Drei Berg- und Waldpromenaden von Maximilian Friedrich Weyhe

Von hier genießt man einen vorzüglichen Blick …

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Plan zu den ferneren Anlagen auf dem Louisberg bey Aachen von M.F. Weyhe 1815. Quelle: Stadtarchiv Aachen, Plan J49

Maximilian Friedrich Weyhe (1775-1846) gilt als bedeutendster rheinischer Gartenkünstler des 19. Jahrhunderts, der neben Friedrich Ludwig von Sckell, Fürst Hermann von Pückler-Muskau und Peter Joseph Lenné die Verbreitung des landschaftlichen Gartenstils in Deutschland maßgeblich mit beeinflusste. Er wirkte als königlich-preußischer Gartendirektor vorrangig in den Residenzstädten des Rheinlands und Westfalens, gestaltete jedoch auch zahlreiche Villen- und Schlossgärten bis hin zum Bodensee, nach Belgien und in die Niederlande. Eines der wichtigsten Werke Weyhes war die öffentliche Promenade auf den geschleiften Festungsanlagen der Stadt Düsseldorf. Sie wurde ab 1804 im Rahmen des Wiederaufbaus und der Erweiterung des Hofgartens in Angriff genommen.

Als Pendant zu den städtischen Promenaden wurden damals auch Promenaden in der "ferneren Umgegend" reicher Residenz- und Kurstädte angelegt, um die beliebte kulturelle Praxis des öffentlichen Flanierens mit dem ästhetischen Genuss von Natur und Landidylle zu vereinen. Gestalterische Charakteristika dieser sogenannten "Spaziergänge" (franz. se promener = spazieren, Begriffsableitung "Promenade") waren Aussichtspunkte mit Blick auf die Stadtsilhouette, die Einbindung von Gesund- oder Heilbrunnen sowie die Verschattung der Wege über Alleen und Waldpartien. Drei Berg- und Waldpromenaden, die Anfang des 19. Jahrhunderts nach Entwürfen Maximilian Friedrich Weyhes in Aachen, Düsseldorf und Kleve entstanden sind, sollen nun im Kontext ihrer Entwicklungsgeschichte näher betrachtet werden.

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Der Rundtempel im Lousbergpark um 1900. Quelle: Stadtarchiv Aachen, Plan J25

Lousberg Aachen

Zur Zeit der französischen Herrschaft Napoleons 1794 bis 1814 erfolgte eine planerische Neuordnung der alten Kaiser- und Kurstadt Aachen. Die Errichtung öffentlicher Promenaden auf den geschleiften Festungsanlagen sowie auf dem vor den Toren der Stadt liegenden Lousberg sollte der wirtschaftlichen Förderung des Fremdenverkehrs dienen. Ein Entwurfsplan des Aachener Stadtgärtners Martin Hoffmann zeigt die erste Gestaltungsphase der Lousberg-Promenade, die ab 1807 begonnen wurde. Die vormals als Schafstrift genutzte kahle Anhöhe wurde mit genügsamen Nadelhölzern und Buchen begrünt und das von einer Bürgerstiftung finanzierte Ausflugslokal "Belvedere" auf dem östlichen Hangplateau erbaut. Südlich und nördlich der Hangkante führten zwei alleebegleitete Kutschwege auf die Anhöhe, die an ihrem Scheitelpunkt auf einem großen Aussichtsplatz endeten.

Die Gestaltung unter französischer Herrschaft galt als noch nicht abgeschlossen, als im Jahre 1815 Maximilian Friedrich Weyhe von der preußischen Regierung zur weiterführenden Bearbeitung der "ferneren Anlagen auf dem Louisberg" beauftragt wurde. Weyhe legte im August 1815 einen detailreichen Entwurfsplan vor, der die bereits umgesetzten Grundstrukturen der vorhergehenden Planung zu einer neuen Gesamtchoreografie zusammenführte. Den Empfehlungen eines Gutachtens der Forstdirektion folgend, sollten bei der Kultivierung ästhetische sowie forstwirtschaftliche Kriterien vereint werden. Eine 1816 von Weyhe angefertigte Gehölziste zeigt, dass er für die Bepflanzung des Lousbergs eine Vielfalt einheimischer Arten und keine Exoten verwendete. Umso erstaunlicher erscheint die facettenreiche Bepflanzung, die die Plangrafik des Entwurfsplans von 1815 aufzeigt. Die dreidimensionale aquarellierte Plandarstellung lässt eine Gehölzauswahl nach ästhetischen Eigenschaften mit Blatttextur, Blattfarbigkeit und Wuchsform erkennen. Doppelte Alleen aus Laubbäumen und Koniferen entlang der Hauptwege, Koniferen-Reihen an den Nebenwegen und die von Weyhe sehr geschätzte Akzentuierung von Sitzplätzen und Wegekreuzungen durch Baumrondelle und Baumgruppen strukturieren die Gehölzbepflanzung des Berges. Die für das ästhetische Erlebnis wichtige Raumabfolge entlang der Wege wurde durch charakteristische Gehölzarten und wechselnde Pflanzdichte und Höhe erreicht. Über Rasenlichtungen und Wegekreuzungen wurden die Blickbezüge der Spaziergänger auf die Ausstattungselemente des Parks, wie den Tranchot-Obelisk oder den Rundtempel, gelenkt. Die entlang der Hangkanten geführten Hauptalleen sowie die mäandrierenden Nebenwege enden auf Ruheplätzen, ohne Fernblicke, und auf Aussichtsplätzen mit Panoramablick auf die Landschaft der Soers und die Stadtsilhouette Aachens.

