Bundesschifffahrtsverwaltung

Verkehrssicherungspflicht für Baum an Ufergrundstück

Baumpilze
Durch den Sturm "Xavier" vom 05.10.2017 stürzten mehrere Stämme einer Schwarzerle vom Grundstück der beklagten Bundesschifffahrtsverwaltung auf das Boot der Kläger, das dort an einer Steganlage eines Segelsportvereins festgemacht war. Foto: Bredehorn Jens, pixelio.de
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Die fehlende Kausalität zwischen unterlassener Kontrolle und Schadeneintritt ergibt sich für das Gericht aus der Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten, weil der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen ist, ein Jahr vor dem Sturm sei nicht erkennbar gewesen, dass der fragliche Baum in seinem unteren Bereich verfault und deshalb nicht mehr standsicher gewesen sei. Foto: Thorben Wengert, pixelio.de

Im rechtskräftigen Urteil des OLG Brandenburg vom 03.02.2021 - 7 U 81/19 -, juris geht es um die Verkehrssicherungspflicht der Bundesschifffahrtsverwaltung für einen umgestürzten Baum an einem Ufergrundstück, welches an eine von einem Dritten betriebene Steganlage angrenzt.

Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Durch den Sturm "Xavier" vom 05.10.2017 stürzten mehrere Stämme einer Schwarzerle vom Grundstück der beklagten Bundesschifffahrtsverwaltung auf das Boot der Kläger, das dort an einer Steganlage eines Segelsportvereins festgemacht war. Das Boot wurde beschädigt und die Klägerin verletzt. Die Beklagte ist Eigentümerin und Verkehrssicherungspflichtige der in der Örtlichkeit verlaufenden Bundeswasserstraße sowie der Ufergrundstücke, die an die Steganlage angrenzen. Baumkontrollen des schadensursächlich gewordenen Baumes führte die Beklagte in der Vergangenheit nicht durch. Mit der Klage begehren die Kläger Schadenersatz und Schmerzensgeld in der Höhe von 30.000 Euro. Das AG Brandenburg als Schifffahrtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.05.2019 - 33 C 86/18 BSch - abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das OLG Brandenburg als unbegründet zurückgewiesen.

Das OLG Brandenburg sieht eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darin, dass die Beklagte eine regelmäßige Sichtkontrolle des fraglichen Baumes unterlassen hat. Nach Auffassung des Gerichts hätte die Beklagte die Bäume, die von ihren Grundstücken auf die Liegestellen stürzen können, einmal jährlich einer Sichtkontrolle unterziehen müssen. Diese Pflichtwidrigkeit war für den Schadeneintritt nach Auffassung des Gerichts aber nicht kausal, weil die Beeinträchtigungen des Baumes, die zum Baumumsturz führten, im Vorfeld nicht erkennbar waren.

Das Gericht bejaht eine Verkehrssicherungspflicht der Beklagten auch für den Unfallbereich, von dem Bäume auf Steganlagen und die dort festgemachten Boote stürzen können, weil diese die Wasserstraße auch dort für den Schiffsverkehr eröffnet hat, und zwar auch für Stilllieger an der Steganlage. Dies gelte auch für mit Genehmigung der Bundesschifffahrtsverwaltung von Dritten errichtete Steganlagen. Durch eine solche Genehmigung habe die Beklagte eine Verkehrseröffnung durch regelmäßiges Befahren veranlasst. Die Beklagte müsse mit der regelmäßigen Benutzung der von ihr genehmigten Anlagen rechnen und ihre an solche angrenzenden Grundstücke deshalb entsprechend pflegen und kontrollieren. Die Steganlage sei genehmigte Liegestelle, und auch dort und nicht nur an den von der Beklagten selbst eingerichteten und unterhaltenen Liegestellen, sei regelmäßig damit zu rechnen, dass Boote festgemacht werden und die Besatzung sich dort aufhält.

Die fehlende Kausalität zwischen unterlassener Kontrolle und Schadeneintritt ergibt sich für das Gericht aus der Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten, weil der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen ist, ein Jahr vor dem Sturm sei nicht erkennbar gewesen, dass der fragliche Baum in seinem unteren Bereich verfault und deshalb nicht mehr standsicher gewesen sei. Der Pilzbefall durch den Hallimasch sei nicht erkennbar gewesen, weil dieser äußerlich nicht sichtbar gewesen sei und ebenso wenig Vitalitätseinschränkungen oder Rindenablösungen auf den Pilzbefall hingedeutet hätten.

Schließlich hat das Gericht auch keine Beweisvereitelung der Beklagten gesehen, die nicht verpflichtet gewesen sei, das schädigende Ereignis im Interesse der Kläger eingehend zu dokumentieren oder etwa entstandene Augenscheinsobjekte oder für eine Begutachtung geeignete Gegenstände wie Baumteile zu sichern und aufzubewahren. Die Kläger seien selbst in der Lage gewesen, ein selbständiges Beweisverfahren in die Wege zu leiten, um nachzuweisen, bei einer Baumkontrolle hätte dessen demnächst eintretende mangelhafte Standsicherheit erkannt werden können.

Die sorgfältig begründete Entscheidung überzeugt in jeder Hinsicht. Von besonderem Interesse sind die Ausführungen des Gerichts zu Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflicht der Schifffahrtsverwaltung für Bäume in Uferbereichen, weil zur Verkehrssicherungspflicht des Gewässerunterhaltungspflichtigen für Bäume kaum Rechtsprechung existiert (vgl. hierzu auch OLG Köln, Urteil vom 02.03.2017 - 7 U 134/16 -, VersR 2017, 771).

Die Anforderungen an eine Beweisvereitelung bei Vernichtung von umgestürzten Bäumen oder Baumteilen werden im Übrigen von den Gerichten immer wieder kontrovers beurteilt. So ist eine solche mit der Rechtsfolge der Umkehr der Beweislast bejaht worden in den Urteilen des OLG Sachsen-Anhalt vom 21.05.2013 - 1 U 132/12 -, juris, des OLG Bremen vom 30.04.2008 - 1 U 4/08 -, juris, des LG Aurich vom 07.01.2013 - 5 O 163/11 -, KSA-Mitteilungen 4/2013, III und des LG Offenburg vom 03.08.1999 - 1 S 236/98 -, GVV-Mitteilungen 1/2002, VIII. Abgelehnt wurde eine solche hingegen im Urteil des OLG Köln vom 02.03.2017 - 7 U 134/16 -, VersR 2017, 771 sowie in den zur Rechtskraft der klageabweisenden erstinstanzlichen Entscheidungen führenden Hinweisbeschlüssen des OLG Köln vom 23.03.2016 - 7 U 16/16 - und des OLG Düsseldorf vom 10.03.2014 - I - 18 U 151/13 -.

Ass. jur. Armin Braun, GVV-Kommunalversicherung

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