den aktuellen Entwurf übertragen. Dazu gehört, dass sich die Studierenden mit den Standortfaktoren des Entwurfsgebiets sowie seiner besonderen Atmosphäre und seinem gestalterischen Potenzial vertraut machen. Ein geeignetes Vorbild wird nun auf seine wesentlichen ästhetischen und ökologischen Merkmale hin analysiert (siehe Beispiele Seite 21). Die Ergebnisse der Analyse helfen dabei, die Essenz des Bildes zu verstehen und diese möglichst prägnant umzusetzen. Im letzten Schritt wird sich für eine bestimmte Form der Umsetzung gemäß den von Schmidt formulierten Stilmitteln entschieden. Diese erfolgt nun in mehreren Varianten. Für die Durcharbeitung wird die für den Ort potenziell am besten geeignete ausgewählt. Die dabei entstehenden Ergebnisse sind zum großen Teil neu, vielfältig, ungewohnt und stimmungsvoll. Immer steht die Pflanze in Kombination mit dem Thema des Bildes als wesentliches Entwurfselement im Mittelpunkt.

Resümee

Die Rückbesinnung auf die Arbeit mit Vegetationsbildern scheint somit ein vielversprechender und in der deutschen Landschaftsarchitektur tief verwurzelter Ansatz, um der Armut an erlebnisreichen und spannungsvollen Bildern gestalterisch etwas entgegensetzen zu können. Sie eröffnet eine einmalige Synthese aus den Qualitäten von Einzelpflanze, geeigneten Partnern, den Standortbedingungen und der Kreativität des gestaltenden Architekten. Das bildhafte Arbeiten findet sich bereits in vielen Pionierprojekten und hat das Potenzial, die Reduktion der Pflanze auf das Formal-Dekorative endlich abzulösen. Denn durch die Gestaltung mit Pflanzen kann wesentlich mehr erreicht werden, als rein funktionale, ökologische und pflegerelevante Kriterien zu erfüllen: Sie kann durch ihr irrationales und dynamisches Wesen begeistern und in Form eines komponierten Bildes Räume zu atmosphärisch hin verdichtenden Orten und deren Besucher in Beziehung miteinander setzen. Ferner befreit sie den Architekten aus der Rolle eines an vorkonfektionierten Pflanzmischungsmodulen gebundenen Planungsroboters und gibt ihm ein Stück seiner Kernkompetenz, nämlich den spielerischen und gleichzeitig souveränen Umgang mit der Pflanze als Gestaltungsmittel zurück. Das dies alles mehr kostet als eine Regelsaatgutmischung oder ein Silbersommer hat Cassian Schmidt bereits treffend formuliert: "Erlebniswirksame Pflanzungen sind in städtischen Freiräumen nicht zum Nulltarif zu haben".


Literatur

Duthweiler, Swantje (2006): Karl Plomins Vegetationsbilder in Bad Malente. In: Gartenpraxis 07/ 2006: 33-37.

Kühn, Norbert (2008): Zur Rolle der Pflanze in der Landschaftsarchitektur. Stadt+Grün 03/2008: 38-46.

Lange, Willy (1909): Gartengestaltung der Neuzeit. Zweite, veränderte und erweiterte Auflage. Verlagsbuchhandlung Weber: Leipzig.

Plomin, Karl (1975): Der vollendete Garten. Ulmer: Stuttgart.

Quade, Theresa (2013): Mit Vegetationsbildern entwerfen - Pflanzenkonzepte für den Blockpark in Berlin Lichtenberg. Ein Diskurs über Vegetationsbilder und ihre Visualisierung in einem freiraumplanerischen Projekt. Bachelorarbeit am Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung, Fachgebiet Vegetationstechnik und Pflanzenverwendung, Technische Universität Berlin: Berlin.

Schmidt, Cassian (2012): Neue Tendenzen in der Pflanzenverwendung. In: Reif, Jonas (Hrsg.): Gartenwissen auf hohem Niveau. Karlheinz Rücker und die Gartenpraxis. Eine Festschrift. Ulmer: Stuttgart, 95-92.

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