Ausgehend von den wachsenden Freiraumbedürfnissen der Stadtbevölkerung im Industriezeitalter wurde der Lousbergpark Ende des 19. Jahrhunderts nach Entwurf des Gartendirektors Heinrich Grube (1840-1907) erweitert und für eine Volksparknutzung umgestaltet. Der östlich liegende Salvatorberg mit seiner 1885 im neoromanischen Stil errichteten Kirche wird dabei konzeptionell einbezogen, so dass sich die benachbarten Berganhöhen fortan zu einer Parkanlage vereinen. Auf dem 1899 erstellten Entwurfsplan Grubes ist eine deutliche gestalterische Zonierung zwischen dem östlichen und westlichen Teil des Parks erkennbar. Dem zeittypischen Vorstellungen entsprechend wird das Gebäudeumfeld des Belvedere und der Kirche intensiver gestaltet und erinnert mit regelmäßigen und lichten Partien an eine Stadtparkgestaltung des späten 19. Jahrhunderts, während der übrige Lousbergpark eher im vorherrschenden Stil eines Waldparks mit Gehölzpartien, freien Wiesenlichtungen und gruppierten Solitärbäumen gehalten wird. Die im Weyhe-Plan in doppelter Reihe dargestellten Alleen und Baumrondelle wurden vereinfacht und an den Hängen ein vielfältiges Spazierwegenetz ausgebaut.

Aufgrund seiner gartenkünstlerischen und stadtgeschichtlichen Bedeutung wurde der Lousbergpark im Zusammenhang mit den Erweiterungsflächen Salvatorberg und Lammertzpark im Jahre 1995 unter Denkmalschutz gestellt. Wesentliche Bestandteile der Konzeption des 19. Jahrhunderts sind erhalten geblieben. Und auch heute noch zeichnet der Fernblick vom Lousberg Aachens ersten Volkspark als Besonderheit aus.

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Entwurfsplan der Promenade am Grafenberg von M.F. Weyhe 1816. Quelle: Landesarchiv NRW Rheinland, Karte 6224
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Der Grafenberg war ab Mitte des 19. Jahrhunderts Treffpunkt der Düsseldorfer Malerschule. Blick vom Grafenberg auf Düsseldorf um 1844, Ölgemälde von Caspar Scheuren.

Grafenberg Düsseldorf

Der Ursprung der Grafenberger Promenade geht auf die kurfürstliche Zeit Johann Wilhelm II. von der Pfalz (1656-1727) zurück. Der vor den Toren der Stadt Düsseldorf liegende Grafenberg gehörte zum fiskalischen Forstbestand. Am Fuße der Anhöhe entsprang eine eisenhaltige Quelle, von deren gesundheitsfördernder Wirkung Kurfürst Jan Wellem derart überzeugt war, dass er sich sein tägliches Tafelwasser aus der Quelle ins Stadtschloss bringen ließ. Eine Brunnenfassung mit Brunnenstube wurde erbaut und auf dem oberhalb liegenden Geländeplateau eine kleine Eremitage mit Kapelle angelegt. Zwei aus Wien stammende Mönche waren beauftragt, in der Einsiedelei zu wohnen und die Grafenberger Heilquelle zu warten. Im Jahre 1775 wurde die Eremitage abgebrochen. Die Überreste sind heute als Bodendenkmal geschützt.

