Gartenschauen und Biodiversität - Beispiele aus Würzburg

Vielfältige Daueranlagen

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1 Lage der beiden ehemaligen Landesgartenschaugelände in Würzburg. Zeichnung und Text: Jonas Renk; Hintergrund-Luftbild: IRS 1C/1D Satellitenbildmosaik der GAF AG, http://www.gaf.de © SI/Antrix/euromap 2001, GAF AG 2001, http://www.euromap.de Nutzungserlaubnis vom 07.12.2001, vom Autor bearbeitet.

Natur und Biodiversität spielen bei Gartenschauen schon seit Langem eine wichtige Rolle. Dies betrifft sowohl temporäre als auch dauerhafte Anlagen. Als vorübergehende Maßnahmen wurden im Rahmen der Bayerischen Landesgartenschau (LGS) 2018 in Würzburg zum Beispiel zahlreiche naturnah gestaltete Elemente angelegt und Blühflächen angesät, die inzwischen rückgebaut beziehungsweise entfernt wurden, unter anderem da sie einer Bebauung weichen mussten (Abb. 2, 5 und 6). Solche temporären Maßnahmen können vor allem dadurch zu mehr Biodiversität beitragen, indem sie Denkanstöße und Ideen geben und die Besucher*innen von Gartenschauen für naturnahe Gestaltung und biodiversitätsfördernde Begrünung inspirieren. Als Lebensräume für Flora und Fauna auf dem Gartenschaugelände selbst können sie jedoch eben nur kurzzeitig dienen oder werden auf Grund ihres kurzen Bestehens - das sich ja häufig nur auf die Dauer der Gartenschau erstreckt - von den erzielten Tierarten oft nur bedingt besiedelt. Durch geeignete Daueranlagen hingegen kann im Gartenschaugelände selbst die Biodiversität erhalten, gefördert und entwickelt werden und Flächen entsprechend aufgewertet werden.

Am Beispiel der Areale der beiden Bayerischen Landesgartenschauen in Würzburg - 2018 auf der Konversionsfläche Hubland und 1990 im Stadtteil Zellerau unterhalb der Festung Marienberg (Abb. 1) - ist hier versucht worden zu ermitteln, wo sich innerhalb dieser Areale Daueranlagen und Elemente befinden, die im Rahmen der Gartenschauen entwickelt worden sind und die auch heute noch einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität leisten. Hierzu sind die Areale hinsichtlich ihrer potenziellen Biotopfunktionen und in Hinblick auf spezifische Möglichkeiten zur ökologisch-qualitativen Entwicklung und Optimierung untersucht worden. Die Ergebnisse lassen allgemeine Rückschlüsse auf Möglichkeiten der Biodiversitätsförderung in bestehenden wie in zukünftigen Gartenschauen und deren Daueranlagen zu (vgl. Praxistipps).

Areal der Landesgartenschau von 1990 unterhalb der Festung Marienberg

Das etwa 14 Hektar große Gelände der LGS von 1990 liegt im westlichen Stadtgebiet unterhalb der Festung Marienberg (Abb. 3) und ist durch deren äußere Wallanlagen strukturiert. Es verbindet die Festungsanlage mit dem Main und der Würzburger Altstadt sowie dem Stadtteil Zellerau. Vor der LGS war das Gebiet durch Sukzessionsprozesse stark "verwildert" und schwer zugänglich (Bayerische Landesgartenschau GmbH 2021). Die Standortverhältnisse sind durch die weitgehend nordexponierte und teilweise steile Lage und die umgebenden hohen Wallmauern und Bastionsanlagen zu einem großen Teil absonnig oder halbschattig bis schattig.

