Waldeigentümer

Verkehrssicherungspflicht in Zeiten des Klimawandels

Verkehrssicherungspflicht Verkehrssicherheit
Eine Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auch auf waldtypische Gefahren wie Astabbruch oder Baumumsturz trifft den Waldeigentümer jenseits der an öffentliche Straßen angrenzenden Waldränder, wo er besondere Einrichtungen für die Öffentlichkeit vorhält oder eröffnet, mit welchen er gezielt Besucher anlockt und bei diesen eine gesteigerte Sicherheitserwartung herbeiführt, wie zum Beispiel Waldspielplätze. Foto: Adobe Stock, Anke Thomass

In den vergangenen Jahren hat der allgegenwärtige Klimawandel von 2018-2020 zu drei aufeinanderfolgenden Sommern geführt, die von extremer Hitze und Trockenheit geprägt waren. Der statistisch betrachtet "normale" Sommer 2021 hat da kaum Entlastung gebracht. Dies hat sich sehr negativ auf den Zustand unserer Bäume, insbesondere auch unserer Waldbäume, ausgewirkt, sei es in Form der Buchenkomplexkrankheit, des Eschentriebsterbens oder der Borkenkäferplage insbesondere bei Fichten. Welche Herausforderungen ergeben sich hieraus für die Verkehrssicherungspflicht der Waldeigentümer im Hinblick auf waldtypische Gefahren?

Eine Verkehrssicherungspflicht im Hinblick auch auf waldtypische Gefahren wie Astabbruch oder Baumumsturz trifft den Waldeigentümer jenseits der an öffentliche Straßen angrenzenden Waldränder dort, aber auch nur dort, wo er besondere Einrichtungen für die Öffentlichkeit vorhält oder eröffnet, mit welchen er gezielt Besucher anlockt und bei diesen eine gesteigerte Sicherheitserwartung herbeiführt, wie zum Beispiel Waldspielplätze, Grillplätze, Schutzhütten oder ausgewiesene Parkplätze. Etwa bestehende Verkehrssicherungspflichten beziehen sich unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten grundsätzlich nur auf das unmittelbar angrenzende Umfeld, zum Beispiel eines Waldspielplatzes, nicht jedoch auf die hierhin führenden Wege. Etwas anderes könnte sich allenfalls daraus ergeben, dass der Waldeigentümer die Verkehrsteilnehmer gezielt über einen bestimmten Weg zu solchen Orten führt und hierdurch eine erhöhte Sicherheitserwartung beim Publikum weckt.

Nicht abschließend höchstrichterlich geklärt ist, ob der Waldeigentümer, wenn er eine akute Gefahr für Leib oder Leben der Waldbesucher erkennt, hierauf und ggf. wie schnell reagieren muss. Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW sieht in seiner aktuellen Betriebsanweisung zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungsflicht im Staatswald beim Erkennen einer sogenannten "Megagefahr" eine zeitnahe Beseitigungspflicht vor. Dem sollte im Rahmen äußerster Schadenvorsorge aus haftungsrechtlicher Sicht gefolgt werden. Ein aktuelles Beispiel für eine solche "Megagefahr" ist eine akute Umsturzgefahr von stehen gebliebenen abgestorbenen Käferfichten. Diese können mitten im Wald haftungsrechtlich unproblematisch stehen bleiben, wobei eine Hinweisbeschilderung auf die Gefahrenlage im Rahmen äußerster Schadenvorsorge sicherlich sehr empfehlenswert ist. Eine zeitnahe Beseitigung empfiehlt sich hingegen an Waldwegen. Sie ist zwingend erforderlich am Waldrand, der an öffentliche Straßen angrenzt und überall dort, wo der Waldeigentümer Einrichtungen der eingangs beschriebenen Art für die Öffentlichkeit vorhält.

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Verkehrssicherungspflicht Verkehrssicherheit
Die Frage, ob sich allein aus einem deutlich verschlechterten Allgemeinzustand des Waldes aufgrund klimabedingter Veränderungen und hierdurch verursachter Krankheiten ein pauschaler Handlungsbedarf ergibt, ist in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, dürfte aber zu verneinen sein. Foto: Adobe Stock, Omm-on-tour

Die Frage, ob sich allein aus einem deutlich verschlechterten Allgemeinzustand des Waldes aufgrund klimabedingter Veränderungen und hierdurch verursachter Krankheiten ein pauschaler Handlungsbedarf ergibt, ist in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, dürfte aber zu verneinen sein. Es fehlt insoweit an einer hinreichend konkreten Gefahr, die Voraussetzung für einen Handlungsbedarf im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht ist. Eine konkrete Gefahrenlage lässt sich immer nur im Wege der Einzelbaumkontrolle oder durch Feststellungen an einem einzelnen Baum konstatieren, nicht bereits durch eine abstrakt erhöhte Gefahrenlage, die eine unbestimmte Vielzahl von Bäumen oder Baumarten betrifft. Dies ergibt sich aus dem "Pappelurteil" des BGH vom 06.03.2014 - III ZR 352/13 -. Nach dieser Entscheidung besteht keine Pflicht des Baumeigentümers zur Beseitigung von Weichhölzern auf Parkplätzen, auch wenn diese abstrakt ab einem bestimmten Alter vermehrt zu unvorhersehbaren Grünastabbrüchen neigen, die entsprechende Schäden verursachen können. Solche Schäden unterfallen nach zutreffender Auffassung des BGH dem allgemeinen Lebensrisiko. Nichts anderes kann für aus dem Klimawandel resultierende erhöhte Astbruch- und Baumumsturzgefahren im Wald gelten. In diesem Sinne hat das VG München in einem Beschluss vom 22.06.2020 - M 22 S 20.2145 -, juris, entschieden, dass eine Behörde grundsätzlich zum Erlass einer Baumfällungsanordnung bei Vorliegen einer konkreten Gefahr berechtigt ist, während eine auch bei ordnungsgemäßer forstlicher Nutzung von einem Waldbestand ausgehende abstrakte waldtypische Gefahr grundsätzlich nicht ausreicht, eine Fällungsanordnung zu begründen. Etwas anderes soll gelten bei einer konkret erhöhten Versagensgefahr des betreffenden Baumbestandes, die sich bereits bei Sommergewittern realisieren kann und sich in mindestens einem Fall auch bereits in einer Störung durch einen Baumwurf realisiert hat, und die durch einen Baumsachverständigen bestätigt wurde.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass gerade im Wald der Verkehrssicherungspflicht selbst dann nicht generell der Vorrang vor kollidierenden Pflichten gebührt, wenn es um Gefahr für Leib oder Leben geht, weil auch Artenschutzbelange angemessen zu berücksichtigen sind. In einem solchen Fall der Pflichtenkollision ist einzelfallbezogen immer eine Abwägung vorzunehmen.

Ass. jur. Armin Braun, GVV Kommunalversicherung

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