Im ausgehenden 18. Jahrhundert entstand eine weitreiche Gartenlandschaft im Osten der Stadt. Sommerwirtschaften sowie das Umfeld des Grafenbergs luden zu Ausflügen ein. Im Jahre 1816, kurz nach der preußischen Annexion des Rheinlands, erhielt Maximilian Friedrich Weyhe den Regierungsauftrag, eine öffentliche Promenade am Grafenberg anzulegen. Die vorgesehenen gärtnerischen Maßnahmen sollten der Düsseldorfer Bevölkerung in der wirtschaftlichen Umbruchsituation als Notstandsarbeiten dienen. Zu diesem Zeitpunkt war bereits geplant, den vorhandenen barocken Brunnen wieder baulich in Wert zu setzen. Die Umsetzung des klassizistischen Brunnens nach Entwurf des Architekten und Stadtplaners Adolph von Vagedes (1777-1842) erfolgte jedoch erst ab 1817, als finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt wurden.

Der Entwurfsplan Weyhes aus dem Jahre 1816 zeigt deutlich die beiden Bezugspunkte, auf die sich die Promenade ausrichtet. Der Brunnen mit seinem intensiv gestalteten Umfeld am Fuße des Berges dient als Auftakt der Promenade, der Platz "Schöne Aussicht" auf der Anhöhe stellt den Endpunkt dar. Anders als bei der Promenade am Lousberg, bei der die Hauptwege mit Alleen begleitet wurden, wird hier nur die an der südlichen Bergkante entlangführende Straße mit Baumreihen (Pappeln) betont. Ausgehend vom Brunnen wandelt der Spaziergänger entlang eines gewundenen Wegs durch schattige Waldpartien den Berg hinauf und erlebt erst auf dem Aussichtsplatz den Fernblick auf die Rheinebene und Düsseldorf, der, so ein Reisebericht aus dem Jahre 1818, gar trefflich gewesen sein soll und bis nach Köln und zum Siebengebirge gereicht habe. Der Aussichtsplatz wird über Baumpflanzungen gezielt inszeniert, indem der Eingang gleich einem dunklen Vorzimmer mit Koniferen-Gruppen überstellt wird und die Zwischenräume des Baumrondells die Fernblicke in Art eines Fensterrahmens leiten.

Maximilian Friedrich Weyhe war bis zum Ende seiner Dienst- und Lebenszeit mit der Pflege und Entwicklung der Grafenberger Promenade betraut. Ab 1844 erfolgte unter Mitwirkung Weyhes eine Erweiterung der Anlage unter Integration einer Waldschlucht, Anlage von Teichen und weiterer Aussichtspunkte, an dessen Finanzierung ein eigens gegründeter Verschönerungsverein beteiligt war.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Grafenberg zum Treffpunkt der Düsseldorfer Malerschule. Anton Fahne - ein Förderer des Kunstzirkels und Eigentümer des nahe gelegenen Herrensitzes Haus Roland - beschreibt die anmutige Gegend, die Motiv zahlreicher Landschaftsgemälde wurde, wie folgt: "Ein halbe Stunde von der Stadt, im Anschluss an ihre Kunstanlagen, erhebt sich der Grafenberg, der höchste Punkt des Gebirgszuges, der sich von hier in nordwestlicher Richtung, in den angenehmsten Linien abdacht. Zwischen Stadt und Anhöhe breiten sich lachende Fluren aus, üppige Gärten, reiche Fruchtfelder, Wiesen, Wässer wechseln mit anmutigen Gebüschen und dahinter verstecken sich Landhäuser mannigfaltiger Art. Spaziergänge laufen bald durch Schluchten, bald über Höhen mit den fernsten und schönsten Aussichten. Sie ziehen sich bald durch Laubholz bald durch mannigfaltige Nadelholzbestände, hier Feld, dort Gehöfte zur Seite."