Biodiversitätsfördernde Daueranlagen im Bestand

Insgesamt zeichnet sich das ehemalige LGS-Areal durch eine hohe Strukturvielfalt aus, die weitgehend natürlich belassene Bereiche mit altem Baumbestand ebenso umfasst wie Obstwiesen mit heterogenen Altersstrukturen, Höhlenbäumen und stehendem Totholz, abwechslungsreiche Trockenmauerstrukturen sowie ein paar naturnah gestaltete Wasserläufe und Teiche. Einige Bereiche des Areals wurden bei der letzten Stadtbiotopkartierung im Jahr 2001 als Biotope im Sinne naturschutzfachlich hochwertiger Bereiche mit wichtigen Lebensraumfunktionen erfasst (vgl. FIS Natur). Zudem sind innerhalb des Areals über die Jahre hinweg zahlreiche besondere Artenvorkommen dokumentiert worden (vgl. ebd.). So wurden etwa in dem - wenn auch recht naturfern angelegten - ablassbaren Wasserbecken im nördlichen Eingangsbereich im Jahr 2001 gleich sieben Libellenarten festgestellt, darunter zum Beispiel die Plattbauch-Libelle (Libellula depressa) (ebd.). Auf der Böschung neben den unteren Wasserbecken befinden sich am Haupteingang des LGS-Geländes einige Zierbeete mit vielfältiger Pflanzung (Abb. 9). Hier finden sich beispielsweise Schwertlilien (Iris), Lavendel (Lavandula angustifolia), Salbei (Salvia), Thymian (Thymus) und verschiedene Sedum-Arten. Diese Bepflanzung bewirkt hier ein hohes Aufkommen von Bestäuber-Insekten wie Wildbienen und Hummeln, Solitärwespen sowie Faltern. Weitere Zierbeete mit biodiversitätsfördernder Bepflanzung finden sich zum Beispiel auch im östlichen Teil des LGS-Geländes. In seinem weiteren Verlauf steigt das nordexponierte Gelände vom Haupteingang im Norden hin zur südlich gelegenen Festung Marienberg zunehmend an. Oberhalb der Wasserbecken im Eingangsbereich befinden sich eine Streuobstwiese mit alten Kirschbäumen, darunter auch einige Höhlenbäume, und dicht mit Efeu (Hedera helix) eingewachsene Trockenstützmauern aus naturraumtypischem Bruchstein. Ergänzt um biodiversitätsfördernde Elemente wie einen Lesestein- und einen Totholz-Haufen sind hier am Boden Biotopstrukturen etwa für Amphibien und Reptilien entstanden, während die Baumhöhlen zum Beispiel vielen Vogelarten natürliche Bruträume bieten. Mit großen Info-Tafeln wird auf die vielfältigen Lebensraumfunktionen hingewiesen. In diesem Teil des LGS-Geländes finden sich ganzjährig etliche Vögel, die neben den Baumhöhlen auch in den Baumkronen und Sträuchern und dem vertikalen Efeu- und Waldreben (Clematis)-Aufwuchs, der hier auch weite Teilen der hohen Wallmauern bedeckt, Nistplätze finden. Das Efeu bietet nicht nur an den Wallmauern und Bäumen Vögeln und am Boden und an den Trockenstützmauern Amphibien und Reptilien Lebensraum: Im Herbst, wenn nur noch wenige Pflanzen blühen, ist es ein wichtiger Nektar- und Pollenspender für Insekten und übernimmt eine wichtige Funktion in dem zur Förderung von Insekten so wichtigen durchgängigen Trachtzeitraum. Weiter oberhalb befindet sich hinter der neuen Umweltstation der Stadt Würzburg eine eingezäunte Grünanlage mit Kunstwerken und einer halboffenen Wiese, deren Unterwuchs bei der letzten Biotopkartierung 2001 als artenreichere Fettwiese mit Vorkommen von unter anderem Glatthafer (Arrhenatherum elatius), Wiesenmargerite (Leucanthemum vulgare), Wiesenflockenblume (Centaurea jacea) und Klee-Arten erfasst wurde (FIS Natur). Im südlichen Teil des LGS-Geländes befindet sich die "Teufelsschanze", ein Massiv der äußeren Wehranlagen der Festung Marienberg mit Schießscharten und vergitterten Zugängen, das von einem natürlich belassenen schluchtartigen Graben mit großem Baumbestand umgeben ist. Bei der letzten Biotopkartierung wurde sie als naturnaher und totholzreicher Gehölzkomplex erfasst (FIS Natur). In den alten Kasematten und Gewölben wurden dort in den letzten zehn Jahren Vorkommen von mindestens acht verschiedenen Fledermausarten nachgewiesen, darunter auch die sehr seltene und in der Roten Liste Deutschlands als stark gefährdet eingestufte Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) (FIS Natur; ebd.). Der Gehölzbestand der eindrucksvollen "Wildnis" in dem Graben ist geprägt von waldartigen Laubbäumen und Sträuchern, die auch seitlich emporwachsen, teils umgefallenen Bäumen und Totholz sowie dichtem Efeuaufwuchs, der den Boden, die Bäume und die alten Mauerreste großräumig bedeckt.