Obgleich Düsseldorf aufgrund seiner historischen Gartentradition über zahlreiche öffentliche Grünanlagen verfügte, gab es wegen der fortschreitenden Industrialisierung und dem damit einhergehenden Bevölkerungszuwachs Ende des 19. Jahrhunderts Defizite in der Freiraumversorgung. Die Anlage und Erschließung von Waldflächen zur Erholung und Verbesserung der Stadthygiene stand deshalb im Mittelpunkt des Interesses. Mit Weitsicht plante die städtische Verwaltung ab 1886 den sukzessiven Flächenerwerb des sich größtenteils noch in Staatsbesitz befindlichen Waldes im Osten der Stadt. Ein Initialprojekt zum Aufbau des Düsseldorfer Stadtwaldes war die ab 1896 begonnene Aufforstung des Hochbassins der Haardt östlich des Grafenbergs, geleitet durch den Stadtgärtner H.F.A. Hillebrecht (1846-1918). Bis zum Jahre 1913 wuchs der über sukzessive Flächenankäufe entstandene Stadtwald auf seinen heutigen Umfang an. Ausgehend von einem gestalterischen Gesamtkonzept, das vermutlich ebenfalls aus der Feder Hillebrechts stammt, wurde auf dem topografisch bewegten Gelände von der Hardter Höhe über den Grafenberger Wald bis zum Aaper Wald ein zusammenhängender Waldpark mit erlebnisreichen Spaziergängen sowie einer nach Waldtypen charakterisierten Bepflanzung angelegt. Die Waldpromenade des Grafenbergs, die Maximilian Friedrich Weyhe Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt hatte, wurde dabei in die Gesamtkonzeption integriert.

Ab 1870 wurde die im 18. Jahrhundert durch den Heil- und Gesundbrunnen eingeleitete therapeutische Tradition des Grafenbergs mit Bau der Provinzial Heil- und Pflegeanstalt, einer Waldschule für "schwächelnde Volksschulkinder" sowie mehreren Sanatorien fortgesetzt. Ab Anfang des 20. Jahrhunderts rundete die Einbindung von Spiel- und Sportanlagen sowie zahlreiche Gartenwirtschaften und ein Wildgehege das an den Volkspark angelehnte Nutzungsprogramm des Stadtwaldes ab. An Sommertagen zog er Tausende von Erholungssuchenden an und stellt bis in die heutige Zeit das beliebteste Naherholungsgebiet der Düsseldorfer Bevölkerung dar.

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Partie im Tiergartenwald oberhalb des Amphitheaters. Fotografie von Ewald Steiger um 1905. Quelle: Kreisarchiv Kleve, Sign. F6, CIX, 3
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Der Plan „Cleve 1830“ des Geometers P. M. Buyx von 1877 zeigt den Gesamtumfang des historischen Parksystems mit Altem und Neuem Tiergarten sowie der Schwanenburg. Quelle: Stadtarchiv Kleve; Sign. Digital-126

Neuer Tiergarten Kleve

Die historische Gartenlandschaft der nahe der niederländischen Grenze gelegenen Stadt Kleve gehört zu den herausragenden Schöpfungen der europäischen Gartenkunst. Die ab Mitte des 17. Jahrhunderts auf Initiative Prinz Moritz von Nassau-Siegens (1604-1679) angelegte Parklandschaft umfasst die Lustgärten an der Schwanenburg sowie die beidseitig flankierenden barocken Parksysteme des Alten und Neuen Tiergartens. Beide Tiergärten sind auf den Höhenrücken eiszeitlicher Endmoränen angelegt und greifen über ein axiales Netzwerk mit Alleen und Blickachsen weit in die Rheinebene hinein. Prägendes Element des westlich des Kavariner Tor gelegenen Neuen Tiergartens ist die Hauptachse, die sich vom Springberg über das Amphitheater bis hin zum Prinz-Moritz-Kanal in der Talebene zieht.

Als 1741 eine Heilquelle am Fuße des Springbergs entdeckt wurde, begann der erfolgreiche Aufstieg Kleves zum Kurbad. Das Umfeld des Amphitheaters und Prinz-Moritz-Kanals wurde ab Mitte des 18. Jahrhunderts zum Zentrum des Kurbetriebs ausgebaut. Auch der Tiergartenwald erhielt fortan eine neue Bestimmung. Der Waldspaziergang wurde fortan zum festen Bestandteil der "Amusemens des Eaux de Clève" (Die Ergötzlichkeiten an den Wassern zu Cleve), wie sie der Brunnenarzt Johann Heinrich Schütte 1748 gleich eines Grimm'schen Märchens in seiner Werbeschrift beschreibt: "Herr Schütte versicherte uns, dass diese Aussicht auf dem Berge, hinter diesem Amphitheater, noch viel schöner sei (…). Wir eilten dahin, und fanden die Aussicht ungemein schön und reizend. Er fragte, ob wir Lust hätten den Sternenberg, der unweit der Gallerie ist, zu besehen? Mit dem Erbieten, uns denselben zu zeigen, als denn würden wir noch weit mehrere Schönheiten erblicken."