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2 Beispiel für temporäre Maßnahmen: Im Rahmen der LGS 2018 angelegte Blühfläche auf der Konversionsfläche Hubland, die inzwischen bebaut ist. Foto: Jonas Renk
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3 Gelände der Würzburger Landesgartenschau von 1990 im Stadtteil Zellerau unterhalb der äußeren Wallanlagen der Festung Marienberg. Biodiversitätsfördernd angelegte Bereiche der Daueranlagen sowie Bereiche, die natürlich belassen worden sind oder in denen natürliche Sukzessionsprozesse zugelassen werden, sind grün gekennzeichnet. Drei Einzelelemente mit besonderer Funktion für die Biodiversität sind mit gelben Punkten gekennzeichnet. Zeichnung und Text: Jonas Renk; Hintergrund-Luftbild: IRS 1C/1D Satellitenbildmosaik der GAF AG, http://www.gaf.de © SI/Antrix/euromap 2001, GAF AG 2001, http://www.euromap.de Nutzungserlaubnis vom 07.12.2001, vom Autor bearbeitet.
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4 Gelände der Würzburger Landesgartenschau von 2018 auf der Konversionsfläche Hubland der ehemaligen US-Kaserne Leighton Barracks. Extensiv gepflegte artenreiche Mager-Mähwiesen und entsprechende Streuobstwiesen und halboffene Flächen sowie Randbereiche, in denen sich natürliches Gebüsch entwickelt hat, sind grün gekennzeichnet. Vorhandener Baumbestand, der bereits während der Kasernen-Nutzung vorhanden war und heute mindestens 20 Jahre ist, ist blau dargestellt. Türkisfarben sind biodiversitätsfördernd angelegte Zierbeete mit hoher Vielfalt an Bestäuber-Insekten. Der Baumtorso mit Fledermaus-Quartierkasten ist mit einem gelben Punkt verortet. Der Teil, in dem im großen Umfang liegendes Totholz zwischen die Gehölze gelegt wurde, ist gelb schraffiert. Zeichnung und Text: Jonas Renk; Hintergrund-Luftbild: IRS 1C/1D Satellitenbildmosaik der GAF AG, http://www.gaf.de © SI/Antrix/euromap 2001, GAF AG 2001, http://www.euromap.de Nutzungserlaubnis vom 07.12.2001, vom Autor bearbeitet.

Unmittelbar an die Schlucht der "Teufelsschanze" schließt sich seitlich der "Schottische Highland-Garten" an. Die im ganzen LGS-Gelände in vielfältiger Form zu findenden Trockenmauerstrukturen sind hier am stärksten ausgeprägt. Es handelt sich bei diesem Bereich um einen strukturreichen Komplex aus Natursteinmauern, die weitgehend in Trockenbauweise errichtet worden sind, einer steinernen Brücke und unregelmäßigen Steinschüttungen, durch den ähnlich einem Gebirgsbach ein steinernes Raubett verläuft (Abb. 7). Auch durch den oberhalb davon gelegenen "Normannischen Garten" fließt ein mit Bruchsteinen gestalteter und bepflanzter kleinerer Wasserlauf. Dieser ist in die Wegeführung integriert und mündet in einem naturnah angelegten kleinen Teich (Abb. 8). Solche naturnahen und strukturreichen Wasserläufe und Teiche wie im "Normannischen Garten" und im "Schottischen Highland-Garten" sind neben ihrem Lebensraumpotenzial etwa für Amphibien wie Molche, Frösche und Kröten, Insekten wie Gelbrandkäfer (Dytiscus marginalis), Libellen und Köcherfliegen (Trichoptera), Kleinkrebsen wie Flohkrebsen (Amphipoda), Wasserschnecken wie Teller- (Planorbidae) und Spitzschlammschnecken (Lymnaea stagnalis) gerade in Trockenphasen auch als Trinkmöglichkeit etwa für Vögel und Insekten und insbesondere weniger mobile Arten wie beispielsweise Igel von enormer Bedeutung.

Oberhalb der "Teufelsschanze" befindet sich auf dem steilen Nordhang ein Streuobstwiesenkomplex, dessen Baumbestand sich durch seine heterogene Alterszusammensetzung und die damit verbundene Strukturvielfalt auszeichnet. Hier befinden sich alte Habitatbäume und stehendes Totholz mit Höhlen- und Spaltenräumen etwa für Baumhöhlenbrüter und Fledermäuse ebenso wie viele junge neu gepflanzte Obstbäume. Im Hang finden sich auch Reste alter Stützmauern, darunter auch einige teils eingefallene Trockenmauern. Die Obstwiese geht gen Westen mit dichterem Gehölzbestand aus Bäumen wie Ahornen (Acer), Hainbuchen (Carpinus betulus), Wildkirschen (Prunus avium) und großen Sträuchern wie Holunder (Sambucus) und Haselnuss (Corylus avellana) fließend in den dort an das LGS-Gelände angrenzenden, sehr naturbelassenen waldartigen Laubbaumkomplex mit viel Efeuaufwuchs und Totholz über. Ähnlich natürlicher Baumbestand ist auch im LGS-Gelände selbst im obersten Teil des Nordhangs belassen worden. Allerdings befinden sich dort und am westlichen Rand auch einige alte, engmaschige Zäune, was für viele am Boden lebende Tiere wie etwa Igel eine erhebliche Barriere darstellen dürfte.

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5 Weitere Beispiele für temporäre Maßnahmen, die inzwischen vollständig rückgebaut bzw. beseitigt sind: Im Rahmen der LGS 2018 angelegte Kräuterspirale mit vielfältiger Bepflanzung mit naturraumtypischem gebrochenem Muschelkalk gebaut. Foto: Jonas Renk
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6 Weiteres Beispiel für temporäre Maßnahmen, die inzwischen vollständig rückgebaut bzw. beseitigt sind: Im Rahmen der LGS 2018 angelegter Steinriegel mit liegendem Totholz und stellenweiser Bepflanzung mit naturraumtypischem gebrochenem Muschelkalk gebaut. Foto: Jonas Renk
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7 Winterlicher Blick in den strukturreichen Naturstein-Komplex im "Schottischen Highland-Garten" des LGS-Geländes unter der Festung. Foto: Jonas Renk
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8 Mit Tritt- und Bruchsteinen gestalteter Wasserlauf im "Normannischen Garten" des LGS-Geländes unterhalb der Festung. Foto: Jonas Renk
Entwicklungs- und Aufwertungspotenziale für mehr Biodiversität:
  • Rückbau von baulichen Barrieren zur Stärkung der Biotopvernetzung
    Zur Aufwertung im Sinne der biologischen Vielfalt kann insofern beispielsweise beigetragen werden, indem möglicherweise nicht mehr notwendige engmaschige Zäune rückgebaut und dort, wo Abzäunungen etwa aus Gründen der Verkehrssicherheit oder zum Schutz vor Wildschweinen notwendig sind, diese nach Möglichkeit durch gemischte Hecken, lebende Zäune oder zumindest mittels durchlässigerer Zäune ersetzt werden, die im unteren Bereich für am Boden lebende Tiere wie Igel oder Feldhasen durch einen möglichst weiten Abstand (zumindest 15 cm Abstand zum Boden oder 15 cm Maschenweite) passierbar sind.
  • Aufwertung naturferner Wasseranlagen
    Bisher eher naturfern gestaltete Wasserbecken wie im südlichen Eingangsbereich können durch Stellen mit naturnäherem Uferbereich etwa mittels Bruchsteinschüttungen in Verbindung mit Substrateinbringung und Pflanzungen geeigneter Uferstauden mit Insektenbestäubung und weitem Blühspektrum, zum Beispiel Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris), Sumpf-Schwertlilie (Iris pseudacorus), Baldrian (Valeriana officinalis), Blutweiderich (Lythrum salicaria), Echtes Mädesüß (Filipendula ulmaria), Wasser-Minze (Mentha aquatica) oder Wasserdost (Eupatorium cannabinum) aufgewertet und für Amphibien und als Trinkstelle für am Boden lebende Kleintiere wie Igel zugänglicher gestaltet werden.