Im Jahre 1822 ordnete König Friedrich Wilhelm III. von Preußen mit Kabinettsorder vom 6. April die Erneuerung der königlichen Gärten und Parks in Kleve an. Ziel war es, die im Gefolge der französischen Revolution 1794 verwüsteten Parkanlagen wieder aufzubauen, um "die Vorteile zu erhalten und zu vermehren, welche die Stadt schon bisher von dem Besuch der durch die Schönheit der Gegend und die dortige Badeanstalt angezogenen Fremden gehabt hat." Über zehn Jahre lang war Maximilian Friedrich Weyhe fortan mit der Neugestaltung und Ergänzung der barocken Anlagen Kleves beschäftigt. Seine planerische Überarbeitung des Amphitheaters umfasste auch die konzeptionelle Einbindung des Tiergartenwaldes am Amphitheater. Ausgehend von der im landschaftlichen Stil veränderten Kaskadenachse, führten nun westlich und östlich des Amphitheaters mäandrierende Spazierwege in den Wald hinauf. Die barocke Waldgestaltung mit Jagdschneisen, künstlich erhöhten Aussichtsbergen und Sichtachsen wurden von Weyhe in die Planung integriert und mit Baumrondellen und Alleepflanzungen aus Koniferen weiterführend ausgestaltet, die formalen Strukturen des barocken Jagdwaldes mit den im landschaftlichen Stil gehaltenen Strukturen der Waldpromenade überlagert. In der Barockzeit dienten die angelegten Wegeachsen vornehmlich der Jagd und der Fokussierung von Blickbezügen. Nun führten der Topografie folgende Promenadenwege die Spaziergänger über abwechslungsreich bepflanzte Partien zu kleinen Aussichtsplätzen, in eine Waldschlucht und zu den Aussichtsbergen. In Weyhes Entwurfsplan aus dem Jahre 1821 wird erstmalig auch die gestalterische Einbindung der Fontänen Reservoire (Teiche) sowie des Eiskellers gezeigt, die zum Repertoire des barocken Amphitheaters gehören.

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Die Grundriß und Operations-Karte zu den neuen Anlagen bey dem Amphitheater im Thiergarten zu Cleve von M.F. Weyhe 1821 mit der vom Amphitheater ausgehenden Waldpromenade. Quelle: Landesarchiv NRW Rheinland, Karte 2280

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgt ein erneuter Ausbau des Kurbetriebs. Mit dem Neubau eines klassizistischen Kurhauses, eines Rundtempels sowie des Obelisken auf der Spitze des Springbergs werden zeitgenössische Ergänzungen vorgenommen, die den historischen Bestand des Amphitheaters bis heute prägen. Auch die Verknüpfung des Amphitheaters mit dem Tiergartenwald wird in dieser Phase weiterentwickelt. Die Waldpromenaden Weyhes werden im Bereich des Kurhauses erweitert und mit einer gärtnerischen Gestaltung der Sichtschneise wird eine optische Verbindung zwischen dem Amphitheater und dem oberhalb liegenden Obelisken erzeugt. Die Promenade des Tiergartenwaldes diente den Kurgästen bis zum Erliegen des Kurbetriebs Anfang des 20. Jahrhunderts mit gepflegten Spazierwegen und charakteristischen Waldbildern zur Muße und Erholung. Noch heute sind die Grundstrukturen der barocken und landschaftlichen Gestaltungsphasen im Tiergartenwald sichtbar. Besuchern, die die Ursprungsidee des Klever Tiergartens mit seinem Erlebnis von Berg und Tal erfassen möchten, ist sehr zu empfehlen, auf der Promenade des Tiergartenwaldes auf Entdeckungsreise zu gehen.

Literatur

Diedenhofen, Wilhelm: Klevische Gartenlust, Gartenkunst und Badelust in Kleve, Ausstellungskatalog Städtisches Museum Haus Koekkoek, hrsg. von den Freunden des Städtischen Museums Haus Koekkoek e.V., Kleve 1994.

Ritter, Margaret: Maximilian Friedrich Weyhe (1775-1846). Ein Leben für die Gartenkunst, Düsseldorf 2007.

Schneider, Ellen: Der Waldpark. Ideen und Erscheinungsformen in Deutschland zwischen 1880 und 1935. Dissertationsschrift Technische Universität Dresden, Remagen 2010.

Schütte, Johann Heinrich: Amusemens des Eaux de Cleve. Oder Vergnügungen und Ergötzlichkeiten bei denen Wassern zu Cleve, Kleve 1748.

Terhardt, Thomas: Der Lousberg-Park in Aachen, Rheinische Kunststätten Nr. 338, Neuss 1988.

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Landschaftsarchitektin

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