Areal der Landesgartenschau von 2018 auf der Konversionsfläche Hubland

Die Ausgangsbedingungen und das Gelände der Würzburger LGS von 2018 unterscheiden sich sehr von der LGS von 1990. Das neue Areal ist rund 21 Hektar groß und befindet sich im östlichen Stadtgebiet auf der dem Festungsberg gegenüberliegenden Anhöhe oberhalb des Würzburger Innenstadt- "Kessels" (Abb. 4). Das gesamte Gelände ist Teil der über 134 Hektar großen Konversionsfläche der ehemaligen US-Kaserne "Leighton Barracks", in der seit dem Abzug der US Army 2008 der neue Stadtteil Hubland entsteht. Die Daueranlagen des LGS-Geländes bilden heute den zentralen Park des neuen Stadtteils. Vom LGS-Areal unterhalb der Würzburger Festung unterscheidet sich das Gelände auch durch die insgesamt wesentlich großflächigeren Strukturen, den recht ebenen Verlauf und die offeneren Verhältnisse verbunden mit deutlich mehr einfallendem Sonnenlicht und weniger Schatten. In seinem nördlichen und westlichen Teil zeichnet sich das neue Gelände durch Strukturreichtum und naturnahe Bereiche aus.

Biodiversitätsfördernde Daueranlagen im Bestand

Hinsichtlich der biologischen Vielfalt besonders hervorzuheben sind in dem Gelände zweifellos die extensiv gepflegten offenen und halboffenen mageren Mähwiesen des "Westlichen Wiesenparks" mit ihrer hohen Pflanzen- und Insektenvielfalt (Abb. 10-11). In weiten Teilen werden die Wiesen in vorbildlicher Weise zeitlich versetzt teilflächig gemäht und das Mähgut abgeräumt. Am Rande dieser Wiesen befinden sich in lichtem Abstand sowohl größere Altbäume als auch jüngere Hochstämme und Strauchgruppen. Auch Feldhasen (Lepus europaeus) und jagende Turmfalken (Falco tinnunculus) sind hier regelmäßig zu beobachten (eigene Sichtungen). Zu den Randbereichen hin wird der Gehölzbestand insgesamt dichter. Besonders zu unterstreichen ist auch die ebenfalls extensiv gemähte Streuobstwiese mit ihrem alten Obstbaumbestand und Höhlenbäumen neben neu gepflanzten hochstämmigen Laubbäumen auf dem leicht südexponierten Bereich im Norden (Abb. 13). Diese Flächen zeichnen sich neben ihrer hohen Vielfalt an Insekten und Wiesenkräutern auch durch eine ganzjährig auffallende Vielfalt an Singvögeln wie Finken (Fringillidae), Sperlingen (Passer) und Meisen (Parus) aus (eigene Sichtungen). Dies hängt sicherlich auch mit den Gebüschen zusammen, die sich natürlicherweise im Laufe der Zeit entlang der Zäune entwickelt haben, die die frühere Kaserne teilweise bis heute umgrenzen. Die Gebüsche bieten den Tieren im Frühling und Sommer Nistmöglichkeiten und auch im Herbst und Winter Nahrung und Schutz.

Als gestaltete Natur sind aber auch die Zierbeete in der nahe der Obstwiese gelegenen terrassierten "Gartenoase" (Abb. 12) und die im mittleren Teil des LGS-Geländes linear verlaufenden Zierbeete hervorzuheben. Die Beete der "Gartenoase" sind mit Kräutern, Gräsern und einzelnen Gehölzen bepflanzt, zwischen den Pflanzungen ist eine gleichmäßige Kiesschicht aufgebracht. Die vielfältigen Kräuter der Zierbeete umfassen Stauden wie Roten Sonnenhut (Echinacea purpurea), Skabiosen und Dost (Origanum) sowie Stockrosen (Alcea) und bewirken im Sommerhalbjahr eine enorme Vielfalt an Bestäuber-Insekten, darunter Tagfalter wie Schachbrettfalter (Melanargia galathea) und Wiesenvögelchen (Coenonympha spec.), (Abb. 14) und Wildbienen wie Mauerbienen (Osmia), Erdhummeln (Bombus terrestris beziehungsweise Bombus lucorum) und Steinhummel (Bombus lapidarius) (eigene Sichtungen). Die linearen Zierbeete in der Mitte des LGS-Geländes sind ähnlich mit Kräutern bepflanzt, wobei hier auch in größerem Umfang Lavendel (Lavandula angustifolia) gepflanzt ist, der auch zahlreichen Wildbienen und Tagfaltern Nahrung bietet.

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9 Zierbeete mit vielfältiger Pflanzung am Haupteingang des LGS-Geländes unterhalb der Festung Marienberg. Foto: Jonas Renk
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10 Offene magere Mähwiesen im "Westlichen Wiesenpark" des LGS-Geländes Hubland. Foto: Jonas Renk
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11 Halboffener Bereich des "Westlichen Wiesenparks" mit Blick auf den im Zuge der LGS umgestalteten "Tower" des ehemaligen Flugfeldes. Foto: Damaris Tempel

In einigen Teilen des LGS-Geländes wurde viel von dem alten Baumbestand belassen, andererseits wurden insbesondere im Nord-Osten auch sehr großflächig vitale Bäume zwecks Bebauung gerodet. Am südlichen Rand des Areals wurden zur LGS unter dem Motto "Klimawelten" verschiedene Gruppen jeweils einer bestimmten Waldbaumart gepflanzt, wobei gezielt liegendes Totholz zwischen den Gehölzen verteilt wurde, was ebenfalls zur Förderung der Biodiversität beiträgt. Positiv hervorzuheben ist außerdem ein großer Baumtorso im westlichen Teil des Areals, an dem ein massiver Fledermaus-Quartierkasten in geeigneter Höhe befestigt ist (Abb. 4).

Entwicklungs- und Aufwertungspotenziale für mehr Biodiversität:

Artenreiche Extensiv-Wiesen neben artenarmem Rasen für Spiel und Sport

Während sich im westlichen Teil des LGS-Geländes die artenreichen mageren Mähwiesen befinden, dominiert im mittleren und östlichen Bereich auf einer Länge von über 700 Meter und einer Fläche von über 3 Hektar offener und eher artenarmer Rasen. Auf Grund der Nutzungsansprüche an die zentrale Parkanlage erscheinen konventionelle Rasenflächen in Teilen des Areals auch erforderlich. Allerdings wäre es sicherlich mit den spezifischen Nutzungsansprüchen in der Anlage vereinbar, in den Randbereichen der bestehenden Rasenflächen vielfältigere und artenreichere Saumstrukturen zu entwickeln, weitere lineare Zierbeete mit möglichst vielfältiger Pflanzung standortgerechter Stauden, etwa Korbblütlern (Asteraceae) wie dem Roten (Echinacea purpurea) und den Gewöhnlichen Sonnenhut (Rudbeckia fulgida) und Kleingehölzen wie Lavendel (Lavandula angustifolia), Salbei (Salvia) und Thymian (Thymus) anzulegen oder gemischte Gruppen oder Hecken aus standortgerechten Sträuchern mit Insektenbestäubung wie Kornelkirsche (Cornus mas), Roter Hartriegel (Cornus sanguinea), Liguster (Ligurstrum vulgare), Felsenbirne (Amelanchier) oder Pfeifenstrauch (Philadelphus) in den Randstrukturen zu pflanzen. Hierbei sollte im Sinne der Biodiversität auf ein möglichst großes Blühspektrum und einen möglichst durchgängigen Trachtzeitraum geachtet werden. Möglicherweise können auch ein Teil der bestehenden Rasenflächen durch Übertragung oder Ansaat in magere Mähwiesen umgewandelt werden, ohne dass zu viel von dem Spiel- und Sportbereich auf dem früheren Flugfeld verloren geht.

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12 Gestaltete Natur: Zierbeete in der"Gartenoase" im LGS-Gelände Hubland. Foto: Damaris Tempel
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13 Gehweg mit durchlässigem Belag an der Streuobstwiese im LGS-Gelände Hubland. Foto: Damaris Tempel
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14 Insektenvielfalt auf den Zierbeeten der "Gartenoase" im LGS-Gelände Hubland: Wiesenvögelchen (Coenonympha spec.) auf einem Roten Sonnenhut (Echinacea purpurea) Foto: Jonas Renk

Fazit und Ausblick

Insgesamt lässt sich festhalten, dass in Gartenschaugeländen durch Strukturvielfalt und extensive Pflege sehr zur Biodiversität beigetragen werden kann. Zierbeete können eine hohe Insektenvielfalt aufweisen, indem bei der Pflanzenauswahl auf ein vielfältiges Nektar- und Pollenangebot, ein weites Blühspektrum und einen möglichst durchgängigen Trachtzeitraum geachtet wird. Zugängliche Wasserstellen sind für viele Tiere von hoher Bedeutung und es empfiehlt sich im Sinne der Biodiversität, strukturreiche Wasserläufe und naturnahe Teichanlagen anzulegen, wo nicht bereits geeignete Gewässer vorhanden sind. Ebenso können bepflanzte Trockenmauerstrukturen auf Grund ihrer Lebensraumfunktionen wichtige biodiversitätsfördernde Elemente von Daueranlagen sein. Wo Rasenflächen nicht auf Grund spezifischer Nutzung und Frequentierung erforderlich sind, können extensive Mähwiesen entwickelt und durch teilflächige späte Mahd mit Messermähwerken und Abräumen des Mähguts gepflegt werden. An geeigneten Stellen kann jedoch auch durch relativ kleine Maßnahmen wie dem bewussten Belassen von Totholz, offene Bodenstellen beziehungsweise kleine Sandflächen oder dem Rückbau von nicht mehr benötigten Barrieren die Biodiversität gefördert werden.

10 Praxistipps für biodiversitätsfördernde Daueranlagen von Gartenschauen:

  • Strukturvielfalt schaffen
  • abschnittsweise bzw. teilflächige Pflege zu unterschiedlichen Zeitpunkten
  • Wasserläufe und naturnahe Teiche integrieren, für Tiere zugängliche Wasserstellen anlegen, naturferne Wasseranlagen aufwerten
  • Trockenstützmauern und Totholz-Lesesteinriegel an geeigneten Stellen anlegen
  • auf Durchgängigkeit für am Boden lebende Tiere achten, bauliche Barrieren vermeiden und ggf. rückbauen bzw. reduzieren
  • bei Pflanzungen auf großes Blühspektrum für Bestäuber-Insekten und möglichst durchgängigen Trachtzeitraum achten
  • artenreiche Mähwiesen in geeigneten Bereichen anlegen und durch extensive und teilflächige Mahd mit schneidenden Mähwerken und Abräumen des Mähguts pflegen
  • offene Bodenstellen und sandige Stellen integrieren
  • liegendes und stehendes Totholz an geeigneten Stellen belassen bzw. einbringen
  • in geeigneten Fällen fachgerechter Rückschnitt zu Baumtorsos als Alternative zur Fällung

Verwendete Fachdaten und Internetquellen

Bayerische Landesgartenschau GmbH: www.lgs.de, letzter Zugriff am 08.02.2021.

Geo- und Sachdaten: Daten der Stadtbiotopkartierung und ASK-Daten: Daten aus dem Bayerischen Fachinformationssystem Naturschutz (FIS-Natur).

Luftbilder: IRS 1C/1D Satellitenbildmosaik der GAF AG, www.gaf.de © SI/Antrix/euromap 2001, GAF AG 2001, www.euromap.de Nutzungserlaubnis vom 07.12.2001, vom Autor bearbeitet).

Rote Liste Deutschland: www.rote-liste-zentrum.de, letzter Zugriff am 03.02.2021.

M.Sc. (TUM) Jonas Renk
Autor

Umweltplaner und Ingenieurökologe, freiberuflicher Fachautor und Berater für Naturschutz und Biodiversität

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